Zu ersten virtuellen Hauptversammlung hatte die in Köln ansässige Beteiligungsgesellschaft Scherzer & Co. AG ihre Anteilseigner für den 24. Juni 2020 um 11:00 Uhr eingeladen. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Stephan Göckeler ausführte, erfolgte dies mit Blick auf die aktuelle Lage durch die Covid-19-Pandemie und die Unklarheit darüber, zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft wieder eine Präsenzhauptversammlung durchführbar ist. Daher hatte man in diesem Jahr von der vom Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. Für GSC Research verfolgte Alexander Langhorst die Übertragung im Internet.
Dr. Göckeler brachte jedoch – wie auch die Vorstandsmitglieder im weiteren Verlauf der Versammlung – seine Hoffnung zum Ausdruck, dass dieses Format eine einmalige Ausnahme bleiben wird. Nach Abhandlung der weiteren üblichen einleitenden Hinweise und Formalien erteilte er den beiden Vorstandsmitgliedern Dr. Georg Issels und Hans-Peter Neuroth das Wort.
Bericht des VorstandsEinleitend brachte Dr. Issels zur Begrüßung sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass man angesichts der diesjährigen Rahmenbedingungen und den Einschränkungen aus der Covid-19-Pandemie aus Gründen der Sicherheit aller Teilnehmer auf das Format einer virtuellen Hauptversammlung zurückgreift. Der Entschluss, von diesem seitens des Gesetzgebers ermöglichten Verfahren Gebrauch zu machen, ist Vorstand und Aufsichtsrat sehr schwer gefallen, insbesondere weil man die jährliche Hauptversammlung als ein wichtiges Format und eine gute Gelegenheit für den persönlichen und direkten Austausch mit den Anteilseignern sehr schätzt. Dr. Issels hoffte auch im Namen seines Kollegen Neuroth, dass im Jahre 2021 wieder eine Hauptversammlung im gewohnten Format möglich wird.
Angesichts der bisherigen Ereignisse und Entwicklungen im Jahr 2020 erscheint der Blick zurück in das Jahr 2019 schon fast wie die Reise in eine völlig andere Zeit. Das Börsenumfeld im Berichtsjahr war geprägt von verschiedenen Liquiditätsmaßnahmen und Anleihekäufen der Notenbanken, dem anhaltenden Handelsstreit zwischen den USA und China, der zu Beginn des Jahres 2020 zumindest zum Abschluss einer Teilvereinbarung geführt hat, sowie den anhaltenden Diskussionen über den Brexit, der nunmehr im Januar 2020 zwar vollzogen wurde, ohne dass jedoch die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem ausgetretenen Vereinigten Königreich geklärt sind. Zudem kamen insbesondere im Sommer 2019 wieder einmal Zweifel an der Stabilität in Italien auf.
Trotz allem konnte der deutsche Aktienindex 2019 zulegen und markierte im Februar 2020 mit 13.789 Punkten sogar noch ein neues Allzeithoch. Durch die sich zu diesem Zeitpunkt bereits verschärfende Covid-19-Pandemie und die einsetzenden Lockdown-Maßnahmen zuerst in China und dann auch in Europa büßte der DAX-Index in der Spitze innerhalb von vier Wochen fast 40 Prozent seines Wertes ein. Diese Talfahrt innerhalb sehr kurzer Zeit zeigte eine bisher kaum gekannte Dynamik. Dennoch hat sich der Markt inzwischen in Richtung 12.500 Punkten recht zügig erholt und dürfte dabei nach Einschätzung von Dr. Issels vor allem von den beispiellosen Maßnahmen der Notenbanken sowie den angekündigten staatlichen Rettungspaketen und Konjunkturmaßnahmen profitiert haben. Wie die Realwirtschaft sich tatsächlich entwickeln wird, werden die kommenden Monate zeigen. Insgesamt rechnet der Scherzer & Co.-Chef mit einer anhaltenden Volatilität im weiteren Jahresverlauf, insbesondere da für das Jahr 2020 der wohl stärkte Rückgang der Realwirtschaft in Deutschland seit Gründung der Bundesrepublik erwartet wird.
Insgesamt war 2019 trotz der beschriebenen Rahmenbedingungen insgesamt ein erfreuliches Börsenjahr und wartete nach dem schwachen Jahr 2018 mit Kursanstiegen im zweistelligen Prozentbereich in den großen Indizes auf. So kletterte der DAX um 25,3 Prozent, der MDAX um 31,2 Prozent und der SDAX sogar um 31,6 Prozent. Etwas schwächer abgeschnitten hat im Inland der TecDAX mit 23,1 Prozent. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass dieser 2018 mit 3,1 Prozent im Gegensatz zu den anderen Indizes nur sehr moderate Kursrückgänge zu verkraften hatte. Auch die internationalen Indizes entwickelten sich allesamt positiv. Die in Euro umgerechnete Entwicklung des Dow Jones lag bei plus 24,6 Prozent und die des S&P 500 bei plus 31,2 Prozent, während der NASDAQ Composite sogar um 37,7 Prozent zulegen konnte. Beim Nikkei 225 lag der Zuwachs in Euro gerechnet bei 21,5 Prozent und beim MSCI World bei 27,5 Prozent.
Leider konnte die Scherzer & Co. AG nach Vorstandsangabe nicht vom beschriebenen positiven Marktumfeld profitieren und hat mit dem ausgewiesenen NAV sogar einen Rückgang ausweisen müssen. So war beim NAV per Jahresultimo ein Rückgang auf 2,30 Euro nach zuvor 2,31 Euro zu verzeichnen, dies entspricht einem Rückgang um 0,43 Prozent. Der Kurs der Scherzer & Co.-Aktie gab im Jahresverlauf um gut 11,6 Prozent von 2.44 Euro per Ende 2018 auf 2,18 Euro nach. Wie bei Beteiligungsgesellschaften üblich, wird die Aktie am Markt auch weiterhin mit einem Abschlag auf den inneren Wert gehandelt. 2020 zeigt sich die Entwicklung bisher indes trotz Marktturbulenzen positiv, so kletterte der NAV bis zum 22. Juni auf 2,43 Euro nach 2,31 Euro per Jahresultimo.
Sodann erläuterte Vorstandsmitglied Hans-Peter Neuroth die wesentlichen Eckdaten des vorliegenden Jahresabschlusses. Mit den vorliegenden Werten ist auch die Verwaltung nicht glücklich und wird alles daransetzen, dass die Zahlen im kommenden Jahr wieder besser sein werden. Die Erträge aus Finanzinstrumenten erreichten ein Volumen von 5,225 (Vorjahr: 12,132) Mio. Euro, die Aufwendungen für Finanzinstrumente lagen bei 4,135 (2,727) Mio. Euro. Vereinnahmt werden konnten zudem sonstige betriebliche Erträge in Höhe von 1,771 (0,267) Mio. Euro, die vereinnahmten Dividendenerträge lagen bei 1,644 (2,568) Mio. Euro und die sonstigen Zinsen und ähnliche Erträge sind auf 86 (113) TEUR leicht gesunken. Der Personalaufwand bei den Löhnen und Gehältern lag mit 0,69 (0,688) Mio. Euro nahezu auf dem Vorjahresniveau. Anders als in den Vorjahren sind 2019 keine an die Aktienkursentwicklung gekoppelten Tantiemen fällig geworden.
Die Abschreibungen lagen mit 18 (18) TEUR erneut auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau, die sonstigen betrieblichen Aufwendungen erreichten einen Wert von 0,7 (0,716) Mio. Euro. Die Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens reduzierten sich deutlich auf 5,263 (9,939) Mio. Euro. Weitere Aufwandspositionen waren Zinsen und ähnliche Aufwendungen von 253 (317) TEUR sowie Steuern vom Einkommen und Ertrag in Höhe von 0,01 (1,558) Mio. Euro. Unter dem Strich ergab sich ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von minus 2,33 (minus 0,855) Mio. Euro und ein Jahresergebnis von minus 2,33 (minus 0,855) Mio. Euro. Dies entsprach einem Ergebnis je Aktie von minus 0,08 nach zuvor minus 0,03 Euro. Durch den Jahresfehlbetrag ist auch erneut keine Dividendenzahlung vorgesehen. Bilanziell sieht Herr Neuroth die Gesellschaft weiterhin sehr solide aufgestellt, die Eigenkapitalquote liegt bei 66,8 nach zuvor 67,3 Prozent.
Vor Erläuterung der wesentlichen Transaktionen und Ereignisse im abgelaufenen Geschäftsjahr gab Herr Neuroth noch einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Nachbesserungsportfolios der Gesellschaft. So konnte im Berichtszeitraum ein Spruchstellenverfahren erfolgreich abgeschlossen werden. Darüber hinaus wurde in einem weiteren Verfahren von der Antragsgegnerin eine freiwillige Vorauszahlung geleistet, während ein weiteres Verfahren ohne eine positive Nachbesserung beendet worden ist. Eine nennenswerte Erhöhung im Bestand ergab sich durch die Umsetzung des Squeeze-outs bei der Linde AG, hier liegt das Einreichungsvolumen von Scherzer & Co. bei 22,79 Mio. Euro. Insgesamt erhöhte sich das Volumen per Jahresultimo auf 126 Mio. Euro nach 103,8 Mio. Euro per Ende 2018. Daraus ergibt sich ein Nachbesserungsvolumen je Scherzer & Co.-Aktie von 4,21 (3,47) Euro.
Aktuelle Entwicklung im Jahr 2020 war die Ankündigung des Squeeze-outs bei der Audi AG, zu einem angekündigten Kurs von etwas über 1.550 Euro je Aktie, woraus sich auf den aktuell von der Scherzer & Co. AG gehaltenen Aktienbestand ein Kursgewinn im NAV in Größenordnung von rund 4 Mio. Euro ergibt. Zudem wurde auch bereits der Squeeze-out bei der weiteren VW Konzerntochter MAN SE angekündigt, hier ist bislang allerdings noch kein Abfindungsbetrag angegeben worden. Positive Effekte ergeben sich aus der Kündigung der Genussscheine bei der Drägerwerk AG & Co. KGaA. Wenige Tage vor der Hauptversammlung wurde zudem die Veräußerung der gehaltenen Nachbesserungsrechte aus dem AXA Konzern AG-Spruchverfahren an die dortige Hauptaktionärin AXA S.A. bekanntgegeben. Das ursprüngliche Andienungsvolumen lag hier bei rund 25,6 Mio. Euro. Der auf Basis des erstinstanzlichen Urteils des LG Köln vereinbarte Kaufpreis liegt bei rund 9,1 Mio. Euro und ist per 30.06.2020 fällig. Ein Anteil von 8,5 Mio. Euro vor etwaigen Steuern erhöht dabei den Nettoinventarwert der Aktie. Unter Berücksichtigung der Veräußerung der AXA Konzern-Nachbesserungsrechte liegt das aktuelle Nachbesserungsvolumen bei rund 104,9 Mio. Euro, unter Hinzurechnung des quotalen Anteils bei der Allerthal-Werke AG und der RM Rheiner Management AG ergibt sich ein Wert von rund 113 Mio. Euro.
Die größten Positionen im Nachbesserungsvolumen sind nach Vorstandsangabe zum Zeitpunkt der Hauptversammlung entsprechend Linde AG mit 22,8 Mio. Euro, HVB AG aus dem Squeeze-out mit 17,2 Mio. Euro ebenso wie die Bank Austria mit 8,8 Mio. Euro. Die Generali Deutschland Holding AG aus dem Squeeze-out mit 9 Mio. Euro und OLB AG mit 8,4 Mio. Euro. Weitere Positionen sind die Kölner Rück mit 3,8 Mio. Euro, die im laufenden Jahr hinzugekommene innogy SE mit 3,7 Mio. Euro, BUWOG AG mit 2,8 Mio. Euro, Deutsche Postbank und Sky Deutschland mit jeweils 2,6 Mio. Euro, Vattenfall AG mit 2,5 Mio. Euro sowie die Conwert Immobilien Invest SE mit 2,3 Mio. Euro, die jeweils alle aus den Squeeze-outs bei den genannten Gesellschaften resultieren. Auf sonstige Positionen entfällt ein Volumen von zusammen 17,0 Mio. Euro.
Im weiteren Verlauf der Vorstandsausführungen gaben Dr. Issels und Herr Neuroth weitere Erläuterungen zu den zehn größten Aktienpositionen im Portfolio und stellten dabei in gewohnter Weise einige der Engagements noch näher vor. Größte Positionen nach Kurswerten per 22. Juni 2020 sind Audi AG mit 14,89 Prozent, MAN SE St. und Vz. mit 8,79 Prozent, GK Software SE inklusive der Wandelanleihe mit 7,63 Prozent, freenet AG mit 7,31 Prozent, Allerthal-Werke AG mit 4,93 Prozent, WELEDA AG PS mit 4,30 Prozent, ZEAL Network SE mit 4,1 Prozent, Lotto24 AG mit 3,39 Prozent, die AG für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur mit 3,37 Prozent sowie die Horus AG mit 3,12 Prozent. Auf die zehn größten Positionen entfallen 62,34 Prozent des Gesamtvolumens.
Anschließend erläuterte der Vorstand den Erwerb einer Beteiligung an der im Insolvenzverfahren befindlichen Arcandor AG i. I. Hier ist eine Machbarkeitsstudie beauftragt worden, um zu prüfen, inwieweit eine operative Wiederbelebung des Unternehmens und eine Nutzung der dort vorhandenen Verlustvorträge möglich ist. Mit einem Ergebnis dieser Studie wird im Verlauf des dritten Quartals 2020 gerechnet. Nähere Details wollte Dr. Issels dann noch im Rahmen der Fragen und Antworten erläutern, da hierzu eine Reihe von Fragen eingegangen waren.
Bei der MAN SE wurde laut Herrn Neuroth am 28. Februar 2020 taggleich wie bei der Audi AG das Verlangen des VW-Konzerns zur Durchführung eines Squeeze-outs bekannt gegeben. Die ursprünglich für den 30.06.2020 vorgesehene HV zur Durchführung dieses Beschlusses ist allerdings verschoben worden, derzeit ist auch noch kein Abfindungspreis bekannt. Im Markt wird davon ausgegangen, dass die HV im vierten Quartal 2020 stattfinden wird. Eine Einschätzung zur Höhe der Barabfindung ist nicht in seriöser Weise möglich, mit Blick auf die Ankündigung bei Audi stellte Herr Neuroth allerdings fest, dass man derzeit bei VW offenbar nicht zwingend ein Interesse daran zu haben scheint, die eigenen Tochtergesellschaften schlecht zu rechnen.
Während insbesondere die Umsatzentwicklung bei der Beteiligung GK Software SE auch 2019 durchaus positiv zu werten ist, stellte der Vorstand fest, dass die Ergebnisentwicklung dies bisher weiterhin nicht widerspiegelt und hier entsprechender Nachholbedarf besteht. Eine Änderung ergab sich auch in der Struktur, so hat sich SAP als Anteilseigner aus dem Unternehmen zurückgezogen, zudem ist auch die dortige Option auf eine Übernahme hierdurch entfallen. Operativ wurde die Zusammenarbeit beider Firmen allerdings eher noch intensiviert. Neben SAP kommen im Markt auch noch andere Anbieter als potenzielle Übernehmer in Frage, weshalb der Investmentcase hier weiterhin in Takt ist. Insbesondere eine Verbesserung der Ergebnissituation sollte auch dem Aktienkurs helfen.
Ein spannender Fall ist nach Angabe von Herrn Neuroth weiterhin auch die Entwicklung bei der LOTTO24 AG, hier hatte sich Scherzer & Co. im vergangenen Jahr mit einer Reihe von offenen Briefen an die Gesellschaft gewandt. Dabei geht es insbesondere um das im Dezember 2018 abgeschlossene Business Combination Agreement mit der ZEAL Networks SE, die inzwischen mit über 90 Prozent die Hauptaktionärin des Unternehmens ist. Operativ erfolgt der Schwerpunkt des Geschäfts über die LOTTO24 AG, da die Tipp24 ihr in der Vergangenheit betriebenes Zweitlotteriegeschäft inzwischen komplett eingestellt hat. Scherzer & Co. verfolgt hier die weitere Entwicklung sehr intensiv und wird insbesondere darauf achten, dass die Rechte der Minderheitsgesellschafter in der nicht mit einem Beherrschungsvertrag beherrschten LOTTO24 AG nicht außer Acht gelassen werden. Perspektivisch ist nach Überzeugung des Scherzer & Co.-Vorstands hier mindestens der Abschluss eines Unternehmensvertrages erforderlich, um eine fairen und angemessenen Nachteilsausgleich sicherzustellen. Zwischenzeitlich hat man günstige Kurse dazu genutzt, sich wieder bei der ZEAL Network SE zu engagieren, da die Aktie zum Erwerbszeitpunkt attraktiv bewertet erschien.
Vom aktuell schwierigen Gesamtmarktumfeld getroffen sind nach Angabe von Dr. Issels die Beteiligungen DATA Modul AG sowie die Pfeiffer Vacuum Technology AG. In beiden Fällen haben die Unternehmen gemeldet, dass man vom aktuellen Umfeld betroffen ist und verschiedene Maßnahmen für operative Verbesserungen eingeleitet hat. Auch wenn hier derzeit keine konkreten Entwicklungen zu erwarten sind, weisen beide Gesellschaften starke Großaktionäre auf, die bisher auf Unternehmensverträge verzichten. Insbesondere dieser Punkt könnte sich in der Zukunft noch ändern, so dass man hier weiterhin engagiert bleibt.
Neu hinzugekommen im Portfolio sind Aktien der ProSiebenSat1 Media SE. Das Unternehmen ist auf der Kursseite in den vergangenen Monaten und insbesondere in der Covid-19 Pandemie deutlich unter Druck gekommen. Dr. Issels zeigte sich überzeugt davon, dass werbefinanziertes TV auch in Zukunft ein weiterhin funktionierendes Geschäftsmodell bleibt. Mit der italienischen Mediaset, die von Silvio Berlusconi kontrolliert wird, der RUBY Equity Investments des tschechischen Investors Kretinsky, der auch bei METRO beteiligt ist, sowie dem amerikanischen Private Equity Investor KKR sind drei interessante Investoren am Unternehmen beteiligt, so dass sich hier künftig auch noch interessante Perspektiven in Bezug auf Wertsteigerungsmöglichkeiten für die Anteilseigner ergeben könnten.
Weiterhin überzeugt ist man auch von Freenet. Der Aktienkurs ist hier nach Einschätzung von Dr. Issels zu Unrecht unter Druck gekommen, insbesondere konnten die Büdelsdorfer von der steigenden Nachfrage nach mobilen Lösungen im ganzen Corona-Thema profitieren. Den Ausfall der Dividendenzahlung sieht er im Gegensatz zum Markt eher positiv insbesondere mit Blick darauf, dass man auf diese Weise günstige Refinanzierungsmöglichkeiten nutzen kann.
Erfolgreich auf der Zielgeraden ist laut Dr. Issels nun das Engagement bei der Audi AG. Hier hatte man sich erstmals vor einigen Jahren engagiert, Auslöser war der bereits dem Jahre 1971 bestehende BuG-Vertrag mit dem VW-Konzern. Als Ausgleichszahlung war hier seinerzeit jedoch lediglich die Dividende der VW-Aktie vereinbart worden, mithin eine Größenordnung, die angesichts der seither eingetretenen Entwicklung bei Audi in keiner Weise mehr angemessen gewesen ist. Insbesondere durch über viele Jahrzehnte von VW freiwillig geleisteten Einlagen bei Audi ist die Aktie auf das Radar von Scherzer & Co. geraten. Zuletzt hatte man 2019 auch die Möglichkeit, dieses Thema am Rande der HV mit dem VW-Konzernchef Diess zu thematisieren und in ein Gespräch mit dem Hauptaktionär einzutreten. Letztlich hat dies wohl dazu beigetragen, dass seitens VW nun der Squeeze-out betrieben wird. Der aufgerufene Preis von 1.551,53 Euro erscheint durchaus ordentlich, man werde die Unterlagen aber nach Vorliegen sehr genau studieren und hier voraussichtlich auch ein Spruchverfahren zur Ermittlung der Angemessenheit des Abfindungsbetrages einleiten, so Dr. Issels weiter.
Im chancenorientierten Bereich des Portfolios ist die Agfa-Gaevert N.V. in Belgien hinzugekommen. Hier begleitet man das Investment von AOC, die sich von einer Umstrukturierung des Konzerns die Hebung von Potenzialen versprechen. Ebenfalls wie AOC ist man auch bei NFON AG engagiert. Das Unternehmen ist der einzige paneuropäische Dienstleister von Cloud-Telefonanlagen und profitiert dabei von der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung und der Dezentralisierung von Arbeitsplätzen. Neben der guten operativen Entwicklung ist auch bei NFON durchaus der Einstieg eines strategischen Investors aus dem Ausland mit einem entsprechend positiven Effekt auf der Kursseite denkbar.
Der Anteil des Schweiz-Portfolios beträgt aktuell etwa 14,3 Prozent. Gehalten werden Positionen bei der AG für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur (2,08 Prozent des Grundkapitals), bei der auf jede Aktie etwa zwei Drittel einer Wohnung aus dem vorhandenen Bestand entfallen, der POLUN Holding AG, SIA-Haus AG, Thurella Immobilien AG, TX Group AG (vormals Tamedia AG), der Kioskbetreiber Valora Holding AG, der Partizipationsschein der Weleda AG (5,5 Prozent am Partizipationskapital) sowie der Züblin Immobilien Holding AG.
Mit der Entwicklung bei der schweizerischen Weleda AG zeigte sich Dr. Issels ebenfalls zufrieden. Hier ist Scherzer & Co. mit umgerechnet 5,5 Prozent über stimmrechtslose Partizipationsscheine beteiligt. Auch im laufenden Jahr ist beim Anbieter von Naturkosmetik und anthroposophischen Arzneimitteln mit weiterem Wachstum zu rechnen. Für 2020 geht das dortige Management von einem stabilen Umsatz bei einem etwas schlechteren Ergebnis als 2019 aus.
Beantwortung der eingereichten AktionärsfragenSodann erfolgte die Beantwortung der im Vorfeld der Hauptversammlung einzureichenden Fragen der Aktionäre. So erkundigte sich Dr. Clemens Scholl, Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), danach, wie die getätigten Absicherungsgeschäfte während der jüngsten Marktturbulenzen funktioniert haben und ob bei etwaigen Sicherungen Aspekte wie die Volatilitätskennzahlen usw. mit in die Dispositionsentscheidungen einfließen. Hierzu antwortete Dr. Issels, dass die Scherzer & Co. zu Beginn der Kursverluste mit Absicherungen im Markt war. Rückblickend betrachtet ist man aber von der Geschwindigkeit und der Tiefe der Korrektur überrascht worden, so dass man aus heutiger Sicht betrachtet zu früh mit Realisierungen bei diesen Geschäften reagiert hat. Dennoch konnte in Summe ein Teil der durch die Marktbewegung erlittenen Einbußen durch diese Sicherungsgeschäfte kompensiert werden. Auch in der Gegenbewegung hat man mit Absicherungen reagiert. In die Entscheidungen fließen auch Aspekte wie die Volatilität mit ein. Dr. Issels wies darauf hin, dass man in den vergangenen Wochen extreme Volatilitäten gesehen hat und der V-DAX zwischenzeitlich ein Level erreicht hat, welches man selbst aus der Finanzkrise 2008 nicht kannte.
Ferner interessierte den Fragesteller die Höhe der aktuell in Anspruch genommenen Fremdmittel im Portfolio. Die bestehenden Kreditlinien sind laut Dr. Issels mit rund 25,4 Mio. Euro in Anspruch genommen. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass aus dem am 22. Juni 2020 gemeldeten Verkauf der Nachbesserungsrechte beim AXA-Konzern in Kürze ein Cash-Zufluss von 8,5 Mio. Euro resultieren wird. Entsprechend liegt die Netto-Inanspruchnahme bei 16,9 Mio. Euro. Dieser Betrag ist jedoch zu großen Teilen bereits durch die Audi-Position unterlegt, bei der ja vor kurzem ein Squeeze-out angekündigt worden ist und für den Squeeze-out-Preis liegt eine entsprechende Bankbürgschaft zu Gunsten der freien Aktionäre vor. Die Audi-Position besitzt zum aufgerufenen Squeeze-out-Preis einen Kurswert von rund 13 Mio. Euro.
Verschiedene weitere Fragen von Dr. Scholl wie auch von Rechtsanwalt Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), befassten sich mit dem Erwerb der Arcandor-Beteiligung, den möglichen Chancen und Risiken aus der Transaktion und wann dort mit einem Ergebnis der in Erstellung befindlichen Machbarkeitsstudie zu rechnen ist. Bei der Arcandor-Insolvenz handelt es sich um die wohl größte Insolvenz in der Nachkriegszeit und zuletzt wurde und wird diese von Rechtsanwalt Jauch aus Köln als Insolvenzverwalter betreut. Das seit dem Jahre 2009 laufende Verfahren befindet sich laut Dr. Issels nunmehr in einem sehr interessanten Stadium, in dem es sich nach seiner Ansicht zu prüfen lohnt, ob eine Reaktivierung und operative Wiederbelebung nach einem Insolvenzplanverfahren sinnvoll ist. Dank des guten Netzwerks ist es gelungen, Kontakte zu der das Insolvenzverfahren begleitenden Kanzlei Görg zu bekommen und über den bekannten Mediator und Investor Clemens Vedder, der Frau Madeleine Schickedanz berät, konnte auch Kontakt zum dortigen Family Office hergestellt werden und letztlich konnten die von ihr gehaltenen Stücke übernommen werden.
Zu den vereinbarten Konditionen für den Erwerb bat Dr. Issels um Verständnis, dass hier wegen entsprechender vertraglicher Vereinbarungen Vertraulichkeit besteht. Insgesamt besteht nach seiner Angabe ein Projektaufwand für den Beteiligungserwerb, die Erstellung der Machbarkeitsstudie sowie die bestehende Exklusivitätsvereinbarung von rund 3 Mio. Euro. Im Erfolgsfall zielt das Projekt darauf ab, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten, was die Durchführung eines Insolvenzplans und die anschließende operative Wiederbelebung durch einen Investor ermöglicht und entsprechende Wege dorthin aufzeigt. Bei einer etwaigen Wiederbelebung soll nach seiner Angabe eine Lösung angestrebt werden, bei der die Altgesellschafter weiterhin beteiligt bleiben. Der sicherlich erforderliche erhebliche Kapitalschnitt soll aber eben so ausgestaltet werden, dass keine Kapitalherabsetzung auf null erfolgt. Interessant für einen möglichen Investor ist neben der bestehenden Börsennotierung der in Milliardenhöhe bestehende steuerliche Verlustvortrag, der entsprechend erhalten bleiben soll. Mit einem Ergebnis der Prüfungen wird im dritten Quartal dieses Jahres gerechnet, so der Scherzer & Co.-Vorstand weiter.
Nicht ganz nachvollziehen konnte der SdK-Vertreter die Hintergründe für den Einstieg bei der ZEAL Network SE, wo seitens der Scherzer & Co. AG doch deren Vorgehen bei der LOTTO24 AG auch öffentlich kritisiert wurde und dem Management beider Gesellschaften mangelnde Transparenz vorgeworfen wird. Hierzu antwortete Herr Neuroth, dass der Vorwurf der mangelnden Transparenz sich auf die vertraglichen Gestaltungen zwischen der ZEAL Network SE und deren inzwischen 93-prozentigen Tochtergesellschaft bezieht. Die vielfältigen vertraglichen Verquickungen erfordern nach Ansicht der Scherzer & Co. AG hier den Abschluss eines Unternehmensvertrages, da nur so sichergestellt wird, dass die freien Aktionäre im Zweifelsfall einen angemessenen Nachteilsausgleich für die untereinander vereinbarten Transaktionen erhalten. Ungeachtet dessen ist man vom Geschäftsmodell der ZEAL Network SE überzeugt, da diese ja nunmehr letztlich wie LOTTO24 agiert und die Unternehmen zusammen der klare Marktführer in Deutschland bei der Vermittlung von Lotto sind. Entsprechend wurde eine Kursschwäche bei ZEAL zum Auf- und Ausbau dieser Position genutzt.
Auf die Frage, inwieweit sich durch die Auswirkungen der Covid19-Pandemie auch eine Änderung in der Beurteilung von Immobilienaktien ergibt, antwortete Dr. Issels, dass vermutlich die Thematik „Homeoffice“ auch in der Zukunft weiterhin relevant bleibt und möglicherweise noch weiter an Relevanz gewinnt. Der Schwerpunkt der Immobilienbeteiligungen in der Schweiz liegt jedoch im Wohnimmobilienbereich, hier sieht er keine nennenswerten Risiken. Die SIA Haus AG besitzt ein Hochhaus in sehr guter Lage in Zürich, auch hier geht Dr. Issels davon aus, dass dort die Nachfrage trotz des Trends in Richtung Homeoffice aufgrund der Lage des Objekts auch in Zukunft weiterhin gut bleibt und man sich daher keine größeren Sorgen in Bezug auf die Werthaltigkeit machen muss.
Befragt nach den weiteren Aussichten bei der Beteiligung GK Software und der Perspektive für einen möglichen Exit, nachdem SAP nach Rückgabe der Optionen und der Beteiligung eher nicht mehr der natürliche Erwerber ist, antwortete der Vorstand, dass die operative Zusammenarbeit mit SAP weiter besteht und sich sogar noch intensiviert hat. Entscheidend für die weitere Kursentwicklung ist, dass es gelingt, das dynamische Umsatzwachstum der vergangenen Jahre endlich auch auf der Ergebnisseite zeigen zu können. Mit der Entwicklung im ersten Quartal 2020 zeigte sich Herr Neuroth durchaus zufrieden. Neben SAP kommen perspektivisch auch andere mögliche Erwerber in Betracht.
Zur ebenfalls vom SdK-Vertreter angesprochenen Beteiligung an der Freenet AG erklärte der Vorstand, dass man mit der dortigen operativen Entwicklung durchaus zufrieden ist. Auch in den Zeiten der Corona-Pandemie hat sich das Geschäft stabil gezeigt, insbesondere die fortschreitende Digitalisierung und auch verstärkte Nutzung von Homeoffice haben hier zu einer guten Nachfrage auch im stationären Geschäft der Büdelsdorfer geführt. Natürlich ist der etwas überraschende Ausfall der Dividende bei einem Unternehmen, das stets eine sehr aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik verfolgt, am Markt nicht so gut aufgenommen worden. Dies hängt aber auch mit der Finanzierung zusammen, bei der im aktuellen Umfeld sich bietende Chancen genutzt werden sollen. Mittelfristig sieht Dr. Issels weiterhin Potenzial in dieser Beteiligung und bezeichnet Freenet als einen operativen Gewinner der aktuellen Situation.
Etwas besorgt zeigte sich Dr. Scholl in seinen Nachfragen angesichts des rückläufigen Volumens in Fonds und bat um Erläuterung der entsprechenden Hintergründe. Laut Herrn Neuroth hat sich das Volumen hier auf rund 8 Mio. Euro reduziert, was auf die zwischenzeitlich etwas schwächere Performanceentwicklung und den daraus resultierenden Abfluss von Volumina zurückzuführen ist. Im bisherigen Jahresverlauf liegt die Performance mit minus 2,5 Prozent p.a. durchaus ganz gut. Der schwächste Monat im Fonds war der Monat März mit seinen erheblichen Marktturbulenzen. Um künftig wieder steigende Volumina darstellen zu können, ist es wichtig, nunmehr eine gute Performance zu erzielen.
Herr Hechtfischer von der DSW interessierte sich unter anderem für die Beweggründe der Verwaltung zur Abhaltung der diesjährigen Hauptversammlung in der rein virtuellen Form. Dabei verwies er auf Überlegungen etwa bei der Allerthal-Werke AG, die dortige Hauptversammlung erst im vierten Quartal und dann ggbfs. im Präsenzformat abzuhalten. Nach Aussage von Herrn Neuroth soll es sich bei dem nun gewählten Format um eine hoffentlich einmalige Ausnahme handeln. Der Scherzer & Co.-Vorstand betonte dabei, dass der Austausch mit den Anteilseignern gerade im Rahmen der Hauptversammlung einen sehr wichtigen Aspekt für das Unternehmen darstellt und künftig auch wieder hoffentlich in der gewohnten Weise stattfinden wird. Als Grund für die Nutzung der vom Gesetzgeber ermöglichten Abhaltung einer rein virtuellen Hauptversammlung nannte er die Zahl der zu erwartenden Teilnehmer, die in der Vergangenheit auch gerne schon mal bei 150 Personen gelegen hat. Dieser Umstand hat sich als sehr großes Problem bei einer sicheren Planung für eine Präsenzhauptversammlung im aktuellen Umfeld erwiesen, insbesondere auch was die Verfügbarkeit entsprechender Räumlichkeiten betrifft, in denen die Wahrung der geforderten Abstände sichergestellt werden kann. Da man mit der Abhaltung der Hauptversammlung nunmehr aber nicht noch Monate abwarten wollte, hat man sich in diesem Jahr für dieses Procedere entschieden.
Sowohl der DSW-Vertreter als auch weitere Fragesteller beschäftigten sich mit der Dividendenpolitik der Scherzer & Co. AG und interessierten sich dafür, wann die Anteilseigner sich wieder über entsprechende Ausschüttungen freuen dürfen. Eine Prognose hierzu ist angesichts der Bilanzierung nach HGB nur schwer möglich, da die Dividende aus dem realisierten Ergebnis gezahlt wird und insbesondere die Höhe etwaiger erforderlich werdender Zu- und Abschreibungen jeweils erst zum Bilanzstichtag feststeht. Im Grundsatz ändert sich an der bisher verfolgten Dividendenstrategie nichts. Diese besagt, dass ein entsprechend positives Jahresergebnis erwirtschaftet werden muss, die Ausschüttung muss vom Bilanzgewinn darstellbar sein und es soll auch tatsächlich eine Steigerung des NAV erfolgt sein. Zudem hält es der Vorstand der Scherzer & Co. AG mit Blick auf den entstehenden Aufwand für nicht sinnvoll, Dividendenausschüttungen vorzunehmen, die 0,05 Euro je Anteilsschein unterschreiten. Aktuell beträgt der bestehende Bilanzverlustvortrag rund 3 Mio. Euro, den es noch aufzuholen gilt. Derzeit gestaltet sich die Ergebnisentwicklung nicht zuletzt dank des Zuflusses aus dem Verkauf der Nachbesserungsrechte bei der AXA Konzern AG durchaus erfreulich, für eine seriöse und belastbare Prognose, wann wieder eine Dividende gezahlt werden wird, ist es derzeit aber noch zu früh.
Verschiedene Fragen befassten sich mit der aktuellen Entwicklung der laufenden Spruchverfahren, bei denen die Scherzer & Co. nennenswerte Volumina eingereicht hat. Hierzu verwies Dr. Issels auf den jüngst per Ad-hoc-Mitteilung gemeldeten Verkauf der Nachbesserungsrechte an der AXA Konzern AG an die AXA S.A. auf Basis des Urteils des LG Köln zu dem Spruchverfahren. Die Position AXA Konzern stellte im Nachbesserungsvolumen mit insgesamt 26,9 Mio. Euro den bisher größten Posten dar. Aus dieser Transaktion wird nach Abschluss per Ende Juni 2020 ein positiver Ertrag von rund 8,5 Mio. Euro realisiert. Bei den weiteren Spruchverfahren mit nennenswerten Einreichungen laufen diese Verfahren allesamt noch, eine Prognose, ob und wann hier mit weiteren positiven Ergebnissen gerechnet werden kann, ist laut Dr. Issels jedoch nicht möglich. Er erinnerte daran, dass diese Verfahren zumeist einige Jahre laufen. Als Beispiel erinnerte er dabei an das aktuell abgeschlossene AXA-Verfahren. Der zugrundeliegende Squeeze-out der Minderheitsaktionäre ist dort im Jahre 2006 erfolgt.
Weitere Fragen bezogen sich auf die Chancen und Risiken aus der per Anfang Februar 2020 gemeldeten Beteiligung an der Arcandor AG. Hierzu knüpfte Dr. Issels an seine Ausführungen im Rahmen der Vorstandsrede und die Beantwortung der Frage von Dr. Scholl an. Mit Ergebnissen aus der aktuell laufenden Machbarkeitsstudie wird im Laufe des dritten Quartals 2020 gerechnet. Diese soll zugleich auch die Grundlage für einen potenziellen institutionellen Investor zur Nutzung und operativen Reaktivierung des Mantels dienen. Auf ergänzende Frage teilte Dr. Issels mit, dass die im letzten Geschäftsbericht als „n.n.“ bezeichnete Position nicht die Position Arcandor AG gewesen ist.
Ferner interessierte sich der DSW-Sprecher dafür, ob schon eine Idee über den möglichen Abfindungspreis bei der MAN SE besteht. Hierzu antwortete Herr Neuroth, dass man weiterhin von einer Umsetzung des angekündigten Squeeze-outs ausgeht, als denkbaren Termin sieht er hier das vierte Quartal 2020. Eine Prognose zur Höhe des Abfindungskurses ist nicht seriös möglich, wenngleich man bei Betrachtung des Beispiels Audi nach seiner Einschätzung derzeit beobachten kann, dass der Volkswagenkonzern derzeit seine Tochtergesellschaften nicht zwingend schlecht rechnet. Das Risiko in der MAN-Aktie ist nach Einschätzung von Herrn Neuroth nach unten hin jedoch recht begrenzt, da sich der Dreimonatsdurchschnittskurs vor Ankündigung der Strukturmaßnahme im Bereich von rund 42 Euro bewegt und dies entsprechend den gesetzlichen Vorgaben dann die Untergrenze für eine mögliche Barabfindung darstellt.
Auf die Frage nach den genauen Hintergründen des in der Bilanz ausgewiesenen gewährten Aktionärsdarlehens führte Herr Neuroth aus, dass es sich dabei um die POLUN Holding AG in der Schweiz handelt, in die man über die Biella-Beteiligung investiert hat. In dem Unternehmen sind verschiedene Immobilien außerhalb der Schweiz ausgegliedert worden, die in den kommenden Jahren entsprechend verwertet werden sollen. Hierzu hat die Scherzer & Co. AG wie auch andere Gesellschafter dem Unternehmen ein zinsloses Darlehen für einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung gestellt.
Wenig begeistert zeigte sich der DSW-Geschäftsführer auch in Bezug auf die Kursentwicklung bei der K+S AG. Hier interessierte ihn eine aktuelle Einschätzung. Laut Herrn Neuroth leidet die Notierung der K+S AG neben dem allgemein schwierigen Umfeld vor allem auch unter dem zuletzt sehr stark unter Druck geratenen Preis für Kalium.
Aktionär Udo Rüther interessierte sich unter anderem für die weiteren Planungen mit der Beteiligung Independent Capital AG, die ausweislich des Geschäftsberichts einen Verlust von 66 TEUR im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftet hat. Hierzu antwortete Herr Neuroth, dass diese Beteiligung vor vielen Jahren im Rahmen eines Konvoluts von verschiedenen Mantelgesellschaften erfolgt ist und man bei der genannten Gesellschaft nicht der Mehrheitsaktionär ist und daher die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, hier eher beschränkt ist. Leider ist bisher auch die mehrfach in Angriff genommene operative Neuausrichtung nicht richtig vorangekommen. Bei einem vernünftigen Angebot ist die Scherzer & Co. AG nach seiner Angabe jedoch nicht abgeneigt, sich von dieser Position zu trennen, eine strategische Bedeutung ist mit diesem Investment nicht verbunden. Zur Entwicklung bei der Beteiligung Smart Equity AG, die nach Angabe von Herrn Rüther mit minus 261 TEUR 2018 ebenfalls einen deutlichen Verlust ausweist, erklärte er, dass der dort von der Scherzer & Co. AG gehaltene Anteil bei rund 44 Prozent des Grundkapitals liegt. Die Gesellschaft ist insbesondere in Blockchain-affinen Unternehmen sowie dem Bereich von Kryptowährungen aktiv, ein Umfeld, welches sich durch hohe Volatilität auszeichnet. Gleichzeitig bieten diese volatilen Märkte aber auch immer wieder interessante Investmentchancen.
Ferner interessierte sich der Anteilseigner auch für die Eckdaten der im Berichtsjahr getätigten Stillhaltergeschäfte. Aus diesen sah der Fragesteller Belastungen von 2,5 Mio. Euro resultieren. Nach Angabe von Herrn Neuroth lag der Aufwand für diese Geschäfte in der Tat bei den genannten 2,5 Mio. Euro, allerdings konnten aus diesen Transaktionen auch Einnahmen in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro realisiert werden, so dass sich der Nettoaufwand auf gut 1 Mio. Euro beläuft. Die Aufteilung der Aufwendungen auf Geschäfte auf den DAX-Index bezifferte er auf gut 1,2 Mio. Euro, bei Geschäften in Einzelwerten lag der Aufwand bei 1,3 Mio. Euro. Strategisch soll weiterhin an diesen Geschäften festgehalten werden, zumal diese auch zur Absicherung des Depots dienen. Durch die Struktur mit Investitionen in vielen kleineren und Nebenwerten wird ein Teil der Absicherung jedoch über den Index gesteuert, da Transaktionen in diesen Werten direkt am Terminmarkt meist nicht darstellbar sind.
Seitens der Aktionärin Solventis Beteiligungen wurde unter anderem die Frage nach den Kosten der letztjährigen und der diesjährigen virtuellen Hauptversammlung aufgeworfen. Hierzu nannte Herr Neuroth für das Jahr 2019 Kosten in Höhe von rund 19 TEUR. Im laufenden Jahr wird es durch das virtuelle Format teurer, wenngleich die genaue Höhe erst nach Vorliegen der Rechnungen beziffert werden kann. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird mit einem Kostenrahmen von rund 30 TEUR gerechnet. Im Jahr 2019 gab es 343 Anmeldungen von Aktionären und am Ende 112 Teilnehmer, die Anmeldezahl für 2020 lag bei 233 und die aktuelle Zahl der Zuschauer bei der virtuellen Hauptversammlung liegt bei 74.
Verschiedene Fragen von Solventis befassten sich mit den Investments in der Schweiz. Befragt nach dem inneren Wert der Aktien der AG zur Errichtung billiger Wohnhäuser in Winterthur antwortete Herr Neuroth, dass ein solcher von der Gesellschaft nicht angegeben wird. Der Buchwert auf Basis des 2019-er Rechenwerkes liegt bei 38.223 CHF je Aktie. Dieser Wert spiegelt jedoch nicht annähernd den tatsächlichen Wert des Unternehmens wider. Derzeit befinden sich 885 Wohnungen, 16 Gewerbeeinheiten sowie 40 Lager- und Bastelräume im Besitz des Unternehmens, dazu kommen 912 PKW-Stellplätze. Die jährlich erzielten Mieteinnahmen betragen 12,5 Mio. CHF, so dass sich, je nachdem, was für eine Mietrendite (5,5 bzw. 3,5 Prozent) man hier zugrunde legt, eine Wertbandbreite zwischen 122.800 und 212.000 CHF je Aktie ergibt. Aktuell liegt der Geldkurs für die Aktie im außerbörslichen Handel in der Schweiz bei 130.000 CHF. Dieser Kurswert bildet die Grundlage für die Bewertung im NAV der Scherzer & Co. AG.
Befragt nach dem Anteil der ausländischen Aktien am Gesamtportfolio der Scherzer & Co. AG teilte Herr Neuroth eine Größenordnung von rund 13,2 Mio. Euro bezogen auf ein Gesamtportfolio von rund 90 Mio. Euro mit. Konkret entfallen auf Aktien aus Deutschland 76,7 Mio. Euro oder 85 Prozent, auf solche aus der Schweiz 9,2 Mio. Euro oder gut 10 Prozent und auf Belgien (AGFA) 2,1 Mio. Euro oder gut 5 Prozent.
AbstimmungenNach Abhandlung der im Vorfeld eingereichten Aktionärsfragen stellte der Versammlungsleiter die Präsenz um 12:50 Uhr mit 3.367.831 Aktien oder 11,25 Prozent des stimmberechtigten Kapitals fest, die durch den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft vertreten wurden. Ferner lagen Briefwahlstimmen für weitere 7.180.157 Aktien vor. Daraus ergibt sich eine Gesamtpräsenz von 35,23 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals. Sämtliche Beschlussvorlagen der Verwaltung wurden mit sehr großer Mehrheit bei zumeist nur wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen verabschiedet.
Im Einzelnen beschlossen wurde die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der Formhals Revisions- und Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Wipperfürth zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2020 (TOP 5), die Wahl der Herren Dr. Stephan Göckeler, Dr. Dirk Rüttgers und Rolf Hauschildt in den Aufsichtsrat (TOP 5), eine Änderung der Satzung zur Ermöglichung von elektronischer Teilnahme und Briefwahl bei künftigen Hauptversammlungen (TOP 6) sowie die Änderung der Satzung zur Ermöglichung einer Bild- und Tonübertragung bei künftigen Hauptversammlung (TOP 7).
Der Versammlungsleiter konnte die Hauptversammlung nach einer Dauer von etwas über zwei Stunden um kurz nach 13:00 Uhr schließen.
FazitWenngleich es der Scherzer & Co. AG im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019 nicht gelungen ist, vom insgesamt positiven Kapitalmarktumfeld zu profitieren, und sie ein negatives Ergebnis ausweisen musste, ist der Start ins neue Jahr 2020 durchaus gelungen. Insbesondere die Ankündigung des Squeeze-out bei der Audi AG, an der die Scherzer & Co. wie jüngst gemeldet rund 8.600 Aktien hält, und der erfolgreiche Verkauf der Nachbesserungsrechte bei der AXA Konzern AG bescheren auf der Ergebnisseite 2020 Erträge von etwas über 14 Mio. Euro. Während die AXA-Transaktion mit einem Ergebnisbeitrag von rund 8,5 Mio. Euro in jedem Fall in das 2020er Ergebnis einfließen wird, hängt es bei dem erwarteten Squeeze-out bei der Audi AG vom tatsächlichen Vollzug des Squeeze-outs ab. Da dieser im Rahmen der Audi-HV am 31. Juli 2020 erfolgen soll, geht der Verfasser jedoch davon aus, dass auch hier der gemeldete Ergebniseffekt von rund 6 Mio. Euro noch 2020 verbucht werden kann, sofern es zu keinen Anfechtungsklagen kommt.
Analog zu unserer Herangehensweise im Research sehen wir den fairen Wert der Scherzer-Aktie – ohne Berücksichtigung der Ertragschancen aus den Spruchstellenverfahren – derzeit bei etwa 2,43 Euro und setzen auch unser Kursziel dementsprechend an. Auf dieser Basis stufen wir den Titel unverändert mit „Halten“ ein. Dabei könnten sich vor allem an schwächeren Börsentagen auch (Nach-)Kaufgelegenheiten ergeben.
KontaktadresseScherzer & Co. AG
Friesenstraße 50
D-50670 Köln
Tel.: +49 (0)2 21 / 8 20 32-0
Fax: +49 (0)2 21 / 8 20 32-30
Internet: www.scherzer-ag.de
E-Mail:
[email protected]Investor RelationsE-Mail:
[email protected]Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft, zudem ist Dr. Georg Issels Vorsitzender des Aufsichtsrats der GSC Holding AG, der Muttergesellschaft der GSC Research GmbH.
Veröffentlichungsdatum:
07.09.2020
-
11:48
Redakteur:
ala