Am 7. Juni 2013 fand in Nassau die ordentliche Hauptversammlung der Leifheit AG statt. Nach dem Stopp des Verkaufsprozesses und der Trennung vom Vorstandsvorsitzenden Georg Thaller wurde die Hauptversammlung mit Spannung erwartet. Rund 200 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Thorsten Renner für GSC Research, hatten sich im Kunden- und Verwaltungszentrum der Gesellschaft eingefunden, um sich über die weiteren Perspektiven zu informieren.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Zahn eröffnete die Hauptversammlung und teilte mit, dass der Aufsichtsrat am 22. Mai Herrn Thaller zum 31. Mai von seinen Aufgaben entbunden und seine Bestellung widerrufen hat. Interimsweise wird Dr. Zacharias die Gesellschaft alleine führen. Die Trennung erfolgte aufgrund unterschiedlicher Auffassungen zur Ausrichtung des Konzerns. Daneben werden auch beide Großaktionäre an ihrer Beteiligung festhalten, nachdem die Verkaufsgespräche gestoppt wurden. Trotz eines zunächst großen Interesses konnte aber keine Einigung über einen Verkauf erzielt werden. Nach dem Verlesen der sonstigen Formalien übergab Herr Zahn das Wort an den derzeitigen Alleinvorstand Dr. Claus-Otto Zacharias.
Bericht des Vorstands
Nach Ansicht von Dr. Zacharias verfügt Leifheit noch über ausreichend Potenzial für zukünftiges Wachstum. Allerdings kann dies nicht kurzfristig gehoben werden. Dazu müssen zunächst einige grundlegende Veränderungen vorgenommen werden, betonte der Vorstand. Ändern sollen sich vor allem die Führung von Vorstand und Managementteam. Dazu zählte Dr. Zacharias eine klare Kommunikation der Strategie und eine Beharrlichkeit bei deren Umsetzung.
Durch die Reorganisation des Unternehmens und die Abgabe einiger Unternehmenseinheiten konnte Leifheit in den letzten Jahren auf der Ergebnisseite deutlich vorankommen. So verbesserte sich die EBIT-Marge seit 2008 von 1,9 auf 5,8 Prozent. Dagegen konnten die ambitionierten Wachstumsziele auf der Umsatzseite nicht erreicht werden, räumte der Vorstand ein. Er versprach aber, zukünftig mehr Gas zu geben und beim Umsatz schneller zu wachsen.
Neben der Konzentration auf den Konsumenten strebt die Gesellschaft operative Bestleistungen an. Besonders in den strategisch wichtigen Märkten soll der Umsatz deutlich zulegen, berichtete Dr. Zacharias. Ziel ist in den kommenden vier Jahren eine EBIT-Marge von 8 Prozent zu erreichen, um angemessene Dividenden zu sichern und den Aktienkurs nachhaltig zu steigern. Auf diesem Weg müssen aber noch einige Herausforderungen bewältigt werden, zumal auch der gesamtwirtschaftliche Gegenwind erhalten bleibt.
Im Rahmen der Strategie Leifheit GO! wurde bereits im letzten Jahr der Lizenzvertrag für die Marke Dr. Oetker Backgeräte beendet. Damit konzentriert sich das Unternehmen nur noch auf die beiden Marken Leifheit und Soehnle. Als Wachstumstreiber machte Dr. Zacharias Produktinnovationen, die Aktivitäten im Bereich E-Commerce und die internationale Vertriebsstrategie aus. Anschließend ging der Vorstand näher auf die Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres ein.
Der Umsatz erhöhte sich um etwa 1 Prozent auf 224,2 Mio. Euro und wurde durch einen Konsolidierungseffekt hervorgerufen. Bereinigt um diesen Effekt blieb der Umsatz 0,3 Prozent hinter dem Vorjahresniveau zurück. Während Leifheit in den zentraleuropäischen Fokusländern zum Teil deutliches Wachstum erzielte, entwickelten sich fast alle südeuropäischen Länder rückläufig. Zukünftig will Leifheit stärker auf wachstumsstarke Regionen wie ausgewählte Länder Asiens oder Osteuropas setzen.
Im Bereich Markengeschäft stieg der Umsatz um 4,2 Prozent auf 177,7 Mio. Euro. Das EBIT des Bereichs kletterte sogar um 40,8 Prozent auf 9,0 Mio. Euro. Dagegen blieb der Umsatz im Volumengeschäft mit 46,5 Mio. Euro hinter dem starken Vorjahresniveau zurück. Zurückzuführen war dies auf das verhaltene Projektgeschäft in den USA und das schwierige Umfeld im Hauptmarkt Frankreich. Als Folge des niedrigeren Umsatzes ging auch das EBIT auf 4,0 Mio. Euro zurück.
Auf Konzernebene stieg das EBIT von 13,9 auf 14,2 Mio. Euro. Nach einem positiven Einmaleffekt von 2,5 Mio. im Jahr 2011 resultierte auch in 2012 ein Sondereffekt von 1,2 Mio. Euro aus der Aufgabe des Lizenzvertrags. Bereinigt um diese Effekte verzeichnete Leifheit im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Anstieg von 13,4 Prozent auf 13,0 Mio. Euro. Neben der anhaltenden Kostendisziplin gelang es Leifheit die Bruttomarge zu steigern. Bedingt durch eine höhere Steuerquote blieb das Periodenergebnis mit 9,4 Mio. Euro unter dem Vorjahreswert. In 2011 lag die Steuerquote durch die zusätzliche Aktivierung latenter Steuern lediglich bei 1,4 Prozent.
Der ROCE verbesserte sich von 9,2 auf 10,2 Prozent. Laut Dr. Zacharias soll der ROCE bis 2016 auf rund 13 Prozent zulegen. Die Fokussierung auf das Kerngeschäft bescherte dem Unternehmen in den letzten Jahren eine deutliche Ergebnisverbesserung. So wurde das operative Ergebnis seit 2007 verfünffacht. Bei einer jährlichen Umsatzsteigerung von 3 bis 5 Prozent soll die EBIT-Marge bis 2016 auf 8 Prozent zulegen.
Auch wenn sich der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit auf 8,2 Mio. Euro verringerte, schätzte Dr. Zacharias den Wert als solide ein. Dagegen kletterte der Finanzmittelbestand zum Jahresende um weitere 4,2 Mio. Euro auf 33,7 Mio. Euro. Die Investitionsquote wies Leifheit für das vergangene Geschäftsjahr mit 5,8 Prozent aus. So konnten die Erweiterungen am tschechischen Standort Blatná abgeschlossen werden. Auch der zentrale Logistikstandort Zuzenhausen erfuhr einen Ausbau. Für die kommenden Jahre ging der Vorstand von einem Investitionsvolumen von jeweils rund 6 Mio. Euro aus.
Zum Jahresende belief sich die Eigenkapitalquote auf 50,6 Prozent. Im Zuge der Bilanzierungsänderungen der Pensionsverpflichtungen verringerte sich das Eigenkapital um knapp 10 Mio. Euro. Wie Dr. Zacharias weiter mitteilte, lag das Eigenkapital Ende März bei 94,9 Mio. Euro entsprechend einer Quote von 45,5 Prozent. Damit sah der Vorstand das Unternehmen sehr gut aufgestellt, um die attraktive Dividendenpolitik in Zukunft fortzusetzen.
Großen Wert legt Leifheit auch auf die Weiterbildung und Förderung der Mitarbeiter. Entsprechend erhielt die Gesellschaft laut Dr. Zacharias bereits zum dritten Mal die Auszeichnung „Top Arbeitgeber Deutschland 2013“. Im Einzelabschluss nach HGB verringerte sich der Jahresüberschuss aufgrund der Steuereffekte von 9,6 auf 5,1 Mio. Euro, was in Summe zu einem Bilanzgewinn von 13,6 Mio. Euro führte. Daraus sollen die Aktionäre eine um rund 15 Prozent angehobene Dividende von 1,50 Euro je Anteilsschein erhalten.
Daneben dürfen sich die Aktionäre auch über eine Kurssteigerung von 62 Prozent freuen. Nach Ansicht von Dr. Zacharias hatte zu dem überdurchschnittlichen Anstieg sicher auch die angekündigte Verkaufsabsicht der beiden Großaktionäre beigetragen. Nach einem weiteren Kursanstieg zu Jahresbeginn 2013 konsolidierte die Aktie nun auf etwa 28,50 Euro. Auf Sicht von fünf Jahren verzeichnete die Aktie sogar ein Kursplus von 111 Prozent, betonte der Vorstand.
In Folge der Kaufzurückhaltung, bedingt durch den langen Winter, zeigte sich Dr. Zacharias mit den Zahlen des ersten Quartals nicht zufrieden. Bereinigt um das Geschäft mit den Dr. Oetker Backgeräten verzeichnete die Gesellschaft einen Umsatzrückgang von 4,2 Prozent auf 55,6 Mio. Euro. Immerhin konnte das operative Ergebnis mit 2,8 Mio. Euro konstant gehalten werden und auch der Überschuss blieb mit 1,8 Mio. Euro unverändert. Im April und Mai kam es beim Umsatz zu Nachholeffekten, die den Rückstand des ersten Quartals zum Teil kompensierten.
Im Gesamtjahr ging der Vorstand von einem Umsatzwachstum zwischen 2 und 4 Prozent aus, wobei er das Wachstum eher am unteren Ende der Spanne erwartete. Das EBIT sah Dr. Zacharias auf dem Niveau des bereinigten Vorjahres. Mittelfristig gilt aber weiter die Zielvorgabe eines jährlichen Umsatzwachstums zwischen 3 und 5 Prozent bei einer überproportionalen Ergebnissteigerung. Unterstützung erhoffte sich Dr. Zacharias aus dem Trend zu mehr Qualitätsbewusstsein, einer höheren Nachfrage nach Produkten zur Steigerung des persönlichen Wohlbefindens und einer wachsenden Zahl an Haushalten.
Im Rahmen der Strategie „Leifheit GO!“ konzentriert sich die Gesellschaft auf eine zielgerichtete Marken- und Kommunikationsstrategie, die internationale Vertriebsstrategie und eine weitere Steigerung der Effizienz. Dazu soll laut Dr. Zacharias der Markenauftritt im Handel optimiert werden. Darüber hinaus sollen die Aktivitäten im Bereich E-Commerce intensiviert werden. In diesem Bereich gelang Leifheit im letzten Jahr eine Umsatzausweitung um 25 Prozent auf 13,8 Mio. Euro. Diese Maßnahmen sind jedoch nur durch das Engagement der Mitarbeiter umsetzbar, wofür Dr. Zacharias abschließend allen Mitarbeitern dankte.
Allgemeine Diskussion
Herr Bender als Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. (DSW) zeigte sich grundsätzlich nicht unzufrieden mit der Entwicklung bei der Leifheit AG. Besonders freute er sich über die vorgeschlagene Anhebung der Dividende. Beim operativen Ergebnis rechnet man nun aber nur noch mit dem Vorjahresniveau. In diesem Rahmen interessierte Herrn Bender, welche Märkte eine schwächere Entwicklung bringen. Spanien und Italien sah Dr. Zacharias weiter auf einem schwachen Niveau, eine schwierige Entwicklung machte er auch in Frankreich und den Niederlanden aus. Ende Mai lag die Gesellschaft aber wieder auf Vorjahresniveau und nun müsse man in den restlichen Monaten mit den neuen Produkten das angestrebte Wachstum hinbekommen, so der Vorstand.
Des Weiteren sprach Herr Bender den wachsenden Absatzkanal E-Commerce an. In diesem Bereich ging Dr. Zacharias weiter von zweistelligen Zuwachsraten aus. Mittelfristig soll der Umsatzanteil auf insgesamt 15 Prozent ansteigen. Neben Herrn Bender thematisierte auch Herr Braun das Ausscheiden von Herrn Thaller und sie erbaten noch zusätzliche Informationen. Zudem mutmaßte Herr Bender, es könnte einen Zusammenhang mit der Beendigung der Verkaufsabsichten der Großaktionäre geben.
Da man sich in einem vertraglichen Auflösungsprozess befindet, wollte Herr Zahn keine Details nennen. Seit zwei bis drei Jahren hatte man sich ein höheres Wachstum vorgenommen aber nicht erreicht. Über die Frage, wie das stärkere Wachstum jetzt erzielt werden kann, konnte kein Konsens erreicht werden. Der Aufsichtsrat hat einem Personalberater einen Auftrag erteilt, ein Nachfolger wurde bisher aber noch nicht gefunden. In diesem Rahmen wies Herr Zahn auch einen Zusammenhang zwischen dem Ausscheiden des Vorstands und der Beendigung der Verkaufsgespräche zurück.
Angesichts der vorhandenen Mittel hielt Herr Braun als Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. (SdK) neue Beteiligungen zum Erreichen der Wachstumsziele für hilfreich. Das Wachstum funktioniert aber nicht nur über Geld, betonte Dr. Zacharias. Für das Wachstum werden vor allem auch qualifizierte Leute benötigt, deshalb besitzt der Personalbereich bei Leifheit auch einen hohen Stellenwert. Außerdem ist es beim Thema Beteiligungen sehr schwierig, interessante Unternehmen zu einem akzeptablen Preis zu bekommen.
Wäre es nicht sinnvoll, den Bereich Küche im Volumengeschäft aufzugeben, mutmaßte Herr Braun. „Wir werden einen Teufel tun und diesen Bereich aufgeben“, widersprach der Vorstand massiv. Dieser Bereich ist mit zweistelligen EBIT-Margen sehr ertragreich. Nähere Informationen erbat Herr Braun zum Umsatzanteil mit den zehn größten Kunden und dem angestrebten Umsatzanteil im Ausland. Der Umsatzanteil des Auslands soll zukünftig auf über 60 Prozent ansteigen, informierte der Vorstand. Den Umsatzanteil mit den zehn größten Kunden bezifferte er auf 40 bis 50 Prozent.
Auch im Hinblick auf die Berichterstattung in der Wirtschaftswoche wollte Herr Braun wissen, ob ein zweiter Verkaufsversuch der Großaktionäre gestartet wird. Von Seiten der Großaktionäre wurde nicht mit einem Pressevertreter gesprochen, stellte Herr Zahn klar. Somit können dies allenfalls persönliche Einschätzungen des Pressevertreters gewesen sein. In absehbarer Zeit bestehen jedenfalls keine Pläne, einen zweiten Verkaufsversuch zu starten, so der Aufsichtsratsvorsitzende.
Überrascht war Herr Braun von den Verkaufspreisen der Leifheit-Produkte im Handel. Deshalb äußerte er Bedenken, ob Leifheit damit überhaupt Geld verdienen kann. Zur Preisfestsetzung im Handel konnte sich Dr. Zacharias nicht äußern. Er versicherte aber, dass bei Leifheit noch ausreichend Marge verbleibt. Auf die Frage nach den Kosten für Fort- und Weiterbeildung der Mitarbeiter nannte der Vorstand Aufwendungen in der Größenordnung von 1,0 Mio. Euro.
Weitere Fragen von Herrn Braun beschäftigten sich mit dem Einsatz elektrischer Geräte und einer etwaigen Verschuldung zum Erwerb von Beteiligungen. Entscheidend sind nach Aussage von Dr. Zacharias intelligente Lösungen, unabhängig davon, ob sie einen Motor besitzen oder nicht. Lediglich mit dem Fenstersauger hat die Gesellschaft nun einen neuen Bereich betreten. Sollten sich Kaufgelegenheiten ergeben, wird die Gesellschaft sicher tätig werden. Dr. Zacharias sah es allerdings kritisch, sich für den Erwerb groß zu verschulden.
Abstimmungen
Nach dem Ende der Aussprache leitete Herr Zahn zu den Abstimmungen über. Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 15 Mio. Euro, eingeteilt in 5 Mio. Aktien, waren 3.540.857 Aktien entsprechend 78,12 Prozent vertreten. Die Beschlüsse wurden alle bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen im Sinne der Verwaltung gefasst.
Dies waren die Ausschüttung einer Dividende von 1,50 Euro (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), zahlreiche Beschlüsse zur Neufassung der Satzung (TOP 5 bis 8) und die Wahl von Ernst & Young zum Abschlussprüfer (TOP 9).
Fazit und eigene Meinung
Die Leifheit AG hat im abgelaufenen Geschäftsjahr auf der Umsatzseite die eigenen Erwartungen nicht ganz erreicht. Allerdings verzichtete das Unternehmen zu Gunsten der Profitabilität auf unrentable Umsätze. Trotz eines schwierigen Umfelds erzielte Leifheit auf bereinigter Basis eine deutliche Verbesserung im operativen Ergebnis. Speziell in den südlichen Ländern in Europa spürt Leifheit eine Kaufzurückhaltung. Zukünftig will sich Leifheit deshalb stärker auf ausgewählte Länder in Osteuropa und Asien fokussieren.
Angesichts der zahlreichen Auszeichnungen sollten sich auch die Neuprodukte im laufenden Jahr positiv entwickeln. Nach dem verhaltenen Jahresauftakt rechnet der Vorstand aber nur noch mit einem bescheidenen Wachstum. Die Spekulationen über den Verkauf der Anteile der Großaktionäre hatten zu einem deutlichen Kursanstieg geführt. Diese Spekulation ist nun erst einmal vorüber, der Kurs verzeichnete aber auch bereits einen ausgeprägten Rückgang. Auf dem jetzt wieder ermäßigten Kursniveau stellt die Leifheit-Aktie verbunden mit der attraktiven Dividendenrendite ein interessantes Investment dar.
Kontaktadresse
Leifheit AG
Postfach 1165
D-56371 Nassau/Lahn
Tel.: +49 (0)26 04 / 97 7-0
Fax: +49 (0)26 04 / 97 7-3 00
Internet:
www.leifheit.com
E-Mail:
[email protected]
Ansprechpartnerin Investor Relations
Petra Dombrowsky
Tel.: +49 (0)26 04 / 97 7-2 18
Fax: +49 (0)26 04 / 97 7-3 40
E-Mail: