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IR Ansprechpartner:
Herr Ingo Hillen
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HV-Bericht sino AG - Im Kometen-Schatten von Trade Republic
Die sino AG hatte für den 17. September 2021 zur ordentlichen Hauptversammlung eingeladen, die aufgrund der Corona-Pandemie rein virtuell stattfand. Die Aktionäre verfolgten die Veranstaltung über einen im Aktionärsportal zur Verfügung gestellten Livestream, darunter auch Paul Petzelberger für GSC Research. Die Hauptversammlung bezog sich auf das am 30. September 2020 beendete Geschäftsjahr 2019/2020.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Marcus Krumbholz eröffnete die Veranstaltung pünktlich um 11 Uhr und teilte mit, dass der Vorstand mit Gründer und CEO Ingo Hillen sowie Vorstandsmitglied Karsten Müller vollzählig zugegen ist. Vom Aufsichtsrat war hingegen nur der Vorsitzende vor Ort anwesend. Die restlichen Aufsichtsratsmitglieder Götz Röhr und Stefan Middelhoff, die mit Ablauf der Hauptversammlung aus dem Aufsichtsrat ausscheiden, waren über den Livestream zugeschaltet.

Gründe für das Ausscheiden waren im Fall von Röhr beruflicher Art. Aufsichtsratsmitglied Middelhoff verzichtete laut Dr. Krumbholz freiwillig zu Gunsten der Einigkeit im Aktionariat auf eine erneute Kandidatur. Neu zur Wahl vorgeschlagen wurde Rabea Bastges, welche beim Hauptaktionär HSBC als Leiterin Strategie & Stabsleitung CEO agiert. Daneben stand zum ersten Mal Thomas Dierkes zur Wahl, welcher zugleich Geschäftsführer der Börse Düsseldorf ist.

Eine Besonderheit zeigte sich darin, dass die BGW Beteiligungsgesellschaft Watenbüttel mbH einen Gegenantrag eingereicht hatte, der bei allen neu zu wählenden Aufsichtsratsmitgliedern eine verkürzte Amtszeit vorsieht. Anstatt, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, die Amtszeit an die über das Geschäftsjahr 2024/2025 beschließende Hauptversammlung zu koppeln, soll die Bestellung nach Antrag der BGW nur bis zu der über das Geschäftsjahr 2020/2021 zu beschließenden Hauptversammlung andauern.

Ein weiteres Ersuchen der BGW war, dass über die gestellten modifizierten Wahlvorschläge zuerst abgestimmt wird. Hierfür erbrachte die Aktionärin den Nachweis, dass sie über 10 Prozent der Stimmen kontrolliert. Der Aufsichtsratsvorsitzende kommentierte, dass die von der Aktionärin vorgeschlagene Kurzamtszeit zwar dem von der Gesellschaft verfolgten Prinzip der zeitlich gestaffelten Amtszeiten der Aufsichtsratsmitglieder widerspricht, jedoch vor dem Hintergrund der anstehenden Veränderungen bei der Gesellschaft, etwa dem Wechsel der Abwicklung von HSBC zur Baader Bank, nachvollziehbar ist.

Weitere Ausführungen machte der Aufsichtsratsvorsitzende zur HSBC Trinkhaus-Gruppe. Durch deren Beteiligungsgesellschaft HSBC Trinkhaus & Burkhardt Gesellschaft für Bankbeteiligungen mbH kontrolliert die Großaktionärin die meisten Anteile an der Gesellschaft. Um aufgrund der traditionell niedrigen Hauptversammlungspräsenz den Eindruck einer beherrschenden Stellung zu vermeiden, hat sich die Großaktionärin dazu entschieden, an den jeweiligen Abstimmungen nur mit 45 Prozent ihrer Stimmenkraft teilzunehmen.

Der Aufsichtsrat kam im Berichtsjahr zu vier Präsenz- sowie sechs telefonischen oder virtuellen Aufsichtsratssitzungen zusammen. Schwerpunkte der Beratungen waren laut Dr. Krumbholz die Beteiligung an der Trade Republic Bank GmbH und deren zukünftige Kapitalisierung durch weitere Investoren sowie die Minderheitsbeteiligung an der QUIN Technologies GmbH, die mit getquin einen digitalen und bislang kostenlosen Anlageberater betreibt. Zudem war die zukünftige strategische Ausrichtung der sino AG durch die Prüfung weiterer Abwicklungsmöglichkeiten sowie der Möglichkeit, das eigene Produktportfolio erheblich zu erweitern, ein Schwerpunkt.

Der Aufsichtsrat befasste sich auch mit der Stärkung der Vorstandsebene. So wurde am 1. Juni 2020 Karsten Müller in den Vorstand berufen, der zuvor bereits seit langer Zeit als Syndikus-Anwalt der Gesellschaft tätig war. In diesem Zuge wurde Hillen der Posten als Vorstandsvorsitzender zugewiesen, wohingegen Müller die Bereiche Recht und Compliance verantwortet. Abschließend wies Dr. Krumbholz noch daraufhin, dass das Protokoll der Hauptversammlung durch die Notarin Johanna Brücker aus Düsseldorf geführt wird. Nach der Verlesung weiterer rechtlicher Formalien übergab der Aufsichtsratsvorsitzende das Wort an CEO Hillen.


Bericht des Vorstands

Der Vorstandsvorsitzende begrüßte die Aktionäre recht herzlich und sprach sein großes Bedauern darüber aus, dass die Hauptversammlung erneut in virtueller Form stattfinden muss. Den persönlichen und unmittelbaren Austausch mit den Aktionären vermisst der Vorstand sehr. Bevor Hillen mit der offiziellen Vorstandspräsentation startete, wollte der CEO zunächst auf die rasante Entwicklung von Trade Republic in den letzten vier Jahren eingehen.

Die sino AG hat vor exakt 4,5 Jahren im März 2017 die allerersten Gespräche mit den Gründern von Trade Republic, damals noch als NEON Trading GmbH firmierend, geführt. Hillen selbst war vom ersten Tag an von den Gründern und dem Business-Case begeistert und innerhalb von nur zwei Wochen fiel die Entscheidung, sich mit 67 Prozent an dem jungen Start-up zu beteiligen. In den darauffolgenden drei Jahren hat sino die Gesellschaft auf verschiedenen Ebenen und Bereichen maßgeblich unterstützt. Die sich dann schrittweise gezeigte Wertentwicklung sucht nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa ihresgleichen.

Diesen Erfolg zu realisieren und auch zu monetarisieren war bei Weitem nicht so einfach, wie es die Bewertung der letzten Finanzierungsrunde vom 20. Mai 2021 vermuten lässt. In den unterschiedlichsten Phasen seit März 2017 gab es Situationen, in denen es sogar sehr schwierig war, neue Investoren für Trade Republic zu finden. Für die Finanzierung des Aufbaus vom März 2017 bis zur ersten Finanzierungsrunde im Juli 2019 bedurfte es laut Hillen einer Vielzahl von Gesprächen mit Investoren aus dem Netzwerk von sino, um die für den Ausbau des Unternehmens erforderlichen 5 Mio. Euro zusammenzubekommen.

Im Vorfeld der Anteilsverkäufe von sino im Jahr 2020 gab es schließlich sogar eine überraschend große Zahl von Absagen potenzieller Investoren, darunter von einem der renommiertesten europäischen Risikokapitalgeber. Immer wieder war der Grund für die Absage, dass die von sino geforderte Bewertung für Anteile an Trade Republic zu hoch ist. Es waren sehr viele Gespräche und Verhandlungsrunden erforderlich, bevor es zum Teilverkauf im November 2020 kam. Dies unterstreicht laut CEO, dass der letztendlich erzielte Preis aus damaliger Sicht keinesfalls zu niedrig war.

Was dann nämlich im ersten Quartal 2021 einsetzte, hatte keiner vorausgesehen. Unter der Überschrift „Meme Stocks“ trat im Zuge der Spekulationen rund um Gamestop, AMC Entertainment und viele Weitere ein massiver und völlig unerwarteter Aufschwung für Neobroker und in Europa und insbesondere für Trade Republic ein. Hillen betonte abermals, dass dieser Aufschwung nur wenige Wochen zuvor bei der Unterzeichnung des Term Sheets nicht vorausgesehen werden konnte. Aus Gründen der kaufmännisch gebotenen Umsicht hält der Vorstand die damalige Entscheidung aus Sicht des damaligen Zeitpunkts immer noch für richtig.

An der Stelle zitierte der CEO einen User aus dem wallstreet:online-Forum, der seine Meinung kundtat, dass es im Nachhinein immer leicht sei, einen Kauf oder Verkauf als nicht perfekt abzustempeln. Zu einem vernünftigen Portfoliomanagement gehöre es aber auch, Teilerlöse zu realisieren. Diesem Statement schloss sich Hillen uneingeschränkt an. Die Wertsteigerung von Trade Republic im ersten Quartal 2021 von mehreren hundert Prozent konnte schlichtweg nicht vorausgeahnt werden.

Bei der Series C im Mai 2021 wurde der Unternehmenswert von Trade Republic dann auf mehr als 4 Mrd. Euro taxiert und der Wert der sino-Beteiligung somit auf mehr als 250 Mio. Euro. Dieses Momentum wurde dann genutzt, um einen voluminösen Teilverkauf zu vollziehen. Dadurch wurde ein enormer Gewinn von 127 Mio. Euro nach Steuern realisiert. Im Rahmen der Finanzierungsrunde wurden von Sequoia-Capital und anderen Risikokapitalgebern mehr als 900 Mio. US-Dollar eingebracht, um die Marktdominanz von Trade Republic als führendem Neobroker in Europa auszubauen.

Die sino AG hat ihren Einsatz damit Stand heute von 3 Mio. Euro auf mehr als 250 Mio. Euro verachtzigfacht, wohingegen andere professionelle und branchennahe Investoren ihre Anteile bereits in der Series B vollständig verkauft haben. Ohne die viele Arbeit, Leidenschaft und Herzblut des sino-Vorstands wären laut Hillen wesentliche Entscheidungen und Weichenstellungen nicht möglich gewesen wie beispielsweise die Kooperation mit der HSBC. Der Einsatz ging so weit, dass Müller und Hillen auch bereit waren, Verantwortung als Geschäftsführer zu übernehmen. Diese einleitenden Worte schloss der CEO mit einem großen Dank an die Trade Republic-Gründer Christian Hecker, Thomas Pischke und Marco Cancellieri.

Die erste Präsentationsfolie zierte die Aktienkursentwicklung seit Oktober 2019. Damals stand die Aktie noch bei 4,80 Euro, heute bei über 90 Euro. Weiter fuhr der CEO mit der Entwicklung des Kerngeschäfts fort. Im Zuge der Corona-Krise zeigte sich im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2019/2020 eine deutliche Belebung bei den Handelsaktivitäten der Heavy Trader-Kunden. Die Zahl der ausgeführten Orders explodierte von rund 120.000 auf etwa 326.000. Dadurch konnte allein im zweiten Quartal ein Nachsteuerergebnis von 723 TEUR erzielt werden. Über alle Quartale hinweg wurden letztlich 1.039.608 Orders ausgeführt, die zu knapp 90 Prozent auf lukrative Aktien-Trades entfielen. Future-Trades spielen hingegen so gut wie keine Rolle mehr.

Diese starke Entwicklung konnte trotz eines Rückgangs von rund 10 Prozent bei den Kundendepots erreicht werden. Dies begründete der Vorstandsvorsitzende damit, dass es sich bei den geschlossenen Depots weit überwiegend um inaktive oder äußerst volumenschwache Depots handelte. Schlussendlich konnte im Kerngeschäft ein Nachsteuerergebnis von 1,3 Mio. Euro erzielt werden. Auf Konzernsicht stand, federführend geprägt durch die erfreuliche Entwicklung von Trade Republic, ein Konzernjahresüberschuss von 13,9 Mio. Euro zu Buche.

Angesichts der erheblichen Liquidität durch die Anteilverkäufe an Trade Republic schlägt der Vorstand der Hauptversammlung die Ausschüttung einer Dividende von 2,92 Euro vor. Auf der nächsten Jahr stattfindenden Hauptversammlung soll laut aktueller Planung dann eine Ausschüttung von 53 Euro je Aktie seitens des Managements vorgeschlagen werden. Darin findet der letzte voluminöse Teilverkauf angemessen Berücksichtigung.

Nun ging der CEO näher auf die Beteiligungen ein, zunächst erneut auf Trade Republic. Im abgelaufenen Geschäftsjahr setzte das Fintech seine europäische Expansion mit dem Eintritt in den französischen Markt fort. Im Februar 2020 wurden mehr als 1 Mio. Trades seit Marktstart im Januar 2019 verzeichnet. Im März 2020 hatte Trade Republic – nur zehn Monate nach der Eröffnung der Warteliste – die Marke von 100.000 Kunden überschritten. Im April 2020 erfolgte dann die Series B mit einem Volumen von 62 Mio. Euro, die von Accel und Founders Fund angeführt wurde.

Mit wachsender Größe schied Hillen selbst dann aus dem Vorstand aus und übertrug sein Amt auf Andreas Willius, der von der Deutschen Börse kam. Sino-Vorstandsmitglied Karsten Müller gehört aber weiterhin noch der Geschäftsführung an. Im November 2020 wurde dann das Inhaberkontrollverfahren beendet, was den Startschuss für den Vollzug der Series B war. In deren Zuge sank die sino-Beteiligung auf rund 15,7 Prozent und es ergab sich bei einem Verkaufserlös von 8,4 Mio. Euro ein Veräußerungsgewinn von 5,3 Mio. Euro.

Im Zuge des Teilverkaufs im Januar 2021 sank die Beteiligungsquote dann auf rund 13,8 Prozent und sino strich einen Veräußerungsgewinn von 10,8 Mio. Euro ein. Im Mai 2021 kam es dann zur großen Series C. Unter Führung von Sequoia Capital wurden bei einer Post Money Bewertung von mehr als 4 Mrd. Euro über 700 Mio. Euro in Trade Republic gepumpt. Durch den in diesem Zuge getätigten Anteilsverkauf erlöste sino bei einem Verkaufserlös von 131 Mio. Euro einen Veräußerungsgewinn von 127 Mio. Euro. Die Beteiligungsquote sank damit auf 8,8 Prozent, wird sich aber durch bereits zuvor vereinbarte Managementoptionen voraussichtlich bis auf 2,8 Prozent verringern.

Operativ baute Trade Republic durch seinen Markteintritt in Österreich seine führende Rolle als europäischer Anbieter für die mobile Geldanlage weiter aus. Der renommierte Branchenblog Payment and Banking zeichnete das Unternehmen als „Fintech des Jahres“ aus. Kunden können ihr Depot komfortabel und kostenlos zu Trade Republic übertragen und provisionsfreie Aktien-Sparpläne auf mittlerweile mehr als 5.000 Titel tätigen. Komplett provisionsfrei ist auch der Handel mit rund 9.000 Aktien und 1.500 ETFs.

Mit einem Kundenvermögen von über 6 Mrd. Euro ist Trade Republic mittlerweile eine der größten Sparplattformen am Markt. Einzahlungen auf das Kundenkonto sind bequem und schnell via Kreditkarte, Debitkarte, Apple- oder Google Pay möglich. Ferner wurde auch der Handel mit Bitcoin, Ethereum, Litecoin oder auch Bitcoin Cash eingeräumt. Hillen offerierte erfreut, dass jeder Aktionär das Angebot selbst mal testen soll.

Nun kam der CEO zu den anderen Beteiligungen. Der Anteil an der ebenfalls börsennotierten tick Trading Software wurde weiter reduziert. Zum Tag der Hauptversammlung werden noch 89.860 Aktien gehalten, was einem Anteil von rund 8,9 Prozent und bei einem Kurs der tick Trading Software-Aktie von 42 Euro einem Beteiligungswert von grob 3,8 Mio. Euro entspricht.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde eine Minderheitsbeteiligung an der QUIN Technologies GmbH eingegangen. Das Berliner Fintech versteht sich als ein soziales Netzwerk für Investoren und damit als eine Plattform für alle Anleger, die sich mit Freunden, Familie und verifizierten Investoren austauschen möchten. Hillen hat einen sehr guten Eindruck von dem Management und das Wachstum ist sehr erfreulich.

Im Kerngeschäft mit den Heavy Tradern hat sich die Dynamik im laufenden Geschäftsjahr 2020/2021 weiter verstetigt. Bereits im ersten Quartal konnte bei 332.976 ausgeführten Orders ein Nachsteuerergebnis von 844 TEUR erzielt werden. Das zweite Quartal toppte dieses dann nochmal mit neuen Rekordwerten. Der entfachte Börsen-Hype führte im zweiten Quartal 2020/2021 zu hoher Volatilität und damit einer Rekordzahl von 437.732 ausgeführten Orders. Allein in diesem Quartal, was in etwa dem ersten Quartal des Kalenderjahres 2021 entspricht, wurde ein Nachsteuerergebnis von 1,1 Mio. Euro erzielt.

Im letzten Quartal vor der Hauptversammlung flachte die Volatilität dann wieder etwas ab, führte aber immer noch bei 261.825 ausgeführten Orders zu einem Nachsteuerergebnis von 355 TEUR. Kumuliert wurde allein in diesen ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2020/2021 bereits ein Nachsteuerergebnis von 1,2 Mio. Euro erzielt. An der Stelle ergriff Vorstandsmitglied Müller das Wort und führte aus, dass mit Blick auf die kommenden Geschäftsjahre das Kerngeschäft deutlich ausgebaut und insbesondere die Kundenbasis stark erhöht werden soll.

Herz dieser Ambitionen ist die mit der Baader Bank abgeschlossene Kooperation. Zukünftig werden die sino-Kunden bei der Baader Bank ihr Depot und Verrechnungskonto eröffnen. Dies soll gerade für Neukunden ein deutlich flexibleres Produkt- und Preisangebot ermöglichen. Hillen wies aber darauf hin, dass die Integration äußerst komplex ist und das Projekt auch im ersten Halbjahr 2022 noch erhebliche Ressourcen bei sino in Anspruch nehmen wird.

Eine weitere Schlüsselmaßnahme stellt die unter TOP 9 vorgeschlagene Erlaubniserweiterung hin zu einer Wertpapierhandelsbank dar. Das aktuelle Geschäftsmodell soll aber auf jeden Fall beibehalten werden, auch unter Berücksichtigung der Kooperation mit der Baader Bank. Die Erlaubnisanträge sollen hingegen lediglich die Flexibilität der sino erhöhen, das bisherige Dienstleistungsspektrum ausweiten zu können. Damit würde die Gesellschaft rechtlich auf eine breitere Basis gestellt werden.

Abschließend widmete Müller sich noch den im Rahmen der Corona-Pandemie getroffenen zahlreichen Maßnahmen. Der Vorstand führte aus, dass beispielsweise Aerosolfilter auf höchstem medizinischem Stand angeschafft, Desinfektionsmittelspender aufgestellt sowie eine flexible Homeoffice-Regelung eingeführt wurde. Darüber hinaus werden Laientests an alle Mitarbeiter ausgegeben und über den Betriebsarzt ein Impfangebot ermöglicht. Dies bezeichnete der Vorstand als nur wenige exemplarische Maßnahmen. Die Mitarbeiter sind das wichtigste Asset und der Vorstand initiiert fortlaufend Maßnahmen für deren Wohlbefinden.


Beantwortung der Fragen

Insgesamt wurden 27 Fragen von fünf Aktionären und Aktionärsvertretern eingereicht, darunter mit namentlicher Nennung Andreas Massek für die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Dietmar Erlebach für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Fondsmanager Alexander Tavernaro von Invesco Asset Management sowie die Aktionäre Bernd Schaefer-Suren und Dietmar Erlebach.

Der Aufsichtsratsvorsitzende informierte weiter darüber, dass sich insgesamt 55 Aktionäre und Aktionärsvertreter über das HV-Portal zugeschaltet haben. Die im Vorfeld der für den 23. April 2021 vorgesehenen Hauptversammlung eingereichten Fragen sind nach wie vor mit jeweiliger Antwort seitens des Managements auf der Homepage der Gesellschaft veröffentlicht und werden darum nicht nochmal thematisiert, sofern sie nicht nochmal explizit gestellt wurden.

Die Fragenbeantwortung übernahm ausschließlich Hillen. Für die SdK nahm der CEO Stellung zur Prüfungsdauer des Abschlussprüfers und bestätigte in diesem Zuge, dass die DHPG Audit GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bereits seit dem Geschäftsjahr 2009/2010 ununterbrochen den Jahresabschluss und den Lagebericht der Gesellschaft prüft. Hingegen finden aber regelmäßig interne Rotationen statt. Prüfer Thomas Bernhardt begleitet sino nun im dritten Jahr. Mit dem neuen Aufsichtsrat soll eine Ausschreibung des Prüfungsmandats diskutiert werden.

Löblich erachtete SdK-Sprecher Massek es, dass eine neue sino-App für Android und IOS auf den Markt kommen soll. Auf die Frage nach der zeitlichen Roadmap erklärte Hillen, dass seitens tick Trading Software in Aussicht gestellt wurde, den Kunden den Prototyp bereits in den nächsten Monaten vorstellen zu können. Durch die neue App wird der mobilen Zielgruppe Rechnung getragen und der Vorstand erwartete daraus eine moderate Steigerung der Handelsaktivitäten.

DSW-Sprecher Erlebach bat um mehr Informationen zur Absage der ursprünglich für den 23. April 2021 geplanten Hauptversammlung. Mit Einverständnis des Aufsichtsrats las Hillen einen Ausschnitt aus dem Protokoll der entsprechenden Sitzung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat vor. Demnach schien eine Verschiebung angezeigt, um im Nachgang zu den damals eingereichten alternativen Wahlvorschlägen im Rahmen einer Präsenz-Hauptversammlung eine angemessenere Aussprache zu ermöglichen. Diese damalige Entscheidung erachtet der Vorstand nach wie vor für richtig. Dass es nun aufgrund zu hoher Fallzahlen doch zu einer virtuellen Veranstaltung kommen musste, ist natürlich bedauerlich.

Viel Platz bei der Aussprache nahm wenig verwunderlich Trade Republic ein. Fondsmanager Tavernaro wollte detaillierter erfahren, wie der Vorstand mit der aus den Teilverläufen resultierten Liquidität sowie den verbliebenen 2,8 Prozent umzugehen beabsichtigt. In diesem Zuge kamen von einem namentlich nicht genannten Aktionär auch Fragen zu der Möglichkeit eines Aktienrückkaufprogramms und den vereinbarten Management-Optionen bei Trade Republic.

Mit Blick auf die noch bestehende Beteiligung an Trade Republic ist der Vorstand weiterhin optimistisch. Wichtig ist aber zu wissen, dass im Rahmen der letzten Finanzierungsrunde ein vertraglich bindendes Verkaufsverbot für alle Gesellschaften vereinbart wurde. Die Sperrfrist gilt bis Anfang 2023. Bis dahin stellt sich demnach die Frage nach weiteren Anteilsverkäufen nicht. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass sino sich als opportunistischer Investor sieht.

Hillen betonte, dass weder er noch Müller Begünstigte der vereinbarten Management-Optionen sind, durch welche die Beteiligungshöhe an Trade Republic voraussichtlich auf die bereits genannten 2,8 Prozent sinkt. Die hohe Liquidität soll zum einen genutzt werden, um das Kerngeschäft durch die Lizenzerweiterung und das Umsetzen der Kooperation mit der Baader Bank langfristig stark auszubauen. In der Rolle als Investor beabsichtigt der Vorstand sich nur an solchen Unternehmen zu beteiligen, deren Geschäftsmodell und Wachstumsperspektiven vollumfänglich überzeugen.

Hinsichtlich der den Finanzbedarf des Kerngeschäfts deutlich übersteigenden Beteiligungserlöse in dreistelliger Millionenhöhe hat der Vorstand von Aktionären klare Signale bekommen, dass eine Dividendenausschüttung einem Aktienrückkauf vorgezogen wird. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein größeres Aktienrückkaufprogramm komplex und teuer ist sowie ein Anfechtungs-Risiko besteht. Ganz vom Tisch weisen wollte Hillen ein solches aber nicht. Mit dem neuen Aufsichtsrat wird das Thema sicherlich erneut diskutiert werden.

Einen gewissen Charme hat der Vorzug der Dividendenausschüttung für Hillen, weil die sino damit ihrer seit Umwandlung in eine AG gelebten aktionärsfreundlichen Dividendenpolitik treu bleibt. Die Ausschüttung der bereits publizierten 53 Euro je Aktie beabsichtigt der Vorstand nach aktuellem Stand der über das Geschäftsjahr 2021/2021 beschließenden Hauptversammlung vorzuschlagen. Grob soll die Hauptversammlung im zweiten Quartal 2022 stattfinden. Aufgrund der gesetzlich zu beachteten Fristen wäre eine außerordentliche Hauptversammlung auch nur unwesentlich früher möglich, würde aber intern sowie extern hohe Ressourcen binden und Kosten verursachen.

Mehrere Fragen sowohl von der DSW als auch der SdK zielten auf die unter TOP 9 stehenden Satzungsänderungen ab. Durch die Lizenzerweiterung sieht der Vorstand viele Vorteile. Die zur Genehmigung stehenden einzelnen Bereiche könnten dadurch zukünftig eigenständig und unabhängig abgewickelt werden. Durch die Neuausrichtung soll das Kerngeschäft ausgebaut, gestärkt und den Kunden weitere Handlungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Der Antrag wurde an die neuen gesetzlichen Vorgaben des Wertpapierinstitutsgesetzes angepasst und soll zeitnah gestellt werden.

Nach anwaltlicher Einschätzung ist es sinnvoll, gegenüber der BaFin bereits mit Einreichung des Erlaubnisantrag zu dokumentieren, dass die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes auch die Zustimmung der Aktionäre gefunden hat. Andernfalls müsste die Erlaubniserweiterung unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Satzungsänderung bewilligt werden, was den Vorgang unnötig verkompliziert. Die Beschlussfassung würde hingegen die Möglichkeit schaffen, die Erlaubniserweiterung direkt nach Bewilligung der BaFin unmittelbar in das Handelsregister eintragen und umsetzen zu lassen.

Invesco-Fondsmanager Tavernaro nahm Bezug auf die im Zuge der Kooperation mit der Baader Bank kommunizierten „mehreren tausend Mannstunden“ und wollte wissen, ob diese vom derzeitigen Mitarbeiterstamm gestemmt werden können. Dies bestätigte der Vorstandsvorsitzende und erläuterte noch weitergehende Informationen zur neuen Kooperation. Durch diese ist die zukünftige Kundengewinnung nicht mehr allein auf Deutschland beschränkt. Dies führt gepaart mit einem deutlich verbesserten Produkt- und Serviceangebot auch zu der selbstbewussten Annahme, dass die Zahl der Kunden stark steigen wird.

Die Integration ist in der Tat aber sehr komplex und wird bei sino erhebliche Ressourcen binden. Es erscheint aber möglich, dass die Personenstunden durch die bestehende Mitarbeiterschaft erbracht werden können. Integrations-Schritte sind beispielsweise die Anbindung an Börsen, Makler, Handelsplattformen und Emittenten, die länderübergreifende Abwicklung der Geschäfte sowie generelle Risikomanagement-Vorkehrungen. Gesellschaftsrechtliche Verflechtungen sind weder seitens sino noch der Baader Bank geplant.

Nun klapperte Hillen mehrere Fragen mit Blick auf die weiteren Beteiligungsunternehmen ab. Zur QUIN Technologies GmbH kommentierte der CEO, dass sich das Fintech sehr positiv entwickelt und stark von dem derzeitigen Boom des mobilen Bankings profitiert. Wie aus der Gesellschafterliste der QUIN ersichtlich, haben sich auch andere Risikokapitalgeber beteiligt. Der Vorstand erwartet eine erhebliche Steigerung des Unternehmenswerts, im Vergleich zu Trade Republic ist das Investment aber sehr gering.

Bezugnehmend auf eine Aktionärsfrage stellte Hillen richtig, dass es sich nicht um einen Robo-Advisor, sondern um ein soziales Netzwerk für Investoren inklusive Finanz-Community handelt. Die Nutzer können alle ihre Investitionen zentral überwachen, persönliche Profile erstellen und Informationen mit Plattform-Teilnehmern austauschen. QUIN ist eine reine Finanzplattform, Konten oder Depots werden nicht geführt. Die App wird bereits von mehr als 50.000 Anlegern aus aller Welt genutzt. Die erfolgte Wachstumsfinanzierung diente dem Ausbau der Mitarbeiterschaft und der Marketing-Aktivitäten.

Auch die Beteiligung an der Sub Capitals GmbH ist sehr gering, wodurch aber natürlich auch ein geringes Risiko besteht. Das Geschäftsmodell zielt darauf ab, die Finanzmärkte mit künstlicher Intelligenz zu analysieren und auf dieser Basis Vorhersagen für deren künftigen Verlauf zu treffen. Synergien zum Kerngeschäft von sino bestehen nicht, standen bei der Investitionsentscheidung aber auch nicht im Vordergrund. Anlehnend daran wiederholte der CEO erneut, dass sich sino grundsätzlich als ein opportunistischer Investor versteht, so beispielsweise auch in der Frage potenzieller weiterer Anteilsverkäufe bei der tick Trading Software AG.

DSW-Sprecher Erlebach kam nochmal auf die rückläufige Anzahl der Kundendepots zu sprechen und hinterfragte Gegenmaßnahmen. Dieses Thema griff Hillen dankbar erneut auf und stellte klar, dass der Rückgang weit überwiegend auf der Schließung inaktiver oder zumindest umsatzschwacher Depots basiert. Allerdings wollte der CEO auch nicht verhehlen, dass es bisher relativ große Hürden gab, bei HSBC ein sino-Konto zu eröffnen wie beispielsweise die Mindestanlage von 250.000 Euro. Auch deshalb wurde die Kooperation mit der Baader Bank abgeschlossen.

Im Heavy Trader-Segment profitiert sino derzeit stark von der äußerst positiven Marktentwicklung aller Online-Broker. Der Boom hat gezeigt, dass das Kerngeschäft sogar ohne eine substanzielle Anzahl von Neukunden mit den Börsenumsätzen mitwächst und somit hochskalierbar ist. Auch wenn sich in den letzten Monaten eine leichte Abkühlung der Handelsaktivitäten zeigt, ist der Vorstand gerade auch im Hinblick auf den Ausbau des Geschäfts durch die Kooperation mit der Baader Bank sehr optimistisch für die Zukunft.

Aktionär Bernd Schaefer-Suren sprach dem Vorstand sein großes Dankeschön dafür aus, einen so exzellenten Riecher in Sachen Trade Republic gehabt zu haben. Sorgen bereiteten dem Aktionär aber die aktuellen Cum Ex-Geschehnisse rund um die Unternehmen Lang & Schwarz sowie Apobank. Hierauf machte der CEO deutlich, dass der Vorstand der festen Überzeugung ist, dass die sino AG zu keinem Zeitpunkt in Cum Ex-Geschäfte direkt oder indirekt involviert gewesen ist.

Eine der Kernkompetenzen der Gesellschaft liegt seit jeher in der Risikobewertung der Kundenpositionen beziehungsweise der Risikoeinschätzung des Handelsverhaltens der Kunden. Der Track-Record ist im Hinblick auf möglich uneinbringliche Forderungen makellos. Dies gilt sowohl für den Crash 2008 als auch für den dramatischen Kursrückgang im April 2020. Der Vorstand ist sich der Risiken bewusst und die Kontrollmechanismen werden fortlaufend überprüft und optimiert.

Die letzte Frage bezog sich auf die Aktionärsstruktur. Der namentlich nicht genannte Aktionär bat um Auskunft über den nach der HSBC zweitgrößten Anteilseigner der Gesellschaft und bat um konkrete Angaben zu den Anteilshöhen der größten Aktionäre. Hier bat der CEO um Verständnis, dass er keine näheren Angaben zu der Anteilshöhe einzelner Aktionäre machen darf. Die teilweise vorhandene Intransparenz rührt daher, dass die Gesellschaft im Freiverkehr notiert. Ab einer Beteiligung von 10 Prozent muss ein Anteilseigner bei der BaFin zwar ein Inhaberkontrollverfahren einleiten, dies ist aber kein öffentlicher Vorgang.


Abstimmungen

Der Aufsichtsratsvorsitzende verkündete die Präsenz mit 1.288.029 Aktien. Bezogen auf das Grundkapital von 2.337.500 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von rund 55 Prozent.

Beschlossen wurden die Ausschüttung einer Dividende von 2,92 Euro je Aktie (TOP 2), die Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder (TOP 3 & 4), die Wiederbestellung der DHPG Audit GmbH (TOP 5), die Aufsichtsratswahlen von Rabea Bastges, Thomas Dierkes und Dr. Krumbholz (TOP 6 nach Gegenantrag), die Anpassung der Aufsichtsratsvergütung (TOP 7) sowie die Satzungsänderungen zur Modernisierung von Formvorschriften (Top 8a bis e).

Nicht angenommen wurden die unter TOP 9 zur Beschlussfassung stehenden Satzungsänderungen, darunter betreffend das Finanzkommissionsgeschäft (a), die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten (b), den Eigenhandel (c) sowie den Lombardkredit (d).

Nach Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse schloss der Aufsichtsratsvorsitzende die Veranstaltung um 12:57 Uhr.


Fazit

Mit der frühen Beteiligung an Trade Republic und dem in den letzten Jahren erfolgten Mitaufbau der Gesellschaft hat die sino AG vermutlich den Coup des Jahrzehnts gelandet. In lediglich 4,5 Jahren hat sich das eingesetzte Kapital von insgesamt 3 Mio. Euro auf mehr als 250 Mio. Euro verachtzigfacht. Trade Republic ist anhand der letzten Finanzierungsrunde das größte private Fintech in Europa und somit auch einer der großen Hoffnungsschimmer hierzulande in Sachen Innovation. Dieser einzigartig scheinende Lauf hat die sino AG schnurstracks mehr zu einer Art Beteiligungsgesellschaft geformt, das operative Geschäft wie auch die anderen Beteiligungen bleiben weit abgeschlagen hinter der Bedeutung des Trade Republic-Coups zurück.

Die Verkaufserlöse belaufen sich derzeit bereits auf rund 150 Mio. Euro und der verbleibende Anteil von 2,8 Prozent weist anhand der letzten Finanzierungsrunde ein Volumen von 126 Mio. Euro auf. Zieht man den Erlös aus der letzten Finanzierungsrunde von 131 Mio. Euro heran und addiert diesen mit dem Kassenbestand zum 31. März 2021 von rund 8 Mio. Euro sowie der Post Money-Bewertung der Series A ergibt sich ein Wert von 265 Mio. Euro. Da die Gesellschaft bei einem aktuellen Aktienkurs von grob 90 Euro lediglich mit rund 210 Mio. Euro bewertet ist, zeigt sich allein anhand dieser Positionen ein erheblicher Abschlag.

Und dabei sind das Kerngeschäft sowie die anderen Beteiligungen zusammen betrachtet nicht ganz unerheblich. Mit dem Kerngeschäft wurde im Jahr 2019/2020 ein Nachsteuerergebnis von 1,3 Mio. Euro erzielt. Zieht man nun ein für ein hochskalierbares Geschäft eher konservatives KGV von 10 heran, so ließe sich das Kerngeschäfts auf einen Wert von 13 Mio. Euro taxieren. Im laufenden Geschäftsjahr nahm die Dynamik dann gar weiter zu. Allein in den ersten drei Quartalen konnte ein Nachsteuerergebnis von 1,2 Mio. Euro erreicht werden. Hochgerechnet auf das Geschäftsjahr 2020/2021 stände ein Gewinn von 1,6 Mio. Euro – unter gleichen Annahmen ein Wert von 16 Mio. Euro – zu Buche.

In diesen letzten zwei Jahren hat das Kerngeschäft vor allem eines bewiesen: dass es skalierbar ist. Desto erfreulicher stimmen die Aussagen des Vorstands, dass federführend durch die neue Kooperation mit der Baader Bank ein erheblicher Ausbau der Aktivitäten möglich erscheint. Zum einen wird das deutlich flexiblere Produkt- und Preisangebot viele Kunden anlocken, zum anderen bezieht sich die Neukundengewinnung nun nicht mehr ausschließlich auf Deutschland. Ein erstes Fazit: Das nun bereits wertmäßig in einer Range von 10 bis 20 Mio. Euro einzustufende Kerngeschäft könnte in den nächsten Jahren eine starke Wertentwicklung hinlegen.

Die weiteren Beteiligungen an tick Trading Software, QUIN Technologies und Sub Capitals spielen beim aktuellen Volumen - nur noch beziehungsweise erst - eine geringe Rolle. Der Wert des Anteils von 8,9 Prozent an tick Trading Software liegt bei grob 3,8 Mio. Euro, der Wert der anderen zwei Beteiligungen dürfte in einem noch geringeren Umfang einstelligen Millionenumfang liegen. Eine Bewertung von 2 Mio. Euro für die QUIN-Anteile, eine Bewertung von 1 Mio. Euro für die Sub Capitals-Anteile und eine Bewertung von 16 Mio. Euro für das Kerngeschäft ergäbe kumuliert mit dem verbleibenden Anteil an Trade Republic anhand der letzten Finanzierungsrunde sowie der Liquidität einen Unternehmenswert von grob 285 Mio. Euro.

Diese gewiss mit vielen variablen Faktoren versehene Berechnung ergibt einen Wert je Aktie von 122 Euro und damit bei einem Aktienkurs von 90 Euro einen derzeitigen Abschlag von rund 26 Prozent. Nun ist aber zu berücksichtigen, dass zum einen ein gewisser Abschlag bei Beteiligungsunternehmen – vor allem bei solchen, wo der Wert aufgrund eines enormes Klumpen-Investments maßgeblich beeinflusst wird, – in Deutschland Gang und Gebe ist. Dies ergibt sich auch aus den fehlenden Zugriffsmöglichkeiten sowie dem Thema Besteuerung, was jeder Investor für sich individuell zu bewerten hat.

Klar ist, eine Dividende von 53 Euro klingt isoliert betrachtet natürlich schön, doch ist diese unweigerlich auch aus steuerlicher Brille zu betrachten. Auf der anderen Seite führt die Dividendenzahlung schnell und effektiv dazu, dass sich bei Beibehaltung des prozentualen Abschlags der nominale Discount deutlich verringern würde, was aber auch nur eine theoretische Erwägung darstellt. Letztendlich bleibt es weiter spannend, ob der Vorstand und die Großaktionäre sich nicht vielleicht doch noch dazu durchringen, zumindest in kombinierte Form ein Aktienrückkaufprogramm in Szene zu bringen.

Dank dem die restlichen Assets weit übersteigenden Wert des verbliebenen Anteils an Trade Republic bleibt ein Investment in sino mindestens bis 2023 wohl noch maßgeblich eine Wette auf die weitere Entwicklung des größten privaten Fintech in Europa. Wer davon ausgeht, dass Trade Republic seinen Hochpunkt bereits hinter sich hat und bei weiteren Finanzierungsrunden eher rückläufig bewertet wird, sollte kurzfristig betrachtet wohl eher einen Verkauf seiner sino-Aktien in Erwägung ziehen.

Langfristig gesehen birgt die Gesellschaft aber nach wie vor viel Potenzial. Da wäre neben der immerhin auch möglichen deutlich höheren Bewertung von Trade Republic in den nächsten Jahren als die Nummer 1 Handels- und Sparplattform in Sachen Geldanlage auch das sich zeigende Skalierungspotenzial des Kerngeschäfts sowie das gute Gespür des sino-Vorstands bei den weiteren bestehenden und noch in Zukunft sich möglicherweise ergebenden Beteiligungen.

Denn eines ist klar, das Thema Geldanlage wird derzeit wie kaum ein anderes im Zuge der rasant fortschreitenden Digitalisierung von innovativen und disruptiven Wellen überrollt. Früher sah die Geldanlage so aus, dass sich Kunden bei einem regionalen Kundenberater in das Büro gesetzt haben und dadurch strukturell mit viel Intransparenz, Interessenskonflikten, zeitlichem Aufwand, Reiseaufwand und hohen Gebühren konfrontiert waren.

Dies hat sich grundlegend geändert. Angeführt durch Innovationstreiber wie Trade Republic wird die Geldanlage und Vermögensverwaltung immer leichter, mobiler, kostengünstiger, transparenter und unabhängiger. Und die persönliche Komponente wird immer mehr durch Plattformen und zahlreiche weitere Online-Dienste nicht nur kompensiert, sondern gar revolutioniert. Wo man sich früher auf seinen Kundenberater und vielleicht noch eine kleine Anzahl von Freunden oder Familienmitgliedern verlassen hat, steht heute das breite Wissen unzähliger Investoren im Internet zur Verfügung.

Trade Republic steht wie kein anderes Unternehmen in Europa für die Disruption und digitale Revolution in diesem Sektor. Die zuletzt abgerufene Bewertung von mehr als 4 Mrd. Euro scheint für ein solch junges Unternehmen astronomisch, wohin eine solch disruptiv anführenden Stellung in den letzten zwei Jahrzehnten jedoch führen kann, haben die mittlerweile zu den größten Konzernen der Welt gehörenden Blue Chips Google, Facebook oder auch Amazon bewiesen.

Ein aktuelles Investment in die sino AG ist natürlich stark aus individueller steuerlicher Sicht zu betrachten. Fest steht, dass es in grob einem Jahr voraussichtlich zu einer Ausschüttung von mehr als 50 Prozent kommen wird. Unabhängig davon bleibt die sino-Aktie aber nach wie vor hochspannend. Mit dem verbliebenen Anteil an Trade Republic sowie dem vielversprechenden Ausbau des hochskalierbaren Kerngeschäfts über die deutschen Ländergrenzen hinweg, profitiert man als Aktionär stark von der weiteren Digitalisierung und Etablierung der Geldanlage in einer breiteren Bevölkerungsschicht – angeschoben durch das vorherrschende Niedrigzinsniveau.


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Veröffentlichungsdatum: 23.09.2021 - 16:00
Redakteur: ppe
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