Die NFON AG hatte für den 24. Juni 2021 zur ordentlichen Hauptversammlung eingeladen. Das Treffen fand aufgrund der Corona-Pandemie wie bereits im Vorjahr virtuell statt, die Verfolgung der Veranstaltung war demnach über einen im Aktionärsportal zur Verfügung gestellten Livestream möglich. Das Protokoll führte wie gewohnt Notar Dr. Benedikt Pfisterer. Für GSC Research berichtet Paul Petzelberger.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer-Christian Koppitz eröffnete die Veranstaltung pünktlich um 11 Uhr und begrüßte die Aktionäre recht herzlich. Neben ihm war der Vorstand mit CEO Dr. Klaus von Rottkay und CTO Jan-Peter Koopmann vollzählig zugegen. Die restlichen Aufsichtsratsmitglieder verfolgten die Veranstaltung per Bild- und Tonübertragung.
Da es sich um die erste Hauptversammlung von Dr. von Rottkay als neuem Vorstandsvorsitzenden handelte, begrüßte Koppitz seinen CEO in diesem Rahmen nochmal offiziell. Der Aufsichtsrat ist sehr glücklich darüber, mit Dr. von Rottkay einen ausgezeichneten Manager mit viel Branchenerfahrung als Nachfolger für die aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Vorstände Hans Szymanski und César Rodríguez gewonnen zu haben. An dieser Stelle sprach Koppitz speziell auch nochmal einen großen Dank an Szymanski aus, der die Gesellschaft als ehemaliger CEO federführend an die Börse geführt hatte.
Im Geschäftsjahr 2020 kam der Aufsichtsrat zu fünf ordentlichen und einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Daneben fasste das Kontrollgremium elf Beschlüsse im Umlaufverfahren. Aufgrund der mit vier Mitgliedern überschaubaren Aufsichtsratsgröße wurden keine Ausschüsse gebildet. Wie Koppitz weiter ausführte, gehörten zu den Schwerpunkten der Aufsichtsratsarbeit unter anderem die Beratungen hinsichtlich strategischer Partnerschaften und diverser M&A-Aktivitäten, die Gründung eines Nearshoring-Standortes in Lissabon, die personellen Wechsel im Vorstand, das Vorstandsvergütungssystem, die Produkt-Roadmap und -strategie sowie der Fortgang des Asset-Deals mit der Onwerk GmbH.
An der Stelle betonte der Aufsichtsratsvorsitzende, dass die Zusammenarbeit mit dem Vorstand stets sehr konstruktiv war und der Aufsichtsrat regelmäßig und zeitnah über die Unternehmenslage und -entwicklung informiert wurde. Vom Abschlussprüfer KPMG gab es dann auch ohne Komplikationen einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Im Anschluss an diese Ausführungen verlas Koppitz noch allerlei übliche rechtliche Formalien und übergab sodann das Wort an CEO Dr. von Rottkay.
Bericht des Vorstands Der Vorstandsvorsitzende begrüßte die Aktionäre auch herzlich und sprach sein großes Bedauern darüber aus, dass die Hauptversammlung nicht als Präsenz-Veranstaltung durchgeführt werden kann. Mitten in der zweiten Welle der Corona-Pandemie ist er als neuer Vorstandsvorsitzender dazugestoßen und konnte demnach Geschäftspartner und auch Aktionäre bislang beinahe ausschließlich nur per Videokonferenz kennenlernen. Zugleich untermauert die Pandemie aber auch die Bedeutung sprachbasierter Kommunikation und somit auch die Wichtigkeit des Geschäftsmodells der Gesellschaft.
Doch zunächst wollte Dr. von Rottkay die Gelegenheit nutzen sich den Aktionären selbst kurz vorzustellen. Vorweg könne gesagt werden, dass Cloud-Computing ganz und gar seine Welt ist. Als promovierter Physiker war er viele Jahre für McKinsey tätig, bevor er zu Microsoft wechselte und dort in diversen Ländergesellschaften Führungspositionen in der Geschäftsleitung einnahm. Nach einem kurzen Ausflug in den Bereich der Immobilien musste er letztes Jahr nicht lange zögern bei NFON anzufangen und damit wieder in den Hightech-Sektor – seine Heimat – zurückzukehren. Die Gesellschaft durch gestalterische und wachstumsorientierte Arbeit zu einem europäischen Champion zu entwickeln, wurde schnell sein Herzensanliegen. Von Tag eins an begeisterte den CEO besonders der hohe Grad an Leidenschaft und persönlichem Engagement innerhalb der NFON-Familie.
Die NFON AG mit Hauptsitz in München wurde 2007 gegründet und ist der einzige paneuropäische Cloud-PBX-Anbieter. Bereits heute verfügt die Gesellschaft mit über 40.000 Unternehmenskunden in 15 europäischen Ländern sowie mit einem Partnernetzwerk von über 2.700 Partnern über eine herausragende Stellung in Europa. Kern der Geschäftsaktivitäten bildet das Produkt Cloudya, eine unabhängige und verlässliche Lösung für moderne Cloud-Businesskommunikation. Zudem wird das Portfolio im Bereich der Cloud-Kommunikation von zahlreichen weiteren Premium- und Branchenlösungen komplementiert.
Hier knüpfte Dr. von Rottkay an die jüngsten, durch die Corona-Pandemie geprägten Entwicklungen an. Aus heutiger Sicht könne gesagt werden, dass im Frühjahr 2020 zu zurückhaltend investiert wurde, obgleich es natürlich eine besondere Zeit war und die Auswirkungen zu dem damaligen Zeitpunkt nur schwer eingeschätzt werden konnten. Anstatt die Gesellschaft nämlich nachhaltig zu belasten, zeigt sich vielmehr bis heute eine rasante Beschleunigung des Trends hin zu vernetzten, mobilen und damit flexiblen Kommunikationslösungen. Dies hat NFON ganz klar Türen geöffnet. Kunden müssen nicht mehr von den Vorteilen der Cloud-Telefonie überzeugt werden, da diese durch die Krise schonungslos offengelegt wurden.
Doch noch eine weitere Entwicklung ist von großer Bedeutung. Nach Ansicht des Vorstands ist die dritte Welle der Disruption in der Unternehmenskommunikation angerollt. Dies bedeutet so viel, dass Telefonie, Kollaboration und Business-Applikationen sich zu einer integrierten Geschäftskommunikation vereinen. Die Stichworte hierzu sind Unified Communication as a Service (UCaaS), Contact Center as a Service (CCaaS) und Integration Plattform as a Service (IPaaS)-Lösungen. Bevor noch näher auf diese zunächst ein wenig sperrig scheinenden Begriffe eingegangen wird, wollte Dr. von Rottkay noch die Ergebnisse der jüngsten Marktanalyse präsentieren.
Homeoffice – was für die meisten Unternehmen eine schwierige und effizienzbelastende Herausforderung darstellt, ist für NFON eine große Chance. Insgesamt leben in den europäischen Kernmärkten 513 Mio. Menschen, wovon 207 Mio. zur arbeitenden Bevölkerung zählen. Da nicht jeder Beschäftigte über eine eigene Nebenstelle verfügt, wird bereinigt von 131 Mio. Nebenstellen ausgegangen. Das nun Beeindruckende: Gerade einmal 26 Mio. Menschen, sprich knapp 20 Prozent des Gesamtvolumens, verfügen bereits über eine Cloud-Lösung. Schaut man auf einzelne relevante Zielmärkte, zeigen sich zudem erhebliche Diskrepanzen. Während in Großbritannien der Anteil von Cloud-Telefonanlagen schon bei knapp 30 Prozent liegt, sind es in Deutschland gerade einmal 10 Prozent.
Und nun zur dritten disruptiven Welle. Bislang existierten die Märkte für Telefonie, Kollaboration und Business Applikationen mehr oder weniger friedlich nebeneinander. Diese Koexistenz hat sich nun aber aufgelöst. Nach der Umstellung von ISDN auf All-IP (1. Welle) und dem fortlaufenden Ersetzen von Vor-Ort-Telefonanlagen auf Cloud-Telefonanlagen (2. Welle) wachsen nun Telefonie, Kollaboration und Business Applikationen zusammen und vereinen sich zur integrierten Geschäftskommunikation (3. Welle). Was nun genau die Bezeichnungen UCaaS, CCaaS und IPaaS bedeuten, hierfür übergab Dr. von Rottkay an den langjährigen CTO Jan-Peter Koopmann.
Nach kurzer Begrüßung knüpfte Koopmann direkt an die geschilderte Weiterentwicklung sprachzentrierter Geschäftskommunikation an. Ausgangspunkt war und ist die Telefonie. Das durch die Corona-Pandemie auf einen Schlag etablierte Arbeiten an unterschiedlichen Orten und in verteilten Teams erfordert aber mehr. Text, Audio und Video werden nun zu einem einzigen System vereint und auf einer Plattform miteinander verknüpft. Darum spielt neben der Erweiterung der Funktionalitäten auch die Integration von Prozessen und Werkzeugen über sogenannte Schnittstellen eine besondere Rolle.
Stolz präsentierte Koopmann, dass NFON diese „UCaaS-Reise“ passend zur voranschreitenden Disruption mit schnellen Schritten vollzieht. Anknüpfend an Cloudya wurde nun das Produkt Meet & Share ausgeliefert. Damit können Cloudya-Kunden mit nur einem Klick zum Videoanruf wechseln oder Dokumente teilen. Im Laufe dieses Jahres solle dann die Videokonferenzlösung verfügbar gemacht werden. Zukünftig steht unter anderem eine Ergänzung um Chatfunktionen auf der Tagesordnung. Diese Roadmap drückt gut aus, was genau unter einem umfassenden UCaaS-Ansatz verstanden werden kann und wie die Gesellschaft die Umsetzung in schnellen Schritten gestaltet.
Dass hierfür sowohl organisch als auch anorganisch alle Register gezogen werden müssen, versteht sich von selbst. Vieles wird zwar auch aus eigener Kraft gestemmt werden können, doch strategische Partnerschaften und Übernahmen können in dem stark disruptiv geprägten Markt für eine enorme Wachstumsbeschleunigung sorgen. In diesem Zusammenhang kam der CTO nun auch auf die am Tag der Hauptversammlung verkündete strategische Partnerschaft mit dem italienischen WebRTC Pionier Meetecho zu sprechen.
Meetecho wurde 2009 als Spin-off der Universität in Neapel gegründet. Die Gründer sind weltweit anerkannte Experten für die sogenannte Real-Time Communication (RTC) und zugleich Autoren des Janus WebRTC-Servers. Konkret ist die Gesellschaft einer der führenden Experten darin, die für Video-, Sprach- und Datenübertragung wichtige Echtzeitkommunikation zu ermöglichen. Auf dieser Basis entstehen leistungsstarke Lösungen für Sprach- und Videokommunikation. Wie Koopmann weiter ausführte, wird der von Meetecho entwickelte Janus WebRTC Server mittlerweile bereits von Weltkonzernen wie Twitter oder Alibaba Cloud als zentrale Real-Time Communications Technologie zum Einsatz gebracht. Auch NFON nutzt die Technologie bereits bei dem jüngst eingeführten Produkt Meet & Share.
NFON unterstreicht damit in aller Deutlichkeit, dass man auch weiterhin technischer Vorreiter und Innovator im Bereich der cloudbasierten Geschäftskommunikation sein wird. Die eigene innovative Plattform Made in Germany und die nun eingegangene strategische Beteiligung an einem der weltweit führenden WebRTC-Unternehmen setzt nach Ansicht des Vorstands das mehr als deutliche Zeichen: NFON wird auch im Bereich der Video-Kommunikation zukünftig eine führende Rolle einnehmen.
Doch damit ist nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Wie bereits anfangs kurz erwähnt, spielt darüber hinaus die Verbindung der eigenen Kommunikationslösungen mit bei Unternehmen vorhandenen Kundenmanagement- oder ERP-Systemen in den nächsten Jahren eine große Rolle: Stichwort „Smarter Workflow“. Zu diesem Zweck sollen die Integrationslösungen massiv ausgebaut und auch entsprechende Beratungsleistungen angeboten werden. Mit dem Produkt NcontactCenter wird bereits heute dieser Markt adressiert. Um das große Potenzial voll und ganz auszuschöpfen, plant der Vorstand eine zweigleisige Strategie zu fahren.
Das erste „Gleis“ ist maßgeschneidert für kleinere Kunden. Aufbauend auf die bereits etablierten Contact Center-Funktionen sollen neue und einfach zu bedienende Integrationsmöglichkeiten in über 60 relevanten Systemen ergänzt werden. Mit NMonitoring findet ferner die Erweiterung um aussagekräftige Analysemöglichkeiten statt. Die zweite Stoßrichtung zielt auf die größeren Kunden ab. Für diese werden die Contact Center-Funktionen signifikant um moderne KI-gesteuerte Funktionen sowie zahlreiche besondere Features erweitert. So kann zusammengefasst werden, dass NFON die Entwicklungen vorausgesehen hat und bereits mit schnellen Schritten voranschreitet, die Produkte und Lösungen in Richtung Smarter Workflow weiterzuentwickeln. Damit übergab Koopmann das Wort wieder an seinen CEO.
Der Vorstandsvorsitzende fuhr nun fort, die passend zu den geschilderten Rahmenbedingungen aufgestellten Ziele der Wachstumsstrategie 2024 vorzustellen. Die Aktionäre werde es vermutlich nicht wundern, dass ein Ziel massive Investitionen in die Teams von Forschung und Entwicklung sind. Um der (!) Channel-Anbieter für sprachzentrierte Geschäftskommunikation zu werden, sollen die Aufwendungen für Marketing in diesem Jahr um mehr als 50 Prozent erhöht werden. Das Kernkundensegment liegt zwar weiterhin in den kleinen und mittelständischen Unternehmen mit bis zu 250 Nebenstellen, doch zeigen sich verstärkt auch Chancen, das Segment der Enterprise-Kunden mit bis zu mehreren Tausend-Seats stärker zu durchdringen.
Geografisch wurde der Fokus auf osteuropäische Länder gelegt. In vielen dieser Länder wie beispielsweise in Polen mit mehr als 80 Vertriebspartnern ist NFON bereits indirekt präsent. Diese sehr gute Ausgangsposition soll nun genutzt werden, um mit der Gründung von Ländergesellschaften noch direkter die jeweiligen Länder zu erschließen. Im Mai 2021 wurde bereits mit einer eigenen Tochtergesellschaft in Polen der Startschuss abgefeuert. Und zuletzt ist zu erwähnen, dass der Vorstand rege nach weiteren Möglichkeiten sucht, um weitere strategische Partnerschaften – ganz vom Schlage der mit Meetecho – einzugehen.
Abschließend kam der CEO zu der Entwicklung der wesentlichen Kennzahlen und begann mit den Seats. Diese stiegen im Berichtsjahr um 16,7 Prozent auf 524.791 an und im gleichen Zuge erhöhten sich die wiederkehrenden Umsatzerlöse um 23,6 Prozent auf 59,4 Mio. Euro. Da die nicht wiederkehrenden Umsatzerlöse sich um 9,4 Prozent verringerten, stieg der Gesamtumsatz um 18,4 Prozent auf 67,6 Mio. Euro an. Zuletzt hob Dr. von Rottkay die wichtige Kennzahl ARPU hervor, die beschreibt, wie viel eine einzelne Nebenstelle basierend auf der durchschnittlichen Zahl der Seats pro Monat im Jahr 2020 zum Umsatz beigetragen hat. Hier zeigte sich eine geringe Steigerung auf 9,77 Euro.
Der erhöhte ARPU führte verbunden mit den im Vergleich zum Vorjahr deutlich geringeren Aufwendungen, etwa für Marketingaktivitäten oder Reisen, zu einem erheblich verbesserten Ergebnis. Während Ende 2019 noch ein EBITDA von minus 7 Mio. Euro ausgewiesen wurde, belief sich das EBITDA 2020 auf plus 2,3 Mio. Euro. Das bereinigte EBITDA verbesserte sich sogar auf 3,5 Mio. Euro. Dieser Trend hielt auch im ersten Quartal 2021 an. Hier erhöhte sich der ARPU gar auf 10,19 Euro und das EBITDA belief sich allein in den ersten drei Monaten bereits auf 1,6 Mio. Euro.
Wie die meisten Aktionäre aber bereits wissen, oder durch die bisherige Vorstandsrede ahnen, soll dies nicht so bleiben. Gemäß der ambitionierten Strategie steht bei NFON weiterhin ganz klar Wachstum vor Profitabilität. Dies unterstreicht schon allein die im März dieses Jahres durchgeführte Kapitalerhöhung. Im Rahmen eines beschleunigten Platzierungsverfahrens bei institutionellen Anlegern wurden 1.505.555 Aktien zu einem Preis von 17,50 Euro platziert, was einem Bruttoemissionserlös von über 26 Mio. Euro entspricht. Da das nach der Kapitalerhöhung noch verbliebene Genehmigte Kapital die gesetzlichen Möglichkeiten nicht annähernd ausschöpft, bat der Vorstandsvorsitzende um Zustimmung zu der zur Abstimmung stehenden Neuschaffung.
Abschließend fasste Dr. von Rottkay die Marschrichtung noch einmal zusammen. Aufbauend auf einer führenden Technologiebasis und mehr als 40.000 Unternehmenskunden in 15 europäischen Ländern sowie einem Partnernetzwerk von über 2.700 Partnern soll das Wachstum technologisch und geografisch massiv ausgebaut werden. Ziel ist es, führender Anbieter für sprachzentrierte Geschäftskommunikation in Europa zu werden. Zu Füßen liegt ein riesiger Markt, der sich in Richtung integrierter Geschäftskommunikation vereint. Das Herausragende am Geschäftsmodell von NFON liegt in einer Kombination aus dynamischem Wachstum, niedriger Churn-Rate sowie nachhaltig wiederkehrenden Umsätzen. 2021 wird nun die Basis gelegt, um in den folgenden Jahren die Früchte der Wachstumsstrategie 2024 einzufahren.
Beantwortung der Fragen Insgesamt wurden knapp 20 Fragen im Vorfeld der Hauptversammlung von fünf Aktionären und Aktionärsvertretern eingereicht, darunter Alice Wotsch für die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Nikolaus Lutje für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Stefan Farisi von Teslin Capital Management sowie die Privataktionäre Norbert Sommer und Christoph Arno Adams. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende bemerkte, werden alle Fragen einzeln und ausführlich beantwortet.
Zu Beginn gab es reichlich Lob von SdK-Sprecherin Wotsch, die sich für die gute Entwicklung der Gesellschaft im vergangenen Geschäftsjahr und im ersten Quartal 2021 beim Vorstand und allen Mitarbeitern bedankte. Angesichts der großen Konkurrenz stellte sich für sie aber die Frage, wie der Vorstand es konkret schaffen möchte, NFON zum führenden Anbieter für sprachzentrierte Businesskommunikation in Europa zu entwickeln. Auch interessierten die Aktionärsvertreterin die Alleinstellungsmerkmale, mit denen sich die Gesellschaft von Mitbewerbern abhebt.
Dr. von Rottkay stimmte zu, dass der Markt für Cloud-Telefonie stark fragmentiert ist. Einzigartig in diesem Wettbewerbsumfeld macht NFON die exzellente Unternehmensposition. Mit mehr als 40.000 Unternehmenskunden und mehr als einer halben Millionen Nebenstellen ist die Gesellschaft bereits in 15 europäischen Ländern mit Cloud-Services vertreten. Zudem verfügt NFON über ein Partnernetzwerk von mehr als 2.700 Partnern und kann mit seiner eigenen herausragenden Technologiebasis – Made in Germany – relativ unabhängig agieren.
Die Strategie ist klar auf Wachstum ausgerichtet, da der Markt jetzt verteilt wird. Jedes Unternehmen hat durch die Ereignisse des letzten Jahres verstanden, dass flexible und skalierbare Cloud-Lösungen essenziell für den Fortbestand des Geschäfts sind. Insofern legt der Vorstand nun durch massive Wachstumsinvestitionen in das Produkt, das Marketing, die Bildung neuer Kundensegmente und Landesgesellschaften sowie das Eingehen von strategischen Technologiepartnerschaften den Grundstein für den zukünftigen Erfolg.
Dass NFON bereits in zahlreichen Ländern präsent ist, bezeichnete Wotsch als beeindruckend. In diesem Zusammenhang interessierte die SdK-Sprecherin, welche weiteren Länder interessant sind und ob es bereits konkrete Pläne zur Markterschließung gibt. Hierzu resümierte Dr. von Rottkay, dass NFON nun bereits in Deutschland, Großbritannien, Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Portugal und neuerdings auch in Polen mit eigenen Tochtergesellschaften vertreten ist. Darüber hinaus besteht in den Ländern Slowakei, Rumänien, Slowenien und Ungarn eine Präsenz über Händler. Wie bereits in der Vorstandsrede erwähnt, beabsichtigt der Vorstand vor allem das große Potenzial in osteuropäischen Ländern zu erschließen, da Cloud-Lösungen dort noch weitgehend unbekannt sind.
Sowohl Wotsch als auch DSW-Sprecher Lutje interessierten sich für den Übergang zwischen dem alten und neuen Vorstandsvorsitzenden. Hierzu nahmen sowohl Dr. von Rottkay als auch der Aufsichtsratsvorsitzende kurz Stellung. Laut CEO gab es keine Übergangsschwierigkeiten. Für die Übergabe war der Monat Dezember vereinbart und der Wechsel ist sehr professionell abgelaufen. An der Stelle sprach Dr. von Rottkay ein großes Dankeschön an seine Kollegen Jan-Peter Koopmann, Petra Boss und Jan Forster aus, die als wichtige Manager schon viele Jahre im Unternehmen sind und ihm sehr geholfen haben, schnell in die NFON-Welt einzutauchen und Teil der Familie zu werden. Hierzu ergänzte Koppitz noch, dass für die Suche nach einem Nachfolger ein Personalvermittler engagiert wurde. Nach zahlreichen Interviews freut sich der Aufsichtsrat sehr, Dr. von Rottkay als neuen CEO für die Gesellschaft gewonnen zu haben.
Allerlei weitere Fragen von Lutje bezogen sich auf die M&A-Aktivitäten und die strategischen Partnerschaften. Zum einen wird nach Technologieunternehmen Ausschau gehalten, die das eigene Produktportfolio ergänzen und bei der Weiterentwicklung unterstützen können. Hier nannte Dr. von Rottkay beispielhaft die strategische Beteiligung und Partnerschaft an Meetecho. Ferner sind Unternehmen interessant, die selbst schon Cloud-Telefonie betreiben, eine eigene Kundebasis aufweisen und in für NFON interessanten Märkten aktiv sind. Mit solchen Unternehmen finden zahlreich und fortlaufend Gespräche statt, die dann im fortgeschrittenen Zustand auch immer wieder mit dem Aufsichtsrat besprochen werden.
Für Lutje blickte der Vorstandsvorsitzende auch nochmal auf die letzten Transaktionen und Partnerschaften zurück. Im Frühjahr 2019 wurden 100 Prozent der Anteile an der Deutsche Telefon Standard GmbH (DTS) übernommen. Ende 2019 folgte der Asset-Deal mit der Onwerk GmbH. In diesem Zuge wechselten die Kollegen und Kolleginnen der Onwerk GmbH zur NFON, nicht aber die juristische Person. Die Teams sind inzwischen vollständig integriert und es wurde ein weiterer Entwicklungsstandort in Mannheim aufgebaut und die Zusammenarbeit mit der dortigen Universität intensiviert.
Zuletzt konnte nun ein weiterer Meilenstein mit der Übernahme von rund 25 Prozent der Anteile an der Meetecho erreicht werden. Ergänzend zur Beteiligung wurde ein umfangreicher Kollaborations- und Servicevertrag abgeschlossen, um den Zugang zu wichtigem Know-how zu sichern und die UCaaS-Strategie gemeinsam voranzutreiben. Meetecho hat bereits eine lange Liste an Kunden und Unternehmen, welche die Software und die Dienstleistungen der Italiener nutzen, darunter Microsoft, Twitter, Alibaba Cloud, Slack oder auch Alcatel Lucent.
Angesprochen auf die Gründe für den Nearshoring-Standort in Lissabon ergriff Koopmann das Wort. Bereits auf den letzten Hauptversammlungen berichtete der Vorstand immer wieder darüber, wie schwierig es ist, gute Softwareentwickler und Softwarearchitekten zu gewinnen. Der Markt ist mehr oder weniger leergefegt. Aus diesem Grund sucht der Vorstand fortlaufend nach Alternativen, zu denen Entwicklungszentren außerhalb Deutschlands zählen. Aus heutiger Sicht war die Gründung in Portugal genau der richtige Schritt. Das dortige Team zählt inzwischen zwölf Kollegen und Kolleginnen und es werden monatlich neue Entwickler hinzugewonnen. Dafür sorgt vor allem auch der enge Austausch mit der Universität in Lissabon.
Aktionär Norbert Sommer stellte mehrere Fragen zur Strategie der Gesellschaft. Seiner Beobachtung nach werden unternehmensseitig verstärkt Kollaborationssysteme von Microsoft Teams und Zoom eingesetzt, während die Telefonie in diesem Zusammenhang an Relevanz verliert. Dass die Corona-Pandemie die dritte disruptive Welle eingeleitet hat, nämlich das Zusammenachsen von Telefonie, Kollaboration und Business-Applikationen, bestätigte der CTO. Wie in der Vorstandsrede ausgeführt, ist die Gesellschaft als Spezialist bestens ausgerichtet, um die damit verbundenen Chancen als führender Cloud-PBX-Anbieter zu nutzen. Der Wachstumsstrategie 2024 liegen genau diese Entwicklungen zugrunde und die Wachstumsinvestitionen legen den Grundstein, dass NFON der führende Anbieter für sprachzentrierte Geschäftskommunikation in Europa wird.
Weiter ergänzte Koopmann, dass die Gesellschaft mit Nvoice bereits ein Produkt hat, das die Cloudya-Funktionalitäten in die MS-Teams-Umgebung integriert. Nutzer von Microsoft Teams können dadurch innerhalb der gewohnten Kollaborationsumgebung die volle Funktionalität aller NFON-Cloud-Lösungen nutzen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass durch die neue disruptive Welle sogar noch mehr Chancen für die Gesellschaft entstehen, die im Zuge der Wachstumsstrategie 2024 voll ausgeschöpft werden sollen.
Die letzte Frage an den Vorstand kam von Wotsch, die angesichts des neuen Kapitalvorratsbeschlusses wissen wollte, wie eine verantwortungsvolle Nutzung gewährleistet wird. Hierzu verwies Dr. von Rotkay auf den Aufsichtsrat, dessen Zustimmung eine jegliche Kapitalerhöhung aus Genehmigten Kapital bedarf. Da dort mit Günther Müller, der indirekt rund 32,1 Prozent der Anteile kontrolliert, und Florian Schuhbauer, der indirekt rund 25,9 Prozent kontrolliert, die zwei größten Aktionäre der Gesellschaft vertreten sind, kann der Zustimmungsvorbehalt als äußerst repräsentativ angesehen werden. Darüber hinaus versteht es sich von selbst, dass eine Verwässerung der Altaktionäre nur dann in Kauf genommen wird, wenn dieser eine Steigerung des Unternehmenswerts gegenübersteht, die in Nettosumme positiv ist.
Alle weiteren Fragen bezogen sich auf das Vergütungssystem des Vorstands und wurden vom Aufsichtsratsvorsitzenden beantwortet. Zur Nicht-Veröffentlichung der individualisierten Vorstandsvergütung erläuterte Koppitz, dass der am 9. April 2019 diesbezüglich gefasste Hauptversammlungsbeschluss nun durch das ARUG II obsolet wird. Für das Geschäftsjahr 2021 wird dann erstmalig ein Vergütungsbericht mit individualisierter Offenlegung erstellt. Um das Vergütungssystem und die mögliche prozentuale Verteilung aber bereits jetzt nachvollziehbar zu machen, präsentierte der Aufsichtsratsvorsitzende eine Modellrechnung.
Grundsätzlich kann der CEO pro Jahr maximal 1,5 Mio. Euro und ein ordentliches Vorstandsmitglied maximal 0,75 Mio. Euro verdienen. Die Festvergütung liegt dabei in einem Korridor zwischen 30 und 50 Prozent, die Short Term Incentive-Komponente (STI) zwischen 10 und 25 Prozent und die Long Term Incentive-Komponente (LTI) zwischen 40 und 50 Prozent. Bei 100 Prozent Zielerreichung der STI würde der Vorstand in dieser Rechnung 250 TEUR erhalten. Bei der LTI, die sich auf Aktienoptionen bezieht, bemisst sich der Ausübungsgewinn auf die tatsächlichen Grundgehälter multipliziert mit dem Faktor 1,5. Damit im Jahr der Ausübung keine irreführende Spitze entsteht, wird der insgesamt mögliche Ausübungsgewinn auf die Laufzeit des Vorstandsvertrags verteilt.
Farisi von Teslin Capital Management lobte grundsätzlich das Vergütungssystem. Für Verbesserungswürdig erachtete der Analyst jedoch den Einsatz eines klassischen Aktienprogramms anstatt eines Aktienoptionsplans sowie die Offenlegung der nicht-finanziellen Leistungskriterien. Laut Koppitz ist der Aufsichtsrat der Ansicht, dass ein Aktienoptionsplan ein angemessenes Äquivalent zu einem direkten Aktienerwerb ist und darüber hinaus den Vorteil einer langfristigen Vergütungskomponente aufweist. Zudem kann ergänzt werden, dass Jan-Peter Koopmann bereits beim Börsengang eine nennenswerte Anzahl von Aktien erworben hat und seine Interessen dadurch auch in nicht unwesentlichen Umfang mit denen der Aktionäre eins zu eins übereinstimmen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist dem Aufsichtsrat sehr wichtig. Das Ziel ist es, erstmalig für das Geschäftsjahr 2021 einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Die Gewichtung der finanziellen und nicht-finanziellen Leistungskriterien beim Vorstandsvergütungssystem liegt bei 90 zu 10 Prozent. Beispielsweise ist die erfolgreiche Durchführung eines Projekts zur Steigerung und auch Messbar-machung der Nachhaltigkeit der Handlungen der NFON-Gruppe ein für den Vorstand definiertes nicht-finanzielles Leistungskriterium. Durch das Ermöglichen von ortsunabhängiger und flexibler Arbeit zählt NFON mit seinem Geschäftsmodell ohnehin zu den sogenannten Nachhaltigkeits-Champions. Das anvisierte Nachhaltigkeitsprojekt wird konkret offenlegen, dass durch die Cloud-Lösungen der NFON AG jährlich tonnenweise CO2-Emissionen vermieden werden können.
Abstimmungen Der Aufsichtsratsvorsitzende verkündete die Präsenz mit 14.562.368 Aktien. Bezogen auf das Grundkapital von 16.561.124 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 87,9 Prozent.
Alle Beschlussfassungen wurden angenommen, darunter die Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder (TOP 2 & 3), die Wiederwahl von KPMG zum Abschlussprüfer (TOP 4), die Billigung des Vorstandsvergütungssystem (TOP 5), die Aufsichtsratsvergütung (TOP 6) sowie die Kapitalmaßnahmen und -vorratsbeschlüsse (TOP 7 bis 9).
Nach Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse schloss der Aufsichtsratsvorsitzende die Veranstaltung um 11:47 Uhr.
Fazit Wieder einmal präsentierten Vorstand und Aufsichtsrat im Rahmen der Hauptversammlung ein digitales Glanzstück. Mit ausreichendem Abstand voneinander sitzend wechselten sich der Aufsichtsratsvorsitzende und die Vorstände visuell reibungslos bei der Präsentation und Beantwortung der Fragen ab, sodass sich wieder einmal eine sehr angenehm anzuschauende und informative Veranstaltung ereignete.
Besonders spannend war es für die Aktionäre und Aktionärsvertreter, den neuen Vorstandsvorsitzenden Dr. von Rottkay in Aktion zu erleben, der durch seine diversen Führungspositionen in europäischen Ländergesellschaften von Microsoft viel Erfahrung im Bereich Cloud-Computing mitbringt. Die neue Handschrift ist klar von Wachstum geprägt und zeigt eine noch deutlich schwungvollere und dynamischere Bewegung als bisher.
Grundlage für die zunehmende Dynamik ist die vom Vorstand als dritte disruptive Welle bezeichnete Vereinigung von Telefonie, Kollaboration und Business-Applikationen. Mit über einer halben Millionen Nebenstellen und einer herausragenden europäischen Präsenz ist NFON bestens dafür aufgestellt, um sich als führender Anbieter für sprachbasierte Geschäftskommunikation in Europa zu etablieren. Der große Wandel hin zu cloudbasierten Kommunikationslösungen stellt hierbei das Einfallstor dar.
Der disruptive Wandel bringt aber sowohl große Chancen als auch große Herausforderungen mit sich. So kommt man als Aktionär schon kaum mehr mit, wenn Dr. von Rottkay anfängt über die zahlreichen Investitionen zu sprechen. Aufstockung Personal, Gründung weiterer Ländergesellschaften, Erhöhung Marketingaufwendungen um mehr als 50 Prozent, M&A-Aktivitäten, Eingehen von strategischen Partnerschaften, Gründung und Ausbau von Nearshoring-Standorten – die Liste der Investitionsfelder könnte kaum länger sein.
Aufgrund der gut nachvollziehbaren und ideal in die Zeit passenden Unternehmensstrategie fällt es jedoch nicht schwer, den von Dr. von Rottkay beschleunigten Wachstumskurs als Aktionär mitzugehen. Die starke und unabhängige Position in Europa ermöglicht es NFON den Markt in den nächsten Jahren weiter stark zu konsolidieren. Andere Anbieter, sowohl von klassischen Vor-Ort-Telefonanlagen als auch von Cloud-Telefonanlagen, geraten in Gefahr vom disruptiven Wandel überrollt zu werden. Dies ermöglicht NFON wiederum die Konsolidierung zu beschleunigen und die Anzahl der so wichtigen Seats in den nächsten Jahren signifikant weiter zu erhöhen.
Wie lukrativ das von hohen wiederkehrenden Umsatzerlösen und niedriger Churn-Rate geprägte Geschäftsmodell ist, wurde bereits im vergangenen Geschäftsjahr mehr als deutlich, als die Gesellschaft scheinbar aus Versehen in die Profitabilitätszone rutschte und die zukünftig hohen zu erwarteten Margen sich ansatzweise offenbarten. Sollte die Gesellschaft den disruptiven Kommunikationswandel nicht nur überleben, sondern sogar prägen, sowie die Technologiestärke und hohe europäische Präsenz in den nächsten Jahren weiter ausbauen können, hätte die Aktie nach oben sicherlich einiges an Potenzial. Angesichts der ausgezeichneten Aufstellung erscheint das derzeitige 2020er KUV von knapp 4 für ein stark wachsendes Technologieunternehmen auch nicht überteuert zu sein.
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Veröffentlichungsdatum:
09.07.2021
-
14:25
Redakteur:
ppe