Zu ihrer Hauptversammlung über das Geschäftsjahr 2020 hatte die Francotyp-Postalia Holding AG (FP) ihre Anteilseigner für den 16. Juni 2021 um 12 Uhr zu einer rein virtuellen Hauptversammlung eingeladen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Alexander Granderath bat um Verständnis, dass man sich aus Gründen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes aller Teilnehmer auch in diesem Jahr zur Wahl dieses Formats entschlossen habe. Für GSC Research hat Alexander Langhorst die virtuelle Hauptversammlung verfolgt.
Während der Abhandlung der einleitenden Formalien wies er auf einen fristgerecht eingereichten Gegenantrag bei der Wahl zum Aufsichtsrat hin und erklärte, dass über diesen abgestimmt werden wird. Nach Erledigung der weiteren einleitenden Hinweise und Formalien sowie Erläuterung der personellen Veränderungen im Vorstand seit der letzten Hauptversammlung erteilte er dem Vorstandsvorsitzenden Carsten Lind und dem seit Beginn des Jahres 2021 amtierenden Finanzvorstand Martin Geisel das Wort.
Bericht des Vorstands Nach Begrüßung der Teilnehmer blickte Herr Lind kurz auf das Jahr 2020 zurück. Dieses war nicht nur wegen der Pandemie ein turbulentes Jahr. Es war bei FP auch ein Jahr des Wechsels mit Änderungen im Vorstand und anstehenden Veränderungen mit Blick auf die Zukunft des Unternehmens. So wurde das Transformationsprogramm FUTURE@FP entwickelt. Ziel dieses Programms ist laut Vorstandschef Lind, das Unternehmen in einen nachhaltig profitablen internationalen Technologiekonzern mit innovativen Softwarelösungen umzubauen. In einem ersten Schritt sollen dabei zunächst die Organisations- und Kostenstrukturen an das aktuelle Umsatzvolumen angepasst werden.
Der Vorstandsvorsitzende dankte ausdrücklich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die im abgelaufenen Jahr geleistete Arbeit, insbesondere mit Blick auf die besonderen Begleitumstände.
Sodann ergriff Finanzvorstand Martin Geisel zur Erläuterung des Zahlenwerks das Wort. Auch er dankte zunächst der Belegschaft für die geleistete Arbeit. Mit Blick auf seinen Amtsantritt zu Beginn des Jahres 2021 merkte er an, dass die vergangenen sechs Monate in der neuen Funktion für ihn aufregend und fordernd waren und es viel zu tun gibt. Nach seiner Analyse läuft im Unternehmen vieles noch nicht optimal, gleichwohl bedeutet dies im Umkehrschluss aber auch, dass viel Potenzial vorhanden ist, welches man heben kann, so der Finanzchef weiter.
Mit Blick auf die finanziellen Eckdaten wies er darauf hin, dass im Zuge der genannten Anpassung der Organisations- und Kostenstrukturen eine Verkleinerung des zwischenzeitlich auf vier Vorstandmitglieder gewachsenen Vorstands bereits 2020 begonnen und 2021 fortgesetzt worden ist. Zugleich gab es eine Reihe von Personalreduktionen auf der Ebene unterhalb des Vorstands. Letztere sind bereits ebenfalls weitgehend umgesetzt. Ferner sind im Rahmen des FUTURE@FP-Programms weitere tiefgreifende Anpassungen beim Businessmodell und den Prozessen vorgesehen. Die damit im Zusammenhang stehenden und zu erwartenden Belastungen wurden soweit möglich bereits in der 2020er-Bilanz abgebildet.
Die Umsatzerlöse reduzierten sich auch Corona-bedingt um 6,4 Prozent auf 195,9 (Vorjahr: 209,1) Mio. Euro, das EBITDA verringerte sich auf 8,0 nach zuvor 33,3 Mio. Euro. Die EBITDA-Marge sank entsprechend auf 4,1 (15,9) Prozent. Bei einem auf minus 14,0 (plus 1,7) Mio. Euro gesunkenen EBIT lag das Jahresergebnis bei minus 15,1 Mio. Euro nach einem Vorjahresüberschuss von 1,7 Mio. Euro. Dies entspricht einem Ergebnis je Aktie von minus 0,94 Euro nach plus 0,11 Euro im Geschäftsjahr 2019.
Laut Herrn Geisel hat sich 2020 der seit Jahren anhaltende Trend des sinkenden Marktvolumens im Bereich der Frankiermaschinen weiter fortgesetzt. Hier lag der Rückgang im Markt zwischen 3 und 4 Prozent im Jahr. FP konnte sich diesem Trend in den vergangenen Jahren teilweise dadurch entziehen, dass man besonders mit kleinen und mittelgroßen Lösungen im Markt aktiv ist und diese zumindest bis dato weitaus weniger von den Rückgängen betroffen waren als große Systeme. Teilweise haben Nutzer sich auch verkleinert, so dass FP auch hierdurch die eigenen Marktanteile im schrumpfenden Markt stabilisieren oder gar erhöhen konnte. Er wies jedoch darauf hin, dass diese Strategie in einem weiter schrumpfenden Markt auf Dauer nicht helfen wird.
Mit Blick auf die deutliche Verschlechterung beim EBIT von plus 1,7 Mio. Euro in 2019 auf minus 14,0 Mio. Euro in 2020 wies er darauf hin, dass darin gewisse Einmaleffekte enthalten sind. Größter Posten sind die bereits eingangs erwähnten Rückstellungen für das FUTURE@FP-Programm in Höhe von 9 Mio. Euro. Weitere Belastungen ergaben sich aus Abschreibungen auf Firmenwerte sowie auf aktivierte Eigenleistungen jeweils in Höhe von 4,1 Mio. Euro. Überdies fielen negative Wechselkurseffekte von 0,7 Mio. Euro an. Positiv wirkten sich hingegen vereinnahmte staatliche Hilfen, vor allem Kurzarbeitergeld, und vergleichbare Programme in Höhe von 2,5 Mio. Euro sowie im Vergleich zu 2019 geringere AfA-Abschreibungen aus.
Positiv bewertete der FP-Finanzchef indes die Entwicklung beim Cashflow. So hat sich der Free-Cashflow gegenüber 2019 deutlich auf 11,2 (1,7) Mio. Euro verbessert. Die liquiden Mittel erhöhten sich zum Bilanzstichtag auf 23,2 nach zuvor 18,5 Mio. Euro. Im Berichtszeitraum befand sich das Management in einem aktiven und fortlaufenden Dialog mit den Kreditgebern. Auch im schwierigen Pandemieumfeld konnten 2020 alle Financial Covenants erfüllt werden.
Im zweiten Teil seiner Ausführungen berichtete Herr Lind insbesondere über die Entwicklung im nach wie vor wichtigsten Segment Franking & Office-Solutions. Hier war ein Rückgang des Umsatzes im Vorjahresvergleich um 9,7 Prozent oder 13,1 Mio. Euro auf 121,5 (134,6) Mio. Euro zu verzeichnen. Wesentliche Gründe für den Rückgang waren laut Unternehmenschef die Auswirkungen der Coronapandemie sowie negative Wechselkurseinflüsse. Bei der Beurteilung der Entwicklung ist jedoch zu beachten, dass es im Jahr 2019 einige positive Sondereffekte gab, die sich 2020 nicht wiederholt haben. Dazu gehören Effekte aus Portoanhebungen von 2,6 Mio. Euro, Effekte aus der Anpassung der Lebensdauer der Maschinen in IFRS in Größenordnung von 3,1 Mio. Euro sowie positive Wechselkurseffekte. Im Jahre 2020 ergaben sich positive Effekte in Höhe von 4,8 Mio. Euro aus der Akquisition von HEFTER. Klammert man diese Effekte aus, ergibt sich laut Lind ein operativer Umsatzrückgang von 7,7 Mio. Euro oder rund 6 Prozent.
Operativ hat sich 2020 der harte Lockdown in vielen wichtigen Märkten spürbar auf das Geschäft von FP ausgewirkt. Zudem hat sich auch die Tendenz der rückläufigen Briefmengen weiter beschleunigt. Perspektivisch geht Herr Lind davon aus, dass die Effekte der Pandemie die bereits seit Längerem anhaltende Entwicklung schrumpfender Briefmengen verstärken wird. Bereits in den vergangenen Jahren lag der Rückgang hier zwischen 4 und 5 Prozent. Durch den Fokus auf kleine und mittelgroße Lösungen ist FP hiervon bisher nicht so stark betroffen gewesen, sondern konnte die eigene Marktposition sogar eher noch ausbauen. Ungeachtet dessen muss man sich hier aber auf die zu erwartenden Entwicklungen in der Zukunft einstellen.
Hier greift das im April 2021 im Rahmen der Bilanzvorlage vorgestellte FUTURE@FP-Programm. Ziel dieser mittelfristig ausgerichteten Strategie ist die Transformation in einen nachhaltig profitablen, internationalen Technologiekonzern mit innovativen Softwarelösungen.
Das Programm sieht fünf Komponenten vor. Zunächst soll in einem ersten Schritt die Organisations- und Kostenstruktur an das aktuelle Umsatzvolumen angepasst werden. Daraus werden mittelfristig nachhaltige jährliche Kosteneinsparungen von rund 10 Mio. Euro erwartet. Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen wurde bereits begonnen, die Anpassungen auf Ebene des Vorstands und der direkt darunter angesiedelten Managementebene sind bereits vollzogen. Die noch ausstehenden und aktuell mit den Mitarbeitervertretern beratenen Anpassungen auf der Personalseite sehen unter anderem eine Verkleinerung der Verwaltung durch Servicepartnerschaften in den Bereichen Finanzen, Kundendienst, Telesales, IT und F&E vor.
Verbesserungen bei Effektivität, Effizienz und Profitabilität sollen durch die Einführung eines einheitlichen ERP/CRM-Systems und eine künftig stärkere Steuerung mittels KPIs (Key Performance Indicators – Leistungskennzahlen) erreicht werden. Darüber hinaus will sich FP über einen kunden- und marktorientierten Ansatz vom Produkthersteller zum Lösungsanbieter wandeln. Im Zuge dieses neuen Betriebsmodells werden die bisherigen Produktbereiche künftig als Business Units (Geschäftseinheiten) mit klaren Verantwortungsbereichen geführt.
Im Geschäftsbereich Franking & Office-Solutions (bisher Frankieren und Kuvertieren) liegt der Fokus ausweislich der Programmdetails auf den kleinen und mittleren Frankiersystemen der PostBase-Familie. Das weltweit rückläufige Briefvolumen spielt FP hier zwar einerseits in die Hände, lässt aber andererseits den Gesamtmarkt für Frankiersysteme und damit auch für Verbrauchsmaterialien und Serviceleistungen seit geraumer Zeit schrumpfen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, soll das Angebot von Büro- und Geschäftslösungen ausgebaut werden.
Im Geschäftsbereich Software & Business Process Automation (bisher Software/Digital) wird der Fokus auf SaaS-Lösungen gelegt (SaaS: Software-as-a-Service). Dabei sollen zunächst maßgeschneiderte Lösungen für ausgewählte Zielmärkte entwickelt werden, die dann mit nur geringen Anpassungen auf weitere Anwendungsfelder übertragen werden können. Als ein Beispiel nannte der Vorstandschef hier die kürzlich vermeldete Kooperation im Bereich der digitalen Signaturlösung FP Sign mit der DATEV, wodurch nun die potenzialstarke Steuerberaterbranche gezielt adressiert wird.
Auch im neu gebildeten Geschäftsbereich IoT (Internet of Things – Internet der Dinge) wird dieser strategische Ansatz verfolgt, wobei der Bereich bis zum Erreichen einer kritischen Größe noch der Business Unit Software & Business Process Automation (BPA) zugeordnet bleiben wird. Im margenschwachen Geschäftsbereich Mail Services soll die Profitabilität weiter verbessert werden, wobei diese Business Unit weiterhin Gegenstand strategischer Überprüfungen ist.
Abschließend gab der Vorstandschef einen kurzen Ausblick auf das laufende Jahr 2021. Dabei bekräftige er ausdrücklich die vorgelegte Guidance, die für das Gesamtjahr mit Umsatzerlösen von 185 bis 196 Mio. Euro rechnet. Dabei soll sich die EBITDA-Marge zwischen 3 und 6 Prozent bewegen, woraus sich für das EBITDA ein Korridor zwischen 6 und 12 Mio. Euro ergibt. Herr Lind zeigte sich zuversichtlich, im Gesamtjahr am oberen Ende der genannten Guidance zu landen.
Beantwortung der eingereichten Aktionärsfragen Nach Beendigung der Vorstandspräsentation begann der Vorsitzende des Aufsichtsrats zunächst mit der Beantwortung der an das Kontrollgremium gerichteten Fragen. Dabei erkundigte sich eine Aktionärin unter anderem danach, warum der Aufsichtsrat mit Blick auf die zuletzt eher schwache Kursentwicklung keine Veränderungen im Vorstand der Gesellschaft vornimmt. Hierzu antwortete Dr. Granderath, dass sich der Aufsichtsrat bei seinen Vorstandsbestellungen nicht an den täglich schwankenden Aktienkursen orientiert, sondern die langfristigen Perspektiven im Blick hat. In Hinsicht auf die von der Fragestellerin geäußerten Zweifel betonte er, dass der Vorstand und insbesondere Herr Lind das uneingeschränkte Vertrauen des Aufsichtsrates besitzen.
Auf die ergänzende Frage der Rednerin, ob es nicht angezeigt sei, Herrn Günther wieder zum Vorstand zu bestellen, entgegnete Dr. Granderath, dass man hierzu keinen Anlass sieht. Dabei erinnerte er daran, dass die Hauptversammlung am 10. November 2020 dem damaligen Vorstandsmitglied Günther mit 84,5 Prozent das Vertrauen entzogen hat. Dies stellt aus seiner Sicht ein klares Votum des Aktionariats dar und repräsentiert über 50 Prozent des gesamten Grundkapitals. Aus diesem Grund erfolgte dann die Abberufung von Herrn Günther von seiner Position. Der Aufsichtsratschef erinnerte daran, dass der Aufsichtsrat bereits im Februar 2020 Herrn Günther wegen unterschiedlicher Auffassungen über die weitere Ausrichtung des Unternehmens die Aufhebung seines Vertrages angeboten hatte. Die Hauptversammlung im November 2020 hat dies ebenfalls zum Ausdruck gebracht, so dass die Abberufung ein geeignetes Mittel gewesen ist, das klare Votum der Aktionäre umzusetzen. Eine Missachtung des Aktionärsvotums sei nicht vorstellbar, so der Versammlungsleiter.
Des Weiteren interessierte sich eine Fragestellerin für die strategischen Vorgaben von Herrn Lind durch den Aufsichtsrat. Nach Angabe des Versammlungsleiters stehen hierbei verschiedene Aspekte im Fokus, die zum Wohle des Unternehmens und der verschiedenen Stakeholder sind. Für die konkreten Vorgaben verwies Dr. Granderath auf das Vergütungssystem des Vorstands, welches unter Tagesordnungspunkt 6 zur Beschlussfassung ansteht. Dort sind die verschiedenen Aspekte und auch die Gewichtung der einzelnen Aspekte detailliert dargelegt, so der Aufsichtsratschef weiter.
Befragt nach den Bestellungsdauern der beiden amtierenden Vorstandsmitglieder nannte er im Fall von Herrn Lind eine Vertragsdauer bis April 2024 und im Fall von Herrn Geisel bis Ende 2022. Über etwaige Verlängerungen von Vorstandsverträgen wird der Aufsichtsrat zu gegebener Zeit beraten. Derzeit ist mit Blick auf die Struktur des Vorstands allerdings nicht vorgesehen, die Zahl der Vorstände wieder auf mehr als zwei zu erhöhen. Ergänzend erkundigte sich die Aktionärin, ob Herr Lind eine weitere Amtszeit als Vorstandsmitglied bei FP anstrebt. Hierzu antwortete der Vorstandschef, dass für die vertraglichen Fragen der Aufsichtsrat zuständig ist. Zudem läuft sein Vertrag noch bis Mitte 2024 und üblicherweise bespricht man mögliche Verlängerungen etwa ein Jahr vor dem Ende der Amtszeit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies aber noch viel zu früh.
Der Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) erkundigte sich nach der Vision des Vorstands für die Gesellschaft auf Sicht von drei bis fünf Jahren. Hierzu verwies Herr Lind auf das Transformationsprogramm FUTURE@FP und die darin formulierten Ziele. Angestrebt wird auf mittlere Sicht durch die bereits in Umsetzung befindlichen und noch anstehenden Maßnahmen eine spürbare Steigerung der Profitabilität. Zudem soll das Geschäftsmodell stärker zu einem Anbieter von SaaS- und PaaS-Angeboten umgebaut werden.
Des Weiteren interessierte sich der SdK-Vertreter dafür, wie man dem offenbar immer weiter schrumpfenden Briefvolumen entgegenwirken will. Herr Lind stimmte der Wahrnehmung über den schrumpfenden Markt im Grundsatz zu. Dieser Trend ist bereits seit einiger Zeit zu beobachten. Durch die gute Stellung im Bereich der kleinen und mittleren Frankiersysteme ist man hier durchaus vorteilhaft im Markt positioniert und konnte bislang teilweise durch eine Ausweitung von Marktanteilen das Geschäft stabil halten oder war von Rückgängen weniger stark betroffen als die Mitbewerber, die hauptsächlich Systeme für großes Volumen anbieten. Perspektivisch wird aber auf diese Entwicklung, die sich in den kommenden Jahren weiter fortsetzen wird, mit verschiedenen Ansätzen reagiert. Daher liegt seit einiger Zeit der Fokus darauf, Produkte um den In- und Output bei den Unternehmen zu entwickeln, und damit von der auch dort immer weiter voranschreitenden Digitalisierung zu profitieren. Ein Beispiel für solche Lösungen und Produkte ist dabei etwa FP Sign. Perspektivisch geht Herr Lind davon aus, dass sich die Digitalisierung getrieben durch die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie und die zum Teil geänderten Arbeitsabläufe in Unternehmen wie z.B. verstärktes mobiles Arbeiten in der Zukunft weiter beschleunigen wird.
Außerdem interessierte die SdK, wie sich die zurückgestellten 9 Mio. Euro für Abfindungen aufteilen, insbesondere interessierte die Aktionärsschützer dabei der auf ehemalige Vorstandsmitglieder entfallende Betrag. Nach Angabe von Herrn Geisel läuft der angekündigte Abbau beim Personal in drei Stufen. Dabei sind die Reduktionen im Vorstand und in der ersten Ebene unter dem Vorstand inzwischen weitgehend abgeschlossen. Der Vorstand wurde auf zwei Personen verschlankt, die darunter liegende Ebene an Bereichsleitern und Geschäftsführern bei Tochtergesellschaften wurde ebenfalls inzwischen reduziert. In einem dritten Schritt folgen dann noch die weiteren Anpassungen beim Personal. Hier befindet man sich mit den Arbeitnehmervertretern und dem Betriebsrat im Gespräch. Die Effekte aus den beiden ersten Stufen wirken sich bereits ab 2021 aus und werden ab 2022 ganzjährig ergebniswirksam. Das zurückgestellte Volumen von 9 Mio. Euro bezieht sich auf alle Personalanpassungen, auf ehemalige Mitglieder des Vorstands entfallen davon 2,6 Mio. Euro.
Ein weiterer Aktionär, Betriebsratsvorsitzender bei FP, erkundigte sich nach den Erwartungen des Vorstands zur Entwicklung des Geschäftsvolumens des Bereiches Frankiermaschinen bis zum Jahr 2024. In seiner Antwort beziffert Herr Lind den Anteil des Bereichs Franking & Office-Solutions im Jahr 2020 auf 121,5 Mio. Euro oder 62 Prozent des Umsatzes. Die mittelfristige Planung von FP bezieht sich auf die Jahre 2021 bis 2023, so dass Aussagen für das Jahr 2024 derzeit nicht seriös möglich sind. Auch eine konkrete prozentuale Bezifferung des Umsatzanteils für die Jahre 2021 bis 2023 ist laut Lind nicht so ohne weiteres möglich. Es ist jedoch absehbar, dass der Umsatz vermutlich von Jahr zu Jahr leicht nachgeben wird. Da die übrigen Geschäftssegmente in den Jahren 2021 bis 2023 stärker wachsen sollen, wird der Prozentanteil auch davon abhängen, wie die anderen Bereiche performen.
Eine weitere Aktionärin interessierte sich für die Konditionen der im Konzern bestehenden Kreditlinien. Laut Herrn Geisel erfolgt die Bereitstellung der Fremdmittel seit dem Jahr 2018 über ein Bankenkonsortium. Das Volumen beträgt 150 Mio. Euro und die Laufzeit ist bis 2023. Zudem besitzt FP die Option, das Volumen auf 200 Mio. Euro zu erhöhen und die Laufzeit kann zweimal bis zu insgesamt zwei Jahren verlängert werden. Die Konditionen sind insgesamt sehr attraktiv und enthalten in Korrelation zum quartalsweise ermittelten Verschuldungsgrad einen Aufschlag auf den Drei-Monats- bzw. Sechs-Monats-EURIBOR von 90 Basispunkten. Damit wird FP von Banken mit einem Rating im Bereich „Triple B“ eingestuft.
Des Weiteren erkundigte sich eine Aktionärin nach verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit den Frankiermaschinen. Dabei ging es unter anderem um die erforderliche Pflege der Portotabellen sowie weitere Anpassungen und mögliche Weiterentwicklungen der angebotenen Modelle. Herr Lind bekräftigte in seinen Antworten, dass der Bereich Frankiermaschinen auch künftig ein wichtiger Teil des operativen Geschäfts sein wird und man in den Planungen darauf achtet, dass die laufende Pflege von Portotabellen wie auch die Weiterentwicklung der Maschinen, sofern es sich dabei um für die Vermarktung relevante Themen handelt, sichergestellt ist. Er verwies allerdings darauf, dass man hierbei die betriebswirtschaftlichen Aspekte nicht aus dem Auge verlieren darf. Bei allen Weiterentwicklungsthemen muss damit ein valides Geschäftsmodell und ein vermarktbares Produkt mit entsprechender Ertragsperspektive verbunden sein. Auf die Frage, in welchen Regionen noch Wachstumspotenzial für FP gesehen wird, nannte der Vorstandschef beispielhaft den US-Markt.
Weitere Fragen befassten sich mit der Entwicklung des Frankiermaschinengeschäfts in verschiedenen Ländern und im Vergleich mit den beiden wesentlichen Mitbewerbern auf diesem Gebiet. Herr Lind bat um Verständnis dafür, dass FP derartige Angaben nicht berichtet und aus den gleichen Erwägungen auch bei den beiden Mitbewerbern keine Zahlen zu einzelnen Märkten verfügbar sind und hierzu keine detaillierteren Angaben möglich sind. Befragt nach der Entwicklung der Marktanteile von FP im Frankiermaschinengeschäft erläuterte Herr Lind, dass sich der Marktanteil in den Jahren 2019 bis 2021 leicht von 12,1 über 12,4 auf nun 12,6 Prozent erhöht hat. Dabei hat sich allerdings analog zum seit einigen Jahren schrumpfenden Markt die Basis der installierten Maschinen von 218.000 im Jahr 2019 um gut 6.000 auf nun 212.000 im aktuellen Jahr verringert. Bei den Angaben zur installierten Basis und letztlich auch den Marktanteilen ist aber gewisse Vorsicht geboten, da nicht in allen Ländern entsprechende Informationen zur Verfügung stehen.
Befragt nach den Effekten aus der Coronapandemie in Bezug auf das operative Geschäft antwortete der Finanzvorstand, dass diese ab März 2020 deutlich in allen Produktbereichen zu spüren waren und diese bis heute andauern. Das Management hat sofort mit verschiedenen Maßnahmen reagiert und die staatlichen Angebote wie Kurzarbeit und vergleichbare Programme im Ausland in Anspruch genommen. Hiervon betroffen waren die Aktivitäten in Deutschland, Großbritannien, den USA und Kanada. Inzwischen besteht in Deutschland keine Kurzarbeit mehr, in einigen anderen Ländern ist dies aber zum Teil noch der Fall. Zudem wurde außer in den Bereichen Produktion und Service auch mobiles Arbeiten und Homeoffice ermöglicht.
Verschiedene Fragen aus dem Aktionariat befassten sich mit der tarifvertraglichen Situation bei einer Reihe von erfragten Konzerngesellschaften. Hierzu antwortete der Vorstand, dass man sich bei einigen größeren Tochtergesellschaften sowie der AG mit Vertretern der IG Metall in Gesprächen über Haustarifverträge befindet. Eine Einigung ist hier aber bislang noch nicht erzielt worden. Eine flächendeckende Tarifbindung bei allen Konzerngesellschaften ist aber nicht existent und wird laut Vorstand auch künftig nicht angestrebt.
Wie im Unternehmen mit Innovationen umgegangen wird und wie diese zustande kommen, war Gegenstand weiterer Fragen. Dabei wurde auch die von den Aktionären, welche ebenso Arbeitnehmervertreter sind, ins Spiel gebrachte Einschaltung einer österreichischen Unternehmensberatung angesprochen. Herr Lind antwortete hierzu, dass man in den vergangenen Monaten in vielen Bereichen Innovationsprozesse angestoßen hat, um mit einem kundenzentrierten Lean-Start-up-Ansatz Lösungen und Vermarktungsansätze zu validieren. Gezielt wird dabei auf Produkte und Dienstleistungen, die für den Kunden Mehrwert bieten und damit eine Chance auf breite Vermarktung bieten. Etwas selbstkritisch merkte er dabei an, dass FP in der Vergangenheit oft zu stark auf die Produkte fokussiert war, entscheidend ist es aber, dem Kunden Lösungen anzubieten, die diesen deutlich voranbringen. Daher ist es aus seiner Sicht auch wichtig, eine gewisse Start-up-Mentalität zu kreieren, um hier noch schneller und agiler zu werden und sich bietende Chancen am Markt aufzugreifen.
Auf die kritische Frage eines Aktionärs, warum der Abbau des Personals in den aus seiner Sicht für die Zukunft besonders wichtigen Bereichen F&E und IT stattfindet und nicht stärker im Verwaltungs- und Zentralbereich eingespart wird, erinnerte Herr Lind daran, dass der Personalaufbau in den vergangenen Jahren auch in beiden angesprochenen Bereichen stattgefunden hat. Mit dem Abbau an der Spitze und in der zweiten Führungsebene hat man zudem schließlich bereits begonnen und diesen weitgehend umgesetzt.
Ferner interessierte sich eine Aktionärin für die Entwicklung der Aufwendungen für die Hauptversammlungen der Jahre 2019 bis 2021. Laut Finanzvorstand beliefen sich die Kosten für die Präsenzhauptversammlung 2019 auf 99 TEUR und 2020 betrug der Aufwand für die erste virtuelle HV 183 TEUR. Für die aktuelle Hauptversammlung geht Herr Geisel von rund 95 TEUR inklusive der Kosten für den beurkundenden Notar usw. aus. Gründe für die vergleichsweise hohen Aufwendungen 2020 waren nach seiner Angabe die mehrmalige Verschiebung der Versammlung sowie Rechtsberatungskosten, die auch im Zusammenhang mit der Abhaltung im virtuellen Format standen. 2020 haben insgesamt 190 Zuschauer inklusive Gästen an dem Livestream der Hauptversammlung teilgenommen, 2021 beträgt die Zuschauerzahl aktuell 53.
Abstimmungen Nach Beantwortung der eingereichten Aktionärsfragen stellte der Versammlungsleiter gegen 14:20 Uhr die Präsenz mit insgesamt 7.949.933 Aktien oder 48,77 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals fest. Die Beschlussvorlagen der Verwaltung wurden allesamt mit deutlicher Mehrheit verabschiedet, mit Ausnahme der Entlastung des früheren Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Andreas Günther, bei der 90,21 Prozent Neinstimmen zu verzeichnen waren.
Im Einzelnen beschlossen wurde die Entlastung der Vorstandsmitglieder Carsten Lind, Patricius de Gruyter und Sven Meise (TOP 2), die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder (TOP 3), die Neuwahl der Herren Dr. Alexander Granderath, Lars Wittan und Klaus Röhrig in den Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der KPMG AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Berlin, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2021 (TOP 5), die Billigung des Vergütungssystems für den Vorstand (TOP 6) sowie die Beschlussfassung über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder (TOP 7).
Zu dem Tagesordnungspunkt 4c, der Wahl von Herrn Klaus Röhrig als Mitglied des Aufsichtsrats, wurde ein abweichender Wahlvorschlag des Aktionärs Hartmut Neumann, Erzhausen, in einer Simultanwahl zur Abstimmung gestellt. Gewählt wurde dabei der Kandidat, der neben der absoluten Mehrheit der für seine Wahl abgegebenen Stimmen auch relativ die meisten Stimmen unter den beiden Kandidaten erhält. Bei diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Röhrig durchgesetzt.
Dr. Granderath konnte die Hauptversammlung um 15:17 Uhr schließen.
Fazit Die Francotyp-Postalia Holding AG ist recht ordentlich durch das schwierige Pandemiejahr 2020 gekommen. Auch wenn auf der Umsatzseite mit Rückgängen zu kämpfen war, erscheint das Geschäftsmodell insgesamt doch sehr resilient zu sein, wie der erfreulich starke Free-Cashflow unter Beweis stellt. Dieser resultiert zu großen Teilen aus dem nach wie vor wichtigen Kerngeschäft mit den Frankiermaschinen, wenngleich es sich hierbei um einen seit Jahren tendenziell schrumpfenden Markt handelt.
Positiv ist aus Sicht des Verfassers das nun in Umsetzung befindliche Transformationsprogramm FUTURE@FP zu bewerten. Zielsetzung ist es, FP in einen nachhaltig profitablen internationalen Technologiekonzern mit innovativen Softwarelösungen umzubauen. Der Fokus soll dabei auf SaaS- und PaaS-Lösungen für die Kunden liegen. In Verbindung mit den nachhaltig angestrebten Kostensenkungen von 10 Mio. Euro pro Jahr, die ab 2022/2023 greifen sollen, erscheint dies ein durchaus erfolgversprechender Ansatz, diese Transformation hinzubekommen. Wie man aus anderen Branchen weiß, ist für derartige Transformationsprozesse oft ein Zeithorizont zwischen fünf und zehn Jahren erforderlich. Da bei FP bestimmte Schritte schon vor einiger Zeit angestoßen wurden, befindet man sich hier aber nicht mehr ganz am Beginn der Wegstrecke.
Unter Anlagegesichtspunkten bekräftigt der Verfasser ausdrücklich die Einschätzung in unserem jüngsten Research vom 7. Juni 2021. Das dort ermittelte Kursziel von 3,90 Euro verbunden mit dem „Kaufen“-Votum ist weiterhin aktuell. Bei einer erfolgreichen Transformation und den künftig deutlich verbesserten Kostenstrukturen erscheint auf mittlere Sicht noch weitere Upside-Fantasie beim Aktienkurs vorstellbar.
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Veröffentlichungsdatum:
23.06.2021
-
08:05
Redakteur:
ala