Die Hauptversammlung der Jungheinrich AG fand am 11. Juni 2013 im Congress Centrum in Hamburg statt. Etwa 300 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, darunter Matthias Wahler von GSC Research, um sich über die Perspektiven des erfolgreichen Produzenten von Flurförderzeugen zu informieren, der in diesem Jahr sein 60jähriges Firmenjubiläum feiert.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Peddinghaus eröffnete die Veranstaltung um 10 Uhr, erläuterte die Formalien und informierte über die veränderten Zuständigkeiten innerhalb des Vorstands. Nach einigen Worten zum Geschäftsjahr 2012 aus Sicht des Aufsichtsrats übergab er das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Hans-Georg Frey.
Bericht des Vorstands
Das 60jährige Firmenjubiläum nahm Herr Frey zum Anlass, einen Blick zurück in die Historie zu werfen. Gegründet im Jahr 1953 von Dr. Friedrich Jungheinrich in einer kleinen Werkstatt, hat sich das Unternehmen seither rasant entwickelt. Heute ist Jungheinrich ein weltweit operierender Konzern mit über 11.000 Mitarbeitern.
Der Weltmarkt für Flurförderzeuge war laut Herrn Frey in 2012 nach dem dynamischen Wachstum des Vorjahres nahezu stabil. Leicht rückläufigen Werten in Europa und Asien stand eine steigende Nachfrage in Nordamerika gegenüber. Alle Regionen sind aber noch weit von den im Jahr 2007 erreichten Rekordwerten entfernt, was erhebliche Wachstumschancen für die Zukunft eröffnet. Großes Potenzial sieht er vor allem in China.
Der Anteil Chinas liegt mittlerweile bei fast einem Viertel aller weltweit abgesetzten Flurförderzeuge. Jungheinrich trägt diesem Trend mit der Errichtung eines neuen Werkes in Qingpu und dem Ausbau der Vertriebsstrukturen in China und weiteren Ländern in Südostasien Rechnung. Mit der Gründung einer Gesellschaft in Indien wurde auch der Direktvertrieb ausgeweitet. Der Konzern ist jetzt in 32 Ländern mit eigenen Gesellschaften vertreten.
Mit der Geschäftsentwicklung zeigte sich Herr Frey zufrieden. Die Position als drittgrößter Anbieter im Bereich der Intralogistik konnte weiter gefestigt werden. In Europa rangiert Jungheinrich hinter dem Börsenaspiranten Kion sogar auf Platz zwei und der Vorstand will alles tun, um diese Position zu behaupten. Insgesamt werden deshalb 2012 und 2013 in Summe 100 Mio. Euro investiert, um strategische Zukunftsprojekte voranzutreiben.
Mit einer Investition von 35 Mio. Euro für ein neues Ersatzteillager in Kaltenkirchen trägt Jungheinrich dem guten Wachstum in diesem Bereich Rechnung. Weitere 18 Mio. Euro entfallen auf ein neues Produktionswerk in China, um den asiatischen Markt noch schneller und umfangreicher bedienen zu können. Und mit einer Investition von 40 Mio. Euro für ein neues Werk für Lager- und Systemfahrzeuge in Degernpoint bereitet der Vorstand Jungheinrich auf das weitere Wachstum im Systemgeschäft vor.
Die FuE-Ausgaben wurden im vergangenen Jahr um 20 Prozent auf 45 Mio. Euro ebenfalls weiter erhöht. Zum einen sollen mehr Produkte schneller in den Markt gebracht werden. Außerdem ist es ein wichtiges Ziel der Forschung, den Energieverbrauch der Fahrzeuge weiter zu senken. Themen sind daneben die Entwicklung von automatisierten Lösungen wie fahrerlosen Transportsystemen und die Reduzierung der Herstellkosten pro Fahrzeug.
Als sehr wichtigen Schritt bewertet Herr Frey die Komplettübernahme der Innovative Systemlösungen für die Automation GmbH (ISA) zum Jahreswechsel 2012/13. Diese Gesellschaft entwickelt Softwarelösungen für die Lager- und Materialflusstechnik. Der Zukauf stärkt damit das Logistiksystemgeschäft, in dem Jungheinrich über ein klares Alleinstellungsmerkmal verfügt und das großes Wachstumspotenzial für die Zukunft verspricht.
Herr Frey kam dann zu den Zahlen des Geschäftsjahres 2012, das der Konzern trotz des durchwachsenen Marktumfelds mit Rekordwerten abgeschlossen hat. Der Auftragseingang stieg um 3 Prozent auf 2,25 (Vj.: 2,18) Milliarden Euro und der Umsatz kletterte mit einem Plus von 5 Prozent auf 2,23 (2,12) Milliarden Euro ebenfalls auf Rekordniveau.
Sowohl das Neugeschäft wie auch der Kundendienst und das Miet- und Gebrauchtgerätegeschäft haben zu dem Erfolg beigetragen. Stark entwickelte sich vor allem das Logistiksystemgeschäft. Regional betrachtet ist ein klarer Trend hin zu den Wachstumsregionen zu beobachten. Hohe Zuwächse gab es vor allem in Osteuropa und Asien.
Das EBIT stieg um 3 Prozent auf 150 (146) Mio. Euro. Die EBIT-Marge errechnet sich mit 6,7 (6,9) Prozent. Der Jahresüberschuss erreichte mit 110 (106) Mio. Euro ebenfalls Rekordniveau und das Ergebnis je Vorzugsaktie errechnet sich mit 3,27 (3,13) Euro. Der Vorschlag an die Hauptversammlung lautete, die Dividende um 10 Cent auf 0,80 Euro für die Stämme und 0,86 Euro für die börsennotierte Vorzugsaktie zu erhöhen.
Die Finanzsituation ist unverändert sehr solide. Das Eigenkapital stieg dank des guten Ergebnisses deutlich auf 807 (718) Mio. Euro, womit sich die Eigenkapitalquote auf 29,3 (27,8) Prozent verbesserte. Bereinigt um das Segment Finanzdienstleistungen, das den Wert strukturbedingt stark nach unten drückt, waren es 45 Prozent. Die Nettocashposition ist auf 183 (162) Mio. Euro weiter gestiegen.
Herr Frey leitete dann über zur Entwicklung in den ersten vier Monaten 2013. In diesem Zeitraum blieben Umsatz und Ergebnis gegenüber den außerordentlich guten Vorjahreswerten leicht zurück. Auftragseingang und Auftragsbestand sind hingegen gestiegen, womit der Vorstand eine gute Basis für die Produktionsauslastung der Werke in den kommenden Monaten gegeben sieht. Für das Gesamtjahr erwartet er Auftragseingang und Umsatz zwischen 2,1 und 2,3 Milliarden Euro und ein EBIT zwischen 165 und 175 Mio. Euro.
Große Chancen für die Zukunft sieht Herr Frey, wie er eingangs bereits angemerkt hatte, im Ausbau des Geschäfts in den Wachstumsmärkten, insbesondere in Asien, Amerika und Osteuropa. Mit dem Abschluss der drei Großprojekte, die alle in diesem Jahr beendet werden sollen, sind die Voraussetzungen für den weiteren Geschäftsausbau geschaffen. Die Strategie von Jungheinrich ist weiterhin langfristig und auf organisches Wachstum ausgerichtet.
Allgemeine AusspracheDie Diskussion bestritten im Wesentlichen Dr. Steffen Kraus von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. (DSW) und Joachim Siemers von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. (SdK). Beide brachten angesichts der sehr positiven Geschäftsentwicklung Lob und Anerkennung zum Ausdruck. Die Begriffe „bodenständig und zukunftsbezogen“ fand Dr. Kraus passend für das Unternehmen.
Sehr erfreut äußerten sich die beiden auch angesichts der vorgesehenen Anhebung der Dividende und des sehr positiven Verlaufs der Aktie, die mit einem Plus von 55 Prozent in 2012 mächtig aufgeholt hat. „Das muss die Kion AG nach ihrem bevorstehenden Börsendebüt erst einmal nachmachen“, merkte Herr Siemers an. Anerkennung erntete der Vorstand auch dafür, dass die Großprojekte alle im Zeitplan abgewickelt werden konnten.
Dr. Kraus bat dann um ergänzende Informationen zu dem neuen Produktionswerk in China, nachdem der Vorstand dies als eines der drei Großprojekte betitelt hatte. Wie Herr Frey darlegte, befindet sich die Fabrik in Qingpu und verfügt über eine Fläche von 18.000 qm. Sie ist damit natürlich etwas überdimensioniert. Die Kapazität von 8.000 bis 10.000 Fahrzeugen ist erst zu einem Viertel ausgelastet. Es gibt aber einen strammen Wachstumsplan und die Vertriebsorganisation wird ausgebaut.
China steht nach seiner Aussage heute für fast ein Viertel des Weltmarktes für Flurförderzeuge, wovon Jungheinrich profitieren soll. Nach der Planung wird Herrn Frey zufolge spätestens in fünf Jahren eine vernünftige Auslastung gegeben sein. Von China aus wird der gesamte asiatisch-pazifische Raum bedient.
Dem Geschäftsbericht hatte der DSW-Mann entnommen, dass Jungheinrich die Anteile an der chinesischen Ningbo Ruyi Joint Stock Co., Ltd. im vierten Quartal 2012 veräußert hat. Dies konnte er mit Blick auf die Wachstumspläne in diesem Land nicht nachvollziehen.
In seiner Antwort stellte Herr Frey zunächst klar, dass die Anteile mit einem guten Gewinn verkauft wurden. Der Grund für den Entschluss war, dass sich der chinesische Partner, der 75 Prozent der Anteile gehalten hat, zu einem Wettbewerber gemausert hat, was das Verhältnis etwas belastet hat.
„Plötzlich wurden wir zu wesentlichen Entscheidungen nicht mehr gefragt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende die Problematik. Es schien deshalb sinnvoll, sich vom ungeliebten Geschäftspartner zum bevorzugten Kunden zu wandeln. Die Entscheidung war auf jeden Fall richtig. Jungheinrich ist jetzt mit Abstand der größte Kunde und erfährt eine entsprechende Behandlung.
Weiterhin interessierte den DSW-Sprecher, wer die ISA an Jungheinrich verkauft hat und wie der Kaufpreis ermittelt worden ist. Insbesondere wollte er wissen, ob der Preis bereits endgültig feststeht oder eine Earn-out-Komponente vereinbart worden ist.
Der Verkäufer war nach Aussage von Herrn Frey der frühere Geschäftsführer der Gesellschaft. Dieser ist mittlerweile ausgeschieden, steht in diesem Jahr aber noch als Berater zur Verfügung. Der Preis wurde auf Basis einer Unternehmensbewertung und einer Due Dilligence Prüfung ermittelt und festgelegt. Die Zahlung erfolgt in zwei Stufen, der Preis beträgt weniger als 10 Mio. Euro und es gibt keine Earn-out-Komponente.
Beide Redner baten um nähere Ausführungen zu den veränderten Zuständigkeiten im Vorstand. Angeblich haben diese Veränderungen bereits einen Effizienzgewinn gebracht, was Herr Frey bestätigte. Seinen Angaben zufolge wurden regionale Verantwortlichkeiten gebildet. Jeder Vorstand verantwortet eine bestimmte Region. Diese Lösung erschien sinnvoll und hat sich bereits ausgezahlt.
Die Frage von Dr. Kraus, ob die anhaltende Niedrigzinsphase sich positiv auf das Segment Financial Services auswirkt, konnte Vorstandsmitglied Dr. Volker Hues mit einem klaren Ja beantworten. Das Vertragsvolumen im Finanzdienstleistungssegment summiert sich mittlerweile auf mehr als 1,7 Milliarden Euro und der Konzern verfügt über eine Leasingflotte mit über 100.000 Fahrzeugen mit einem entsprechenden Finanzierungsbedarf.
Dass die Abschreibungen auf 174 (152) Mio. Euro deutlich gestiegen sind, erklärte Herr Frey auf Nachfrage des DSW-Sprechers mit der Ausweitung der Miet- und Leasingflotte. Die immateriellen Vermögenswerte haben sich mit 32 Mio. Euro kaum verändert und die Sachanlagen erhöhten sich durch die Investitionen auf 322 (284) Mio. Euro.
Befragt nach den Forderungsausfällen informierte Dr. Hues, dass diese sich im Finanzdienstleistungsbereich nur im Promillebereich bewegen. In der Intralogistik ist es pro Jahr ein niedriger einstelliger Millionenbereich. Auch das ist noch in Ordnung. Von Vorteil ist nach seiner Aussage, dass die Produkte von Jungheinrich für die Kunden sehr wichtig sind. Lieber bezahlen sie einen Lieferanten verspätet.
Ferner bat Dr. Kraus um einige Informationen zu dem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag mit der Jungheinrich Ersatzteillogistik AG & Co. KG, dem die Hauptversammlung unter Punkt sechs der Tagesordnung zustimmen sollte.
Nach Aussage von Dr. Hues ist das Vorgehen das Gleiche wie schon im Jahr 2007. Es geht darum, das operative Geschäft eines Betriebsteils in eine rechtlich selbständige Einheit überzuführen. In diesem Fall soll das Ersatzteilgeschäft zusammengeführt werden, was er als unbedingt sinnvoll erachtet.
Weiter informierte Herr Frey, dass Jungheinrich am Standort Norderstedt eigene Steuerungen für eigene Maschinen entwickelt und baut. Bisher ist der einzige Kunde der Abteilung Jungheinrich selbst. Das Geschäftsvolumen beträgt aber bereits 100 Mio. Euro und die Kompetenz ist enorm. Es sollte also möglich sein, an vergleichbare Industrien heranzutreten und das Geschäft mit Drittkunden weiter auszubauen. Noch ist das Pflänzchen klein. Es gibt aber einen sehr vernünftigen Businessplan.
AbstimmungenHerr Peddinghaus verkündete die Präsenz mit 18.000.000 Stamm- und 1.593.300 Vorzugsaktien. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 102 Mio. Euro, eingeteilt in 18 Millionen Stamm- und 16 Millionen Vorzugsaktien, entsprach dies bei den nicht börsennotierten Stämmen einer Quote von 100 Prozent und bei den Vorzügen von 9,58 Prozent. Erwartungsgemäß wurden alle Beschlüsse einstimmig gefasst.
Im Einzelnen waren dies die Dividende von 0,80 Euro je Stamm- und 0,86 Euro je Vorzugsaktie (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der Deloitte & Touche GmbH zum Abschlussprüfer (TOP 5), die Zustimmung zum Ausgliederungs- und Übernahmevertrag mit der Jungheinrich Ersatzteillogistik AG & Co. KG (TOP 6) sowie schließlich die Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit drei 100prozentigen Tochtergesellschaften (TOP 7 bis 9).
Um 12:40 Uhr schloss der Vorsitzende die Versammlung.
FazitDas Geschäftsjahr 2012 verlief sehr erfolgreich für die Jungheinrich AG, deren Umsatz sich im Konzern mittlerweile auf deutlich mehr als 2 Milliarden Euro summiert. Alle wesentlichen Kennzahlen konnten verbessert werden und die Hauptversammlung beschloss eine Erhöhung der Dividende. Die börsennotierte Vorzugsaktie entwickelte sich ebenfalls sehr positiv. Im Berichtszeitraum legte der Kurs stolze 55 Prozent zu.
Insgesamt investiert der Vorstand in 2012 und 2013 im Konzern 100 Mio. Euro, um strategische Zukunftsprojekte voranzutreiben. Ein wichtiges Element war im vergangenen Jahr die Errichtung des neuen Produktionswerks in China, von wo aus nun der komplette asiatisch-pazifische Raum beliefert wird. Speziell in dieser Region erwartet der Vorstand in den nächsten Jahren stramme Wachstumsraten. Die positive Geschäftsentwicklung dürfte sich, getrieben vor allem vom Auslandsgeschäft, weiter fortsetzen.
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Am Stadtrand 35
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Veröffentlichungsdatum:
24.06.2013
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12:13
Redakteur:
mwa