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HV-Bericht Hawesko Holding AG - Manche Aktien brauchen eben Zeit zum Reifen
Am 8. Juni 2000 fand die Hauptversammlung der Weinhandelsgruppe Hawesko Holding AG im Curio-Haus in Hamburg statt. In den vergangenen zwölf Monaten fiel der Kurs der im SMAX notierten Aktie von rund 35 Euro auf 22 Euro am Vortag der Hauptversammlung. Wohl auch als Reaktion darauf gab der Vorstand in einer zur Hauptversammlung erschienenen Adhoc-Mitteilung bekannt, dass ab sofort mit dem Rückkauf eigener Aktien begonnen werde.

Die mehr als 300 Aktionäre sowie Gäste und Pressevertreter, darunter auch ein Berichterstatter der GSC Research, erwarteten vor diesem Hintergrund gespannt die weiteren Erläuterungen des Vorstands, als der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Dr. Hubertus Schwarz um 11:00 Uhr die Versammlung eröffnete.


Bericht des Vorstands

Nachdem die üblichen Formalien erledigt waren, wies der Vorstandsvorsitzende und mit einer 30prozentigen Beteiligung am Aktienkapital gleichzeitig größter Einzelaktionär Herr Alexander Margaritoff zunächst auf zwei bedeutsame Ereignisse hin, die die Hawesko Holding AG im Jahr 1999 geprägt haben.

Zum einen habe sich die Hawesko Holding mit der Akquisition von 90 Prozent der Anteile der Wein Wolf Holding auch im Großhandelsbereich zu Deutschlands führendem Anbieter von hochwertigen Weinen (über DM 7 pro Flasche) und Champagnern entwickelt. Damit sei die Hawesko Holding nunmehr in allen drei Geschäftsbereichen Großhandel, Versandhandel mit dem Hanseatischen Wein- und Sekt-Kontor und im stationären Weinfachhandel mit Jacques’ Wein-Depot Marktführer in Deutschland und in der Kombination einer der bedeutendsten Weinanbieter der Welt.

Zum anderen sei der Relaunch der Internet-Aktivitäten unter dem Namen Weingate.de im November 1999 besonders bedeutsam für das Unternehmen gewesen. Die Best-Case-Prognosen des Vorstands an die Umsatzentwicklung seien mit 1,2 Millionen DM im vierten Quartal 1999 um mehr als 10 Prozent übertroffen worden. Herr Margaritoff sieht Winegate als Basis, um auch im außerordentlich wachstumsträchtigen Internet-Weinvertrieb eine führende Marktstellung einzunehmen.

Herr Margaritoff übergab danach das Wort an den Finanzvorstand und stellvertretende Vorstandsvorsitzenden Herr Sven Ohlzen, der ausführlich die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 1999 sowie im ersten Quartal 2000 erläuterte. Für das Gesamtjahr 1999 habe der Konzernumsatz 413,8 Millionen DM und damit ein Plus von 36,6 Prozent gegenüber 1998 inklusive der Erstkonsolidierung der Wein-Wolf-Gruppe in Höhe von 74 Millionen DM erreicht. Ohne Wein Wolf sei der Umsatz des Hawesko-Konzerns um 12 Prozent gesteigert worden.

Dabei sei im Versandhandel ein Umsatzplus von 10,5 Prozent auf 194,6 Millionen DM erzielt worden, davon sind 5,6 Millionen DM der Neuerwerbung Tesdorpf zuzurechnen, der Umsatz im Facheinzelhandel sei um 13,4 Prozent auf 126,9 Millionen DM gestiegen, unter anderem durch Eröffnung von 15 neuen Jacques’-Wein-Depots, und der Großhandel habe vor allem durch die Konsolidierung der Wein-Wolf-Gruppe den Umsatz auf 92,3 Millionen DM versechsfachen können.

Ohne Wein Wolf sei der Umsatz der bestehenden Champagner & Wein Distributionsgesellschaft CWD um 23 Prozent gegenüber 1998 angestiegen. Das Konzernbetriebsergebnis, berechnet ohne Aufwendungen für Zinsen und Steuern (EBIT), sei um 6,3 Prozent auf 37,4 Millionen DM gesteigert worden, dies entspricht einer Marge vom Umsatz von 9,0 Prozent nach 11,6 Prozent im Jahr 1998.

Im Versandhandel lag das Betriebsergebnis um 4,6 Millionen DM unter dem des Vorjahres. Die ist, so Herr Ohlzen, auf die, durch ein außerordentlich hohes Auftragsvolumen im Dezember verursachten, gestiegenen Personalkosten zurückzuführen, außerdem auf höhere Werbekosten, einen deutlich erweiterten Weinkatalog, die erhöhte Auflage im Präsenzgeschäft und das Relaunch der Internet-Aktivitäten.

Im Facheinzelhandel sei trotz der einmaligen Belastung des Ergebnisses durch die Einführung einer Kundenkarte ein Anstieg des Betriebsergebnisses von 1,3 Millionen DM auf 15,6 Millionen DM eingetreten. Zum Anstieg des Betriebsergebnisses im Großhandel auf 8,7 Millionen DM habe die Übernahme von Wein Wolf 7,5 Millionen DM beigetragen.

Vor allem die Übernahme der Wein-Wolf-Gruppe habe zu einer Ausweitung der Bilanzsumme von 137,7 Millionen DM auf 246,4 Millionen DM geführt. Zum Beispiel enthalte die Bilanz aus diesem Grund erstmals einen Goodwill-Posten von 15,4 Millionen DM, der über 15 Jahre abgeschrieben werde. Die überdurchschnittliche Zunahme der Forderungen sei auf die außerordentlich starke Auftragslage im Dezember zurückzuführen.

Herr Ohlzen ging dann auf einige Kennzahlen ein. Der Konzernjahresüberschuss habe 23,1 Mio. DM gegenüber 20,3 Mio. DM im Jahr 1998 betragen (20,8 Mio. DM 1999 und 21,8 Mio. DM nach DVFA-Bereinigung). Entsprechend liege das Ergebnis je Aktie bei 5,12 DM gegenüber dem Vorjahreswert von 4,60 DM bzw. nach DVFA-Korrekturen 4,73 DM gegenüber 4,96 DM.

Die der Hauptversammlung vorgeschlagene Dividende von 2,65 DM pro Aktie zuzüglich einer Körperschaftssteuergutschrift von ca. 0,79 DM je Aktie entspreche einer Ausschüttungsquote von 56 Prozent. Ein Teil der Dividende werde aus steuerlich unbelasteten Rückstellungen ausgeschüttet und ist daher für die Aktionäre nicht mit einer Steuergutschrift verbunden. Aus der Erstkonsolidierung der Wein Wolf-Gruppe folge auch die Senkung der Eigenkapitalquote von 35,3 Prozent auf 23,2 Prozent.

Eine Besonderheit des vierten Quartals waren nach Herrn Ohlzen die sehr hohen Auftragseingänge insbesondere im Dezember mit einem Umsatzanstieg von 78 Prozent im Versandhandel gegenüber dem Vorjahreswert. Dies habe zu hohen Kostenbelastungen und einem niedrigen EBIT geführt. Als Reaktion auf die vorgezogenen Umsätze im vierten Quartal 1999, wohl auch wegen des Milleniums, sei der Umsatz im Versandhandel im ersten Quartal 2000 unterhalb der Planzahlen geblieben.

Der Umsatz des Facheinzelhandels habe dagegen im ersten Quartal 2000 voll im Plan gelegen. In Folge der schlechteren Ergebnisse im Versandhandel verbunden mit zusätzlichen Investitionen für Auslands- und Internet-Aktivitäten lag der Überschuss im ersten Quartal 2000 unter dem Vorjahreswert. In den Monaten April und Mai 2000 zeige sich jedoch eine deutliche Verbesserung.

Im Ausblick auf das Jahr 2000 erwartete der Vorstand der Hawesko Holding Umsätze von ca. 470 bis 490 Mio. DM, entsprechend einem Anstieg von ca. 18 Prozent gegenüber 1999. Das Betriebsergebnis 2000 werde allerdings niedriger als 1999 prognostiziert ausfallen. Herr Ohlzen begründete diese negative Ergebnisentwicklung durch die geplanten neuen Aktivitäten der Wine Company in Österreich, bei der Premiummarke Tesdorpf sowie Werbekosten für die e-commerce-Marke Winegate, die als Investitionen anzusehen seien, aber in 2000 das Ergebnis belasten würden. Zudem soll neben anderen Investitionen verstärkt das Standortnetz von Jacques’ Wein-Depot ausgebaut werden. Wegen des prognostizierten niedrigeren Betriebsergebnisses 2000 werde auch mit einer niedrigeren Dividendenausschüttung gerechnet.

Herr Ohlzen zeigte sich unzufrieden mit der Entwicklung des Aktienkurses, die auch durch intensive Investor Relations-Aktivitäten nicht verhindert werden konnte. Abschließend wies er auf die am Tag der Hauptversammlung veröffentlichte Adhoc-Mitteilung hin, in der sofortige Beginn des Aktienrückkaufs angekündigt würde. Ziel sei es, eigene Aktien zu erwerben, um diese beispielsweise an institutionelle Anleger zu verkaufen oder unter anderem im Rahmen der geplanten internationalen Expansion beim Erwerb von Unternehmen eigene Aktien im Tausch anzubieten.

Den Abschluss des Berichts des Vorstands bildeten dann die Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden Margaritoff zur Strategie des Unternehmens und den Zielen für die nächsten Jahre. Zunächst ging er dabei auf den weltweiten Weinmarkt und dessen Entwicklung ein. Die Umsatzschätzung verschiedener Studien für den weltweiten Weinhandel würden bei ca. 150bis 200 Milliarden DM liegen, davon ca. 12 Milliarden DM in Deutschland.

Für Weine mit einem Verkaufspreis über 7 DM pro Flasche betrage der weltweite Umsatz ca. 27 bis 30 Milliarden DM und soll sich in den nächsten zehn Jahren überdurchschnittlich auf etwa 40-50 Milliarden DM erweitern. Auf dieses Marktsegment habe sich die Hawesko-Gruppe spezialisiert und daran in Deutschland derzeit einen Marktanteil von 14 Prozent.

Ziel sei es, unter Ausnutzung der Dynamik dieses Marktes, die Hawesko-Gruppe in den nächsten zehn Jahren zum weltweit führenden Anbieter für hochwertigen Wein und Champagner zu entwickeln und den Weltmarktanteil von heute ca. 1,5 Prozent auf mindestens 5 Prozent zu steigern. Dies würde ein Umsatzziel von mehr als 2 Milliarden DM im Jahr 2010 bedeuten. Erreichbar sei dieses Ziel durch ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 15 Prozent pro Jahr, was dem durchschnittlichen jährlichen Wachstum der Hawesko in den vergangenen 20 Jahren entspräche.

Erreicht werden sollen diese ehrgeizigen Ziele durch den Ausbau der führenden Markposition in Deutschland, Expansion ins Ausland und die massive Verstärkung der Internet-Aktivitäten. Dabei könne die Hawesko-Gruppe auf ihre Stärken wie diversifizierte Vertriebskanäle, Markt Know-how, langjährige Lieferantenbeziehungen, logistische Kompetenz und erfahrene, motivierte Mitarbeiter zurückgreifen.

Konkret soll der Umsatz im Jahr 2000 um 18 Prozent und auch in den Folgejahren zweistellig gesteigert werden. Für den Ausbau der Aktivitäten im Ausland und den Vertrieb über das Internet sind massive Aufwendungen geplant, auch wenn dies auf Kosten des Gewinns des Jahres 2000 gehen sollte. Die Gelegenheit, eine führende Rolle im weltweiten Weinhandel zu erobern, müsse jetzt „beim Schopfe gepackt“ werden.

Im Versandhandel sollen in diesem Jahr 80.000 Neukunden gewonnen und existierende Kunden durch verbesserten Service und optimierte Logistik stärker an das Unternehmen gebunden werden. Zudem werde die Kundensegmentierung vor allem durch die Tochtergesellschaft Tesdorpf, die das oberste Segment im Versandhandel abdecken soll, verstärkt. Im Facheinzelhandel sollen mehr als 30 neue Depots eröffnet werden, um das Ziel vom 200 Jacques’ Wein-Depot bis zum Jahresende zu erreichen. Die Kundenbindung werde weiterhin mit der im letzten Jahr eingeführten Kundenkarte, die bereits 200.000 Kunden nutzten, gefördert.

Eine bessere Ausschöpfung des einzelnen Kunden im Großhandelsbereich plane man durch verbesserten Service und optimierte Logistik. Außerdem solle das Sortiment vor allem bei den stark expandierenden Weinanbaugebieten Italien, Spanien und Übersee erweitert werden. Die Zusammenfassung der Logistik-Aktivitäten des Konzerns in der IWL Internationale Wein Logistik GmbH, die früher als CW Champagner und Weinimportgesellschaft firmierte, die sich am Markt mit Konkurrenten messen lassen müsse, soll eine bessere Koordination der Logistikdienstleistungen und Kostenreduzierungen bewirken.

Herr Margaritoff erläuterte weiter, dass die Hawesko-Gruppe als führendes Weinhandelshaus für die wichtigsten Lieferanten der Welt attraktiver geworden sei. Die Firma Antinori beispielsweise als einer der renommiertesten Weinproduzenten der Welt, beliefere seit kurzem in Deutschland exklusiv die Hawesko Holding. Daneben werde die Auslandsexpansion weiter vorangetrieben, zunächst in Österreich mit der zu Jahresbeginn gegründeten Weinversandfirma The Wine Company und dem Aufbau von Standorten von Jacques’ Wein-Depot in Wien, Salzburg und Innsbruck. Auch in anderen europäischen Ländern seien Aktivitäten vorgesehen.

Der derzeitige Schwerpunkt der Anstrengungen der Hawesko-Gruppe sei der Internetauftritt Winegate. Herr Margaritoff beschrieb kurz die dynamische Entwicklung des Internet und des e-commerce. Nach einer Studie des Einzelhandels-Instituts in Köln lägen Wein und Spirituosen schon an vierter Stelle der über das Internet gehandelten Waren. Nach einer Prognose der Beraterfirma Arthur D. Little werde sich zudem der Weinverkauf per Internet in den Ländern Frankreich, Italien, Deutschland und England von 20-80 Millionen DM im Jahr 1999 auf 0,6 bis 2 Milliarden DM im Jahr 2003 steigern, dies gelte besonders für hochwertige Weine.

Die Hawesko-Gruppe habe die besten Chancen im boomenden Vertriebskanal Internet, da sie über ein weltweit einmaliges Produktangebot an hochwertigen Weinen und Champagnern verfüge, mit der Firma Hermes und dem modernsten Logistikzentrum für Wein weltweit kleine Einheiten schnell und kostengünstig quer durch Europa verschicken könne, über Versand- und Database-Marketing Know-How verfüge und jahrelange Internet-Erfahrung habe.

Winegate.de zähle bereits heute zu den besten Websites der Branche. So sei Winegate unter anderem als einziger Weinanbieter in den McKinsey e-commerce-Performance-Index aufgenommen worden. Eine vertrauliche Studie der Firma Macrom in Köln zeige, dass Winegate nach Umsatz bereits heute die Nr. 1 der deutschen Anbieter im Internet-Wein-Verkauf sei. Gegenüber 1999 soll der Umsatz im Jahr 2000 versechsfacht werden.

Für den Ausbau von Winegate müssten in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen getätigt werden, so Herr Margaritoff. Diese Mittel sollen für eine Werbekampagne sowie den Ausbau von Kooperationen z. B. mit Lufthansa und QXL und den Aufbau neuer Kooperationen verwendet werden. Herr Margaritoff kündigte die Einführung von englischen und französischen Versionen von Winegate, verbunden mit dem Versand ins Ausland, an.

Die Internet-Aktivitäten sollen noch in diesem Jahr in eine konzerneigene Aktiengesellschaft eingebracht werden. Die Gewinnzone werde in drei bis vier Jahren erreicht, die Payback-Periode, nach der die Barauslagen plus eine interne Verzinsung zurückgeflossen sind, nach weiteren drei Jahren.


Allgemeine Diskussion

Erster Redner war Herr Dr. Hildebrandt von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Er lobte zunächst den Vorstand für die erfreulichen Unternehmensentwicklung mit einem „erfreulichen Wachstumsschub“, dem Ausbau des vielseitigen Angebots usw. Die gesetzten Ziele bezeichnete er als ehrgeizig und merkte an, dass dafür auch erhebliche Ressourcen gebraucht würden, er sei aber sicher, dass der Vorstand die Ziele erreichen werde. Die Kaufzurückhaltung der Anleger und den daraus resultierenden Kursverlauf fand Herr Dr. Hildebrandt unter Berücksichtigung der im Bericht des Vorstands dargestellten Unternehmensentwicklung unberechtigt. Die zur Abstimmung anstehenden Maßnahmen seien notwendig, der Geschäftsbericht wurde gelobt.

Nach diesen einleitenden Worten stellte Herr Dr. Hildebrandt dem Vorstand die Frage, warum die Eigenkapitalquote derzeit so niedrig sei, obwohl sie nach Aussage des Vorstands eigentlich nicht unter 30 Prozent sinken sollte. Weiter erkundigte er sich, ob eine Kapitalerhöhung geplant sei. Herr Dr. Hildebrandt bat außerdem um Erläuterung, wie stark die Ausschüttungsquote sinken solle und wollte wissen, ob es seit der letztjährigen HV Änderungen der Aktionärsstruktur gegeben habe. Zum Thema Internet interessierten ihn die Umsätze getrennt nach In- und Ausland. Außerdem fragte er nach Erfahrungen mit dem kürzlich eingeführten 24-Stunden-Lieferservice.

Als nächster Redner betrat Herr Dr. Unrau von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) das Podium. Der Vorstand müsse sich jetzt etwas wärmer anziehen, da er im Vergleich zu seinem Vorredner weniger zufrieden sei, so Dr. Unrau. Er hielt das Geschäftsjahr 1999 nicht für erfolgreich und erinnerte den Vorstand daran, dass Prognosen auch eingehalten werden müssen. Das starke vierte Quartal 1999 habe sich leider nicht auf das Jahresergebnis ausgewirkt, insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung der großen Aktienindizes sei die Kursentwicklung der Hawesko-Aktie unbefriedigend.

„Bevor ich Ihnen dazu noch einen mitgebe.... nein, einen Wunsch mitgebe“ kam Herr Dr. Unrau zu seinen Fragen. Zur Akquisition der Wein-Wolf-Gruppe fragte er nach der Investitionssumme, ob es sich bei dem Kauf um eine spontane oder eine längerfristig vorbereitete Entscheidung gehandelt habe und ob sich aus der Übernahme Synergien für den Gesamtkonzern ergeben würden. Weiter sei der Marketingaufwand in der Hawesko Holding stark angestiegen, welche Gründe könne der Vorstand dafür nennen.

Bei der Bindung der Lieferanten an das Unternehmen interessierte Herrn Dr. Unrau besonders die durchschnittliche Vertragsdauer. Auch solle erläutert werden, ob mit den geplanten „Investitionen“ für die Internet-Aktivitäten hauptsächlich Werbeaufwendungen gemeint seien. Die beabsichtigte Gründung einer gesonderten AG für Winegate diene wohl längerfristig der Kapitalbeschaffung über die Börse. Herr Dr. Unrau wollte wissen, ob diese Entwicklung auch für die IWL geplant sei. Weitere Fragen betrafen den Anstieg von Beraterhonoraren und sonstigen betrieblichen Aufwendungen sowie die prognostizierten Auswirkungen des für 2001 geplanten Umsatzanstiegs auf das Jahresergebnis.

Abschließend erkundigte sich Herr Dr. Unrau danach, ob die Hawesko Holding den „code of best practice“ der Corporate Governance vollständig unterstütze bzw. welche Punkte abgelehnt würden. Zum Schluss erinnerte Herr Dr. Unrau den Vorstand noch daran, dass Wachstum nicht vor Ergebnis gehen dürfe und ermahnte ihn, zukünftig Prognosen besser einzuhalten als in der Vergangenheit.

Herr von Grothe, der als nächster Diskussionsteilnehmer sprach, erinnerte sich zu Beginn seiner Ausführungen an die Einschätzung eines Börsendienstes bei der Emission der Hawesko-Aktien im Jahr 1998, der geschrieben habe, Hawesko solle man kaufen und liegen lassen wie einen guten Wein. Nach zwei Jahren sei aus dem Wein allerdings für den Anleger bei der negativen Kursentwicklung ziemlich saurer Essig geworden.

Im Geschäftsbericht fehlten ihm die Zahlen zu den Tochtergesellschaften wie im Vorjahr. Außerdem bemängelte er die umständliche Logistik und erwähnte schlechte Erfahrungen mit dem von Hawesko beauftragten Hermes Versand. Weiter bat er um Erläuterung der Richtlinien für die Standortauswahl für Jacques Wein-Depot. Der Standort in seiner Heimatstadt Göttingen sei z. B. an einer Ausfallstraße gelegen, so dass nach seinem Eindruck Wein in Göttingen immer noch hauptsächlich beim angestammten Händler gekauft werde. Herr von Grothe schloss seinen Beitrag mit dem Wunsch, zukünftig eine bessere Kursentwicklung der Aktie zu sehen.

Der letzte Redner stellte sich als Herr Knausmann, „Kunde und Kleinaktionär“ der Hawesko vor. Seine Frage galt der unter Tagesordnungspunkt 7 zur Abstimmung vorgelegten Änderung der Aufsichtsratvergütung. Die verwendete Formulierung sei kompliziert, auch sei für ihn nicht nachvollziehbar, wie viel jedes AR-Mitglied „in Mark und Pfennig“ nach dem vorgeschlagenen Verfahren erhalten werde.


Generalantwort

Als erster des Vorstands ergriff Herr Sven Ohlzen das Wort. Zur niedrigen Eigenkapitalquote erinnerte er daran, dass die genannten 30 Prozent Zielwert unter dem Vorbehalt außergewöhnlicher Investitionen genannt worden seien. Die Übernahme der Wein-Wolf-Gruppe sei eine solche Investition gewesen. Zudem sei die im Geschäftsbericht veröffentlichte Quote ein Stichtagswert, auf den sich diesmal die Belastungen durch den hohen Auftragseingang im Dezember ausgewirkt hätten. Die Ausschüttung werde sich im nächsten Jahr reduzieren, da auch das Ergebnis voraussichtlich sinken wird, eine Änderung der Ausschüttungsquote sei aber derzeit nicht geplant. Ebenso sei in absehbarer Zukunft keine Kapitalerhöhung vorgesehen.

Zu den Fragen des DSW-Vertreters bestätigte Herr Ohlzen, dass vor allem Werbeaufwendungen in Höhe von ca. 10 Millionen DM vom EBIT geplant seien. Im Gegensatz zu Winegate, deren Umwandlung in eine AG langfristig auf einen Börsengang abzielt, werde die IWL eine GmbH bleiben. Herr Ohlzen ging nochmals auf die Besonderheit des vierten Quartals 1999 ein, in dem speziell im Dezember „waschkörbeweise“ Bestellungen im Versandhandel eingegangen seien. Diese Aufträge mussten nahezu alle noch vor Weihnachten abgearbeitet werden, dabei seien zusätzliche Personalkosten von mehr als 3 Millionen DM entstanden.

Zu der Kritik an nicht eingehaltenen Prognosen bemerkte Herr Ohlzen, dass diese auf der Basis der seinerzeit bestehenden Unternehmensstruktur mit Hawesko, Jacques Wein-Depot und CWD gemacht worden seien. Die Übernahme der Wein-Wolf-Gruppe habe diese Basis verändert. Mit Wein Wolf hätte man bereits längere Zeit Gespräche über eine mögliche Übernahme geführt, im September letzten Jahres schien dann der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein. Der code of best practice werde akzeptiert, Herr Ohlzen erläuterte dies an einigen Beispielen. Eine Ausnahme sei noch die Angabe der Vorstandsvergütung im Geschäftsbericht getrennt nach fixen und variablen Bestandteilen, dies werde im nächsten Jahr aber auch angegeben.

Der Vorstandsvorsitzende Herr Margaritoff begann seinen Teil der Beantwortung der Fragen mit einer nicht ganz ernst gemeinten Replik auf den Vergleich der Hawesko-Aktie mit Wein/Essig. Einen Bordeaux müsse man z. B. auch länger als zwei Jahre (z. B. vier bis fünf) liegen lassen, bevor er wirklich genießbar ist. Davon abgesehen sei niemand betrübter über den Kursverlauf als er selbst.

Die schlechte Kursentwicklung sei zum einen auf äußere Einflüsse zurückzuführen. So seien generell die Aktien von Einzelhandelsunternehmen derzeit nicht gefragt, dies sei eine zyklische Entwicklung, zum anderen habe man als inneren Einfluss in der Vergangenheit gemachte Prognosen nicht einhalten können. Die Unterschreitung der Prognosewerte war aber die Folge beim Aufbau eines integrierten, weltweit einmaligen Weinkonzern. Für Herrn Margaritoff sind die aktuellen Kurse der Hawesko-Aktie eindeutig Kaufkurse.

Zu der Übernahme der Wein-Wolf-Gruppe nannte er einen Kaufpreis von ca. 20 Millionen DM bei einem EBIT von ca. 7,5 Millionen DM und wiederholte die bereits im Bericht des Vorstands genannten Vorteile und Synergien. Die Bindung an die ca. 400 bis 500 völlig unterschiedlichen Lieferanten werde vor allem durch ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander aufrechterhalten: „Man muss zusammen passen, dann braucht man keine langen Verträge.“ Mit den wichtigsten Lieferanten gebe es aber Exklusivvereinbarung mit Laufzeiten von drei bis fünf Jahren.

Beim Aufbau der Internet-Aktivitäten sei die Hawesko gegenüber Mitbewerbern im Vorteil, da wichtige Strukturen wie für Logistik und Direktmarketing schon vorhanden seien, während andere Onlineanbieter diese erst noch aufbauen müssten. Der 24-Stunden-Lieferservice sei gut von den Kunden angenommen worden und stelle den Versandhandel in direkte Konkurrenz zum Weinhändler vor Ort.

Herr Bernd Hoolmans, im Vorstand schwerpunktmäßig für den stationären Weinfacheinzelhandel zuständig, ging anschließend auf die Kritik von Herrn von Grothe an der Lage des Göttinger Jacques’ Wein-Depots ein. Das Göttinger Depot sei als 54. eingerichtet worden, trotz der Lage sei es aber mit ca. 1 Millionen DM Jahresumsatz so erfolgreich, dass demnächst in Göttingen ein zweites Depot eröffnet würde. Standorte würden immer in Kundennähe festgelegt. Den bisherigen Erfolg dieser Strategie können man daran ablesen, dass von den letzten 50 eröffneten Depots nur eines demnächst geschlossen werden müsse, alle anderen arbeiteten erfolgreich.

Die noch offenen Fragen beantwortete wieder Herr Sven Ohlzen. Die IWL soll nicht zur AG umgewandelt werden. Die Hawesko soll kein Logistikunternehmen werden, aber für die benötigte Logistikleistung gebe es keinen passenden Anbieter am Markt, so dass mit der IWL ein eigenes Logistikzentrum aufgebaut werden musste. Ein Ausbau vor allem im Ausland soll in erster Linie durch Kooperationen erfolgen.

Der als Tagesordnungspunkt 5 zur Abstimmung vorgelegte Beherrschungs- und Abstimmungsvertrag mit der IWL sei aus steuerlichen Gründen notwendig. Die höheren Beratungskosten sind ebenso wie die höheren sonstigen betrieblichen Kosten durch die Wein-Wolf-Übernahme entstanden. In der Segmentberichterstattung seien die einzelnen Tochterfirmen im Gegensatz zu früher nicht mehr mit den Geschäftssegmenten identisch, daher tauchen die Zahlen für die einzelnen Unternehmen nicht mehr auf.

Zum Ende der Generalantwort beantwortete der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Dr. Schwarz die Frage nach der neuen Aufsichtsratsvergütung. Zunächst habe sich in den Antrag zu Tagesordnungspunkt 7 ein Druckfehler eingeschlichen. Es müsse im zu ändernden § 16 Absatz 1 der Satzung statt „Der variable Anteil berechnet sich als 0,3 Prozent des Bilanzgewinns...“heißen „Der variable Anteil berechnet sich als 0,2 Prozent des Bilanzgewinns...“. Der Vorschlag würde eine Erhöhung der gesamten Vergütung für den gesamten Aufsichtsrat von 113.000 DM im Jahr 1999 um ca. 40.000 bis 50.000 DM zur Folge haben.


Abstimmungen

Die Präsenz wurde mit 2.198.708 Stimmen oder 49,91 Prozent des Grundkapitals festgestellt. Die Ausschüttung einer Dividende von 2,65 DM pro Aktie entsprechend einer Summe von 11.674.564,40 DM wurde bei 500 Gegenstimmen beschlossen. Vorstand und Aufsichtsrat wurden bei jeweils 870 Gegenstimmen für das Geschäftsjahr 1999 entlastet. Dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der IWL wurde einstimmig zugestimmt, ebenso der erneuten Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien und der Wahl der Susat & Partner oHG zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2000. Die Änderung des § 16 der Satzung, in dem die Aufsichtsratvergütung geregelt ist, wurde bei 2.100 Gegenstimmen und 375 Enthaltungen beschlossen. Der AR-Vorsitzende schloss gegen 13.15 Uhr die Hauptversammlung, nicht ohne auf das reichhaltige Büffet und die Naturaldividende in Form einer Flasche Rotwein von Jacques’ Wein-Depot hinzuweisen.


Fazit

Schon der sehr ausführliche Geschäftsbericht ließ darauf schließen, dass der Vorstand das Thema Investor Relations nicht nur als Pflichtübung begreift. Auch der Bericht des Vorstands und die Beantwortung der Aktionärsfragen in der Hauptversammlung hinterließen beim Berichterstatter den Eindruck, dass die Aktionäre als Eigentümer des Unternehmens behandelt und daher umfassend und offen über ihre Gesellschaft informiert werden. Vielleicht lag es auch daran, dass trotz des miserablen Kursverlaufs der Aktie seit ihrem Börsengang vor zwei Jahren das Lob der Redner für Vorstand und Aufsichtsrat die kritischen Töne überwog.

Für einen Wachstumswert (15% pro Jahr) mit Internetfantasie ist die Hawesko Holding mit einem 99er KGV von unter 10 sehr konservativ bewertet. Anleger, die dem Vorstand das Erreichen der Wachstumsziele zutrauen und stärker an der langfristigen Unternehmensentwicklung als an kurzfristigen Kurssprüngen interessiert sind, dürften den Einsteig zu den derzeitigen Kursen um 20 bis 22 Euro auf Sicht von einem bis zwei Jahren nicht bereuen.


Kontaktadresse

Hawesko Holding AG
Postfach 20 15 52
20205 Hamburg

Investor Relations:
Thomas Hutchinson
Tel. 040 / 30 39 21 00
Fax 040 / 30 39 21 05
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Veröffentlichungsdatum: 09.06.2000 - 18:15
Redakteur: jgi
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