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Herr Dr. Tim-Frederik Oehr
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Internetprovider goes DAX oder: Wo hat Wahnsinn ei - Manchmal muss man sich wirklich die Augen reiben,
Stellt Euch mal folgendes vor: ein junges Unternehmen, erst etwa drei Jahre alt, zusammengeführt aus verschiedenen kleineren, sich ergänzenden Unternehmen, plant den Gang an die Börse. Es ist im wachstumsstarken und phantasieträchtigen Bereich Internet als Serviceprovider und Suchmaschine aktiv, muss allerdings gegen zahlreiche Konkurrenten antreten und darum gegen fallende Margen kämpfen. Deshalb versucht es, über die neuen Geschäftsfelder Werbung und eCommerce weitere Potentiale zu erschließen. Rückendeckung erhält es durch den Großaktionär, der das Unternehmen auch an die Börse bringt. Bisher war der Umsatz mit knapp 13 oder 14 Mio. DM in diesem Jahr nicht übermäßig hoch, aber mit Hilfe des Emissionserlöses sollen in den folgenden Jahren jeweils dreistellige Zuwächse erreicht werden.

Soweit die Story, jedenfalls auf einige nüchterne Fakten reduziert. Nun die Preisfrage: welche Bewertung wird einem solchen Unternehmen bewilligt - 50 Mio.? 100 Mio.? 200 Mio.? Na gut, sagen wir 300 Mio. DM, das ist immerhin schon genug, um nicht ganz unter "ferner liefen" an den Neuen Markt zu kommen und mit dem fast achtfachen des 2000er-Umsatzes nun schon eine recht ambitionierte Bewertung. Immerhin wächst das Unternehmen ja doch sehr schnell oder plant es zumindest, da wird das sicherlich trotzdem ein Erfolg.

Gesagt getan - in der Tat, der Börsengang wurde ein Erfolg, doch welche Bewertung das Unternehmen heute erreicht, kann sich ein normal denkender Anleger nicht vorstellen, zumindest ist ihm dies wohl nicht klar, wenn er eine der Aktien kauft, die dieses Unternehmen ausgegeben hat. Umso mehr wohl, als dem Titel sogar noch bei einem ganz erhebliches Stück über dem oben über den Daumen visierten Preis liegenden Ausgabekurs (gute Börsenphase macht's möglich) durch ein renommiertes deutschen Börsenmagazin, dem man ´manchmal eine gewisse Abneigung gegen Internetaktien nachsagt, bescheinigt wird, im Vergleich zu ausländischen Anbietern "extrem günstig bewertet" zu sein.

Jetzt notiert die Aktie allerdings nochmals beim mehr als dreifachen des Kurses, für den diese Aussage galt - und allmählich sollten doch einige Alarmglocken läuten. Ich werde an dieser Stelle nicht verraten, um welche Aktie es sich hier handelt - das könnt Ihr in der Neuemissionsvorstellung weiter unten selbst nachlesen, wenn Ihr es nicht schon längst wisst - dafür aber möchte ich an zwei noch gar nicht so weit zurückliegende Fälle erinnern, in denen sich ähnliche Bewertungen abspielten.

Fall 1: ein Unternehmen namens Micrologica war trotz einer an sich guten Story anfangs eher ein Mauerblümchen, ehe die Aktie von einem renommierten Börsenbrief entdeckt wurde, worauf sich der Kurs in der Spitze etwa verzehnfachte; dies bedeutete eine Bewertung mit dem 10fachen des für das Jahr 2003 erwarteten Umsatzes. Von diesen Höchstständen ist Aktie allerdings mittlerweile um mehr als 80 Prozent entfernt, das Unternehmen entwickelt sich weiterhin konstant gut.

Fall 2: ein Internetprovider namens Cybernet war zwar noch nie ein Mauerblümchen, wurde jedoch erst durch die Entdeckung einer verbreiteten Börsenzeitschrift einer breiten Masse bekannt und erreichte in der Spitze eine Börsenbewertung von mehr als 1,5 Milliarden Mark - bei einem Umsatz von weniger als 20 Mio. Euro, extrem hohen Verlusten und exorbitanten Schulden. Mittlerweile ist der Kurs davon allerdings auch schon wieder um mehr als drei Viertel zurückgefallen; die Entwicklung des Unternehmens sei an dieser Stelle nicht kommentiert.

Nun, ich möchte nicht behaupten, der von mir gemeinte Titel sei eine zweite Cybernet oder Micrologica - allerdings sollte sich doch der eine oder andere einmal überlegen, was es denn bedeutet, eine Aktie zu kaufen. Meistens tut man dies nicht, weil die Aktie auf dem aktuellen Niveau noch eben so angemessen bewertet ist, sondern weil man noch höhere Kurse sehen will, um zu diesen verkaufen zu können. Das ging zwar auch bei Cybernet und Micrologica für viele Anleger lange Zeit gut - allerdings hat dies auch zu den Höchstkursen noch manch einer gedacht.

Deshalb mein Appell an alle Anleger: bevor Ihr in solch hoch bewertete Aktien investiert, stellt Euch Chancen und Risiken gegenüber. In Fällen wie den genannten waren die Kursrückschläge aus fundamentaler Sicht lange vorher absehbar, auch wenn man dadurch vielleicht eine kurzfristige Rallye verpasst hat. Es steht zu befürchten, dass ähnliches auch in diesem Fall eintreten wird, vielleicht nicht ganz so krass, Steigerungen jedoch sind eher unwahrscheinlich - zumindest was die etwas längere Sicht angeht.

Ich möchte an dieser Stelle ganz klar Weltmarktführer oder Technologieführer ausnehmen, deren Bewertungen stets in astronomischen Höhen liegen. Dieses Unternehmen verfügt jedoch weder über Alleinstellungsmerkmale noch über eine feste Kundenbindung oder eine marktbeherrschende Stellung. Daß die angelegte Bewertung trotzdem höher als die der meisten Weltmarktführer der Branche ist, kann darum kaum verständlich sein.

Doch genug davon, genießen wir einfach den goldenen Jahresausklang, der auch unserem eigenen Depot Auftrieb verleiht und nicht nur den Kursen mancher Eintagsfliege......



Veröffentlichungsdatum: 05.12.1999 - 04:21
Redakteur: bf
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