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Interview mit Dr. Georg Issels und Hans Peter Neuroth (Vorstandsmitglieder der Scherzer & Co. AG) - “Nachbesserungsrechte sind auch weiterhin ein interessantes Themengebiet”
In den vergangenen Monaten gab es eine Reihe von Meldungen aus dem Hause der in Köln ansässigen Scherzer & Co. Aktiengesellschaft. So meldete die auf Investitionen in Aktien fokussierte Gesellschaft zu Beginn des Jahres, die Erweiterung des Vorstands um Hans Peter Neuroth, den Wechsel im Aufsichtsratsvorsitz von Dr. Hanno Marquardt zu Dr. Stephan Göckeler sowie auch die Zahlen für das Geschäftsjahr 2012. Im abgelaufenen Geschäftsjahr ist die Rückkehr in die Gewinnzone gelungen. Das Unternehmen schloss mit einem Jahresüberschuss in Höhe von plus 3,91 (Vj.: minus 2,77) Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) lag bei plus 4,24 nach minus 2,78 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Bei einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 4,19 (minus 2,81) Mio. Euro konnte ein Ergebnis pro Aktie nach DVFA/SG von 0,13  (minus 0,10) Euro erwirtschaftet werden.

Über die personellen Veränderungen, das abgelaufene Geschäftsjahr sowie die Investmentstrategie und sich daraus ergebende Chancen sprach Alexander Langhorst von GSC Research mit den beiden Vorstandsmitgliedern Hans Peter Neuroth und Dr. Georg Issels.

Dr. Issels: “Nachbesserungsrechte sind auch weiterhin ein interessantes Themengebiet”

GSC Research: Herr Neuroth, Sie sind seit Jahresbeginn 2013 als Vorstandsmitglied neu an Bord bei der Scherzer & Co. AG, können Sie unseren Lesern etwas mehr zu Ihrem Background erzählen?

Neuroth: Sehr gern. Es ist richtig, dass ich seit Beginn des Jahres 2013 neu im Vorstand bei der Scherzer & Co. AG bin, im Unternehmen bin ich jedoch schon seit Frühjahr 2010 und insoweit mit der Gesellschaft und ihrem Geschäftsmodell natürlich bestens vertraut. Ich selbst beschäftige mich schon seit der Schulzeit und damit über 30 Jahre mit dem Thema Börse. Auch meinen heutigen Vorstandskollegen Dr. Issels habe ich über das Thema Börse im BWL-Studium kennengelernt. Seinerzeit haben wir schon erste Erfahrungen in der Verwaltung von Anlagegeldern gesammelt, damals wurden den Börsenarbeitsgemeinschaften an Hochschulen von der WestLB hierzu Mittel zur Verfügung gestellt. Der Fokus lag auch damals schon auf den Nebenwerten, die man ja heutzutage neudeutsch als “Small- & MidCaps“ tituliert.

Ebenso wie mein Vorstandskollege Dr. Issels bin ich Mitgründer des DNI-Verlages in Köln und der DNI Beteiligungen AG in Köln, bei der Dr. Issels noch heute Aufsichtsratsvorsitzender ist. Der Buchstabe “N” im Namen steht dabei für Neuroth, und das “I” für Issels. In den 1990er Jahren ist im DNI-Verlag unter anderem ein Buch über Optionsscheine erschienen, welches ich zusammen mit einem Kommilitonen geschrieben habe.

GSC Research: Wie ist es für Sie dann nach erfolgreichem Abschluss des Studiums weitergegangen?

Neuroth: Nach dem Studium bin ich ebenso wie Dr. Issels in den Bankenbereich gegangen. Während mein Kollege seinerzeit bei der Stadtsparkasse Köln aktiv war, bin ich seit dem Jahre 1993 für das bekannte Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim tätig gewesen. In den ersten fünf Jahren meiner Tätigkeit als Aktienanalyst mit dem Fokus auf Spezial- und Nebenwerte.

GSC Research: Das ist natürlich insbesondere für den Leser von GSC spannend, können Sie uns einmal ein paar Namen von Gesellschaften nennen, mit denen Sie sich damals unter anderem beschäftigt haben?

Neuroth: Sehr gerne. Also eine meiner ersten Analysen hat sich damals mit der vor allem im Immobilienbereich tätigen Dolerit-Basalt AG beschäftigt, das war seinerzeit eine Kaufempfehlung. Natürlich kommen gute Analysten nicht nur zu Kaufüberlegungen, eine meiner bekanntesten Verkaufsempfehlungen war damals die für die Aktien der Felten & Guillaume AG, ebenfalls ein bekanntes Kölner Unternehmen.

GSC Research: Wie ging es dann für Sie bei Sal. Oppenheim weiter?

Neuroth: Von 1998 bis zu meinem Ausscheiden in 2010 war ich dann im Kapitalmarktgeschäft bei Sal. Oppenheim tätig. Anfangs lag der Fokus dort im IPO-Bereich, von denen ich eine ganze Reihe als Projektleiter betreut habe. Ab 2002/2003, also nach der Schließung des Neuen Marktes und dem Abebben der IPO-Welle um die Jahrtausendwende hat sich der Fokus auf andere Eigenkapitalformen wie z.B. die Platzierung von Mezzanine-Kapital verlagert.

GSC Research: Können Sie unseren Lesern vielleicht ein paar Gesellschaften nennen, deren IPO Sie in Ihrer Zeit bei Sal. Oppenheim begleitet haben?

Neuroth: Sehr gerne, auch wenn das ja schon fast in die Kategorie Wirtschaftsgeschichte fällt. Den ein oder anderen Kandidaten am Neuen Markt spare ich mir mal - lacht - zu den begleiteten IPOs gehörten u.a. der zweite Börsengang der LHS AG, die Tomorrow Internet AG, die inzwischen als Tomorrow Focus AG firmiert und die Utimaco AG.

GSC Research: Wirtschaftsgeschichte ist schon das richtige Stichwort für meine anschließende Frage. Wie ist es dann in 2010 zum Wechsel zur Scherzer & Co. AG gekommen?

Neuroth: Wie gesagt kenne ich Dr. Issels schon seit vielen Jahren. Als sich 2010 abzeichnete, dass die Investmentbankingsparte bei Sal. Oppenheim nach dem Beinahekollaps und der Übernahme durch die Deutsche Bank AG vor der Schließung stand, haben wir entsprechende Gespräche aufgenommen. Bereits im Januar 2010 habe ich Gespräche mit den Aufsichtsräten aller drei Friesenstraßengesellschaften geführt, so dass der Wechsel dann sehr schnell erfolgen konnte. Seit Mitte 2010 bin ich ja bereits zum weiteren Vorstandsmitglied bei der RM Rheiner Management AG bestellt und kümmere mich dort vor allem um das Management des von der Tochtergesellschaft beratenen Investmentfonds.

GSC Research: Apropos Investmentfonds: Über die RM Rheiner Fondskonzept GmbH, an der neben RM Rheiner Management AG auch die Allerthal-Werke AG und die Scherzer & Co. AG beteiligt sind, beraten Sie den RM Special Situations Total Return I Fonds (WKN A1CT88). Wie müssen sich unsere Leser hier genau die Struktur vorstellen?

Neuroth: Über die RM Rheiner Fondskonzept GmbH erfolgt die Beratung des genannten Fonds. Bei der Abwicklung arbeiten wir mit der renommierten Luxemburger Privatbank HSBC Trinkaus Investmentmanagers SA sowie der DO Investment AG zusammen. Die Beratung des RM Special Situations Total Return I Fonds erfolgt dabei als sog. gebundener Vermittler. Um es einfach auszudrücken, bei der Abwicklung und den rechtlichen Rahmenbedingungen arbeiten wir mit Partnern zusammen, die Investmentideen, die im Fonds umgesetzt werden, stammen aus der Friesenstraße. In der Zusammensetzung spiegelt sich unsere Strategie wider.

GSC Research: Total Return Fonds verfolgen das erklärte Ziel, über alle Börsenphasen für Ihre Anleger einen positiven Ertrag zu erzielen. Wie sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden?

Neuroth: Das ist von Ihnen absolut korrekt wiedergegeben. Wir haben für den Fonds das Ziel formuliert, in jedem 12-Monatszeitraum eine positive Wertentwicklung zu erzielen. Bisher bin ich mit dem Erreichten sehr zufrieden, denn wir haben dieses Ziel in allen absolvierten 12-Monatszeiträumen erreicht. Der schlechteste Wert lag bei 4,9 Prozent, der beste bei 19,7 Prozent für eine 12-Monatsperiode. Seit Start hat der Wert der Anteile von 100 Euro auf zuletzt über 130 Euro zulegen können.

GSC Research: Neben der erzielten Performance ist für Anleger - nicht zuletzt seit Beginn der Finanzkrise - auch die Schwankungsanfälligkeit von Anlagen von besonderer Bedeutung. Wie verhält sich der Fonds auf diesem Gebiet?

Neuroth: In der Tat ist die Toleranz für Kursschwankungen bei Investoren in der jüngeren Vergangenheit sehr gering ausgeprägt. Auch auf diesem Sektor zahlt sich unser Total Return Ansatz aus, der stärkste Rückgang beim Kurs lag seit der Auflegung bei gerade einmal 4,3 Prozent.

GSC Research: Können Sie unseren Lesern verraten, wie sich derzeit die Portfoliostruktur zusammensetzt?

Neuroth: Gerne. Neben dem Investment in solide Value-Aktien, die aktuell etwa 72 Prozent des Fondsvolumens ausmachen, setzten wir aus Gründen der Risikodiversifikation auch auf gezielte Investments in Unternehmensanleihen. Dabei konzentrieren wir uns auf Hochzinsanleihen. Der Anleiheanteil im Portfolio bewegt sich aktuell bei rund 19 Prozent.

GSC Research: Aus Sicht der Scherzer & Co. Aktionäre ist natürlich auch das aktuelle Fondsvolumen von besonderem Interesse, da sich daraus ja letztlich die möglichen Ertragspotenziale aus der Beteiligung an der RM Rheiner Fondskonzept ergeben.

Neuroth: Das Fondsvolumen beträgt aktuell rund 4 Mio. Euro. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Fonds um überhaupt eine Chance im Vertrieb zu bekommen, über eine gewisse Historie von etwa zwei bis drei Jahren verfügen müssen, da vorher auch keine Bewertungen für den Fondserfolg vergeben werden. Bei dem Investitionsvolumen handelt es sich aktuell zu großen Teilen noch um das sog. Seed-Money welches wir zum Start von der Allerthal-Werke AG und der Scherzer & Co. AG erhalten haben. Bei einer Performance von über 30 Prozent bei einer sehr geringen Schwankungsanfälligkeit hat sich das für unsere Gesellschafter schon heute positiv ausgezahlt.

GSC Research: Wenn unsere Leser nun auf den Geschmack gekommen sein sollten und neben Direktanlagen auch Interesse an einem Fondsinvestment bekommen, wie kann man derzeit Anteile erwerben?

Neuroth: Die Anteile unseres Fonds werden an der Fondsbörse in Hannover gehandelt, ferner gibt es an der Börse in Hamburg eine Freiverkehrsnotiz. Dort können die Anteilsscheine ohne Ausgabeaufschlag unter der WKN A1CT88 erworben werden.

GSC Research: Kommen wir nochmals kurz zurück auf das Thema der personellen Veränderungen. Neben der Erweiterung des Vorstandes hat es zum Jahresende 2012 auch einen Wechsel im Aufsichtsrat durch das Ausscheiden des langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Marquardt gegeben?

Dr. Issels: Wir danken Dr. Marquardt für seine insgesamt mehr als zehn Jahre dauernde Tätigkeit im Aufsichtsrat der Scherzer & Co. AG, welcher die Aufkapitalisierung und Ausrichtung als Beteiligungsgesellschaft mit dem heutigen Geschäftsmodell begleitet hat und bedauern sein Ausscheiden.

Als Nachfolger von Dr. Marquardt wurde durch das zuständige Registergericht Dr. Stephan Göckeler bestellt. Herr Dr. Göckeler ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Flick Gocke Schaumburg. Seine dortigen Schwerpunkte sind unter anderem die Bereiche Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, so dass wir hier eine sehr gute Ergänzung für den freigewordenen Aufsichtsratssitz gefunden haben. Auf der nächsten Hauptversammlung der Scherzer & Co. Aktiengesellschaft am 3. Juni 2013 in Köln wird sich Dr. Göckeler auch der vom Gesetz vorgesehenen Wahl durch die Anteilseigner stellen.

GSC Research: Kommen wir nach den personellen Veränderungen auf das Portfolio zu sprechen. Das Portfolio der Scherzer & Co. setzt sich ja klassischerweise aus einem Mix von eher chancenreichen Investments auf der einen Seite und sogenannten abgesicherten Investments auf der anderen Seite zusammen. Können Sie das für unsere Leser kurz erläutern?

Dr. Issels: Sehr gerne. Vereinfacht gesagt fassen wir unter den sogenannten sicherheitsorientierten Werten, solche Aktien zusammen, die in die Kategorie Value-Aktien oder Abfindungswerte fallen. Bei diesen erscheinen die Börsenkurse nach unten abgesichert. Kursstabilisierende Merkmale können dabei ein sog. natürlicher Floor bei angekündigten bzw. laufenden Strukturmaßnahmen wie z. B. einem Barabfindungsangebot sei, oder aber eine exzellente Bilanz- und Ergebnisqualität bei den Value-Werten.

Neuroth: Neben diesen sicherheitsorientierten Werten investiert die Scherzer & Co. AG ebenfalls in Unternehmen, die bei einem aus unserer Sicht kalkulierbaren Risiko ein erhöhtes Chancenpotenzial aufweisen. Dabei fokussieren wir uns insbesondere auf ausgewählte wachstumsstarke Gesellschaften mit einem nachhaltigen und erprobten Geschäftsmodell. Ferner analysieren wir den Markt auch in Bezug auf  Sondersituationen die ebenfalls aus verschiedenen Gründen ein attraktives Chance/Risikoverhältnis bieten können. Hierzu können etwa auch aussichtsreiche Kapitalmaßnahmen oder Umplatzierungen gehören.

GSC Research: Wie ist das Portfolio aktuell aufgeteilt?

Dr. Issels: Einen detaillierten Überblick bieten wir unseren Investoren mit unserer monatlichen Meldung des sog. Net-Asset-Values (=innerer Wert) unserer Aktie. Dort berichten wir auch über die zehn größten Aktienpositionen, in der ebenfalls monatlich aktualisierten Unternehmenspräsentation, die ebenfalls unter www.scherzer-ag.de abrufbar ist, sind die Unternehmen auch dem jeweiligen Bereich zugeordnet. Aktuell überwiegt bei den zehn größten Positionen per Ende April leicht der Bereich der sogenannten abgesicherten Investments. Bei einem Anteil von gut 51 Prozent der zehn größten Positionen entfallen darauf knapp 27 Prozent. Bezogen auf unser Gesamtportfolio ergibt sich aktuell ein Verhältnis von 54 Prozent (Sicherheit) zu 46 Prozent.

GSC Research: Um das Thema etwas anschaulicher zu gestalten, können Sie uns ein paar konkrete Gesellschaften und deren Einordnung in diesem System nennen?

Dr. Issels: Unter den chancenreichen Investments ist bei uns im Portfolio z. B. die GK Software AG angesiedelt. Das Unternehmen ist ein technologisch führender Softwarepartner des Einzelhandels und bietet umfassende Softwarelösungen für Filialen und Unternehmenszentralen. Kunden dort sind u. a. Galeria Kaufhof, Douglas, EDEKA und Tchibo. Wesentliche Gründe für unser Investment sind die bestehenden erheblichen Chancen aus der weiteren Expansion und den bestehenden Partnerschaften mit Bizerba und SAP. Insbesondere in Bezug auf SAP erscheint uns eine zukünftige Kapitalbeteiligung bei GK Software nicht ausgeschlossen.

Neuroth: Unser größtes Investment im Bereich Sicherheit ist derzeit die Generali Deutschland Holding AG. Das Unternehmen ist die Managementholding der zweitgrößten Erstversicherungsgruppe in Deutschland und ist am Markt mit Marken wie AachenMünchener, Generali, CosmosDirekt, Central Krankenversicherung, Advocard oder Badenia aktiv. Im Jahre 2006 hat die italienische Muttergesellschaft ein freiwilliges Erwerbsangebot zu 98 Euro unterbreitet, auch wenn seither wenig passiert ist, erscheint hier ein Squeeze-out der Minderheitsaktionäre nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Grund für die Verzögerung dürfte wohl die schon länger andauernde Staatsschuldenkrise sein.

Ungeachtet eines möglichen Zwangsausschlusses ist Generali Deutschland auch operativ sehr gut unterwegs, und hat für 2012 das eigene Gewinnziel von 410 Mio. Euro mit einem Konzernergebnis von rund 500 Mio. Euro deutlich übertroffen. Die Dividende soll 5,20 Euro betragen und beschert der Aktie neben der Abfindungsphantasie auch eine sehr attraktive Dividendenrendite.

GSC Research: In früheren Jahren konnten sich Investoren, die im Rahmen von Strukturmaßnahmen wie Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen oder Squeeze-outs und Verschmelzungen Stücke abgegeben haben, auf zum Teil sehr üppige Nachzahlungen aus der gerichtlichen Überprüfung der zugrundegelegten Bewertungen freuen. Zuletzt sind jedoch verschiedene Spruchverfahren wie z. B. Kolbenschmidt-Pierburg oder auch die Vereins- und Westbank ohne Nachbesserung ausgegangen. Werden sich Anleger künftig von der Hoffnung auf Nachbesserungen verabschieden müssen?

Dr. Issels: Das sehe ich nicht. Sicherlich sind insbesondere im Kalenderjahr 2012 einige Verfahren “zu Null” ausgegangen, hiervon war auch die Scherzer & Co. Aktiengesellschaft im Fall von Kolbenschmidt im Jahre 2011 betroffen. Natürlich ist das unerfreulich, aber auch in der Vergangenheit gab es immer mal wieder Verfahren, die ohne eine bzw. die mit einer sehr geringen Nachbesserung ausgegangen sind. Grundsätzlich halten wir das Geschäftsfeld jedoch auch in der Zukunft für attraktiv und in jedem Fall für bearbeitenswert.

GSC Research: Sie geben das sog. “Andienungsvolumen” bei der Scherzer & Co. per Ende April 2013 mit 82,3 Mio. Euro an. Welches sind hier die größten Positionen und sind vor dem Hintergrund die in der Vergangenheit laut Erhebungen von Marktbeobachtern wie SdK oder Solventis erzielten Renditen von bis zu 20 Prozent überhaupt noch möglich?

Dr. Issels: Die größten Positionen bei den Nachbesserungsrechten bei der Scherzer & Co. AG sind Axa Konzern, Bayerische Hypovereinsbank und natürlich Bayer Schering Pharma AG. An den Namen können Sie erkennen, dass die Gesellschaft historisch betrachtet über ein vergleichsweise junges Portfolio an sog. Nachbesserungsrechten verfügt. Bedingt durch unsere damalige Neuausrichtung und Aufkapitalisierung sind wir in diesem Geschäftsfeld erst seit etwa 2005 in nennenswerten Umfang aktiv. Eine Prognose über die zu erzielenden Renditen ist naturgemäß sehr schwierig und hier müssen wir uns, wie auch alle übrigen Investoren, bis zum rechtskräftigen Abschluss der Verfahren gedulden.

Natürlich haben wir hier in den letzten Tagen erfreut den Beschluss bezüglich der Schering-Spruchstelle zur Kenntnis genommen. Die Scherzer & Co. AG hatte seinerzeit 45.000 Aktien der Schering AG zum Unternehmensvertrag eingereicht, weitere 47.000 Aktien wurden beim Squeeze-out veräußert.

Neuroth: Neben dem “Andienungsvolumen” bei der Scherzer & Co. selbst sind wir über unsere Beteiligung von 25 Prozent und einer Aktie an der RM Rheiner Management AG sowie der knapp 25-prozentigen Beteiligung an der Allerthal-Werke AG an zwei weitere interessanten Portfolien sog. Nachbesserungsrechte beteiligt. Die beiden genannten Gesellschaften verfügen über Volumina von 25,3 Mio. Euro bzw. 39,1 Mio. Euro, welche auch Andienungen in deutlich älteren Verfahren wie z.B. Vodafone Deutschland AG u.a. aus den Jahren vor 2005 umfassen.

GSC Research: Durchgerechnet ist die Beteiligung an dem RM Rheiner Management AG Volumen ja noch höher, da die Allerthal-Werke hier mit rund 30 Prozent ja größte Anteilseignerin ist.

Dr. Issels: -lacht- Das ist zutreffend, aber der Grad der Freude hängt hier natürlich ganz entscheidend vom Ausgang der Verfahren ab.

GSC Research: Wenn man die beiden Beteiligungen hinzurechnet, komme ich auf ein Gesamtandienungsvolumen von fast 100 Mio. Euro.

Neuroth: Richtig, sogar über 100 Mio. Euro denn jeweils zu 25 Prozent einberechnet verfügt die Scherzer & Co. neben dem eigenen Andienungsvolumen von aktuell sogar 87,7 Mio. Euro über weitere 16,1 Mio. Euro aus den beiden Beteiligungen.

GSC Research: Erfahrungsgemäß dauern Spruchstellenverfahren sehr lange, eine Dauer von zehn Jahren und mehr ist keine Seltenheit. Zuletzt gab es Bestrebungen des Justizministeriums auf Betreiben einiger Großkanzleien den Instanzenweg von bislang drei auf dann nur noch eine Instanz zu verkürzen und somit auch die Möglichkeiten der Minderheitsaktionäre auf dem Rechtsweg zu beschneiden. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Dr. Issels: Die Verfahrensdauer ist in der Tat in vielen Fällen ausgesprochen lange. Grund hierfür ist nach unserer Einschätzung aber weniger die Zahl der zur Verfügung stehenden gerichtlichen Instanzen, sondern vielmehr die zum Teil sehr lange Erstellungsdauer von gerichtlich geforderten Bewertungsgutachten im Rahmen der Spruchstellenverfahren. An diesem Punkt scheint mir durchaus noch Beschleunigungspotenzial zu bestehen. Eine Verkürzung des Instanzenweges ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar, da es die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung auf dem Rechtswege geben muss. Dies ist auch in vielen anderen Bereichen so gute Praxis in unserem Rechtsstaat und sollte auch bei den gerichtlichen Spruchstellenverfahren so bleiben.

Neuroth: Auch wenn wir hier nicht engagiert sind, aber das aktuell am längsten noch laufende Verfahren ist die gerichtliche Überprüfung des BuG-Vertrages bei der ABB Deutschland AG aus den späten 1980er Jahren. Natürlich sind überlange Verfahrensdauern nicht schön für die betroffenen ausgeschiedenen Aktionäre. Auf der anderen Seite sind etwaige Nachbesserungen zu verzinsen. Angesichts der aktuell sehr geringen Zinssätze im festverzinslichen und Anleihenbereich ist eine Verzinsung mit 5 Prozent über dem Basiszins für die gesamte Verfahrensdauer ab dem Maßnahmenstichtag natürlich auch nicht zu verachten, zumindest solange es zu einer Nachbesserung zugunsten der außenstehenden Anteilseigner kommt.

GSC Research: Bleibt aus Sicht der Investoren zu hoffen, dass sich aus dem angedienten Volumen in der Zukunft entsprechende zusätzliche Erträge generieren lassen. Sehen Sie Risiken im bestehenden Andienungsvolumen?

Dr. Issels: Risiken bestehen hier keine, der denkbare Worst-Case ist in der Tat, dass im Rahmen eines Spruchstellenverfahrens festgestellt wird, dass keine Nachbesserung für die ehemaligen außenstehenden Aktionäre anfällt. Bei den angegebenen Werten handelt es sich um die Kurswerte der im Rahmen von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen oder Squeeze-outs angedienten Aktien. In der Bilanz der Scherzer & Co. AG stehen diese allesamt mit einem Bilanzwert von jeweils “null” Euro, so dass hier auch bei einem Spruchstellenverfahren ohne jegliche Nachbesserung kein bilanzieller Vorgang ausgelöst wird, lediglich im Erfolgsfall können sich unsere Aktionäre über entsprechende zusätzliche Erträge in Form einer Anhebung der Abfindung und darauf entfallender Zinsen freuen.

GSC Research: Lassen Sie uns noch kurz auf die Ergebnisentwicklung bei Ihren beiden Tochtergesellschaften Allerthal-Werke AG und RM Rheiner Management AG zu sprechen kommen. Wie zufrieden sind Sie dort mit dem Erreichten?

Dr. Issels: Die Allerthal-Werke AG konnte ähnlich wie auch die Scherzer & Co. in 2012 von der guten Kursentwicklung ihrer großen Depotpositionen profitieren, allen voran ist auch hier die Generali Deutschland Holding AG zu nennen. Unter dem Strich konnte ein deutlich positives Jahresergebnis erzielt werden und auch wir freuen uns über die der Hauptversammlung vorzuschlagende Dividendenausschüttung von 0,50 Euro.

Neuroth: Zugegebenermaßen nicht wirklich glücklich sind wir über den Fehlbetrag in Höhe von 101 TEUR bei der RM Rheiner Management AG. Dieser resultiert aus Wertberichtigungen in unserem dortigen Chinaportfolio. Wir haben auf zwei unserer vier Beteiligungen höhere Abschreibungen vornehmen müssen. In einem Fall hat die unbefriedigende Wertentwicklung auch tatsächlich einen fundamentalen Hintergrund. Die Abschreibung auf unsere in den USA börsennotierte Beteiligung VLOV haben wir trotz exzellenter Entwicklung vornehmen müssen, weil der Aktienkurs im Widerspruch dazu deutlich gefallen ist.

GSC Research: Kommen wir zum weiteren Ausblick. Im November 2012 konnte die Scherzer & Co. AG erfolgreich eine kleine Kapitalerhöhung am Markt zum Ausgabepreis von 1,15 Euro platzieren. Wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz?

Dr. Issels: Die erfolgreiche Platzierung ist aus Sicht des Vorstandes ein klarer Beleg dafür, dass am Markt Interesse an der Scherzer & Co Aktie besteht und Investoren in unser Geschäftsmodell investieren möchten. Bemerkenswert ist, dass wir die jungen Aktien über dem Börsenkurs vor der Maßnahme platzieren konnten, der Bruttomittelzufluss belief sich auf etwas über 3,1 Mio. Euro.

GSC Research: Sind in der Zukunft weitere Kapitalmaßnahmen geplant?

Dr. Issels: Sofern am Markt entsprechende Nachfrage vorhanden ist und wir einen attraktiven Ausgabekurs realisieren können, sind Kapitalerhöhungen auch in der Zukunft natürlich ein Thema. Da wir die bestehende Ermächtigung für eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts ja unterjährig genutzt haben, benötigen wir zunächst erst eine neue Ermächtigung durch die Hauptversammlung.

GSC Research: Laut Ihrer Unternehmenspräsentation ist es erklärtes Ziel, ein Investmentvolumen von 100 Mio. Euro zu erreichen. Hiervon ist Scherzer & Co. ja noch ein Stück weit entfernt. Wie wollen Sie dieses Ziel in den kommenden Jahren erreichen?

Dr. Issels: Derzeit liegen wir in der Tat noch ein Stück weit von unserem Zielwert entfernt. Neben unseren eigenen Volumina erhöhen sich die “Assets under Management” natürlich durch unsere Beteiligung an der RM Rheiner Management AG sowie durch die jüngst auf knapp 25 Prozent aufgestockten Beteiligung an der Allerthal-Werke AG. Dort ergab sich die Chance im Zuge von Änderungen im Aktionariat unseren Anteil aufzustocken. Ferner sind wir größter Einzelaktionär der Horus AG, einer kleinen Beteiligungsgesellschaft, die ebenfalls in Value- und Abfindungswerte investiert.

Um mittelfristig das angestrebte Volumen von 100 Mio. Euro zu erreichen, setzen wir natürlich auf eine entsprechend positive Performance bei unseren Anlagen, auf den Zufluss von Nachbesserungen aus Spruchverfahren und auch weitere Kapitalmaßnahmen.

GSC Research: Neben Kursgewinnen und interessanten Anlagen legen Aktionäre naturgemäß auch Wert auf eine Dividendenzahlung. Können sich Scherzer-Aktionäre auf eine derartige Gewinnbeteiligung in der Zukunft ebenfalls freuen?

Dr. Issels: Grundsätzlich sind wir bei unseren Investments auch immer Freunde von Ergebnisbeteiligungen in Form von Dividendenzahlungen. Aktuell befindet sich die Scherzer & Co. AG jedoch noch in der Wachstumsphase. Um das angestrebte Portfoliovolumen zu erreichen, erscheint derzeit die Aufnahme einer Dividendenzahlung eher wenig sinnvoll. Letztlich werden die Aktionäre darüber zu entscheiden haben, sofern die Gesellschaft dazu bilanziell in der Lage ist.

GSC Research: Zum Abschluss interessiert unsere Leser natürlich noch Ihre Einschätzung für das laufende Börsenjahr 2013 nach dem bereits sehr guten Start. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Neuroth: Die Schuldenkrise hat die Märkte weiter voll im Griff. Zuletzt wurden die Konjunkturzahlen aus der Eurozone schlechter, insbesondere die Lokomotive Deutschland verlor an Zugkraft und auch Frankreich schwächelt. Auch die Unternehmen werden vorsichtiger in ihren Ausblicken für die nächsten Monate. Die Notenbanken steuern mit einer Liquiditätsschwemme gegen. Dieses Umfeld erfordert besondere Flexibilität für unsere Anlageentscheidungen. Wir suchen ständig nach Spezialsituationen, die sich unabhängig von den Marktbewegungen positiv entwickeln können. Risiken versuchen wir dabei durch den Einsatz von Derivaten abzufedern.

Issels: Wir sind insgesamt davon überzeugt, dass eine Renaissance der Aktienanlage bevorsteht, da hier eine der wenigen Chancen besteht, attraktive „Kupons“ zu erwirtschaften.

GSC Research: Herr Neuroth, Herr Dr. Issels, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihren Investitionsentscheidungen.

Veröffentlichungsdatum: 14.05.2013 - 17:31
Redakteur: ala
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