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HV-Bericht SCHUMAG AG - Immobilienverkauf im laufenden Jahr beschert weiteren Mittelzufluss für Investitionen

Zu ihrer Hauptversammlung über das Geschäftsjahr 2019/2020 (bis 30.09.) hatte die SCHUMAG AG wie bereits im Vorjahr trotz Pandemie am 28. April 2021 erneut zu einer klassischen Präsenz-Hauptversammlung in die eigenen Räumlichkeiten im Nerscheider Weg in Aachen eingeladen. Trotz der zu erwartenden und eingehaltenen Hygienevorgaben hatten sich um 10 Uhr rund 40 Aktionäre und Gäste, darunter auch Alexander Langhorst von GSC Research, vor Ort eingefunden, um sich über die operative Entwicklung des Unternehmens zu informieren.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dirk Daniel begrüßte die Teilnehmer und erteilte nach den üblichen einleitenden Hinweisen und Formalien dem Alleinvorstand Johannes Wienands das Wort.


Bericht des Vorstands

Zur Begrüßung der Teilnehmer stellte der SCHUMAG-Chef fest, dass dies nun die vierte Hauptversammlung in seiner Funktion als Vorstand ist und er sich sogar angesichts der im vergangenen August von Corona bereits überschatteten Hauptversammlung nicht habe vorstellen können, wie lange sich diese Pandemie tatsächlich hinzieht. Wie bereits seinerzeit berichtet, wurden bei SCHUMAG vielfältige Maßnahmen eingeleitet, um größtmögliche Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ausgeklügelte Hygienekonzepte, Schichttrennungen, Masken und Testungen zu gewährleisten. Zudem wurde soweit möglich von mobilem Arbeiten und den Möglichkeiten der Digitalisierung Gebrauch gemacht. Hier dankte Herr Wienands ausdrücklich allen Belegschaftsmitgliedern für die gute Mitarbeit und die flexible Umsetzung der Maßnahmen.

Neben Corona und den daraus resultierenden Maßnahmen war das Jahr 2020 aber auch vom Abschluss der Restrukturierungsschritte mit erfolgreicher Vereinbarung mit dem PSV und im September der Durchführung der Kapitalerhöhung geprägt. Im Rahmen des vorgestellten Sanierungskonzepts hatten sich die größeren Aktionäre im Vorfeld verpflichtet, über die Kapitalerhöhung mindestens 1,5 Mio. Euro frisches Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Sehr erfreut zeigte sich Wienands, dass es trotz des Pandemieumfelds gelungen ist, die Kapitalerhöhung vollständig zu platzieren und mit einem Zufluss von knapp über 2 Mio. Euro sogar noch mehr Eigenmitteln einzuwerben. Zudem konnten gar nicht alle Überbezugswünsche von Anteilseignern bedient werden, da das Interesse noch höher lag. Für das große Vertrauen der Anteilseigner in das Unternehmen und die dort geleistete Arbeit bedankte sich der Vorstand ebenfalls ausdrücklich.

Mit Blick auf das Zahlenwerk wies er darauf hin, dass man sich hierbei nunmehr auf den Einzelabschluss der SCHUMAG AG nach HGB konzentriert, da dort das operative Geschäft gebündelt ist, und die weiteren Konzerngesellschaften wirtschaftlich nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Umsatzerlöse sanken im Geschäftsjahr 2019/2020 um 11,1 Mio. Euro oder 26 Prozent auf 31,3 (Vorjahr: 42,4) Mio. Euro. Die Gesamtleistung lag bei 30,9 nach 41,4 Mio. Euro. Neben den Effekten aus der Corona-Pandemie wirkt sich hier laut Wienands insbesondere in der Krise auch der in der Vergangenheit fehlende strategische Vertrieb aus, was er unter die Rubrik „eigene Versäumnisse“ einordnete. Hier wird zwar seit einiger Zeit gegengesteuert, aber es erfordert eine gewisse Zeit, bis diese Maßnahmen greifen. Der Auftragseingang reduzierte sich auf 20,2 (33,4) Mio. Euro, zum Geschäftsjahresende lag der Auftragsbestand bei 8,4 nach zuvor 19,4 Mio. Euro. Hierbei sind auch Änderungen in der Ermittlungssystematik gegenüber dem Vorjahr vermindernd zu berücksichtigen.

Auf der Ergebnisseite drehte das EBITDA mit minus 0,4 Mio. Euro in den negativen Bereich nach einem kleinen Plus von 0,1 Mio. Euro im Vorjahr. Das EBIT lag mit minus 2,0 leicht unter dem Vorjahreswert von minus 1,9 Mio. Euro, das Ergebnis nach Steuern bei minus 3,23 (minus 1,92) Mio. Euro, der Jahresfehlbetrag beläuft sich auf minus 3,34 nach minus 2,05 Mio. Euro im Vorjahr.

Der Cashflow lag mit minus 5,8 (minus 4,7) Mio. Euro erneut im negativen Bereich, der Finanzmittelfonds lag zum Jahresende bei 1,5 (1,4) Mio. Euro. Bedingt durch die negative Ergebnisentwicklung verringerte sich das Eigenkapital der SCHUMAG AG auf 0,5 (1,7) Mio. Euro, woraus sich eine von 6 auf 2 Prozent verringerte Eigenkapitalquote ergibt.

Dem zwischenzeitlich veröffentlichten Konzern-Halbjahresbericht lässt sich entnehmen, dass sich der Auftragseingang in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres auf 19,7 (17,6) Mio. Euro erhöhte, die Umsatzerlöse kletterten auf 18,9 nach 17,2 Mio. Euro. Die Gesamtleistung lag bei 19,4 (17,2) Mio. Euro. Das EBITDA vor Abschreibungen drehte mit plus 0,4 Mio. Euro nach minus 1,7 Mio. Euro im Vorjahr ins Positive, das EBIT lag bei minus 0,5 (minus 2,6) Mio. Euro, das Vorsteuerergebnis bei minus 0,7 (minus 2,8) Mio. Euro.

Auch im nicht einfachen Umfeld der Corona-Pandemie hat man die eingeleitete Verstärkung der Vertriebsaktivitäten fortgesetzt und einige erfreuliche Erfolge erzielen können. Beispielhaft nannte Herr Wienands einen langfristigen Auftrag von Liebherr für die Fertigung von Düsennadeln, bei der der Auftraggeber auf die jahrzehntelange Erfahrung und das spezielle Know-how von SCHUMAG im Bereich der hochpräzisen Teile setzt. Für die Umsetzung erhält man vom Kunden leihweise zwei spezielle Maschinen zur Verfügung gestellt und kann somit modernste Technik zum Einsatz bringen. Mit weiteren potenziellen neuen Kunden sowie mit bestehenden Kunden in Bezug auf zusätzliche Leistungen führt man entsprechende Gespräche.

Neben der Verstärkung der Vertriebsaktivitäten setzt der Vorstand auf eine Stärkung der Personalausstattung und des Know-hows im Unternehmen. Dabei geht es zum einen darum, bestehende Mitarbeiter auf dem jetzt eingeschlagenen Weg etwa durch Fortbildungen und zusätzliche Qualifizierungen mitzunehmen, zum anderen werden auch externe Mitarbeiter angeworben, etwa um bestimmte Bereiche in der Produktionssteuerung, der Entwicklung und im Vertrieb gezielt zu stärken. Hierbei profitiert man vom inzwischen wieder deutlich verbesserten Image des Unternehmens als Arbeitgeber und kann hier auch von der Schließung des Continental-Standorts in Aachen profitieren. Zudem setzt man auf die Ausbildung neuer Mitarbeiter und hat daher die Zahl der Auszubildenden für den Sommer erhöht. Dies ist angesichts der im kommenden Jahrzehnt absehbaren altersbedingt ausscheidenden Mitarbeiter ein wichtiger Faktor.

Ferner konnte der Standortsicherungstarifvertrag mit den Mitarbeitern für weitere drei Jahre verlängert werden. Hierbei haben sich diese zu einer Mehrarbeit von 2,5 Stunden in der Woche bereit erklärt, gleiches gilt für den Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld während der Laufzeit. Hierdurch ergibt sich ein Entlastungsvolumen von rund 10 Mio. Euro für das Unternehmen.

Auch im Bereich der technischen Ausstattung ist es im Berichtsjahr vorangegangen. Neben der weiter voranschreitenden Digitalisierung und den beiden vom Kunden Liebherr zur Verfügung gestellten neuen Maschinen wurden fünf neue Drehmaschinen angeschafft. Diese ersetzen zum Teil deutlich in die Jahre gekommene Vorgängermodelle. Hierdurch ergeben sich eine verbesserte Produktivität, geringere Fehlzeiten der Anlagen für Instandsetzungen usw. Zudem sind diese universell einsetzbar, so dass sich der Vorstand hiervon bereits erste spürbare Effekte verspricht. Dennoch handelt es sich dabei erstmal nur um einen ersten Schritt zur Auflösung des jahrzehntelangen Investitionsstaus im Bereich des Maschinenparks.

Zur Finanzierung weiterer Schritte wird man zudem im laufenden Jahr das seit Langem leer stehende Verwaltungsgebäude für Normteile veräußern. Der erzielte Kaufpreis wird ca. 2,3 Mio. Euro betragen, das gewählte Modell ist dabei vergleichbar mit vorherigen Veräußerungen. Mit einer Umsetzung des Vertrags rechnet der Vorstand im Juni 2021. Die begleitenden Banken KBC Bank und Postbank haben die Beibehaltung der Linien zugesagt. Mit Blick auf die Vorschläge in der Tagesordnung unter den Tagesordnungspunkten (TOP) 5 bis 7 wies er darauf hin, dass es sich bei den dortigen Kapitalmaßnahmen um reine Vorratsbeschlüsse handelt, um flexibel reagieren zu können, da die Gesellschaft nach der erfolgreichen Umsetzung der Kapitalmaßnahme im vergangenen Herbst über keinerlei genehmigtes Kapital mehr verfügt.

Sodann gab Herr Wienands noch einen kurzen Überblick über die laufenden Prozesse gegen die ehemaligen Organmitglieder. Dabei informierte er darüber, dass das langjährige Aufsichtsratsmitglied Peter Koschel Ende 2020 verstorben ist und nach Ausschlagung des Erbes durch seine gesetzlichen Erben nunmehr das Land Berlin geerbt hat. Die gegen ihn erstrittenen 1,5 Mio. Euro in der ersten Instanz sind durch die bestehende D&O-Versicherung abgedeckt. Etwaige weitere Forderungen werde man hier aber wahrscheinlich nicht geltend machen können.

Im Fall des früheren Vorstands Heinen, gegen den man letztinstanzlich Ersatzansprüche in Höhe von 4,5 Mio. Euro geltend machen konnte, wurden zwischenzeitlich Arrestierungen gegen Immobilien in London umgesetzt. Hier ist allerdings laut Wienands ebenfalls noch unklar, ob und wann es hier zu Zuflüssen kommt. Im Fall des Verfahrens gegen Frau Dr. Moll gibt es bisher keine nennenswerten weiteren Entwicklungen. Des Weiteren ist noch ein Verfahren gegen E&Y anhängig, dabei geht es um Falschberatung, die zum Verlust von steuerlichen Verlustvorträgen geführt hat, und die Geltendmachung entsprechender Ersatzansprüche. Ein erster Termin in diesem Verfahren ist für den 19. Mai 2021 beim zuständigen Gericht anberaumt.

Ausweislich des am 28. Mai 2021 von der SCHUMAG AG veröffentlichten Halbjahresberichts ergibt sich für das Gesamtjahr 2020/2021 eine neue, nach oben korrigierte Prognose im Vergleich zu den Erwartungen im Geschäftsbericht. So geht das Management im Halbjahresbericht nunmehr davon aus, dass sich Umsatz- und Gesamtleistung in einer Bandbreite zwischen 38 bis 40 Mio. Euro bei einem positiven EBIT zwischen 0,5 bis 1,0 Mio. Euro bewegen werden. Hintergrund der Prognoseanhebung ist der Verkauf einer weiteren nicht betriebsnotwendigen Immobilie sowie die verbesserte operative Entwicklung.


Allgemeine Aussprache

Im Rahmen der Generaldebatte meldeten sich verschiedene Debattenredner zu Wort. Als erster Redner ergriff Alfred Schneider das Wort. Er ist Vorstand der Allerthal-Werke AG aus Köln, die mit über 5 Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist. Dabei brachte er seine Freude zum Ausdruck, dass es sichtlich voran und aufwärts geht bei der Gesellschaft. Dies zeige sich auch an der zwischenzeitlich überarbeiteten Homepage des Unternehmens, aber auch an den neuen Aufträgen von namhaften Auftraggebern.

Zur vorliegenden Tagesordnung interessierte sich der Redner dafür, inwieweit für die unter den Tagesordnungspunkten 5 bis 7 vorgeschlagenen Kapitalmaßnahmen bereits konkrete Pläne zur Ausnutzung bestehen. Hierzu antwortete Herr Wienands, dass es sich dabei in Bezug auf das genehmigte Kapital und die Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen um Vorratsbeschlüsse handelt. Im Fall des Aktienoptionsplans ist im Grundsatz eine Umsetzung vorgesehen, hierbei ist man aber derzeit noch in der Konzeptionierung und Prüfung, wie ein solches Programm ausgestaltet werden soll. So konnte Herr Wienands hier noch keine Aussage dazu treffen, wann eine Umsetzung zu erwarten ist.

Im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen erneuten Standortsicherungsvertrag, den Herr Schneider ausdrücklich begrüßte, interessierte ihn, wie es hier mit den bestehenden Eventualverbindlichkeiten in Höhe von rund 7 Mio. Euro aus vorherigen ähnlichen Vereinbarungen aussieht und wann diese eventuell zu erfüllen sind. In seiner Antwort wies der Vorstand darauf hin, dass auch hier eine entspreche „Prolongation“ erreicht werden konnte. Als Grund für die etwas abweichende Darstellung im Jahresbericht wies er darauf hin, dass diese Vereinbarung zum Bilanzstichtag noch nicht erzielt war und dies daher im Abschluss so abgebildet werden musste wie vorgenommen.

Herr Schneider und weitere Fragesteller befassten sich mit den Hintergründen des neuerlichen Immobilienverkaufs. Laut Vorstand hat das Gebäude seit Langem leer gestanden und wurde intern nicht benötigt. Daher habe man sich wie bereits beim Hauptverwaltungsgebäude auch hier zu einem Verkauf entschlossen, da es sich letztlich um nicht betriebsnotwendiges Vermögen handelt. Der vereinbarte Verkaufspreis beträgt ca. 2,3 Mio. Euro, davon fließen effektiv ca. 2,0 Mio. Euro in die Kassen, da man im Vorfeld der Veräußerung hier noch einige Renovierungen vornehmen musste, damit das Objekt, welches sehr lange leer gestanden hat, auch verkaufsfähig ist. Herr Wienands betonte in seinen Ausführungen, dass man weiterhin im Besitz aller erforderlichen Hallen ist, die für den laufenden Betrieb benötigt werden, zudem bestehen bei den veräußerten Objekten zumeist auch Rückkaufsoptionen, falls diese in Zukunft doch noch benötigt werden und ein Rückkauf sinnvoll wäre.

Die zufließenden Mittel sollen insbesondere für Investitionen verwendet werden, als ein Beispiel nannte der Vorstand die Modernisierung von rund 600 Quadratmetern Hallenflächen, in denen die beiden Maschinen von Liebherr aufgestellt werden. Hierfür veranschlagte er einen Aufwand von rund 0,5 Mio. Euro, um die Flächen auf den aktuellen Stand zu bringen und die Dachflächen zu sanieren. Auch Flächen für weitere neue Maschinen müssen vor Aufstellung derselben modernisiert und auf den heutigen Standard für Produktionsflächen gebracht werden. Hierfür soll ebenfalls ein Teil der Mittel verwendet werden. Zudem will der Vorstand die „Kriegskasse“ auch ein wenig auffüllen, um auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren zu können oder sich bietende Chancen wahrzunehmen.

Auf die ergänzende Frage, wie der Kaufpreis für die Veräußerung des Objekts ermittelt wurde, führte der SCHUMAG-Chef aus, dass hierfür neben einer Bewertung durch die begleitenden Banken ein Immobiliengutachten auf Basis der geltenden rechtlichen Regelungen zur Bewertung von Immobilien (BauGB) erstellt wurde und man sich beim vereinbarten Kaufpreis an dem Ergebnis eben dieses Gutachtens orientiert hat.

Aktionär Martin Hellmich zeigte sich mit den Fortschritten ebenfalls durchaus zufrieden, kritisch bewertete er allerdings die aus seiner Sicht zu vielen Aufsichtsrats- und sonstigen Gremienmitgliedschaften bei Herrn Noel und brachte seine Sorge zum Ausdruck, dass dessen Verfügbarkeit für die SCHUMAG AG darunter leiden könnte. Hierzu antwortete der Aufsichtsratsvorsitzende, dass die volle Aufmerksamkeit von Herrn Noel gegeben ist und sich dies in den vergangenen zwei Jahren seiner Aufsichtsratstätigkeit auch klar erwiesen hat. Bei der Beurteilung der Anzahl der Mandate wies Herr Daniel noch ergänzend darauf hin, dass es sich dabei letztlich um fünf Gruppen an Unternehmen handelt und einige der Mandate derart eng miteinander verwoben sind, dass hier die Anzahl über den Umfang der tatsächlichen Beanspruchung etwas täuscht. Er brachte überdies seine Freude zum Ausdruck, dass sich Herr Noel im Aufsichtsrat in die Entwicklung der SCHUMAG einbringt.

Des Weiteren interessierte der Redner sich auch für die näheren Hintergründe der anhängigen Rechtsstreitigkeiten mit ehemaligen Organmitgliedern. Dieser Bitte kam Herr Wienands in seinen Antworten nach. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die bereits in der außerordentlichen Hauptversammlung vom 18. Dezember 2019 detailliert erläuterten Verfahrenskomplexe (siehe unseren

a.o. HV-Bericht vom 18.12.2019). Die Vertretung der SCHUMAG AG in den Verfahren gegen ehemalige Organmitglieder erfolgt durch Rechtsanwalt Dr. Pant aus Düsseldorf. Im Fall des Verfahrens gegen Ernst & Young im Zusammenhang mit dem Verlust von steuerlichen Verlustvorträgen infolge von Falschberatung wird man von Ebner Stolz beraten und vertreten.

Befragt nach den näheren Hintergründen der Auseinandersetzung mit E&Y – Herr Schneider riet dem Vorstand hier, sich zu beeilen, da die Prüfungsgesellschaft ausweislich der Berichterstattung in der Presse schließlich auch noch in anderen Fällen in Regress genommen werden soll – bezifferte Herr Wienands die Höhe der untergegangenen Verlustvorträge auf rund 5 Mio. Euro. Durch diesen Wegfall sind bei der SCHUMAG bereits zu zahlende Steuern von 880 TEUR entstanden, die man bei Erhalt der Verlustvorträge hätte vermeiden können und die dem Unternehmen zur Verfügung gestanden hätten. Mit Blick auf den einzuplanenden Zeithorizont schätzte der Vorstand, dass hier nicht mit einem schnellen Ergebnis zu rechnen sein dürfte.

Aktionär Ries interessierte mit Blick auf die künftige Entwicklung, welches Umsatzvolumen mit den bestehenden Kunden in einem normalisierten Umfeld realisiert werden kann und mit welcher Marge man dabei kalkulieren kann. Eine Antwort auf eine solche Frage ist laut Vorstand immer mit gewissen Unwägbarkeiten behaftet, da sich die Margensituation je nach Produktmix des Umsatzes durchaus unterschiedlich gestalten kann. Für realistisch erachtet er ein Umsatzvolumen von rund 40 Mio. Euro und leicht darüber, welches in einem „normalen Umfeld“ und ohne nennenswerte Neukunden erreichbar sein sollte. Die in der Branche übliche EBIT-Marge bewegt sich im Schnitt zwischen 5 bis 10 Prozent.

Weitere Fragen befassten sich mit den Auswirkungen der Änderungen in der Antriebstechnologie hin zu alternativen Antrieben und den zu erwartenden Auswirkungen im Bereich der Dieselantriebe, in denen SCHUMAG als Lieferant schließlich stark vertreten ist. Laut Wienands ist damit zu rechnen, dass sich die Antriebsstränge im Bereich der Pkw und leichten Nutzfahrzeuge schneller verändern als im Bereich der Großdiesel, in denen SCHUMAG stark vertreten ist. Bei den leichten Fahrzeugen rechnet er auf Sicht von fünf Jahren mit einem Anteil an Hybrid- und Elektroantrieben im Bereich von 50 Prozent, der in der Folgezeit noch weiter ansteigen wird, zumal erste Hersteller bereits in Aussicht stellen, etwa ab dem Jahr 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr verwenden zu wollen. Auf eine ähnliche, wenn auch langsamere Entwicklung muss man sich nach seiner Überzeugung aber auch bei den Großdieseln einstellen. Da die Entwicklung hier aber langsamer voranschreiten wird, eröffnet dies Chancen, darauf mit entsprechenden Produktangeboten zu reagieren bzw. Aufträge auch aus anderen Anwendungsfeldern zu gewinnen.

Aktionär Naeven bat um eine nähere Erläuterung, was man sich genau unter Düsennadeln vorzustellen hat. Düsennadeln zählen laut Herrn Wienands zu den filigransten Teilen in Einspritzsystemen. Dabei kommt es besonders auf hohe Präzision an, schließen Düsennadeln zuverlässig und schnell genug, ist die Kraftstoffmenge optimal bemessen. Dann kann das Antriebsaggregat mit einem optimalen Verbrennungsprozess und einem minimalen Einsatz an Kraftstoff betrieben werden. Das Geheimnis liegt in der hochpräzisen Endbearbeitung der Düsennadeln, dabei kommt es im wahrsten Sinne des Wortes „auf den letzten Schliff“ an. In Zusammenarbeit mit Liebherr Components Deggendorf GmbH, einem Hersteller von Common-Rail-Einspritzsystemen, wird das genannte Leistungszentrum für das Schleifen und die Endbearbeitung der Düsennadeln eröffnet und betrieben. Dies ist nach Überzeugung des SCHUMAG-Chefs auch ein klarer Ausdruck des Vertrauens von Liebherr in die Kompetenzen von SCHUMAG und seinen Mitarbeitern und die große Erfahrung beim „Schleifen an der Grenze des mechanisch Machbaren“.

Weitere Fragen im Rahmen der Generaldebatte, in der sich auch noch Aktionär Martin Helfrich aus Frankfurt zu Wort meldete, befassten sich mit den weiteren Plänen beim Ersatz des in die Jahre gekommenen Maschinenparks. Laut Herrn Wienands sind derzeit gut 700 verschiedene Maschinen im Einsatz, die zum Teil noch nicht einmal eine CNC-Steuerung aufweisen und bei der Bedienung, aber auch beim Aufwand für Umrüstzeiten und Instandhaltung bei Weitem nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Auch kommt es durch das hohe Alter des Maschinenparks, welches im Schnitt bei rund 30 Jahren liegt, zu unnötigen Stillstandzeiten wegen erforderlicher Instandhaltungen.

Bei den Ersatzinvestitionen fokussiert man zunächst auf die Bereiche, die besondere „Bottlenecks“ (dt.: Flaschenhals, Engpass) für die Produktionsabläufe darstellen, mit anderen Worten sollen mit den ersten Investitionen die größtmöglichen Effekte erreicht werden. Dabei hat man sich bewusst dafür entschieden, im Bereich des Weichdrehens zu investieren. Auch wenn dieser Bereich auf den ersten Blick gar nicht die Kernkompetenz von SCHUMAG darstellt, ist dieser Ansatz laut Wienands konsequent, da alle Werkstücke diesen Bereich als erstes durchlaufen und dortige Ausfallzeiten sich im gesamten weiteren Bearbeitungsprozess extrem nachteilig und verzögernd auswirken. Zudem legt der Vorstand bei Ersatzinvestitionen auch Wert darauf, dass neue Anlagen möglichst flexibel und für verschiedenste Anwendungen eingesetzt werden können und zugleich hierdurch ältere und wartungsintensive Maschinen ausgemustert werden können. Sofern speziellere Maschinen erforderlich sein sollten, muss dies künftig entweder über den Preis einkalkuliert und so vom Kunden mitgetragen werden, oder es sind Modelle wie mit Liebherr denkbar, in dem der Kunde die erforderlichen Spezialmaschinen der SCHUMAG zur Verfügung stellt.


Abstimmungen

Nach Beendigung der allgemeinen Aussprache um 13:03 Uhr wurde die Präsenz mit 5.288.205 Aktien oder 88,14 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals festgestellt. Sämtliche Beschlussvorlagen der Verwaltung wurden mit überwältigender Mehrheit und Zustimmungsquoten zwischen 99,74 bis 99,99 Prozent des vertretenen Kapitals verabschiedet.

Im Einzelnen beschlossen wurde die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der Warth & Klein Grant Thornton AG, Düsseldorf, zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2020/2021 (TOP 4), die Schaffung eines genehmigten Kapitals (genehmigtes Kapital 2021) mit der Möglichkeit zum Bezugsrechtsausschluss sowie entsprechender Satzungsänderungen (TOP 5), die Aufhebung des Bedingten Kapitals 2019 sowie die Schaffung eines neuen Bedingten Kapitals 2021 und die Ermächtigung zur Gewährung von Bezugsrechten (Aktienoptionsplan 2021) nebst entsprechender Ergänzung der Satzung (TOP 6), die Schaffung eines neuen bedingten Kapital 2021/II und die Schaffung einer neuen Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen sowie entsprechende Satzungsänderungen (TOP 7), die Billigung des Vergütungssystems für die Mitglieder des Vorstandes (TOP 8) sowie die Bestätigung über das Vergütungssystem für die Mitglieder des Aufsichtsrats (TOP 9).

Der Versammlungsleiter konnte die Hauptversammlung nach einer Dauer von knapp dreieinhalb Stunden gegen 13:30 Uhr schließen.


Fazit

Wie bereits in unserem Research vom 9. März 2021 dargelegt, hat die SCHUMAG AG im abgelaufenen Geschäftsjahr wichtige Schritte auf dem Weg der Restrukturierung vollziehen können. Beispielhaft ist hier die Einigung mit dem Pensionssicherungsverein, mit den Finanzierungspartnern und letztlich auch den Anteilseignern zu nennen. Letztere haben der Gesellschaft über eine Kapitalerhöhung im Verhältnis von 2 zu 1 zu 1,05 Euro rund 2 Mio. Euro frische Eigenmittel zugeführt. Positiv ist dabei zu bemerken, dass ursprünglich im Restrukturierungskonzept zunächst lediglich eine Eigenmittelzufuhr von 1,5 Mio. Euro eingeplant war und diese im Rahmen der Kapitalerhöhung nicht nur voll platziert werden konnte, sondern darüber hinaus auch noch weitere Interessensbekundungen vorlagen, die letztlich nicht bedient werden konnten.

Aus Sicht des Verfassers zeigt sich darin das inzwischen wieder deutlich gestiegene Vertrauen des Kapitalmarkts in das Unternehmen. Dieses resultiert nicht zuletzt aus dem Managementteam sowie den Aufsichtsratsmitgliedern und den drei Ankeraktionären. Erstmals seit über zwei Jahrzehnten sind im Unternehmen Aktionäre an Bord, die „Geld mitbringen“, um die Gesellschaft voranzubringen, und nicht versuchen, vorhandene Mittel abzuschöpfen. Der nächste wichtige Schritt auf der Finanzseite wird es nun sein, das Vertrauen neuer Finanzierungspartner auf der Fremdkapitalseite zu gewinnen, damit die SCHUMAG wieder vollständig „bankable“ (dt.: bankfähig) wird. Angesichts der noch anstehenden Investitionen in den in die Jahre gekommenen Maschinenpark ist dies perspektivisch ein wichtiger Aspekt.

Um die Rückkehr des Unternehmens in die Normalität vollständig abzuschließen, ist es wichtig, dass auch operativ entsprechende Fortschritte erreicht werden können. Das abgelaufene Geschäftsjahr 2019/2020 stand dabei nicht nur im Zeichen der laufenden Umstrukturierung, sondern in ganz erheblicher Weise auch unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Vor diesem Hintergrund ist der Geschäftsverlauf als akzeptabel zu betrachten. Von der seit Ende 2020 zu beobachtenden zunehmenden Erholung konnte SCHUMAG im ersten Halbjahr (01.10.2020 bis 31.03.2021) des laufenden Geschäftsjahres 2020/2021 bereits erkennbar profitieren, wie die vom Vorstand genannten Eckdaten belegen.

Noch positiver ist indes die verglichen mit dem Ausblick im Geschäftsbericht nun aktualisierte Guidance für das Gesamtjahr zu bewerten. Nach einer Umsatzrange von 32,0 bis 33,0 Mio. Euro rechnet das Management im Halbjahresbericht nun mit einem Umsatzanstieg auf 38,0 bis 40,0 Mio. Euro und einem positiven EBIT von 0,5 bis 1,0 Mio. Euro gegenüber der zunächst erwarteten Bandbreite von minus 1,5 bis minus 1,0 Mio. Euro. Damit nähert sich SCHUMAG beim EBIT auch unter Herausrechnung des aktuellen Zuschusses vom PSV wieder der schwarzen Null.

Investoren sollten die weitere Entwicklung der Gesellschaft daher im Auge behalten und bei etwaigen Dispositionen angesichts der nicht übermäßigen Handelsliquidität in der Aktie stets nur mit Limits agieren.


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Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.



Veröffentlichungsdatum: 11.06.2021 - 15:35
Redakteur: ala
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