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HV-Bericht EM.TV & Merchandising AG - Neuer EM.TV-Chef kam gut an

Am Mittwoch, dem 1. August 2001, fand auf dem Messegelände in München die ordentliche Hauptversammlung der EM.TV & Merchandising AG statt. Nachdem auf der letzten Hauptversammlung noch über ein erfolgreiches Geschäftsjahr 1999 berichtet werden konnte (Umsatz ca. 161 Mio. Euro, Jahresüberschuss ca. 42,4 Mio. Euro), hatte sich die Situation der am Neuen Markt gelisteten Gesellschaft im vergangenen Jahr dramatisch verschlechtert.



Die Hauptgründe hierfür waren außerplanmäßige Abschreibungen auf die Firmenwerte der Beteiligungen an der Formel 1 (ca. 600 Mio. Euro) und der Jim Henson Company (ca. 340 Mio. Euro), was bei einem durch Erstkonsolidierungen angestiegenen Umsatz in Höhe von 656 Mio. Euro zu einem Jahresfehlbetrag von ca. 1.346 Mio. Euro und einem gehörigen Vertrauensverlust bei den Anlegern führte.



Der Kurs der Aktie war bis auf unter 2 Euro gerutscht. Wenige Tage vor der Hauptversammlung kam die Meldung, dass Werner Klatten, Anwalt und Chef der SPIEGELnet AG, 25,1 Prozent der Aktien an EM.TV vom zurückgetretenen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Thomas Haffa übernehmen will und spätestens ab 1. Januar 2002 selbst Vorstandsvorsitzender der EM.TV & Merchandising AG werden soll.



Die Aktie stieg daraufhin auf über 4 Euro. Durch seinen kurzfristigen Rücktritt ersparte sich Thomas Haffa einen Auftritt auf der diesjährigen Hauptversammlung, welche mit einer Dauer von zehn Stunden erwartungsgemäß zu einer der längsten Hauptversammlungen des Jahres wurde. Viele Kleinaktionäre wollten ihrem Ärger über die Machenschaften des Herrn Haffa Luft machen.



Für GSC Research mischte sich wieder Raimo Werning unter die diesmal ungefähr 3.000 anwesenden Aktionäre, Gäste und Pressevertreter und erstellte diesen unabhängigen Bericht.


Rede von Werner Klatten



Vor der offiziellen Eröffnung der Hauptversammlung hatte Herr Klatten die Möglichkeit, die Beweggründe für seine Beteiligung an der EM.TV AG und seine Erwartungen in das Unternehmen darzulegen. Herr Klatten meinte zu Beginn, er spreche hier als zukünftiger maßgeblicher Aktionär vom EM.TV, und stellte sich im Folgenden kurz vor. Nach seiner Geburt im Jahr 1945 in Esslingen ging er in Stuttgart und Hamburg zur Schule und studierte danach Jura in Hamburg und Berlin. Zu den Schwerpunkten seiner beruflichen Laufbahn zählte er die umfangreiche Reorganisation des damaligen Zigarettenunternehmens Martin-Brinkmann AG, welche er seit 1985 als Vorstandsvorsitzender durchführte.



1998 wechselte er zu SAT.1, wo seine Aufgabe der stürmische Unternehmensaufbau und dessen Finanzierung war. Nach einer kurzen und erfolgreichen Sanierung des Senders VOX kam er 1994 zum SPIEGEL-Verlag und übernahm erfolgreich den Geschäftsbereich Märkte und Erlöse. Heute ist er Mitgeschäftsführer der Gesellschaft SPIEGEL TV und Vorstandsvorsitzender der SPIEGELnet AG, in der die digitalen Angebote des Verlags gebündelt sind.



Bezüglich seiner Übereinkunft mit Thomas Haffa führte Herr Klatten aus, dass die WKB Beteiligungsgesellschaft mbH, deren Anteile er zu 100 Prozent hält, mit Wirkung zum 2. Januar 2002 Aktien in der Größenordnung von 25,1 Prozent des derzeitigen Grundkapitals an der EM.TV AG erwerben wird. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, so Herr Klatten weiter. Details zu der gesicherten Finanzierung werde er ebenfalls am 2. Januar 2002 offen legen. Dann werde sich auch herausstellen, dass keiner der "üblichen Verdächtigen", wie die KirchGruppe oder Familienmitglieder, dabei sind, sondern ausschließlich Finanzierungsinstitutionen.



Als Gründe, welche ihn zu diesem Schritt veranlasst haben, nannte Herr Klatten seinen Wunsch, nach seiner 25-jährigen Tätigkeit als Manager in die unternehmerische Verantwortung zu gehen. Dazu komme noch der Glaube an das Potenzial eines Unternehmens, "das zu hoch geflogen und nun zu tief gefallen ist". Für die Zukunft erwarte er von EM.TV und dessen Management, dem er, "so der Aufsichtsrat will", auch angehören werde, ein unabhängiges, in seinen Märkten erfolgreich agierendes und rentables Unternehmen.



Im Folgenden beschrieb Herr Klatten den möglichen Weg, um seine zuvor genannten Ziele zu erreichen. Als ersten Punkt nannte der zukünftige Vorstandsvorsitzende dabei die Optimierung und Fokussierung des Portfolios. Die große Anzahl von Beteiligungen bezeichnete er als überdimensioniert und verringerungsbedürftig. Die erste Frage sei daher, in welchen Kernfeldern man zukünftig noch tätig sein will. Weiter müsse man sich die voraussichtliche Rentabilität einer Beteiligung oder eines Geschäftsfelds anschauen. Die Zeiten der starken Umsatzorientierung sind laut Herrn Klatten vorbei. Als letztes Kriterium für ein mögliches Desinvestment nannte er dann noch die Frage, in welcher Größenordnung eine Beteiligung zu einer positiven Veränderung der Liquidität und Bilanz beitragen kann.



Damit kam Herr Klatten kurz auf die einzelnen Beteiligungen zu sprechen. Junior.TV bezeichnete er als Kernkompetenz, durch welche im deutschen Pay- und Free-TV-Markt die richtigen Grundlagen für den Ausbau in die europäischen Märkte gelegt seien. Es handle sich jedoch bei Junior.TV um eine Beteiligung, so Herr Klatten weiter, und dies dürfe so nicht bleiben. Die 45-prozentige Beteiligung an der Gruppe Tele München sei eine Minderheitsbeteiligung mit wertvollen Beteiligungen wie RTL2.



Herr Klatten meinte, die Handlungsalternativen seien offensichtlich, und er werde sich persönlich um eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Mehrheitsgesellschafter Herrn Dr. Kloiber bemühen. Ein Liquiditätsgewinn im Falle eines Verkaufs sei erkennbar, genau wie auch bei der Tochter Jim Henson Company, deren Rentabilität unbefriedigend sei.



Auch im Hinblick auf die Beteiligung an der Formel 1-Gruppe äußerte sich Herr Klatten kritisch, und er bezweifelte, dass hier abgesehen vom Merchandising die Überlappung mit anderen Geschäftsfeldern groß ist. Im Falle eines Verkaufs würde sich jedoch auch hier ein signifikanter Mittelzufluss ergeben, welchen man zur Finanzierung der Unterdeckung benötigt. Die weitere Liquidität müsse man in die zukünftigen Kernkompetenzfelder des Unternehmens investieren. Dazu zählte Herr Klatten auch die Integration unterbewerteter Medientitel, welche zum Portfolio der EM.TV AG passen würden.



Als weiteren Punkt nannte Herr Klatten die Verbesserung der operativen Stärke, zu welcher der Ausbau der Kundenorientierung in den Verkaufsabteilungen, eine Verbesserung der Qualität in allen Bereichen und eine stärker gelebte Kosteneffizienz und Kosteneffektivität im Unternehmen, auch bei der Qualität und Quantität des Personals, beitragen würden. Was die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelnen bedeutet, versprach Herr Klatten, werde man in den nächsten 12 Monaten "konkrete Ergebnisse" sehen und beobachten können.



EM.TV sei in vielen Geschäftsfeldern tätig, operiere jedoch in vielen nicht unabhängig. Um für den Gesamtmarkt attraktiv zu sein, so Herr Klatten weiter, sei eine solche Unabhängigkeit jedoch unabdingbare Voraussetzung, wobei er hier natürlich auch auf die KirchGruppe anspiele. Sie sei Partner, Kunde und Lieferant von EM.TV, und "hoffentlich auch bald Aktionär des Unternehmens".



Gerade bei den Beteiligungen, welche man zukünftig operativ führen wird, müsse klar sein, dass man das Sagen hat. Alle Beteiligten seien sich hier absolut einig. Eine deutlichere Unabhängigkeit der beiden Unternehmen voneinander sei im Interesse von EM.TV insoweit erwünscht und solle auch als Signal verstanden werden, das Vertrauen am Kapitalmarkt wiederzugewinnen. An dieser Stelle betonte Herr Klatten noch den Beitrag, den die KirchGruppe zur Sanierung dieses Unternehmens geleistet hat.



Nun sprach Herr Klatten noch den neuen, ausgezeichnet zusammengesetzten Aufsichtsrat an, auf welchen er am 2. Januar 2002 treffen wird. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit den drei Herren, welche die fachliche Qualifikation und den Grad an Persönlichkeit und Unabhängigkeit besäßen, die für diese Aufgabenstellung aus Sicht der Aktionäre und damit auch aus seiner Sicht unablässig ist. Im Zusammenhang mit der heutigen Hauptversammlung meinte Herr Klatten noch, die Verärgerung sei verständlich. Man müsse jedoch auch bedenken, dass der Vorstand die undankbare Aufgabe hat, Kritik für Vorgänge einzustecken, die er nicht zu verantworten hat. Sicher sei, dass man bald wieder eine uneingeschränkt handlungsfähige Mannschaft haben wird.



Nach glänzenden Jahren zu Beginn sei EM.TV in den letzten Monaten für die Aktionäre eine Zumutung gewesen, so Herr Klatten weiter. Da er auch Aktionär sei, "sitzen wir im gleichen Boot." Herr Klatten meinte weiter, er wolle sich an dem, was er heute gesagt hat, messen lassen. Des Weiteren sei er entschlossen, aus EM.TV ein rentables und zukunftsträchtiges Unternehmen zu machen. Er bat daher bei den Anwesenden um Unterstützung und Vertrauen und bedankte sich abschließend für die Aufmerksamkeit.


Eröffnung der Hauptversammlung



Nach den Ausführungen von Herrn Klatten wurde die Hauptversammlung offiziell vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Dr. Bernd Thiemann, eröffnet. Dieser verlas zunächst die Formalien und meinte danach, man habe sich "intensiv" auf diesen Tag vorbereitet. Die Probleme der Gesellschaft hätten "viel mit den Medien" und "sehr spektakulären Nachrichten" zu tun, so Herr Dr. Thiemann. Zum Vorschlag, die Entlastungen von Vorstand und Aufsichtsrat zu verschieben, meinte er, die Verwaltung wolle sich nicht der Verantwortung entziehen, vielmehr wolle man über die Entlastungen dann entscheiden, wenn die Erfolge der Restrukturierungsmaßnahmen sichtbar sind.



Man wolle mit dieser Hauptversammlung einen Neuanfang wagen, die gestellten Fragen beantworten und zielgerichtet in die Zukunft blicken. Als Nächstes sprach Herr Dr. Thiemann die personellen Veränderungen im Vorstand an. Herr Thomas Haffa habe seinen Rücktritt eine Woche vor der Hauptversammlung auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz bekannt gegeben. Wie von Herrn Klatten ausgeführt, werde er sich auch von großen Teilen seines Aktienbesitzes trennen.



Am Tag der Hauptversammlung bestand der Vorstand aus zwei Mitgliedern, welche beide anwesend waren. Zum einen war dies Rolf Rickmeyer, Vorstand für Finanzen, welcher am 1. November 2000 seine Tätigkeit aufgenommen hat, und zum anderen Rainer Hüther, Vorstand Sales und Marketing, der zum 6. März 2001 in den Vorstand der EM.TV & Merchandising AG berufen worden ist. Beide Herren stellten sich kurz vor, danach übergab Herr Dr. Thiemann das Wort an Rainer Hüther, der den ersten Teil des Vorstandsberichts übernahm.


Bericht des Vorstands Rainer Hüther



Der Aufsichtsrat, so Herr Hüther, habe ihn nach dem Rücktritt von Herrn Haffa gebeten, der Hauptversammlung einen Überblick über die relevanten Ereignisse des letzten Jahres zu geben. Da er in dieser Phase dem Unternehmen nicht angehörte, werde er lediglich wiedergeben, was chronologisch zu belegen ist. Darüber hinaus werde er die Gelegenheit nutzen und die Aktionäre über den Stand der Restrukturierung in den zurückliegenden Monaten informieren.



Er sei der festen Überzeugung, dass es gelingen wird, EM.TV über den Berg zu bringen, so Herr Hüther weiter. Aufgrund der tiefgreifenden Sanierungsmaßnahmen bestehe für den Fortbestand des Unternehmens keine akute Gefahr mehr, und es gelte nun, die Sanierung konsequent voranzutreiben und am Ende des Jahres einen erfolgreichen Abschluss zu präsentieren. Bevor Herr Hüther in seine Darlegung der Geschehnisse des Jahres 2000 einstieg, meinte er noch, dass die Anwesenden im Rahmen seiner Präsentation auch viele Themen finden werden, die Herr Klatten bereits angesprochen hat.



EM.TV habe im Jahr 2000 eine Reihe von großen Akquisitionen durchgeführt, welche aufgrund ihres Charakters und ihres Volumens Gegenstand umfangreicher Berichte in den Medien gewesen sind und heute leider zu den sich immer stärker zuspitzenden Problemen von EM.TV beitragen. Gleichzeitig, so Herr Hüther, haben diese Assets aber entscheidende Ansätze für wirksame Beiträge zur Sanierung in diesem Jahr beigetragen.



Am 21. Februar habe EM.TV die Übernahme von 100 Prozent der Anteile an der Jim Henson Company bekannt gegeben und damit die Rechte an einer Reihe weltweit bekannter Figuren wie der Sesamstrasse und den Muppets erworben. Die Grundlage für den Kaufpreis in Höhe von 680 Mio. Dollar, den man in bar und in Aktien von EM.TV bezahlte, sei eine Prüfung der Ertragsperspektiven durch ein namhaftes Wirtschaftsprüfungsunternehmen gewesen.



Zu den Maßnahmen, welche der Vorstand seit dem Erwerb durchgeführt hat, nannte Herr Hüther den Vertrag mit dem Sesam Workshop, der Einnahmen von rund 179 Mio. US-Dollar vorsieht, den Tausch der Anteile an den TV-Kanälen Odyssey und Kermit Channel gegen eine Finanzbeteiligung an der Crown Media und die in den vergangenen Tagen durchgeführte Veräußerung dieser Anteile an die Hallmark Entertainment, durch welche ein Gesamtbetrag von 103 Mio. US-Dollar realisiert worden ist.



Zusammen mit der Platzierung von Programmen aus der Henson- und der Junior-Library von bis zu 23 Mio. US-Dollar habe man notwendiges Kapital generieren und die eigene Liquiditätssituation deutlich optimieren können. Insgesamt habe die EM.TV bis heute rund 400 Mio. DM an Mittelzuflüssen aus der Jim Henson Company realisiert. Für diese werthaltige Beteiligung, welche zu den Assets von EM.TV zählt, bestünden derzeit Pläne für die Veräußerung oder die Hereinnahme eines strategischen Partners. Dennoch, so Herr Hüther weiter, werde man Jim Henson "nicht zu jedem Preis abgeben", und man müsse es auch nicht.



Damit kam er auf die Formel 1 zu sprechen, an deren Holdinggesellschaft SLEC man im Mai 2000 über die von EM.TV gehaltene Beteiligungsgesellschaft Speed 50 Prozent der Anteile erworben hat. Mit Akquisitionen wie der Formel 1, dem mit 55 Milliarden TV-Kontakten bekanntesten wiederkehrenden Sport-Event der Welt, habe der Vorstand angestrebt, international anerkannte Marken in Verbindung mit herausragenden Inhalten zu erwerben.



Die Ermittlung des Kaufpreises sei im Hinblick auf Analysen und die wirtschaftliche Entwicklung der SLEC in der Vergangenheit sowie umfangreiche Abschätzungen der Umsatz-, Kosten- und Ergebnisentwicklung für die Zukunft ermittelt worden. Aufgrund der Wachstumspotenziale, die in der Vermarktung der Formel 1 liegen, habe sich für das Geschäftsjahr 2000 im Vergleich mit anderen Sport- und Mediengesellschaften eine Bewertungspanne zwischen 3,3 und 4,1 Mrd. US-Dollar ergeben. Auf Basis dieser Erwartungen habe sich die von EM.TV zu erbringende Gegenleistung auf umgerechnet 3,1 Mrd. DM belaufen. An dieser Stelle verwies Herr Hüther auf den Bericht von Herrn Rickmeyer, der im Anschluss noch detaillierter auf die Formel 1 einging.



Damit kam Herr Hüther zu seinem Überblick über den Stand der inhaltlichen und organisatorischen Restrukturierung von EM.TV, welchen er in drei Bereiche gliederte. Als Erstes ging er auf das Kerngeschäft ein, die Vermarktung von Kinder- und Jugendprogrammen. Die Weichen für den Ausbau dieses Geschäftsfeldes seien gestellt worden. EM.TV, so der Vorstand weiter, verstehe sich als international operierender Rechtehändler und Vermarkter von Lizenzthemen. Durch Zukäufe und Eigenproduktionen habe das Unternehmen in den vergangenen Jahren ein respektables Portfolio an Rechten aufgebaut. Die zukünftige Strategie ziele nun auf die intensive Vermarktung der eigenen Rechte ab. In diesem Zusammenhang werde man den Fokus konsequent auf das Kerngeschäft legen, die Distribution von akquirierten und eigenen Rechten.



Dem deutschen Beispiel folgend werde man im Bereich Free-TV in allen wichtigen Schlüsselmärkten Europas Junior-Programmblöcke etablieren und im mit 10 Prozent jährlich wachsenden Pay-TV-Markt zukünftig europaweit mit Junior-Kanälen präsent sein. Im nächsten Schritt wolle man dann auch außerhalb Europas sowohl im Free- als auch Pay-TV mit den eigenen Programmen vertreten sein. Im Merchandisingmarkt, welcher mit mindestens 15 Prozent jährlich wachse, werde man analog zur Vorgehensweise im Bereich TV zunächst in den europäischen Kernmärkten und später auch darüber hinaus das Engagement verstärken. EM.TV werde sich dabei auf ihre alten Stärken besinnen und beim Merchandising den Schwerpunkt auf die gezielte Vermarktung der Top-Themen legen.



Als Zweites nannte Herr Hüther die Bereinigung des Portfolio, welche man im Zuge der Restrukturierung konsequent begonnen hat. So seien Beteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft zählen oder nicht profitabel sind, auf den Prüfstand gestellt worden. Folglich habe man sich bereits von der Beteiligung an Junior Web getrennt, den Anteil an der Junior.Toys AG veräußert, die Anteile an der TheatrO CentrO GmbH verkauft und in der letzten Woche den Verkauf der Beteiligung an der Crown Media verkündet.



Drittens, so Herr Hüther weiter, liege man bei den Maßnahmen zur nachhaltigen Kostensenkung im Plan, und man habe die Marketingkosten um zwei Drittel reduziert und den Personalbestand um ein Drittel gesenkt. An der Bereinigung und Optimierung der Prozesse und Kosten, aber auch an der Rückgewinnung der Vertriebskraft der EM.TV, werde man noch einige Monate hart arbeiten müssen.



Am Ende seiner Ausführungen angelangt meinte Herr Hüther, man gehe davon aus, dass die wesentlichen Sanierungsmaßnahmen bis zum Jahresende abgeschlossen sind, da diese, auch im Sinne der Aktionäre, so schnell und konsequent wie möglich durchgeführt werden sollen. Und dies sei auch das Ziel des neuen Investors und Vorstandsvorsitzenden. Herr Hüther erklärte abschließend noch, er sei sich sicher, dass sich die harte Arbeit der Sanierung von EM.TV lohnt.


Bericht des Vorstands Rolf Rickmeyer



Nachdem er erst am 1. November 2000 in den Vorstand der Gesellschaft eingetreten sei, so Herr Rickmeyer zu Beginn, habe er sich in den ersten Wochen nur einen groben Überblick über die Ergebnissituation der EM.TV AG verschaffen können. Das Ergebnis einer intensiven Analyse des Vorstands sowie des Aufsichtsrats sei die Gewinnwarnung vom 1. Dezember 2000 gewesen. Herr Rickmeyer meinte weiter, das Jahr 2000 sei von großen Akquisitionen geprägt worden, die auch vor dem Hintergrund der euphorischen Situation an den Börsen zu sehen seien. Bevor dann die strategischen Ziele operativ umgesetzt und Synergieeffekte genutzt werden konnten, habe sich das Marktumfeld, ganz besonders in der Medienbranche, grundlegend verändert, was auch bei EM.TV zu einer nachhaltigen Neubewertung der getätigten Akquisitionen geführt habe.



Im Folgenden gab Herr Rickmeyer einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung der EM.TV im Geschäftsjahr 2000. Jenes habe ganz im Zeichen großer Veränderungen gestanden, die im vorgelegten Jahresabschluss deutliche Spuren hinterlassen haben. Herr Rickmeyer ging zunächst auf den Einzelabschluss der EM.TV AG nach HGB ein, welcher aufgrund der Akquisitionen nur wenig mit dem Vorjahr vergleichbar sei. Die Bilanzsumme erhöhte sich von 1,9 Mrd. DM auf 4,1 Mrd. DM, wobei das Anlagevermögen, im Wesentlichen aufgrund der Großakquisitionen Formel 1 und Jim Henson Company, von 1,5 Mrd. DM auf 2,4 Mrd. DM stieg.



An dieser Stelle ging Herr Rickmeyer kurz auf den Tagesordnungspunkt 7 ein, welcher bereits in der Tagesordnung sowie in einem schriftlichen Bericht des Vorstands dargestellt wurde. Herr Rickmeyer erklärte, mit Wirkung zum 12. Mai 2000 habe EM.TV sämtliche Anteile an der Speed Investments Ltd., welche wiederum 50 Prozent an der SLEC Holdings Ltd. hielt, erworben. Die übrigen 50 Prozent der SLEC, in der sämtliche Rechte der Formel 1 gebündelt sind, wurden zum damaligen Zeitpunkt mittelbar von der Familie Ecclestone gehalten. Der mittelbare Erwerb der 50-prozentigen Beteiligung an der SLEC sei durch die Ausgabe von 12,58 Millionen neuer Aktien der EM.TV und eine Barzahlung in Höhe von 712,5 Mio. US-Dollar an die Verkäufer erfolgt. Zu diesem Zweck habe EM.TV der Speed über ein sogenanntes Bridge-Loan ein Darlehen in Höhe von 712,5 Mio. US-Dollar gewährt.



Vor dem Hintergrund der damaligen Erwartungen bezüglich der Entwicklung der Kapitalmärkte wurde mit Bambino (Familie Ecclestone) zusätzlich eine Call- bzw. Put-Option vereinbart, die der damalige Vorstand als Chance gesehen habe, für das Unternehmen eine Mehrheit an der Formel 1 zu sichern. Aufgrund der Veränderung an den Kapitalmärkten und des damit einher gehenden Kursverfalls der EM.TV-Aktie habe sich diese Chance zu einem Damoklesschwert entwickelt.



Um der Ausübung der finanziell ungünstigeren Verkaufsoption der Familie Ecclestone zuvorzukommen, habe Speed im Februar 2001 die Kaufoption in Bezug auf weitere 25 Prozent der Anteile an der SLEC ausgeübt, womit sich die mittelbare Beteiligung von EM.TV an SLEC auf 75 Prozent belief. Zur Finanzierung dieses weiteren Beteiligungserwerbs sei die EM.TV mit der KirchGruppe eine strategische Allianz eingegangen. Das in diesem Rahmen zwischen EM.TV und der KirchGruppe getroffene Investment Agreement und das Convertible Loan Agreement lege man der heutigen Hauptversammlung zur Zustimmung vor.



Aufgrund des Investment Agreements sei die KirchGruppe im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu 49,9 Prozent an der Speed beteiligt worden, und sie habe als Gegenleistung eine Bareinlage in die Speed in Höhe von 550 Mio. US-Dollar erbracht, die zur Rückführung von Krediten verwendet worden seien. Des Weiteren bestehe für die KirchGruppe die Möglichkeit, ihre Beteiligung durch Bareinlage auf 50 Prozent zu erhöhen. Zudem habe die KirchGruppe der Speed ein Darlehen von etwa 1 Mrd. US-Dollar gewährt. Die Regelung nach dem Convertible Loan Agreement berechtigte die KirchGruppe, anstelle der Rückzahlung in bar weitere Beteiligungen an der Speed zu erwerben. Eine vollständige Wandlung des Darlehens in eine Beteiligung durch die KirchGruppe würde zu einer Verringerung des Anteils von EM.TV an Speed auf ca. 23 Prozent und damit an der SLEC auf ca. 17,25 Prozent führen.



Herr Rickmeyer meinte weiter, der Vorstand sei nach eingehender Prüfung bestehender Alternativen zu der Überzeugung gekommen, dass die strategische Allianz mit der KirchGruppe die im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre beste Lösung darstellt. Sie entlaste die Liquiditätslage der Gesellschaft und ermögliche so die kurzfristige Einleitung weiterer Restrukturierungsmaßnahmen. Darüber hinaus sei der Vorstand der Überzeugung, dass die Kooperation mit der KirchGruppe für die Gesellschaft bei der Festigung und dem Ausbau ihrer Stellung im Medienmarkt eine Reihe weiterer Vorteile bietet. Man bitte daher die Aktionäre, den genannten Verträgen zuzustimmen.



Nach dieser detaillierten Darlegung kam der Vorstand wieder auf die Erläuterung der Bilanz zurück. Mit Wirkung vom 21. März 2000 habe EM.TV sämtliche Anteile an der Jim Henson Company erworben, wobei der Kaufpreis teilweise in bar, nämlich 170 Mio. US-Dollar, und durch Ausgabe von rund 9 Millionen neuer Aktien entrichtet worden ist. Daneben seien noch weitere Unternehmen und Unternehmensteile, wie z.B. an der Talit-Gruppe, Israel, und Dolce Media GmbH, erworben worden, was zu Zugängen bei den Finanzanlagen in Höhe von insgesamt rund 3 Mrd. DM geführt hat. Das Umlaufvermögen erhöhte sich von rund 330 Mio. DM auf rund 1,6 Mrd. DM, wobei hierin die zuvor erwähnte Forderung gegen Speed Investments Ltd. in Höhe von rund 1,2 Mrd. DM enthalten ist. Herr Rickmeyer ging auf weitere Kennzahlen ein und bezifferte die liquiden Mittel zum Jahresende 2000 auf 47 Mio. DM.



Das Eigenkapital der EM.TV AG habe rund 1,6 Mrd. DM betragen, was einer Eigenkapitalquote von 39 Prozent entspricht, so Herr Rickmeyer weiter. Aufgrund der Begebung einer Wandelanleihe sowie der Aufnahme von Bankkrediten zur Finanzierung der Akquisitionen seien die Verbindlichkeiten von rund 495 Mio. DM auf rund 2,4 Mrd. DM, jeweils zum Bilanzstichtag 31.Dezember 2000, gestiegen. Die in der Bilanz ausgewiesenen Bankdarlehen in Höhe von 1,5 Mrd. DM seien durch den Verkauf von 49,9 Prozent der Anteile an der Formel 1 per 31. März 2001 auf rund 243 Mio. DM reduziert worden und beliefen sich heute auf rund 195 Mio. DM.



Damit kam Herr Rickmeyer auf die Gewinn- und Verlustrechnung der EM.TV AG zu sprechen und wies im Zusammenhang mit seiner Präsentation darauf hin, dass aus Gründen der Vergleichbarkeit die Zahlen der Rumpfgeschäftsjahre des Vorjahres zusammengefasst worden sind. Die Gesamtleistung erhöhte sich um rund 14 Prozent von rund 159 Mio. DM auf rund 180 Mio. DM, wobei sich gleichzeitig der Materialaufwand von rund 46 Mio. DM auf rund 98 Mio. DM überproportional erhöhte. Der Personalaufwand, so Herr Rickmeyer weiter, sei im Wesentlichen wegen Neueinstellungen auf 22 Mio. DM gestiegen.



Durch den Anstieg außerplanmäßiger Abschreibungen habe sich die Summe der Abschreibungen auf rund 291 Mio. DM erhöht. In dem auffallend hohen Anstieg der sonstigen betrieblichen Aufwendungen um rund 34 Mio. DM auf rund 257 Mio. DM seien im Wesentlichen Bereinigungen in Form von Wertberichtigungen und Zuführungen zu den Rückstellungen sowie Einmalaufwendungen im Zusammenhang mit durchgeführten Akquisitionen enthalten.



Bei der Beantwortung der in der Öffentlichkeit häufig aufgeworfenen Frage, ob die Gesellschaft über ihre Verhältnisse gelebt hat, müsse, so Herr Rickmeyer weiter, berücksichtigt werden, dass die EM.TV AG in 2000 versucht hat, sich zu einem internationalen Medienkonzern zu entwickeln, was mit der Einrichtung einer entsprechenden Holdingstruktur verbunden ist. Das EBITDA betrage rund minus 182 Mio. DM nach 68 Mio. DM im Vorjahr, und das EBIT belaufe sich in 2000 auf minus 476 Mio. DM nach 56 Mio. DM im Vorjahr.



Die Entwicklung des Finanzergebnisses von 104 Mio. DM auf minus 2,2 Mrd. DM ergebe sich ganz wesentlich aus Abschreibungen auf Finanzanlagen in Höhe von rund 2,1 Mrd. DM zuzüglich einer Verlustübernahme in Höhe von 69 Mio. DM aus der Beteiligung an Junior.TV. Ferner haben Zinsen und ähnliche Aufwendungen in Höhe von rund 147 Mio. DM, im Wesentlichen aufgrund der für die Akquisitionen aufgenommenen Fremdmittel, zu Buche geschlagen. Dem haben Zinsen und Erträge aus Beteiligungen in Höhe von insgesamt rund 112 Mio. DM gegenüber gestanden. Schließlich, so Herr Rickmeyer weiter, ergebe sich ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von rund minus 2,7 Mrd. DM, was der Höhe des Jahresfehlbetrags entspricht.



Nun beantwortete Herr Rickmeyer die Frage, wie es gerade im Fall der weltweit erfolgreichen Formel 1 und der Jim Henson Company nur 12 Monate nach dem Erwerb zu außerplanmäßigen Abschreibungen in Höhe von insgesamt 2,1 Mrd. DM kommen konnte. Herr Rickmeyer erklärte, dass die kapitalmarktorientierten Daten für die Bewertung zum Zeitpunkt der Akquisitionen deutlich über den entsprechenden Daten zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 gelegen haben.



Die den Kaufentscheidungen zu Grunde liegenden Bewertungsgutachten seien ohne Zweifel durch die zum Zeitpunkt des Erwerbs vorhandenen positiven Erwartungen der Märkte, insbesondere des Neuen Markts und dort wiederum der Medienmärkte, geprägt gewesen. Dies habe sich vor allem bei der Jim Henson Company im Ansatz entsprechender Multiples ausgedrückt. Zum Bilanzstichtag seien wegen der inzwischen dramatisch verschlechterten Märkte bzw. Markterwartungen Neubewertungen, insbesondere auf Basis von Gutachten, erforderlich geworden.



Die außerplanmäßigen Abschreibungen auf die Beteiligung an der Speed Investments Ltd. in Höhe von rund 1,2 Mrd. DM müssten ebenfalls vor dem Hintergrund der soeben erwähnten Zusammenhänge gesehen werden, meinte der Vorstand Rickmeyer weiter. Nach Wandlung der Anteile durch die KirchGruppe per 1. September 2001 werden die Anteile von EM.TV an Speed von heute 50,01 Prozent auf 23 Prozent verwässert, womit sich der Anteil an der SLEC durchgerechnet auf 17,25 Prozent reduzieren wird. Bei der Bewertung nach geltendem Bilanzrecht habe diese zukünftige Verwässerung an der Beteiligungsquote an der Speed jedoch bereits per 31. Dezember 2000 berücksichtigt werden müssen und habe somit zu einem erheblichen Abwertungsbedarf geführt.



Der außerplanmäßigen Abschreibung auf die Jim Henson Company in Höhe von 704 Mio. DM, so Herr Rickmeyer weiter, haben Eigenberechnungen sowie ein externes Bewertungsgutachten zu Grunde gelegen. Auch hier habe ein solches Gutachten zum Erwerbszeitpunkt vorgelegen, welches die damaligen euphorischen Erwartungen der Medienmärkte, insbesondere in den USA, durch den Ansatz von Multiples reflektierte. Heute wisse man, dass auf die damaligen Erwartungen der Märkte eine entsprechende Ernüchterung folgte. Des Weiteren nannte Herr Rickmeyer die Abschreibungen auf sonstige Beteiligungsengagements, welche sich auf rund 146 Mio. DM beliefen. Diese Abschreibungen seien wegen nachhaltig negativer Erwartungen der Gesellschaften erforderlich gewesen.



Damit kam Herr Rickmeyer zu den weiteren wesentlichen Ergebnisfaktoren. Im Rahmen der Vereinbarungen mit der KirchGruppe seien Maßnahmen zur Entschuldung in Form eines Forderungsverzichts zugunsten von Speed mit Wirkung zum 30. März 2001 durchzuführen gewesen. Bei der Bilanzerstellung für EM.TV habe man diesem Sachverhalt bereits im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2000 durch eine Wertberichtigung von 180 Mio. DM Rechnung tragen müssen. Ein weiterer Ergebnisfaktor sei eine Forderung gegen die Victory-Gruppe in Höhe von 79 Mio. DM, welcher sich wegen der voraussichtlichen Uneinbringlichkeit der Forderung ergebe. Des Weiteren habe die Verlustübernahme der Junior.TV nach 123 Mio. DM im Vorjahr in diesem Jahr 69 Mio. DM betragen.



Nach der Bereinigung um weitere Sonderfaktoren wie zum Beispiel einmaligen Wechselkursverlusten in Höhe von rund 50 Mio. DM und den Kosten der Wandelanleihe von rund 32 Mio. DM ergebe sich in der Analyse somit für die EM.TV AG ein so genanntes bereinigtes Jahresergebnis von minus 109 Mio. DM.



Herr Rickmeyer kam an dieser Stelle zum Konzernabschluss der EM.TV, der erstmals die großen Akquisitionen auf Basis der International Accounting Standards (IAS) enthält und aufgrund der erheblichen Ausdehnung des Konsolidierungskreises kaum mit dem des Vorjahres vergleichbar ist. Die Bilanzsumme hat sich laut Herrn Rickmeyer von rund 2,0 Mrd. DM auf rund 6,7 Mrd. DM mehr als verdreifacht.



Die immateriellen Vermögensgegenstände seien im Wesentlichen aufgrund der Erhöhung der aktivierten Firmenwerte von rund 642 Mio. DM auf rund 4,4 Mrd. DM gestiegen. Das Umlaufvermögen habe sich von rund 434 Mio. DM auf rund 1,7 Mrd. DM erhöht, und die kurzfristige Liquidität belaufe sich einschließlich kurzfristiger Wertpapiere auf rund 1,0 Mrd. DM. Das Eigenkapital betrage rund 1,6 Mrd. DM, was einer Eigenkapitalquote von 24 Prozent entspricht. Wie Herr Rickmeyer noch ausführte, haben sich die Rückstellungen hauptsächlich durch Zugänge aus Erstkonsolidierungen auf 188 Mio. DM erhöht. Die Erhöhung der langfristigen Verbindlichkeiten resultiere aus der Finanzierung von Beteiligungen im Konzern. Bei der EM.TV AG seien 803 Mio. DM und bei der SLEC Holdings Ltd. rund 1,4 Mrd. DM mittels Anleihen finanziert worden.



Damit kam Herr Rickmeyer zur Gewinn- und Verlustrechnung des Konzerns. Der Anstieg der Gesamtleistung auf rund 1,3 Mrd. DM sei ganz wesentlich auf Erstkonsolidierungen der SLEC, der Tele München Gruppe und der Jim Henson Company zurückzuführen. Die Abschreibungen in Höhe von 2,4 Mrd. DM enthielten im Wesentlichen planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen auf Geschäfts- und Firmenwerte, insbesondere auf das Engagement Formel 1 mit 1,3 Mrd. DM. Das EBIT des Konzerns habe rund minus 2,3 Mrd. DM betragen, das EBITDA sei dagegen mit 79 Mio. DM positiv.



Nach Berücksichtigung eines negativen Finanzergebnisses in Höhe von rund 315 Mio. DM ergebe sich ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von rund minus 2,6 Mrd. DM. Die Sonderfaktoren im Konzern, so Herr Rickmeyer weiter, seien die gleichen, die auch das Ergebnis der AG im Einzelabschluss beeinflusst haben. Hinzu kämen noch planmäßige Abschreibungen auf Geschäftswerte in Höhe von 163 Mio. DM, so dass die Analyse für den EM.TV Konzern zu einem so genannten bereinigten Ergebnis von minus 347 Mio. DM führe.



Herr Rickmeyer schloss nun noch einige Ausführungen zu den Teilkonzernen Jim Henson Company, Formel 1 und Tele München Gruppe an. Im Falle von Jim Henson Company und der Formel 1 haben sich erhebliche Bewertungsunterschiede zwischen den nach jeweiligem Landesrecht ermittelten Ergebnissen und den nach IAS berechneten Beiträgen zum Konzernergebnis von EM.TV ergeben. Als wichtigste Unterschiede nannte der Vorstand planmäßige und außerplanmäßige Goodwill-Abschreibungen von zusammen 1,9 Mrd. DM, eine unterschiedliche Ergebnisbehandlung des Geschäfts mit CTW (110 Mio. US-Dollar) und zusätzliche Abschreibungen auf die im Rahmen der so genannten Kaufpreisallokation aufgedeckten stillen Reserven.



Im Teilkonzern Jim Henson Company seien Umsatzerlöse von umgerechnet rund 400 Mio. DM und ein Jahresüberschuss vor Konzerneffekten von rund 174 Mio. DM ausgewiesen worden. Nach Konsolidierungseffekten habe sich jedoch ein Jahresfehlbetrag von rund 770 Mio. DM ergeben. Der Teilkonzern Formel 1 weise im Zeitraum 12. Mai bis 31. Dezember 2000 bei Umsatzerlösen von rund 400 Mio. DM nach US-GAAP einen Jahresüberschuss von rund 18 Mio. DM aus.



Nach der Überleitung auf IAS betrage der anteilige Konzernfehlbetrag jedoch rund 1,3 Mrd. DM. Bezüglich der Tele München Gruppe führte Herr Rickmeyer aus, jene habe im Geschäftsjahr 2000 insgesamt rund 424 Mio. DM umgesetzt und wegen des Verkaufs des Senders TM3 einen Jahresüberschuss vor Konzerneffekten von 344 Mio. DM erwirtschaftet. Nach Konzerneffekten, insbesondere der Neutralisierung des Ergebnisbeitrags aus dem Verkauf von TM3, habe sich ein anteiliger Jahresfehlbetrag von rund 48 Mio. DM ergeben.



Als Nächstes erklärte Herr Rickmeyer, warum sich die Arbeiten am Jahresabschluss bis Ende Mai 2001 hingezogen haben. Im November 2000 seien die erforderlichen konzerneinheitlichen Bewertungsrichtlinien für den Jahresabschluss 31. Dezember 2000 verabschiedet worden. Aufgrund der Neubewertung seien umfangreiche, sehr zeitaufwendige Untersuchungen unter Einbeziehung verschiedener Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erforderlich gewesen, um insbesondere den Ansatz der Beteiligungsbuchwerte der Jim Henson Company und der Formel 1-Beteiligung zu analysieren. Des Weiteren habe man elementare, noch fehlende Informationen insbesondere über die Höhe des Goodwills innerhalb der Formel 1-Gruppe einholen müssen, wobei schließlich trotz des großen Engagements der Mitarbeiter die Komplexität der insgesamt zu lösenden Bilanzierungsfragen nicht innerhalb des erforderlichen Zeitrahmens zu bewältigen gewesen sei.



Bevor Herr Rickmeyer als Letztes noch auf das erste Quartal 2001 einging, fasste er seine Ausführungen noch einmal kurz zusammen und meinte erstens, entgegen den ursprünglich geäußerten Erwartungen sei im Geschäftsjahr 2000 ein deutlicher Verlust ausgewiesen worden, worauf Vorstand und Aufsichtsrat tief greifende Sanierungsmaßnahmen eingeleitet haben, die bereits erste Erfolge zeigten.



Unter zweitens meinte er, der dramatische Verlust ergebe sich ganz wesentlich aus einer Neubewertung der Beteiligungsunternehmen, und das Unternehmen verfüge, drittens, über werthaltige Assets wie die Formel 1, die Jim Henson Company, Tele München Gruppe und Junior.TV. Viertens, so Herr Rickmeyer weiter, betrage das Eigenkapital der AG zum Bilanzstichtag insgesamt 1,6 Mrd., was einer Eigenkapitalquote im Einzelabschluss von rund 39 Prozent entspricht, und fünftens sei die Liquidität des Unternehmens gesichert. Die Bankschulden seien im März 2001 von rund 1,5 Mrd. DM auf rund 243 Mio. DM und aktuell 195 Mio. DM gesenkt worden. Die Erlöse aus dem Verkauf der Anteile an Crown Media werden eine weitere Rückführung der Bankschulden ermöglichen.



Nun ging Herr Rickmeyer noch kurz auf den in der Woche vor der Hauptversammlung veröffentlichten Quartalsabschluss zum 31. März 2001 ein, dessen Erstellung und Vorlage sich auf Basis des erst Ende Mai 2001 vorgelegten Jahresabschlusses 2000 zwangsläufig ebenfalls verspätet habe. Im Konzern sei eine Gesamtleistung von 237 Mio. DM erreicht worden, wobei das EBITDA 158 Mio. DM und das EBIT 47 Mio. DM betragen habe. Nach einem negativen Finanzergebnis in Höhe von 91 Mio. DM belaufe sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auf rund minus 41 Mio. DM, und der Fehlbetrag für das erste Quartal, in dem die Steuern berücksichtigt sind, betrage rund minus 98 Mio. DM.



Die Zahlen, so Herr Rickmeyer weiter, seien jedoch vor dem Hintergrund einiger Sondereffekte zu sehen, welche das Ergebnis einmal positiv wie negativ beeinflusst haben. So enthalte die Position sonstige betriebliche Erträge unter anderem rund 153 Mio. DM an einmaligen Erträgen, und das Finanzergebnis beinhalte rund 30 Mio. DM an Zinsaufwand, der nach einer inzwischen erfolgten Kreditrückzahlung in den folgenden Quartalen entfallen wird. Ferner sei das Ergebnis mit rund 20 Mio. DM an Aufwand für die Restrukturierung belastet gewesen. Die weitere Ertragsentwicklung im Konzern werde unter anderem von der Tatsache geprägt sein, wann und welche Desinvestments durchgeführt werden.



Aus dem jeweiligen Umsetzungszeitpunkt ergäben sich ganz entscheidende Veränderungen hinsichtlich der Konsolidierung dieser Gesellschaften und damit bedeutende Veränderungen in der Bilanz- und GuV-Struktur des EM.TV-Konzerns. Man gehe jedoch davon aus, dass aufgrund der Restrukturierung auch für das gesamte Geschäftsjahr 2001 ein Verlust auszuweisen sein wird. Vor diesem Hintergrund bat Herr Rickmeyer um Verständnis, dass man keine konkreten Ergebnisprognosen für den Konzern vorlegen kann.



Herr Rickmeyer kam damit noch auf die Ergebnisentwicklung der EM.TV AG zu sprechen, deren schlechte Entwicklung sich im ersten Quartal 2001 fortgesetzt habe und die durch einen Umsatz von lediglich 12 Mio. DM und erhebliche Restrukturierungs- und Beratungsaufwendungen gekennzeichnet gewesen sei. Das EBIT sei mit rund 5 Mio. DM positiv, enthalte jedoch einen Sonderertrag aus Wechselkursveränderungen in Höhe von 53 Mio. DM. Nach einem negativen Finanzergebnis von rund minus 71 Mio. DM ergebe sich ein Fehlbetrag für das erste Quartal in Höhe von rund minus 56 Mio. DM.



Abschließend warf Herr Rickmeyer noch einen Blick in die weitere Zukunft und meinte, der Vorstand sei sich mit Herrn Klatten einig, dass die Komplexität von EM.TV, gerade im Beteiligungsportfolio, ganz wesentlich zu reduzieren ist. Das Kerngeschäft werde sich zukünftig auf die Einheiten EM.TV AG sowie die Junior.TV reduzieren, wobei man an dem Ziel festhalte, die weiteren 50 Prozent an Junior.TV zu übernehmen. Für dieses definierte Kerngeschäft habe man gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger die Erwartung, dass sich bereits im Jahre 2001 ein positives EBITDA und im Jahr 2003 ein positives EBIT ergeben wird. Entscheidend hierfür werde die Fortsetzung des eingeschlagenen Weges sein. Dabei könnten sich laut Herrn Rickmeyer weitere positive Effekte aus der Integration von derzeit unterbewerteten Medientiteln ergeben, die jedoch einen strategischen Fit zum Kerngeschäft voraussetzen würden.


Allgemeine Diskussion



Die nun folgende Diskussion erstreckte sich über mehr als sieben Stunden und ungefähr 30 Redner, die das Podium teilweise auch mehrfach betraten. Die Rechtsanwältin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) wurde vom Aufsichtsratsvorsitzenden als Erste aufgerufen.



Frau Bergdolt bezeichnete die Entwicklung des einstigen Börsenlieblings als "erschütternd". Für die Kleinaktionäre sei EM.TV nur noch "ein Trümmerhaufen". Die verantwortlichen Vorstände Florian und Thomas Haffa hätten sich einfach "aus dem Staub gemacht" und seien heute nicht mehr anwesend, um Rechenschaft abzulegen. Frau Bergdolt meinte weiter, so ein Abgang sei "schäbig und unwürdig" und so eine Flucht vor der Verantwortung "feige", denn bisher habe es keinen Grund gegeben, die Vorkommnisse zu personifizieren. Man dürfe nicht vergessen, dass es die gleiche EM.TV war, die aus Kleinanlegern Millionäre gemacht hat.



In Bezug auf das Engagement in der Formel 1 erklärte Frau Bergdolt, man habe im letzten Jahr "die Bodenhaftung verloren", und sie meinte damit, man habe das Kerngeschäft aus den Augen verloren. Die Vorstände hätten das Unternehmen nicht mehr im Griff gehabt und frei nach dem Motto "wir schaffen das schon" gewirtschaftet. Sie frage sich, wie es passieren konnte, dass Thomas Haffa am 15. November 2000, ungefähr 2 Wochen vor der Gewinnwarnung, auf einer DSW-Tagung noch von einer unterbewerteten Aktie sprach und für die Zukunft "keine negativen Überraschungen" versprach.



Die Erklärungen des Vorstands bezüglich einer Neubewertung der Formel 1 reichten Frau Bergdolt nicht aus, und sie wunderte sich, wie sich der Neue Markt negativ auf die Bewertung der Formel 1 auswirken kann und was dort wirklich los ist. Weiter meinte sie, man hätte sich um die Finanzierung kümmern und den "Deal des Jahrhunderts" erst einmal verkraften müssen. Im Zusammenhang mit dem vom Vorstand erläuterten TOP7 vertrat Frau Bergdolt die Ansicht, es wäre besser gewesen, man hätte das F1-Engagement verloren. Nun habe man die weiteren 25 Prozent finanzieren müssen, wobei das Engagement der KirchGruppe die Rettung gewesen sei. Hierzu fragte sie, warum man einen Splitteranteil an der Formel 1 halten wird. Weiter kritisierte sie, dass der Vorstand nicht rechtzeitig die Wahrheit über die Finanzierungsschwierigkeiten gesagt hat. Dies habe dem Neuen Markt und damit auch der Volkswirtschaft geschadet, da der Neue Markt als Zugpferd der Wirtschaft verloren gegangen sei.



Dann fragte Frau Bergdolt nach der Verantwortung des Aufsichtsrats, und sie wollte wissen, warum jener, als absehbar war, dass der Vorstand trotz der offensichtlichen Fehlleistung bleibt, nicht selbst die Konsequenzen gezogen hat und zurückgetreten ist. Damit kam Frau Bergdolt zu ihren Fragen. So wollte sie wissen, warum im ersten Halbjahr 2000 fälschlicherweise Umsätze und Ergebnisse aus dem zweiten Halbjahr verbucht wurden. Zudem wollte sie vom Vorstand erfahren, warum die Finanzierung der weiteren 25 Prozent an der SLEC nicht gesichert gewesen sind. Im Zusammenhang mit dieser Unklarheit kündigte sie an, einen Antrag auf Sonderprüfung zu stellen.



An Herrn Klatten hatte Frau Bergdolt ebenfalls einige Fragen. So wollte sie von ihm wissen, ob der Aktienkauf bereits fixiert ist und ob es seinerseits Rückzugsmöglichkeiten gibt. Außerdem fragte sie ihn direkt, ob er ein Strohmann oder die lange Hand der KirchGruppe ist, da jene aus kartellrechtlichen Gründen selbst nicht die Mehrheit bei EM.TV übernehmen darf. Weiter appellierte sie an Herrn Klatten, sich mit Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt zurückzuhalten und keine Aussagen zu machen, die er später nicht einhalten kann.



Damit kam Frau Bergdolt zum Ende ihrer Ausführungen und meinte, die Illiquidität der Gesellschaft sei im Moment abgewandt, die Zukunft aber keinesfalls gesichert. Dann fragte sie noch nach den Zahlen des zweiten Quartals 2001 und formulierte ihre bereits in der Einladung abgedruckten Gegenanträge zu den Verschiebungen der Entlastungen von Vorstand und Aufsichtsrat sowie ihren Antrag auf Sonderprüfung.



Als nächster Redner betrat Herr Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) das Podium, sprach von einem "Scherbenhaufen" bei EM.TV und wunderte sich über die Arbeit der Analysten. Herr Schneider merkte an, alle Aufsichtsräte seien Rechtsanwälte, und er fragte, ob die Beratungsmandate mit den Kanzleien der Aufsichtsräte eine genehmigte Tätigkeit gewesen sind. Im Weiteren sprach Herr Schneider die zentralen Fehlentscheidungen des letzten Jahres an. So habe man die Jim Henson Company für 1,4 Mrd. DM völlig überteuert eingekauft, wobei aus den Ertragserwartungen nun ein Verlust geworden sei. Auch bei der Formel 1 habe man auf der letzten Hauptversammlung mit dem Börsengang großes angekündigt, doch nun müsse man 1,2 Mrd. DM an Teilwertabschreibungen vornehmen, obwohl sich am F1-Markt eigentlich nichts geändert hat.



Die Put- und Call-Option sowie die damit verbundene finanzielle Verpflichtung ist laut Herrn Schneider nicht ausreichend kommuniziert worden. Bernie Ecclestone sei aber sowieso "cleverer" gewesen, und EM.TV habe sich im Grund von ihm "über den Tisch ziehen lassen". Herr Schneider fragte, wer das Bewertungsgutachten bei der Formel 1 erstellt hat und ob man Regressansprüche geltend machen kann. Dann nannte er als Nächstes die gigantische Summe von 100 Mio. DM, welche die Gesellschaft im letzten Jahr für Beratung und Spesen in Zusammenhang mit den Akquisitionen ausgegeben hat. Nun besitze man lediglich noch 17,25 Prozent an SLEC, was Herr Schneider als sinnlos bezeichnete. Wie Frau Bergdolt fragte daher auch er, was man damit vorhat.



Im Zusammenhang mit dem Einstieg von Kirch bei EM.TV kritisierte Herr Schneider, man müsse nur deshalb den Anteil an der Tele München verkaufen. Bezüglich der Neuwahl des Aufsichtsrats fragte er weiter, ob Herr Berger sein Beratungsmandat behalten wird. Des Weiteren kritisierte Herr Schneider die Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung auf jährlich bis zu 90.000 Euro für den Vorsitzenden. Im Hinblick auf die vorgeschlagene Verschiebung der Entlastungen meinte Herr Schneider, eine Diskussion auf der nächsten Hauptversammlung sei sinnlos, da das Versagen von Vorstand und Aufsichtsrat schon heute offenkundig sei und keine weiteren Erkenntnise zu erwarten seien.


Erste Beantwortung der Fragen durch die Vorstände



Herr Rickmeyer bat um Verständnis, da er die Fragen nur rein sachlich beantworten könne. Zur Frage, warum der Vorstand an seinen Plänen festhielt, antwortete er, man habe sich beraten lassen und eine "business due diligence" erstellen lassen. Bei der Formel 1 habe man keineswegs etwas verschwiegen. Die Kaufpreise seien gerechtfertigt gewesen, und die Formel 1 sei weiterhin eine werthaltige Veranstaltung. Schließlich komme die Abwertung nicht aus dem Markt, sondern sie entstehe durch die Verwässerung, so Herr Rickmeyer weiter. Zum Einstieg der KirchGruppe bei der Formel 1 führte er aus, der alte Vorstand habe auch andere Alternativen gesucht und auch mit Vertretern der Automobilindustrie gesprochen. Am Ende habe dann eben doch das Engagement der KirchGruppe gestanden.



Bezüglich der Abschreibungen bei der Jim Henson Company meinte Herr Rickmeyer, hier lägen die Gründe ganz klar in der Entwicklung des Markts. Im Hinblick auf die Bestätigung der Ergebnisprognose im November 2000 durch den damaligen Vorstand erklärte Herr Rickmeyer, dass sich einige Aufträge in der damaligen Analyse danach als nicht mehr realisierbar herausgestellt haben. Herr Rickmeyer meinte zu den Halbjahreszahlen nicht ganz eindeutig, es habe sich bei der falschen Verbuchung nicht um ein konkretes Geschäft, sondern vielmehr um unfertige Erzeugnisse gehandelt.



Zu den Vorwürfen, man habe das Kerngeschäft vernachlässigt, führte der Vorstand aus, die Geschäftspartner hätten sich im ersten Quartal 2001 wie in einer Schockreaktion zurückgehalten, da über das Fortbestehen des Unternehmens Unklarheit bestanden habe. Die Situation bei den im ersten Quartal eingebrochenen Umsätzen im Bereich TV und Merchandising werde sich aber gegen Ende des zweiten Quartals bessern, so Herr Hüther weiter. Dabei müsse die Beliebtheit der Charaktere ausreichen. Eine Anzeigenkampagne hingegen halte er gegenwärtig für falsch.



Das Geschäft mit den Rechten habe wieder zugenommen, und man werde sich auf den Kernmarkt konzentrieren. Noch schwieriger sei es hingegen beim Merchandising, wo kaum Bereitschaft bestehe, mit EM.TV zusammenzuarbeiten. Als Erfolg konnte dann Herr Hüther den Erwerb der Rechte am so genannten aus der Werbung bekannten "Wackel-Elvis" vermelden. Im dritten und vierten Quartal 2001 erwarte man bei den Umsätzen "einigermaßen Normalität".



EM.TV verfüge über ein hohes Know-how und werde durch den Verkauf der Crown Media ungefähr 240 Mio. DM an Liquidität generieren. Die 17,25 Prozent an der Formel 1, so Herr Rickmeyer weiter, seien keinesfalls ein Splitteranteil, und man werde überprüfen, "ob es passt". Zur Aussage von Thomas Haffa im letzten November, die Aktie sei unterbewertet, meinte er, unter anderem sei der Teilverkauf von TM3 nicht ergebniswirksam, sondern Kaufpreis mindernd wirksam geworden. Unter Berücksichtigung der damaligen Vermögensgegenstände und der damaligen Verschuldung habe die Bewertung an der Börse daher durchaus darunter gelegen.



Bezüglich eingegangenen Klagen führte Herr Rickmeyer aus, es seien insgesamt 50 Klagen mit einer Gesamtsumme über 7 Mio. DM von 150 Klägern eingegangen, wobei man zuversichtlich sei, dass diese abgewehrt werden können. Mit der Beteiligung an der myToys GmbH, so Herr Rickmeyer, habe man an den Chancen des Internet partizipieren wollen, man habe sich dann jedoch von den Anteilen getrennt. Zur Internet-Plattform JuniorWeb fügte er noch an, das Produkt sei fertig gewesen und habe Start-Up-Charakter gehabt. Aufgrund der Perspektiven habe man sich jedoch von den Anteilen ebenfalls getrennt.



Herr Hüther meinte, die Unabhängigkeit von EM.TV sei das primäre Ziel, eine "Volleingliederung" in die KirchGruppe sei nicht geplant, und mehr wolle er dazu nicht sagen. Die Rechte und der Content von EM.TV stellten auf jeden Fall einen großen Wert dar. An dieser Stelle nannte Herr Hüther noch den Umsatz der Formel 1 im ersten Quartal, welcher bei 196 Mio. DM gelegen hat. Die Zahlen des zweiten Quartals der EM.TV AG werde man bis Ende August vorlegen.


Antworten von Herrn Klatten



Herr Klatten erklärte sich bereit, erneut das Podium zu betreten, um die direkt an ihn gerichteten Fragen zu beantworten, was beim Publikum sehr gut ankam. Er antwortete, der Aktienkauf sei fixiert, und er werde auch erst dann über die Stimmrechte verfügen. Zu den Vorwürfen, er sei der Strohmann von Kirch, meinte Herr Klatten mit einem Grinsen, es gebe keinen einzigen plausiblen Hinweis, dass das nicht stimmt. Er werde jedoch an der Entzerrung von Kirch und an der Unabhängigkeit von EM.TV arbeiten. Des Weiteren habe er zwei Finanzierungsangebote bekommen, und die KirchGruppe sei nicht dabei gewesen.



Zur Rolle des neuen Aufsichtsrats Roland Berger, der aufgrund einer wichtigen Reise nicht an der Hauptversammlung teilnehmen konnte, meinte Herr Klatten (Aktionäre hatten davor lautstark "Wo ist Berger?" gerufen), jener habe das Unternehmen sanierungsfähig gemacht. Des Weiteren bestünden keine Verstrickungen mit seinem Beratungsunternehmen.



Die Erhöhung der Aufsichtsratsvergütungen rechtfertigte er, da Herr Berger ein viel beschäftigter Mann sei. Die Termine der kommenden Aufsichtsratssitzungen seien bereits festgelegt, und Herr Berger werde auch an jeder teilnehmen. Insgesamt bezeichnete Herr Klatten den neuen Aufsichtsrat als "klein und fein", der seiner Verantwortung gerecht werde. Im Hinblick auf den Rücktritt von Herrn Haffa meinte Herr Klatten abschließend, so zeitnah an der Hauptversammlung sei so etwas "tückisch".


Weitere Wortmeldungen



Nun meldete sich Rechtsanwalt Klaus Rotter zu Wort, der viele geschädigte Aktionäre der EM.TV vertritt, und behauptete, die "Gebrüder Haffa" hätten die Kleinaktionäre belogen "wie kein Vorstand jemals zuvor" und auf kriminelle Weise hinters Licht geführt. Es könne nicht über die Verschiebung der Entlastung entschieden werden, da die Nichtentlastung wegen Missmanagements bereits offensichtlich sei.



Die ehemaligen Aktionäre der Jim Henson Company haben laut Herrn Rotter ihre neuen EM.TV-Aktien einfach auf den Markt geworfen, und der Einstieg in die Formel 1 sei total überteuert gewesen. Der Expansionskurs sei einfach nicht zu finanzieren gewesen. Statt dessen habe sich die einmalige Kapitalvernichtung fortgesetzt, und Thomas Haffa habe sich eine neue Yacht gekauft, ausgerechnet vom ehemaligen FlowTex-Chef und Milliardenbetrüger Schmider. Für das abgeschlossene Geschäftsjahr habe man anstelle eines geplanten EBIT von 550 Mio. DM bei dieser Kennzahl minus 2,6 Mrd. DM erreicht.



Die Anteile an der Formel 1 und Jim Henson haben zusammen 6,8 Mrd. DM gekostet, was dem 39-fachen des Cash-flow entsprochen hat. Das sei der blanke Wahnsinn gewesen, und er frage sich, was der Aufsichtsrat "eigentlich getan hat". Im Folgenden stellte Herr Rotter noch zahlreiche, zum größten Teil sehr detaillierte Fragen zu Rückstellungen, Verträgen und Versicherungen sowie weiteren Themengebieten.



Nun folgten Dutzende, meist kurze Wortmeldungen von Kleinaktionären. Viele fragten nach Schadensersatz, wie Frau Sabine Kraus. Außerdem wurde gefragt, ob der Vorstand Aktien verkauft hat. Herr Weber meinte, "ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ungeniert". Dabei spielte er auf die großzügigen Aufsichtsratsvergütungen und die Art und Weise an, wie Herr Dr. Thiemann die Versammlung leitete. Herr Schurer meinte, es sei "leichter, eine eingeseifte Sau am Schwanz zu packen, als ein Aufsichtsratsmitglied zur Verantwortung zu ziehen".



Ein weiterer Redner meinte, man müsse die Berater und Gutachter zur Verantwortung ziehen. Ein anderer Aktionär bat die Anwesenden, der Verschiebung der Entlastungen zuzustimmen, da eine Nichtentlastung nur denen etwas bringe, die ihre Aktien bereits verkauft haben und nun klagen. Den Klägern legte er nahe, nicht auf dem Rücken der Gesellschaft, sondern zivilrechtlich direkt gegen die Haffa-Brüder vorzugehen. Er identifiziere sich mit der Gesellschaft und rate das auch allen anderen, die Aktien eines Unternehmens kaufen und nur auf die Rendite schauen.



Herr Baumann bezeichnete die "verlogenen Haffa-Brüder" als "Schande hoch fünf". Dann fragte Herr Deibert noch nach den geplanten Kosten und Umsätzen bei Wackel-Elvis, und er wollte wissen, warum mit den Altaktionären von Jim Henson keine Lock-up-Frist vereinbart worden ist. Bezug nehmend auf japanische Verhältnisse, regte er zudem an, Herr Haffa könnte doch einen Teil seines Vermögens an das Unternehmen zurückgeben. Im Verlauf der Diskussion wurden noch viele weitere Fragen gestellt, Anregungen gemacht und Gegenanträge gestellt. Um den Rahmen dieses Berichts jedoch nicht zu sprengen, wurde jener auf die Wiedergabe der wichtigsten Meinungen, Fragen und Antworten beschränkt.


Weitere Antworten



Um die Fragen ehrlich beantworten zu können, wurde die Versammlung für eine halbe Stunde unterbrochen. Danach fuhr Herr Rickmeyer zunächst mit der Beantwortung der zahlreichen Fragen von Herrn Rotter fort. Danach meinte er im Hinblick auf den von Herrn Deibert angesprochenen Schadenersatz gegenüber den Erstellern von Wertgutachten, es bestehe kein Ansatz für einen solchen Schritt, weder intern noch extern. Zum Wackel-Elvis führte er aus, dass die Rechte 300 TDM gekostet haben und dass der Break-even bei einer Stückzahl von 54.000 erreicht wird. Mittlerweile lägen aber schon weit über eine Million Bestellungen vor, woraufhin die Anwesenden applaudierten.



Die Reduzierung der Kosten werde sich auf den Fuhrpark, das Marketing und die Beratungskosten beschränken, war die Antwort des Vorstands auf die entsprechende Frage eines Aktionärs. Auf eine weitere Frage antwortete Herr Rickmeyer, schon 1998 sei eine Versicherung gegen Schadensersatzforderungen in Höhe von zwei Millionen Euro abgeschlossen worden.



Auch Herr Klatten wurde während der vorherigen Diskussion mehrfach angesprochen und meldete sich daher noch einmal zu Wort. Er bekräftigte sein langfristiges Engagement und die Substanz des Unternehmens. Er wolle EM.TV zu einem soliden und rentablen Unternehmen aufbauen, wofür er erneut um Unterstützung warb. Zur Verschiebung der Entlastungen meinte er, dies sei "üblich und legal".



Auf die Frage, ob der ehemalige Vorstand Aktien verkauft hat, antwortete Herr Dr. Thiemann, man könne hier den Ausführungen des Herrn Haffa nichts hinzufügen. Bezüglich eines Engagements von Fonds in die Aktie meinte Herr Rickmeyer noch, jene seien in der Defensive gewesen, und man werde sich erst mit einem klaren Konzept aufstellen müssen, damit diese Institutionen wieder einsteigen.


Abstimmungen



Nach einer erneuten Pause wurde um 19:10 Uhr die aktuellste Präsenz mit 71.038.651 der insgesamt 144.081.116 Aktien festgestellt, was einer Quote von 49,3 Prozent entspricht. Der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Dr. Thiemann erläuterte den Anwesenden den Abstimmungsmodus. Man werde in einem Block über die sieben Tagesordnungspunkte abstimmen lassen und sich erst dann mit den Gegenanträgen und Anträgen befassen, wenn der entsprechende Vorschlag der Verwaltung bei der ersten Abstimmung nicht angenommen wurde.



Auf der Tagesordnung standen die Entlastung von Vorstands und Aufsichtsrat, wobei die Verwaltung jeweils die Vertagung auf die nächste Hauptversammlung vorschlug, die Wahl des Abschlussprüfers, die Wahlen zum Aufsichtsrat, wobei die Herren Dr. Bernd Thiemann, Prof. Roland Berger und Dr. Ralph Wollburg vorgeschlagen wurden, eine Satzungsänderung im Zusammenhang mit der Aufsichtsratsvergütung und die Zustimmung zur Veräußerung von Teilen der Beteiligung an der Speed Investments Ltd. Nach der Stimmabgabe verging ungefähr eine halbe Stunde, bis die Ergebnisse vorlagen.



Alle Tagesordnungspunkte wurden schließlich mit einer breiten Mehrheit angenommen, was daran lag, dass Thomas Haffa seine 61.753.100 Aktien und Florian Haffa seine 2.000.580 Aktien auf der Hauptversammlung vertreten ließen. Bei der Entlastung des Vorstands stimmten 1.795.100 Aktien dagegen, 2.308.952 Stück enthielten sich. Die Entlastung wäre also auch bei Nichtbeachtung der Haffa-Stimmen, wenn auch knapp, durchgegangen. Die Abstimmungsergebnisse bei der Entlastung des Aufsichtsrats bzw. dessen Verschiebung wurde bei ähnlichen Stimmenzahlen angenommen.



Auch die restlichen Tagesordnungspunkte wurden bei grob zwischen 1,4 Mio. und 1,8 Mio. Enthaltungen und zwischen 0,3 Mio. und 1,1 Mio. Neinstimmen angenommen. Eine Ausnahme bildete die Wahl des Abschlussprüfers, welche mit einer Zustimmung in Höhe von 99,44 Prozent zu Stande kam. Über den Antrag auf Sonderprüfung, in der vor allem die Jim Henson Company und die Formel 1 unter die Lupe genommen werden sollten, wurde nicht abgestimmt. Im Anschluss an die Verlesung der Abstimmungsergebnisse hatten dann die Aktionäre die Chance, Widerspruch zu Protokoll zu geben. Die Hauptversammlung endete nach exakt 10 Stunden gegen 20 Uhr.


Fazit und Schlussworte



Aufgrund der Länge des Berichts soll das Fazit diesmal umso kürzer ausfallen. Festzuhalten bleiben die Eindrücke von der Hauptversammlung: die mediale Übermacht zu Beginn der Hauptversammlung, ständige Buhrufe für die Vorstände und Aufsichtsräte sowie lautstarker Applaus für die Aussagen der Aktionärsvertreter aus den Reihen der Kleinaktionäre, die Ausführungen von Herrn Klatten, der nichts schönredete, die Bierzeltstimmung während der Diskussion und die Antworten von Vorstand und Aufsichtsrat, die "viel Luft" beinhalteten und schließlich die Verschiebung der Entlastungen mit den Stimmen der Herren Haffa. Ein Anwesender kommentierte die Hauptversammlung mit "die Herren von EM.TV leben in ihrer eigenen Welt".



Viele Aktionäre von EM.TV sehen sich als Opfer der Haffa-Brüder, und zwar zu Recht, denn EM.TV ist selbst vom Börsenliebling zum Börsenopfer geworden. Der Einbruch der Medienmärkte machte die Neubewertung der fast zum "Höchstkurs" eingekauften Jim Henson Company und der Beteiligung an der Formel 1 nötig. Es ist unglaublich, was sich in einem Jahr mit ungefähr 220 Arbeitstagen alles verändern kann. Auch der Autor dieses Berichts fragte sich jedes Mal, wenn man Herrn Haffa im Fernsehen bei einem Formel-1-Rennen oder anderen Events sah, ob er sich nicht besser zu Hause um "seine" EM.TV kümmern sollte.



Im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens kann man die Aussage des Vorstands heranziehen, eine "Volleingliederung" in die KirchGruppe sei nicht geplant. Ist eine Teileingliederung geplant? Immerhin hat ja die KirchGruppe jetzt, was sie wollte, nämlich die Formel 1. Der künftige EM.TV-Chef Werner Klatten jedenfalls, der für seine Rede und Antworten des Öfteren Applaus bekam, wird seine Aussagen, die Entzerrung von der KirchGruppe umzusetzen, beweisen müssen.



Sein Sanierungskonzept wird das Unternehmen stark verändern, immerhin soll sich die Mitarbeiterzahl halbieren. Dass EM.TV erfolgreich sein kann, beweist der Deal mit dem Wackel-Elvis, der Erfolg verspricht. Der entsprechende Werbespot von AUDI soll auch bald im europäischen Ausland laufen und somit den Bekanntheitsgrad dieser Figur weiter erhöhen.


Kontaktadresse



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Betastraße 11
85774 Unterföhring



Tel.: 089 / 995 00 - 0
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Email: [email protected]
Internet: www.em-ag.de



 



Veröffentlichungsdatum: 13.08.2001 - 12:50
Redakteur: rwe
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