Die Varengold Bank AG hatte für den 24. August 2016 zur Hauptversammlung in das Haus der Wirtschaft nach Hamburg eingeladen. Etwa 30 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, um sich über die Investmentbank zu informieren, die sich künftig auf die Bereiche Prime Brokerage und Commercial Banking fokussiert. Für GSC Research war Matthias Wahler vor Ort.
Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Karl-Heinz Lemnitzer eröffnete die Versammlung um 10 Uhr und teilte mit, dass er mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 14. Dezember 2015 in den Aufsichtsrat bestellt worden ist. Dort trat er die Nachfolge von Sanjay Shah an, der sein Amt am 7. Dezember 2015 vorzeitig beendet hat.
Darüber hinaus hat Edo Barac sein Aufsichtsratsmandat am 31. März 2016 vorzeitig niedergelegt. An seine Stelle wurde mit Wirkung zum 1. April 2016 Alexander Körner gerichtlich bestellt. Beide sollten unter TOP 5 noch einmal offiziell von der Hauptversammlung gewählt werden.
Beide Herren waren persönlich anwesend und stellten sich im Folgenden kurz vor. Herr Körner ist 44 Jahre alt, war viele Jahre in diversen internationalen Investmentbanken tätig und ist seit 2010 als Geschäftsführer der GreenShield Capital GmbH selbstständig aktiv.
Dr. Lemnitzer ist 66 Jahre alt und war fast 40 Jahre bei der KPMG als Wirtschaftsprüfer mit Schwerpunkt auf dem Bankbereich tätig gewesen. Entsprechend verfügt er in der Branche über große Erfahrung betreffend die handels- und die aufsichtsrechtlichen Regularien, die er nun in der Varengold Bank einbringen will.
Das dritte Aufsichtsratsmitglied Michael Stephen Murphy war wegen eines wichtigen geschäftlichen Termins entschuldigt. Der Vorstand, der inzwischen nur noch aus zwei Mitgliedern besteht, war mit Dr. Bernhard Fuhrmann und Frank Otten komplett vertreten.
Nach Abhandlung der Formalien und einigen ergänzenden Worten zum Aufsichtsratsbericht übergab Dr. Lemnitzer an den Vorstand.
Bericht des VorstandsDr. Fuhrmann begann mit einem Überblick über die Highlights der vergangenen 18 Monate. Als erstes wesentliches Ereignis benannte er im Februar 2015 den Erwerb der übrigen 50 Prozent der Varengold Investmentaktiengesellschaft und deren Anbindung als 100prozentiges Tochterunternehmen. Im April 2015 wurden im Rahmen einer Barkapitalerhöhung 176.963 neue Aktien zu einem Preis von 20 Euro ausgegeben.
Im Juli und August 2015 kam es zu einigen personellen Veränderungen. Die damaligen Vorstandsmitglieder Yasin Sebastian Qureshi, Mohammad Hans Dastmaltchi und Steffen Fix schieden aus dem Vorstand aus und die Aufsichtsräte legten ihre Ämter nieder. Im September 2015 leitete der neue Vorstand dann erste Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ein und beschloss, die Präsenzen in Dubai und Beirut zu schließen.
Das laufende Geschäftsjahr 2016 begann im Februar mit einer weiteren Kapitalerhöhung. Im Rahmen eines öffentlichen Bezugsangebots und einer darauffolgenden Privatplatzierung wurden weitere 971.184 Aktien zu einem Preis von 13 Euro ausgegeben. Damit wurde Dr. Fuhrmann zufolge ein Mittelzufluss von 12,7 Mio. Euro erreicht.
Im März 2016 beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat, den Geschäftsbereich Capital Markets Brokerage aufzugeben und das Geschäft der Varengold Bank auf den nachhaltigen Ausbau der Geschäftsbereiche Prime Brokerage und Commercial Banking zu fokussieren.
Im Juni 2016 folgte der Umzug in neue Geschäftsräume, in denen die Mitarbeiter besser untergebracht werden können. All diese getroffenen Maßnahmen zusammen zeigen bereits erste Erfolge. Im ersten Halbjahr 2016 konnte ein positives operatives Ergebnis von 1,8 Mio. Euro erzielt werden.
Dr. Fuhrmann kam dann zu den Zahlen des Geschäftsjahres 2015, in dem die Bilanzsumme auf 601 (Vorjahr: 353) Mio. Euro noch einmal signifikant gestiegen ist. Wie der Vorstand erinnerte, habe man immer erklärt, man wolle das Geschäft ausweiten und wachsen. Dies spiegelt sich nun in den Kundeneinlagen wider, die auf 588 (304) Mio. Euro erheblich zugenommen haben.
Die eingeworbenen Mittel werden zumeist kurzfristig als Forderungen an Kunden herausgegeben. Dass in der Bilanz das Guthaben bei der Bundesbank mit 217 (15) Mio. Euro einen großen Raum einnimmt, ist laut Dr. Fuhrmann der Stichtagsbetrachtung geschuldet. Die Gelder werden nur zwischen den Ausleihungen als Bundesbankguthaben oder liquide Mittel geparkt.
Grundsätzlich war 2015 Dr. Fuhrmann zufolge ein Jahr des Umbruchs. Den erwirtschafteten Jahresfehlbetrag von 13,2 Mio. Euro bat er insofern nicht überzubewerten. Rein operativ lag der Verlust bei 5,8 Mio. Euro. Hinzu kamen außerordentliche Aufwendungen von 7,4 Mio. Euro im Wesentlichen bedingt durch die Abfindungszahlungen an ehemalige Vorstände in Höhe von 4,1 Mio. Euro.
Im ersten Halbjahr 2016 ist die Bilanzsumme auf 634 (626) Mio. Euro nochmals geringfügig gewachsen. Dr. Fuhrmann lenkte den Blick aber vor allem auf die Ertragslage. Mit einem sehr erfreulichen Zwischenergebnis von plus 1,8 (minus 2,4) Mio. Euro hat die Varengold Bank in den ersten sechs Monaten die Verlustsituation beendet. Wesentlich dazu beigetragen hat die Reduktion der Verwaltungsaufwendungen auf 8,2 (10,2) Mio. Euro.
Dr. Fuhrmann kam dann zum Ausblick. Um die Wachstumschancen nutzen und flexibel agieren zu können, soll die Eigenkapitaldecke mittelfristig weiter gestärkt werden. Zu diesem Zweck war unter TOP 6 die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals vorgeschlagen, um das Maximalvolumen nach der jüngsten Kapitalerhöhung wieder anzupassen.
Operativ sollen die beiden Kerngeschäftsbereiche weiter ausgebaut und optimiert werden. Im Segment Prime Brokerage soll neben der Asset-Klasse Equity der Bereich Real Estate stärker ausgebaut und im Segment Commercial Banking vor allem mit den Themen Forfaitierung, Akkreditiv-Geschäft und der Vergabe von Bankgarantien Wachstum erzielt werden.
Nach der strategischen Refokussierung und mit Blick auf die eingeleiteten operativen Verbesserungsmaßnahmen blickt der Vorstand optimistisch in die Zukunft. Dr. Fuhrmann zeigte sich zuversichtlich, auch das Gesamtjahr mit einem leicht positiven Ergebnis abschließen zu können. Er bekräftigte die Aussage im Geschäftsbericht, wonach 2016 ein Vorsteuerergebnis von 200 TEUR erzielt werden soll.
Allgemeine AusspracheAktionär Matthias Schedler war aufgefallen, dass die Bilanz ein „Instrument des zusätzlichen aufsichtsrechtlichen Kernkapitals“ in Höhe von 5 Mio. Euro enthält. Er wollte wissen, um was es sich dabei handelt und wer dieses Instrument zu welchen Konditionen gewährt hat.
Nach Aussage von Dr. Fuhrmann geht es um ein Nachrangdarlehen, konkret um einen CoCo-Bonds, also eine bedingte Wandelanleihe, die dann zu Eigenkapital wird, wenn bestimmte Kapitalgrenzen unterschritten werden. Aufsichtsrechtlich zählt der Bonds damit zum Eigenkapital, was ihn sehr interessant macht. Gezeichnet wurde die Anleihe von einem institutionellen Anleger zu günstigen 0,25 Prozent.
Weiter interessierte Herrn Schedler, wer die 974.184 Aktien bei der jüngsten Kapitalerhöhung gezeichnet hat. Wie Dr. Fuhrmann ausführte, wurden in einem ersten Schritt alle Stücke von der Dero Bank in München übernommen. Sie hat die Papiere aber innerhalb von zwei Wochen weitergegebenen. Derzeit forsche man nach, wer die Aktien übernommen hat. Noch gibt es aber diesbezüglich keine Erkenntnisse.
In die gleiche Richtung ging die Frage von Aktionär Gerrit Bakker nach der aktuellen Aktionärsstruktur. Zuvor hatte der Vorsitzende die Präsenz mit 17,96 Prozent verkündet. Sie lag damit deutlich unter dem Vorjahreswert von 64,84 Prozent. Dabei müssten nach Auffassung von Herrn Bakker die Investoren, die bei den Kapitalerhöhungen zu Preisen über Börsenkurs eingestiegen sind, doch großes Interesse am Geschäftsverlauf haben.
Auch hier konnte Dr. Fuhrmann keine Antwort liefern. Es liegt keine Meldung über eine Beteiligung von mehr als 10 Prozent vor und bei den Kapitalerhöhungen wisse man wie dargelegt nur, wer im ersten Schritt gezeichnet hat. Auf der letztjährigen Hauptversammlung waren verschiedene Firmen mit Beteiligungen zwischen 5 und 10 Prozent vertreten. Ob diese noch beteiligt sind, ist nicht bekannt. Vorstand und Aufsichtsrat halten keine Aktien.
Ferner bestätigte der Vorstand auf Nachfrage von Herrn Schedler, dass das Eigenkapital zum 31. Dezember 2015 nur noch 2,4 Mio. Euro betragen hat. Mit der Kapitalerhöhung im Februar 2016 ist es dann deutlich gestiegen. Aktuell belaufen sich die Eigenmittel auf rund 17 Mio. Euro.
Ungehalten zeigten sich alle Redner von der Abfindung von enormen 4,1 Mio. Euro für die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder. Nach Meinung von Aktionär Dieter Schwarzlos dürften die Herren überhaupt keine Abfindung erhalten, nachdem sie doch im Einvernehmen ausgeschieden sind.
Dies betreffend bat Dr. Fuhrmann um Verständnis, dass die Vorstandsverträge jeweils bis 2020 liefen und die Herren Anspruch auf eine Gehaltszahlung bis zum Laufzeitende hatten. Man habe sich dann auf eine Teilzahlung geeinigt und dies auch prüfen lassen. Die Abfindung bewegt sich demnach im üblichen Rahmen.
Ergänzend informierte der Vorstand auf Nachfrage aus dem Aktionariat, dass das Vorstandsgehalt im Geschäftsjahr 2015 ohne Abfindungen 1,9 Mio. Euro betragen hat. Darin enthalten waren 0,3 Mio. Euro variable Bezüge. Der Vertrag von Herrn Otten läuft bis April 2020, der von Dr. Fuhrmann bis April 2021.
Weiterhin erkundigte sich Herr Schedler nach der Struktur der Kundeneinlagen, die im vergangenen Jahr noch einmal erheblich zugenommen haben. Herrn Bakker interessierte vor allem, ob die Einlagen eher aus dem Inland oder aus dem Ausland stammen. Zumindest bis vor einigen Jahren gab es seines Wissens noch eine enge Beziehung zum arabischen Raum.
Nach Aussage von Herrn Otten ist die Varengold Bank sehr aktiv dabei, deutschen Privatanlegern attraktive Angebote für Tages- und Termingeld zu unterbreiten. Man profitiere dabei vom Niedrigzinsumfeld. Es genügt ein vergleichsweise geringer Zinssatz, um Privatanleger zu gewinnen. Insgesamt geht es hier um ein Volumen von rund 300 Mio. Euro, das sehr breit gestreut ist. Kein einzelner Kunde hat mehr als 100 TEUR angelegt.
Die restlichen Einlagen in Höhe von rund 200 Mio. Euro stammen von Firmenkunden. Auch deren Zahl ist mittlerweile recht groß. Aktuell sind es 120 in Deutschland und historisch bedingt gibt es mit 70 Firmenkunden auch einen Schwerpunkt im Mittleren Osten. Bei den Firmenkunden schwankt die Höhe der Einlagen sehr stark. Ein bestimmter Bodensatz ist aber immer vorhanden.
Ferner bat Herr Schedler darum, die beiden Kerngeschäftsfelder näher zu erläutern. Auch zu diesem Thema äußerte sich Herr Otten. Das Segment Commercial Banking umfasst nach seiner Aussage vor allem die klassische Betreuung von Firmenkunden, vor allem im Exportgeschäft. Diese Kunden werden vor allem von Hamburg aus betreut.
Im Bereich Prime Brokerage sind die Kunden in erster Linie Kapitalsammelstellen wie Pensionskassen und Fonds, die in Aktien und Immobilien investieren. Ein Thema ist daneben die kurzfristige Handelsfinanzierung. Varengold bietet Produkte an, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Kunden zugeschnitten sind. Dieses Geschäft findet in erster Linie in London statt.
Befragt nach den Auswirkungen des Brexit wagte Herr Otten noch keine konkrete Abschätzung. Unmittelbar betroffen ist die Varengold Bank im Segment Prime Brokerage, in dem in überschaubarer Größenordnung Investitionen im Londoner Immobilienmarkt finanziert werden, allerdings nur kurzfristig. Im Übrigen agiere man vorsichtig und beobachte die Entwicklung genau. Mögliche Währungsrisiken werden grundsätzlich abgesichert.
Herr Bakker erkundigte sich nach der Höhe der Mindestreserve, die bei der Bundesbank hinterlegt werden muss. Nach Aussage von Dr. Fuhrmann sind dies derzeit etwa 5,5 Mio. Euro. Er bestätigte, dass diese Gelder trotz Negativzins bei der Bundesbank hinterlegt werden müssen. Im vergangenen Jahr hat die Varengold Bank 329 TEUR Strafzinsen gezahlt.
AbstimmungenDer Vorsitzende verkündete die Präsenz mit 524.985 Aktien. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 2.922.552 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 17,96 Prozent.
Alle Beschlüsse wurden mit Mehrheiten weit über 99 Prozent gefasst. Bei den TOP 2, 3 und 6 ergaben sich jedoch 151.000 Enthaltungen.
Im Einzelnen beschloss die Hauptversammlung über die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der PricewaterhouseCoopers AG zum Abschlussprüfer (TOP 4), die Wahl der Herren Dr. Karl-Heinz Lemnitzer und Alexander Körner in den Aufsichtsrat (TOP 5) und die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (TOP 6).
Um 12:30 Uhr war die Versammlung beendet.
FazitDie Varengold Bank AG hat das Geschäftsjahr 2015 mit einem tiefroten Ergebnis abgeschlossen. Dies sollte allerdings nicht überbewertet werden. Zum einen war 2015 mit der weitgehenden Neubesetzung von Vorstand und Aufsichtsrat und einer Refokussierung des Geschäfts ein Jahr des Übergangs. Außerdem mussten aufgrund von Abfindungszahlen an ausgeschiedene Vorstandsmitglieder erhebliche Sondereffekte verarbeitet werden.
Die neuen Mitglieder beider Gremien machten auf der Hauptversammlung einen sehr kompetenten Eindruck. Im März 2016 beschlossen sie nun, den Geschäftsbereich Capital Markets Brokerage komplett aufzugeben und die Varengold Bank auf den nachhaltigen Ausbau der Geschäftsbereiche Prime Brokerage und Commercial Banking zu fokussieren. Dies erscheint durchaus konsequent.
Die Investmentbank befindet sich weiter auf Wachstumskurs. Die Kundeneinlagen konnten nochmals signifikant ausgeweitet werden und die Bilanzsumme hat mit über 600 Mio. Euro inzwischen eine beachtliche Größenordnung erreicht. Parallel wurde die Eigenkapitalausstattung mit zwei Kapitalerhöhungen gestärkt. Wie schon in den Vorjahren konnten die neuen Anteile zu Preisen über dem Aktienkurs platziert werden.
Sehr erfreulich fällt der Blick auf das erste Halbjahr 2016 aus. Mit 1,8 Mio. Euro konnte in diesem Zeitraum ein ansehnlicher Gewinn erzielt werden und auch das Gesamtjahr soll positiv abschließen. Diesem Erfolg ist es wohl zu verdanken, dass die Varengold-Aktie nach der Schwächephase zu Beginn des Jahres zuletzt wieder deutlich zulegen konnte. Setzt sich die positive Entwicklung fort, eröffnet sich noch weiteres Potenzial.
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Veröffentlichungsdatum:
30.08.2016
-
10:17
Redakteur:
mwa