Die NFON AG hatte am 28. Mai 2020 zur virtuellen Hauptversammlung eingeladen. Dieses besondere Hauptversammlungs-Format, bei dem die Aktionäre der Gesellschaft die Veranstaltung ausschließlich virtuell über das Aktionärsportal verfolgen können, wurde zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie vorrübergehend ermöglicht. Auch NFON ergriff diese Option, um die Aktionäre der Gesellschaft zeitnah über die Unternehmensentwicklung zu informieren und wichtige Beschlüsse zu fassen.
In der Zentrale in München hatten sich somit von der Verwaltung auch nur CEO Hans Szymanski und Aufsichtsratsvorsitzender Rainer-Christian Koppitz eingefunden. Die weiteren Vorstände, CTO Jan-Peter Koopmann und CSO César Flores Rodríguez, waren per Videokonferenz zugeschaltet. Die Aufsichtsratsmitglieder verfolgten die Veranstaltung als Zuschauer von Zuhause aus. Das Protokoll führte wie gewohnt Notar Dr. Benedikt Pfisterer. Für GSC-Research berichtet Paul Petzelberger.
Der Aufsichtsratsvorsitzende eröffnete die Hauptversammlung pünktlich um 10 Uhr und gab einen groben Überblick über die Arbeit des Aufsichtsrats. Im vergangenen Geschäftsjahr kam es zu vier ordentlichen und vier außerordentlichen Präsenzsitzungen, an denen sämtliche Aufsichtsratsmitglieder teilnahmen. Daneben wurden elf Umlaufbeschlüsse gefasst. Die hohe Anzahl an Sitzungen und Beschlussfassungen ist laut Koppitz nicht ungewöhnlich, unterstreicht sie doch die hohe Wachstumsdynamik der Gesellschaft – auch bereits vor der Coronakrise.
Direkt zu Beginn des Jahres 2019 genehmigte der Aufsichtsrat den Erwerb sämtlicher Anteile an der Deutschen Telefon Standard AG (DTS). Die Transaktion wurde durch die Ausnutzung des Genehmigten Kapitals gestemmt. In der Vorbereitung zur letztjährigen ordentlichen Hauptversammlung lag der Schwerpunkt des Kontrollorgans dann ebenfalls bei den Finanzierungsoptionen der Gesellschaft. Im weiteren Jahresverlauf tagte der Aufsichtsrat insbesondere zu Personalthemen, der Umsetzung der Unternehmensstrategie und der Entwicklung der DTS-Integration.
Gegen Ende des Jahres spielte dann wieder die Wachstumsfinanzierung eine zentrale Rolle. So hat der Vorstand die Begebung einer Optionsschuldverschreibung aus Bedingtem Kapital zu Gunsten der Active Ownership Gruppe (AOC) beschlossen und der Aufsichtsrat hat dieser zugestimmt. Um im Anschluss sowohl Neu-Großaktionär AOC als auch Hauptaktionär Milestone Venture Capital (MVC), jeweils vertreten durch ihre Geschäftsführer Florian Schuhbauer und Günther Müller, eine direkte Vertretung im Aufsichtsrat zu ermöglichen, berief die Verwaltung im Dezember eine außerordentliche Hauptversammlung ein. Neben den Aufsichtsratswahlen beschlossen die Aktionäre auf dieser ein neues Genehmigtes Kapital.
Das Jahr 2019 wurde dann so beendet wie angefangen: mit einer Übernahme. Der Aufsichtsrat genehmigte den Asset-Deal mit der Onwerk GmbH. Durch den Deal konnte der Vorstand auf Anhieb acht hochqualifizierte Entwickler und Softwarearchitekten gewinnen. Mit der zum 1. April 2020 wirksam gewordenen Übernahme wurden die eigenen F&E-Kapazitäten mit einem Full-Stack Entwicklungsteam verstärkt. Vorweg zur Vorstandsrede zeigte Koppitz sich bereits sehr erfreut, dass die Gesellschaft in Zeiten der Coronakrise im genauen Gegensatz zu den meisten anderen Unternehmen viel Positives berichten kann. Damit übergab er das Wort an den Vorstand für die detaillierten Erläuterungen.
Bericht des VorstandsTrotz des sehr ungewohnten Formats freute CEO Hans Szymanski sich, die Aktionäre per Online-Schaltung zur diesjährigen Hauptversammlung begrüßen zu dürfen. Er stellte fest, dass sich seit März 2020 die Welt grundlegend geändert hat. Es stellt sich in Sachen Digitalisierung nun nicht mehr die Frage nach dem „Warum?“, sondern viel eher nach dem „Warum erst jetzt?“. Flexibilität, Mobilität, Erreichbarkeit und Skalierbarkeit sind bereits seit Unternehmensgründung fest verankerte Werte von NFON und heute, in Zeiten der Coronakrise, von höherer Bedeutung denn je.
Die NFON AG wurde 2007 gegründet und ist der einzige paneuropäische Cloud-PBX-Anbieter. Mit mittlerweile über 40.000 Unternehmenskunden in 15 europäischen Ländern sowie einem Partnernetzwerk von über 2.500 Partnern schaut das Digitalisierungsunternehmen auf starke Wachstumsjahre zurück. Das klare Ziel ist es, NFON zur Nummer eins der Cloud-Telefonie in Europa zu entwickeln. Die Gesellschaft bietet hierfür mit „Cloudya“ eine einfache, unabhängige und verlässliche Lösung für moderne Cloud-Businesskommunikation an.
Klare Worte fand der CEO erneut zur aktuellen Situation vieler Unternehmen in der Coronakrise. Von heute auf morgen wurde bei jedem Unternehmen auf der Stelle deutlich, ob in den vergangenen Jahren das Thema Digitalisierung tatsächlich vorangetrieben wurde. Ohne die bereits erzielten Fortschritte in Sachen Digitalisierung und Arbeiten im Homeoffice, zu denen NFON mit seinen Lösungen wesentlich beiträgt, würde sich die allgemeine Wirtschaftslage nach Ansicht von Szymanski deutlich schlechter darstellen.
Doch insbesondere in Deutschland zeigt sich auch im internationalen Vergleich ein großes Aufholpotenzial. In dem Heimatland der Gesellschaft besteht bei Cloud-Telefonanlagen eine Durchdringungsrate von lediglich 4 Prozent – ein ungeheuer großes Potenzial für den Kommunikationsexperten. Der Blick auf andere Länder und Regionen offenbart dies noch deutlicher. So zeigt sich in Kontinentaleuropa eine Rate von 13 Prozent, in Großbritannien von 18 Prozent und in Nordamerika von gar 22 Prozent. Laut einer Studie der Cavell Group wird für Deutschland bis zum Jahr 2023 mit einem Anstieg der Durchdringungsrate auf 14 Prozent gerechnet.
Erneut machte der Vorstandsvorsitzende deutlich, dass jedwede Lücken und Versäumnisse in der Digitalisierung, die bisher in Deutschland gerne übertüncht und weggeredet wurden, nun mit voller Wucht und unerbittlicher Klarheit zum Vorschein gekommen sind. Wie so oft musste erst eine Krise her, um in der Breite eine Handlungsbereitschaft zu schaffen. Den frischen Wind durch den unfreiwillig angestoßenen und radikalen digitalen Umbruch spürt die Gesellschaft bereits sehr stark und wird diesen nach Ansicht von Szymanski besonders auch in Zukunft in positiver Hinsicht weiter stark zu spüren bekommen.
Mit den Lösungen von NFON haben Unternehmen die Möglichkeit flexibel, ortsunabhängig und kosteneffizienter zu agieren. Aufgrund der nahtlosen Implementierung und Skalierbarkeit hat ein neuer Kunde von heute auf morgen die Opportunität, alle Mitarbeiter problemlos im Homeoffice weiter arbeiten zu lassen und zusätzlich sogar noch Geld zu sparen.
Aufgrund des durch die Coronakrise angestoßenen gravierenden Umbruchs und den sich daraus für die Gesellschaft ergebenden Chancen streifte der Vorstandsvorsitzende folgend nur kurz die Geschäftsentwicklung des vergangenen Jahres und bezog sich vielmehr auf die jüngsten Entwicklungen des ersten Quartals 2020. Wie Szymanski darstellte, unterstrich dieses jüngste Quartal erneut eindrücklich die Stärke des Geschäftsmodells und das beschriebene neue Momentum.
In den ersten drei Monaten 2020 konnte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 36 Prozent auf 16,4 Mio. Euro gesteigert werden. Abzüglich des anorganischen Umsatzbeitrags der DTS erhöhte sich der Gesamtumsatz um rund 23 Prozent. Die so wichtige Steuerungsgröße der wiederkehrenden Umsätze entwickelte sich mit einem Anstieg von 36 Prozent gleichermaßen erfreulich und unterstreicht die Qualität und Nachhaltigkeit des Neugeschäfts. Insgesamt entspricht der Anteil der wiederkehrenden Umsätze am Gesamtumsatz stolze 86 Prozent.
Dies garantiert laut CEO selbst in einer möglicherweise voranschreitenden Rezession die Stabilität und Robustheit des Geschäftsmodells. Zudem betonte Szymanski erneut, dass die Unternehmenskunden mit den NFON-Lösungen neben den zahlreichen Vorteilen von Flexibilität und Mobilität in erster Linie auch Geld sparen. Der Vorstand sieht sich somit auch für volkswirtschaftlich deutlich düstere Zeiten gut gewappnet. Die Chancen überwiegen die Risiken deutlich.
Doch neben der erfreulichen Entwicklung des Neukundengeschäfts zeigte sich auch in dem durchschnittlichen Umsatz pro Nutzer (ARPU) eine sehr positive Entwicklung. Nachdem Ende 2019 ein ARPU von 9,64 Euro erreicht wurde, stieg dieser im März deutlich auf 10,43 Euro an. Diese gute Entwicklung im dritten Monat des ersten Quartals schlug sich prompt im EBITDA des gesamten Dreimonatszeitraum nieder. So konnte im Vergleich zum Vorjahresquartal, in dem ein EBIDTA von minus 1,7 Mio. Euro erzielt wurde, nun mit minus 0,1 Mio. Euro nahezu die EBITDA-Gewinnschwelle erreicht werden – ein Erfolg, mit dem aufgrund der energisch vorangetriebenen Wachstumsstrategie wohl kein Aktionär gerechnet hätte.
An dieser Stelle wich Szymanski dann auch kurz vom Skript ab und bedankte sich ausdrücklich bei den Aktionären. Die sich nun schon einstellenden Erfolge der Wachstumsstrategie sind unbestritten die Früchte des erfolgreichen Börsengangs vor knapp über zwei Jahren. Doch um die Wachstumsstrategie auch weiter voranzutreiben, sprich sowohl organisch als auch anorganisch wachsen zu können, spielen die Finanzierungsoptionen nach wie vor eine große Rolle. So zeigte sich der CEO auch erfreut, mit ACO einen weiteren großen Aktionär als finanzstarken Investor gefunden zu haben.
Hier übernahm CSO Rodríguez das Wort und stellte ein Projekt vor, auf das der Vorstand besonders stolz ist. In der Zeit, als nahezu alle Länder in Europa Kontaktmöglichkeiten einschränkten oder gar komplett untersagten, startete die Gesellschaft eine Zusammenarbeit mit dem Wiener Landesverband für Psychotherapie (WLP). Durch den schnellen und problemlosen Einsatz von Cloudya konnte das WLP innerhalb kürzester Zeit ein umfangreiches digitales Unterstützungsprogramm initiieren.
Mittlerweile wird die WLP-Hotline von über 160 Psychotherapeuten betreut, weitere 100 stehen auf der Warteliste. Täglich zwischen 8:00 und 22:00 Uhr erreichen die Bürger telefonisch ausgebildete Psychotherapeuten kostenfrei und erhalten so professionelle Hilfe in belastenden Lebenssituationen. Seit Inbetriebnahme der Hotline konnten bereits mehr als 750 Menschen telefonisch Unterstützung finden.
Der Einsatz von Cloudya beim WLP verdeutlich unmissverständlich, welche Vorteile Cloud-Lösungen haben: innerhalb von 24 Stunden einsetzbereit und skalierbar, einfach zu bedienen und hochverfügbar. Die Psychotherapeuten arbeiten unabhängig von Endgerät und Ort. Die ursprünglich vorhandene Anzahl an Seats, die vom WLP bereits vor der Covid-19-Pandemie im Projektbetrieb im Einsatz war, wurde für die Hotline verfünffacht.
Die WLP-Kooperation steht hierbei laut dem CSO jedoch nur für eines von vielen Kunden-Beispielen. NFON ist problemlos in der Lage, große Projekte über mehrere tausend Standorte in kürzester Zeit auszurollen. So etwa mit dem sogenannten SIP-Trunk, einer Brückentechnologie für all diejenigen, die den Sprung in die reine IP-basierte Telefonwelt noch nicht wollen. So konnten in den letzten Monaten auch bei großen Filialisten immer mehr SIP-Trunks verkauft und erfolgreich implementiert werden.
Inzwischen wurden zudem insgesamt über 2.700 Partner in das NFON-Netzwerk eingebunden. Viele neugewonnene Partner, insbesondere auch in den Ländern Italien, Frankreich und Spanien, befinden sich noch in der Startphase des Vertriebs von NFON-Cloud-Telefonanlagen. Mit den bereits bestehenden Partnern wurden mittlerweile über 40.000 Unternehmenskunden an die Gesellschaft gebunden. Die Seat-Basis konnte bis zum Ende des ersten Quartals auf insgesamt 467.253 Seats erweitert werden. All diese Zahlen spiegeln laut dem Vorstand den bereits nun schon sichtbaren großen Erfolg der Wachstumsstrategie wider. Für das laufende Jahr rechnet der Vorstand mit einem Seat-Wachstum von 20 bis 24 Prozent.
CTO Jan-Peter Koopmann war als nächstes an der Reihe. Der Dienstälteste der drei Vorstände unterstrich erneut das große Marktpotenzial des Cloud-Kommunikationsspezialisten. Die Covid-19-Pandemie beschrieb er gleich einem Wirbelsturm, der die Veränderungsgeschwindigkeit in der Geschäftskommunikation um ein Vielfaches erhöht hat. Die alte Welt der Telefonie ist laut dem CTO statisch, unflexibel und wenig skalierbar. Viele Unternehmen, die auf dieses alte System vertraut haben, mussten nun schmerzhaft erkennen, dass sie für diese Krise nicht gerüstet waren.
Die Cavell Group, ein Marktforschungsinstitut mit dem Schwerpunkt auf Cloud-Kommunikation und Cloud-Netzwerke in Europa, hat in ihrer neuesten Studie die große Bedeutung von Telefonie herausgearbeitet. Dicht gefolgt von der E-Mail als Kommunikationskanal, nutzen zwischen 64 und 80 Prozent der befragten Unternehmen das Telefon als bevorzugtes Kommunikationsmittel. Für Zwecke der Sprachtelefonie greifen Nutzer zudem besonders stark auf die Mobilfunktelefonie zurück. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer ortsunabhängigen Telefonanlage.
Und genau hier ist NFON der richtige Partner. Die hauseigene Lösung stellt den Kunden eine flexible, mobile und zuverlässige Cloud-Telefonanlage, gepaart mit hohen Qualitätsstandards, an die Seite. Mit diesem robusten und wiederkehrenden Kern des Geschäftsmodells zeigen sich vielfältige Synergie- und Wachstumsoptionen, beispielsweise das Angebot eigener Video-, Messaging- und Kollaborationsfunktionen sowie die Integration der Cloud-Telefonie-Lösungen in bestehende Unified Communications-Lösungen.
Zu Letzterem konnte bereits Ende vergangenen Jahres zusammen mit Microsoft ein namhaftes Produkt lanciert werden: Nvoice for MS Teams. Hier verschmilzt laut dem CTO das Beste aus zwei Welten: eine gute Kollaborations-Plattform (MS Teams) und eine gute Telefonie-Lösung (Cloudya) in einem. Weiter wurde im Oktober 2019 NCTI pro und im Januar 2020 zur Erhöhung der Sicherheit die Zwei-Faktor-Authentifizierung, kurz 2FA, eingeführt. Sehr große Chancen sieht der Vorstand zudem in der Entwicklung einer eigenen, in Cloudya integrierten Videofunktion.
Die vielfältigen Chancen für die Gesellschaft sind deutlich zu erkennen, bringen jedoch laut Koopmann auch das Erfordernis mit sich, auf eine ausreichende Anzahl von Softwarearchitekten und -entwicklern zurückgreifen zu können. Der vorherrschende Fachkräftemangel im Bereich Softwareentwicklung stellt für die Gesellschaft seit jeher eine große Herausforderung dar. Doch Koopmann zeigte sich selbstbewusst, dass diese Herausforderung bereits konsequent gemeistert wird.
Dass mit der Übernahme der Onwerk GmbH aus Mannheim ein hochqualifiziertes Team an Entwicklern und Softwarearchitekten auf Anhieb gewonnen werden konnte, hob der CTO als großen Erfolg hervor. Mit Standorten in München, Mainz, Berlin und jetzt auch Mannheim verfügt die NFON-Gruppe nun über insgesamt vier Forschungs- und Entwicklungszentren in Deutschland. Damit aber nicht genug.
Der Vorstand sondiert seit Monaten mit Hochdruck die europäische Landschaft, um weitere Softwareentwicklungsperlen wie die Onwerk GmbH zu übernehmen. Zeitgleich wird der eigenständige Aufbau eines weiteren Entwicklungszentrums in einem europäischen Land vorangetrieben. Ein solches bezeichnete der CTO als bedeutenden Antrieb zur Nummer eins der Cloud-Telefonie in Europa.
Dem stimmte CEO Szymanski beherzt zu, der abschließend noch kurz zum Ausblick Stellung bezog. Für das laufende Jahr hält der Vorstand nach wie vor an den veröffentlichten Zielen fest. Die Anzahl der Seats soll organisch um 20 bis 24 Prozent wachsen. Die wiederkehrenden Umsätze sollen mit einem Anteil am Gesamtumsatz zwischen 80 und 85 Prozent auf dem in etwa gleichen Niveau bleiben. Gemeinsam mit Partnern und Aktionären freut sich Szymanski sehr darauf, den Thron der europäischen Cloudtelefonie zu erklimmen.
Beantwortung der FragenIm Zuge des Formats der virtuellen Hauptversammlung bedauerte Aufsichtsratsvorsitzender Koppitz, dass die bei NFON gewohnt lebendige Generaldebatte digital so nicht abgebildet werden konnte. Hierfür standen am Markt kaum praxistaugliche Tools zur Verfügung; und die vorhandenen hätten zu große rechtliche Unabwägbarkeiten mit sich gebracht. Somit blieb dem Management nichts weiter übrig, als wie nahezu alle anderen börsennotierten Unternehmen in Deutschland lediglich die Einreichung von Fragen im Vorlauf der Hauptversammlung einzuräumen.
Den NFON-Vorstand erreichten in diesem Zuge insgesamt neun Fragen. Sieben Fragen davon betrafen die sich durch die Coronakrise für die Gesellschaft ergebenden Herausforderungen und Chancen. Alle drei Vorstände beteiligten sich rege an der Beantwortung. Dabei wurde jede Frage einzeln vorgelesen und gründlich beantwortet, obwohl es häufig Überschneidungen gab.
So wollte ein Aktionär erneut ausführlich erläutert haben, wie sich die Gesellschaft in Zeiten der vorherrschenden Krise entwickelt und ob sich für NFON ein Rückgang des Wachstums abzeichnet. CEO Szymanski verwies hierbei wiederholt auf das Ergebnis des ersten Quartals. Dieses habe gezeigt, dass die Gesellschaft sich trotz – und auch gerade wegen - der Krise sehr gut entwickelt. Dies betrifft zum einen den weit über den Erwartungen liegenden ARPU über alle Vertriebskanäle und Länder hinweg. Diese Entwicklung sorgte sogar überraschend dafür, dass die Gesellschaft bereits im ersten Quartal auf EBITDA-Basis die Gewinnschwelle nahezu durchbrach.
Doch auch bei der Entwicklung der Seats zeigt sich ein deutliches Wachstum – trotz der für viele Kunden wirtschaftlich schwierigen und unsicheren Situation. Hierbei besteht für NFON zwar ebenfalls eine gewisse Unsicherheit, ob und in welchem Umfang eine nachhaltige Rezession in Europa eintritt – doch eines ist klar: Die durch die Coronakrise von heute auf morgen unerbittlich offenbarte Bedeutung digitaler Kommunikationslösungen und das damit zusammenhängende branchen- und länderübergreifende Umdenken werden für die Gesellschaft auch langfristig das Wachstum beschleunigen. Summa summarum gehen Szymanski und seine Vorstandskollegen somit davon aus, dass die durch die Coronakrise entstehenden Chancen die Risiken deutlich übersteigen.
Die Folgen einer möglicherweise schweren und lang anhaltenden Rezession spielten jedoch auch in weiteren Aktionärsfragen eine zentrale Rolle. So wollte ein Aktionär wissen, wie belastbar sich die wiederkehrenden Umsätze bisher entwickelt haben und wie die Gesellschaft in Zeiten von allgemeinen Kostensparmaßnahmen neue Kunden dazugewinnen möchte. Szymanski verdeutlichte hierzu nochmal das Momentum der zwei eingetretenen Effekte. Sicherlich verschieben zahlreiche Kunden den Aufbau neuer Arbeitsplätze und bauen aktuell diese sogar teilweise ab. Dennoch überwiegt der positive Effekt auf der anderen Seite, dass nahezu alle Unternehmen von heute auf morgen Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten lassen müssen und deshalb auf Cloud-Kommunikationslösungen angewiesen sind.
Doch eines war dem CEO besonders wichtig: Die Cloudlösung von NFON ist kein weiterer Kostenblock, sondern viel eher eine weitere Kostensparmaßnahme. Neben den Vorteilen von Ortsunabhängigkeit, Flexibilität und Skalierbarkeit können Kunden durch die leistungsbezogene Abrechnung zusätzlich auch Geld sparen. Die Notwendigkeit der NFON-Lösungen für Kunden sowie das Modell der wiederkehrenden Umsatzerlöse stellen für die Gesellschaft ein krisenrobustes Fundament dar. Nun ist es die Aufgabe des Vorstands, den durch die Coronakrise erfreulichen Rückenwind zu nutzen, um den Weg an die Spitze der europäischen Cloud-Telefonie noch schneller zu erreichen.
Dass dieser Rückenwind vor allem durch das verstärkte Arbeiten im Homeoffice erzeugt wird, bestätigte der CEO auf die Frage eines Aktionärs hin. Es gibt nicht wenige Unternehmen, die nun bereits frühzeitig einen nicht unwesentlichen Teil der Mitarbeiter dauerhaft im Homeoffice arbeiten lassen möchte. Neben dem Schutz in Zeiten der Corona-Pandemie, spielt heutzutage auch für immer mehr Menschen das Thema Work-Life-Balance eine große Rolle. Das Ermöglichen ortsunabhängigen Arbeitens für ortsunabhängige Jobs ist mehr als ein kurzfristiger Trend. So ist erst kürzlich ein Artikel erschienen, der sich mit der Thematik auseinandersetzt, ob es zukünftig überhaupt noch weitere Wolkenkratzer mit riesigen Bürokomplexen für tausende von Mitarbeitern so geben wird.
Gleich zwei Fragen zielten darauf ab, ob es durch den abrupt eingetretenen vollständigen Wechsel ins Homeoffice bei NFON-Vorstand und -Mitarbeiterschaft zu Effizienzverlusten kam. Die damit zusammenhängenden Sorgen konnte CTO Koopmann jedoch vollständig zerstreuen. Aufgrund der technischen Ausstattung stellte der radikale Wechsel keinerlei Probleme dar. Hierbei wies der CTO auf die Selbstverständlichkeit hin, dass die Gesellschaft auch mit Cloudya arbeitet. Zudem arbeitete auch bereits vor der Covid-19-Pandemie ein Großteil der Mitarbeiter regelmäßig im Homeoffice. Anders als produzierende Unternehmen konnte die Gesellschaft seit Beginn der Krise ihr Geschäft sogar weiter ausbauen.
Hier verwies Szymanski nochmal auf die im ersten Quartal überraschend nahezu erreichte Gewinnschwelle auf EBITDA-Basis. Von einem nachhaltig anhaltenden Break-even wollte der CEO jedoch noch nicht sprechen. Gerade mit dem aufgekommenen Rückenwind,wird die Gesellschaft die Wachstumsstrategie weiter vorantreiben. Dies bedeutet nach wie vor: Wachstum vor Profitabilität. Zudem wirkten sich auch kurzfristig die nicht stattgefundenen Messen und Veranstaltungen einmalig positiv auf das Ergebnis aus. Sobald möglich, wird die Gesellschaft auch solche Vertriebskanäle wieder bespielen.
Der Blick ging ferner weg von Deutschland und hin zu den Tochtergesellschaften in Italien und Frankreich. Ein Aktionär wollte wissen, wie diese sich in den letzten Monaten entwickelt haben. CSO Rodríguez erläuterte ausführlich, dass beide Töchter sich noch in einem frühen Stadium des Aufbaus befinden. Die eingetretene Krise hat das dortige Wachstum im Vergleich zum ursprünglichen Plan kurzfristig sogar gebremst. In den von Corona am stärksten betroffenen Ländern Italien, Frankreich und Spanien stellt sich die wirtschaftliche Situation deutlich schlechter dar als in Deutschland. Wenn eine komplette Volkswirtschaft zum Erliegen gebracht wird, dann ist es auch vom Homeoffice aus nicht leicht zu arbeiten.
Doch Rodríguez zeigte sich optimistisch, dass das durch die Krise neu eingesetzte Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Cloud-Telefonanlage sich auch in diesen Ländern bereits mittelfristig deutlich niederschlagen wird. Der CSO appellierte, dass nach Corona nichts mehr so sein wird wie vor Corona – und das zum klaren Vorteil für NFON. So können die ausländischen Tochtergesellschaften auch in dieser gesamtwirtschaftlich äußerst schwierigen Zeit neue Partner und Kunden gewinnen. Weiter steht das Management auch in zahlreichen Verhandlungen mit mächtigen Großhandelsunternehmen. Kurz und knapp: Die positive Entwicklung wird sich auch bei den europäischen Töchtern fortsetzen und diese mittelfristig gar beschleunigen.
Aufgrund der äußerst positiven Aussichten für die Gesellschaft konnte CEO Szymanski der nächsten Frage ebenfalls zustimmen. Diese zielte darauf ab, ob M&A-Aktivitäten nach wie vor ein wichtiger Baustein in der Wachstumsstrategie sind. Der Vorstandsvorsitzende bestätigte, dass der Vorstand den Markt mehr denn je nach Übernahmechancen sondiert. Die Krise wird nach Einschätzung von Szymanski das eine oder andere zusätzliche Target hervorbringen. Mit finanzstarken Ankerinvestoren im Rücken, die sich einstimmig zur Wachstumsstrategie bekennen, wird das Management anorganische Chancen nach wie vor nutzen.
Wie bereits auf der außerordentlichen Hauptversammlung im Dezember 2019 detailliert verkündet, spielen drei Faktoren hierbei eine Rolle: Vergrößerung der Seat-Anzahl, Verstärkung des Produkt- und Serviceportfolios sowie Ausbau des Forschungs- und Entwicklungsteams. Im Falle lukrativer Übernahmekandidaten, die zumindest eine der drei genannten Voraussetzungen erfüllen, wird der Vorstand im Sinne der Wachstumsstrategie nicht zimperlich sein.
Eine weitere Frage bezog sich auf die hohen Nicht-Prüfungsleistungen des Abschlussprüfers, deren Notwendigkeit kritisch hinterfragt wurde. Szymanski erklärte, dass sich die vom Abschlussprüfer in Rechnung gestellten sonstigen Leistungen von 156 TEUR auf qualitätssichernde Unterstützungsleistungen im Zuge der Einführung neuer IFRS-Rechnungslegungsstandards wie IFRS 15 und IFRS 38 beziehen. Weiter unterstützte der Abschlussprüfer bei der Weiterentwicklung von Richtlinien, Systemen und Prozessen. All diese Leistungen erachtet der Vorstand als üblich.
Abschließend ging es noch um das Format der virtuellen Hauptversammlung. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) wollte wissen, ob die NFON-Verwaltung eine physische Hauptversammlung vor Ort befürwortet. Szymanski und Koppitz zeigten sich hierbei amüsiert hin- und hergerissen. Auf der einen Seite vermissen Vorstand und Aufsichtsrat den bisher auf NFON-Hauptversammlungen regen und intensiven persönlichen Austausch mit den Aktionären. Auf der anderen Seite kommt bei der Thematik sicherlich auch die Liebe und Leidenschaft zur Digitalisierung hervor.
Auch eine Hauptversammlung ortsunabhängig und somit deutlich flexibler darstellen zu können, bringt sowohl für Gesellschaft als auch für Aktionäre einige Vorteile mit sich. Auf beiden Seiten können erhebliche Kosten und Kapazitäten gespart sowie Beschlüsse deutlich schneller und flexibler gefasst werden. Doch Koppitz wies hierbei auch daraufhin, dass das Format der virtuellen Hauptversammlung vorerst sowieso noch auf die Zeit der Covid-19-Pandemie begrenzt ist. Langfristig wird sich dann herauskristallisieren, mit welcher Geschwindigkeit und Qualität sich die Digitalisierung auch auf gesellschaftsrechtlicher Ebene entfalten wird.
AbstimmungenAufsichtsratsvorsitzender Koppitz verkündete die Präsenz mit 10.936.873 Aktien. Bezogen auf das Grundkapital von 15.055.569 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 72,64 Prozent. Von den vertretenen Stimmen wurden lediglich 32,36 Prozent durch die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft vertreten. Die restlichen Stimmen gingen auf die elektronische Briefwahl zurück.
Alle Beschlussfassungen wurden mit deutlicher Mehrheit angenommen, darunter die Entlastung der Mitglieder des Vorstands mit 96,62 Prozent (TOP 2), die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats mit 72,50 Prozent (TOP 3) und die Bestellung von KPMG zum Abschlussprüfer der Gesellschaft mit 92,59 Prozent (TOP 4). Bei den Beschlussfassungen zu den Satzungsänderungen im Zuge der zweiten Aktionärsrichtlinie unter TOP 5 fanden beide Beschlüsse eine Zustimmung von 100 Prozent.
Bei der Beschlussfassung zur Entlastung des Aufsichtsrats fehlten die Stimmen der im Aufsichtsrat vertretenen Ankeraktionäre, weswegen der Block von gut 1 Mio. Neinstimmen prozentual eine dementsprechend große Auswirkung hatte. Um 12 Uhr schloss der Vorsitzende die ordentliche Hauptversammlung 2020.
FazitDie NFON AG zeigt, wie man es macht. Wo bei anderen Unternehmen Vorstände und Aufsichtsräte behäbig und stockend durch die im Zuge der Coronakrise ermöglichte virtuelle Hauptversammlung stolpern, präsentiert die NFON-Verwaltung ein digitales Glanzstück. Frei und ortsunabhängig voneinander sitzend wechselten sich die Vorstände reibungslos bei der Präsentation der Vorstandsrede und der Beantwortung der Fragen ab, sodass jedem Aktionär zum Ende hin eines klar war: NFON kann nicht nur Digitalisierung – NFON lebt und verkörpert diese.
Als Cloud-Kommunikationsspezialist agiert die Gesellschaft in einem gigantischen Markt. Der Blick über den großen Teich, hin zu den Konkurrenten RingCentral, 8x8 und Five9 zeigt schonungslos das gewaltige Potenzial der Gesellschaft. Die von den US-Amerikanern bereits geschriebenen Erfolgsgeschichten schlagen sich auch in deren Aktienkursen nieder. Diese kennen nur eine Ausrichtung: von links unten, nach rechts oben. Nicht verwunderlich: Allesamt sind Lieblinge der Börsianer.
Dass die NFON AG erst 2007 gegründet wurde, ist aufgrund der digitalen Trägheit der Europäer kein großes Hindernis für die Gesellschaft. Insbesondere die sonst so wirtschaftsstarke Bundesrepublik Deutschland weist bei der Cloud-Telefonie eine Durchdringungsrate von lediglich 4 Prozent auf. Abgehängter im internationalen Vergleich kann man kaum noch sein. Umso erfreulicher für NFON: das Geschäft liegt vor den Füßen und muss nur noch eingesammelt werden. Die Studie der Cavell Group rechnet allein bis 2023 für Deutschland mit einem Anstieg der Durchdringungsrate auf 14 Prozent – die Rahmenbedingungen könnten kaum besser sein.
Hinzu kommt die Coronakrise, welche sich bereits in der jetzigen Krisensituation für die Gesellschaft als einenormer Wachstumsbeschleuniger entpuppt. Der stark angestiegene ARPU, der für das nahe Erreichen der Gewinnschwelle sorgte, dürfte hierbei sogar der eher kleinere positive Effekt sein. Viel eher ist es das allgemeine Umdenken und die eingetretene Selbstverständlichkeit von flexiblem und ortsunabhängigenmArbeiten. Nicht umsonst rechnen große Verkehrsunternehmen wie die Lufthansa auch langfristig mit einem starken Rückgang von Businessreisen. Wieso auch fliegen? Erweisen sich die digitalen Lösungen doch als viel günstiger und gleichermaßen effizient.
So bleibt für die Gesellschaft die größte Herausforderung der Fachkräftemangel. Dieser Mangel ist scheinbar das größte Hindernis. Die Wachstumsstrategie der Gesellschaft fokussiert sich derzeit auf das Seat-Wachstum, organisch wie anorganisch. Die Anzahl der Seats und die damit zusammenhängenden robusten wiederkehrenden Umsätze stellen im Langfrist-Szenario bescheiden formuliert jedoch lediglich die Grundlage für viel Größeres dar. Die Telefonie als Kernlösung, gepaart mit zahlreichen Unified Communications-Lösungen offenbart den wahren Schatz im Acker. Hierfür braucht es aber natürlich eine ausreichende Anzahl von Softwareentwicklern.
Konkret geht es darum, rund um die Telefonie so schnell wie möglich zahlreiche weitere Kommunikationsmedien anzudocken. Das Schillerndste von allen erwähnte Koopmann dann nahezu beiläufig in einem Satz: das Integrieren einer eigenen Videofunktion in Cloudya. Auch hier lohnt sich derzeit der Blick nach Kalifornien. Nein, nicht nach Hollywood, sondern nach San José. Hier sitzt das US-amerikanische Softwareunternehmen Zoom, das Software für Videokonferenzen anbietet. Zoom konnte seine Nutzerzahl von 10 Millionen im Dezember 2019 auf über 200 Millionen Nutzer im März 2020 steigern. Der Börsenwert des Videoanbieters explodierte daraufhin auf über 40 Mrd. USD.
Und genau hier liegt auch das Potenzial der NFON AG: das Anbieten von jeglichen Kommunikationslösungen auf einer cloudbasierten Plattform. Die Seat-Basis als Einfallstor - bereits jetzt schon jetzt bei mehr als 40.000 Unternehmenskunden - und bald hoffentlich noch bei sehr viel mehr. Auch wenn der Vorstand dieses Ziel zur Zeit noch nicht ausruft: NFON, nicht nur auf dem Weg zur Nummer eins der Cloud-Telefonie, sondern zur Nummer eins der Cloud-Kommunikationslösungen – darin liegt das wahre Potenzial. Und zwar ein gewaltiges.
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Veröffentlichungsdatum:
08.06.2020
-
11:30
Redakteur:
ppe