Am 22. August 2012 fand in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt die diesjährige Hauptversammlung der vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste AG statt. Etwa 80 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, darunter Matthias Wahler für GSC Research, um sich über die Entwicklung des führenden Dienstleisters im Bereich der Finanzinformationen zu informieren.
Bericht des AufsichtsratsDer Aufsichtsratsvorsitzende Rechtsanwalt Klaus Nieding eröffnete die Veranstaltung um 10:30 Uhr und nahm zunächst Stellung zu den personellen Veränderungen. Der Vertrag von Vorstandsmitglied Edmund J. Keferstein wurde seinen Angaben zufolge nicht verlängert. Er hat daraufhin am 29. Dezember 2011 alle Mandate niedergelegt. Der Vorstand besteht seither aus den Herren Dr. Andreas Dahmen und Spencer Bosse, wobei Herr Bosse schwer erkrankt war und auf der Hauptversammlung nicht anwesend sein konnte.
Neu in den Vorstand berufen hat der Aufsichtsrat Albrecht Kiel. Er war zuvor bei der Allianz beschäftigt und unter anderem Vorstandsvorsitzender der Direct Line Versicherung gewesen und tritt sein Amt bei der vwd am 1. September 2012 an. Herr Kiel richtete auch selbst einige Worte an die Hauptversammlung.
Im Anschluss verlas Herr Nieding die Tagesordnung und informierte, dass die Gesellschaft für den Jahresabschluss 2011 nur ein eingeschränktes Testat erhalten hat. Der Abschlussprüfer Stüttgen & Haeb AG wollte sich bei der Bewertung der Put-Optionsvereinbarung zum Erwerb der restlichen 49 Prozent an der EDG-Unternehmensgruppe nicht den Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC anschließen. Dieses Thema wurde später noch ausführlich diskutiert.
Im Anschluss erläuterte Herr Nieding die Formalien und übergab das Wort an den Vorstand.
Bericht des VorstandsWie Dr. Dahmen darlegte, konnte die vwd-Gruppe die Konzernerlöse dank der weiteren Europäisierung des Geschäfts weiter steigern. Der Umsatz kletterte mit 80,9 (Vj. 76,1) Mio. Euro auf den höchsten Wert der Firmengeschichte, was einen großen Schritt in Richtung der mittelfristigen Zielmarke von 100 Mio. Euro bedeutet. Das EBITDA stieg ebenfalls deutlich auf 9,1 (7,5) Mio. Euro und die Marge verbesserte sich auf 11,2 (9,8) Prozent. Die Werte aus 2008/09 sind damit allerdings noch nicht wieder erreicht.
Im Segment Market Data Solutions (MDS) war insbesondere infolge der neuen Auslandsaktivitäten in Italien ein hohes Umsatzwachstum zu verzeichnen. Die EBITDA-Marge verbesserte sich auf 11,8 (Vj. 10,8) Prozent. Mit den Technology Solutions (TS) konnten die Erlöse dank eines stabilen Bestandsgeschäfts und höherer Einmalerlöse aus dem Projektgeschäft ebenfalls ausgeweitet werden. Das EBITDA blieb jedoch unverändert, die Marge verschlechterte sich auf immer noch gute 11 (11,9) Prozent.
Im Segment Specialised Market Solutions (SMS) stieg der Umsatz im Bereich der Zertifikateratings deutlich an. Damit konnten die Rückgänge im Fondspreisgeschäft aber nicht komplett kompensiert werden. Das EBITDA konnte dennoch deutlich verbessert werden. Die Marge schnellte auf 10,1 (Vj. 6,4) Prozent nach oben. Im laufenden Jahr wird der Wert nach Einschätzung von Dr. Dahmen wegen des rückläufigen Fondspreisgeschäfts allerdings wieder niedriger ausfallen.
Positiven Einfluss auf das Geschäft hatte auch der Ausbau der Zusammenarbeit mit den Bestandskunden. Zuvorderst nannte Dr. Dahmen hier die Ausweitung des mit der DZ-Bank abgeschlossenen Vertrags zur Informations- und Marktdatenversorgung auf neue Produktlösungen. Außerdem wurde „eniteo“, das Derivateportal des Kreditinstituts, weiter ausgebaut. Ferner erwähnte der Vorstand die Kooperation mit der dwpbank und WM Datenservice betreffend die Erstellung von Produktinformationsblättern und die Verlängerung der Zusammenarbeit mit dem Nachrichtensender n-tv.
Trotz der operativen Erfolge hat sich das Konzernergebnis auf minus 2,2 (Vj. plus 1,2) Mio. Euro massiv verschlechtert. Schuld daran war laut Dr. Dahmen allein die Neubewertung der Put-Option für den Erwerb der restlichen 49 Prozent an der EDG AG. Allein dies hatte einen negativen Effekt von 4 Mio. Euro. Das Konzerneigenkapital verminderte sich deshalb auf 27,3 (29,5) Mio. Euro. Mit einer Eigenkapitalquote von 31,5 (37,9) Prozent und auch mit Blick auf den stabilen Cashflow von 13 (7,3) Mio. Euro sieht der Vorstand die Gruppe aber unverändert solide finanziert.
Die weitere Wachstumsstrategie fußt nach Aussage von Dr. Dahmen auf drei Pfeilern. Erstens nannte er die Stabilisierung des aktuellen Geschäfts und die Stärkung der Wettbewerbsposition in Deutschland. Das zentrale Thema ist der Ausbau der Marke „vwd“ mit innovativen Produkten. Zum zweiten sollen die internationalen Wachstumsmöglichkeiten ausgeschöpft und das Geschäftsmodell in neuen Märkten implementiert werden. Dabei will der Vorstand sich auf das Cross-Selling fokussieren. Das dritte Thema ist schließlich die Ausnutzung wichtiger Wachstumsparameter wie der verstärkten Forderung nach Transparenz und den zunehmenden Regularien.
Im ersten Halbjahr 2012 hat sich der Wachstumstrend durch den erfolgreichen Geschäftsausbau in Italien noch verstärkt. Der Umsatz kletterte um 19 Prozent auf 44,1 (Vj. 37) Mio. Euro. Gleichzeitig war jedoch ein deutlicher Anstieg des Materialaufwands in Form von höheren Kosten für die Übertragung und die Informationsbeschaffung und Börsenabrufgebühren zu verzeichnen. Die erreichten Skaleneffekte beim Personalaufwand konnten dies nicht ausgleichen.
Weitere Belastungen ergaben sich durch die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bewertung der EDG-Put-Option und durch die erstmals vorgenommene Kaufpreisallokation der vwd group Italia. Während das EBITDA mit 4 Mio. Euro unverändert blieb, reduzierte sich deshalb das EBIT um 26 Prozent auf 1,45 (Vj. 1,95) Mio. Euro. Das Periodenergebnis rutschte mit minus 65 (plus 757) TEUR leicht ins Minus.
Der Vorstand warf dann einen Blick auf die Entwicklung der Aktie, die in 2011 und im ersten Halbjahr 2012 spürbar an Wert verloren hat. Dies spiegelt nach seiner Überzeugung den operativen Geschäftsverlauf nicht wider. Schließlich befindet sich die vwd trotz der Problemfelder auf Wachstumskurs und weist hohe Margen aus.
In diesem Zusammenhang informierte Dr. Dahmen über die aktuelle Aktionärsstruktur. Danach liegen 36,7 Prozent der Anteile bei der Deutsche Balaton AG, weitere 28 Prozent bei Dietmar Hopp, 14,9 Prozent bei Ex-Vorstand Edmund J. Keferstein und 11,1 Prozent bei Oliver Hopp. Der Freefloat beläuft sich auf 5,5 Prozent.
Im Folgenden informierte der Vorstand über die Vorgänge um die Bewertung der Put-Option für den Erwerb der restlichen 49 Prozent an der EDG. Schließlich hatte diese Thematik im vergangenen Jahr ganz erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis. Die zusätzliche Ergebnisbelastung ergibt sich daraus, dass der zu erwartende Kaufpreis in den sonstigen Verbindlichkeiten mit 9,54 Mio. Euro neu angesetzt wurde, während zuvor nur 6,17 Mio. Euro bilanziert waren. Es muss allerdings, wie der Vorstand betonte, erst noch Gewissheit geschaffen werden, ob der höhere Kaufpreis tatsächlich gerechtfertigt ist.
Wie Dr. Dahmen informierte, hat die vwd im Jahr 2009 einen Vertrag über den Erwerb einer Beteiligung von 51 Prozent an der EDG geschlossen. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Put-Option über die restlichen 49 Prozent vereinbart. Am 29. Februar 2012 ging der vwd nun ein Schreiben von Philipp Henrich, Mitglied des Vorstands der EDG, zu. Darin kündigte dieser an, dass die Gesellschafter ihre restlichen 49 Prozent an der EDG gemäß den Vertragsbedingungen veräußern wollen. Die Bemessungsgrundlage für den Kaufpreis bildet das mittlere EBIT aus 2011 und den beiden Folgejahren.
Nach den vorliegenden Zahlen hat sich das EBIT der EDG nun in 2011 auf 2,96 Mio. Euro nahezu verdreifacht. Dazu beigetragen hat unter anderem die deutliche Reduzierung der Herstellungskosten auf 401 (Vj. 925) TEUR. Die Marge konnte auf 67,7 (33,4) Prozent glatt verdoppelt werden. Nachdem die vwd für die ersten 51 Prozent an der EDG 5,4 Mio. Euro bezahlt hat, würde sich basierend darauf für die restlichen 49 Prozent ein Betrag von 9,5 Mio. Euro ergeben – und nach den Prognosen der Altgesellschafter sogar noch mehr.
Laut Dr. Dahmen muss nun zunächst geprüft werden, inwieweit die sehr positive Geschäftsentwicklung der EDG tatsächlich nachhaltig und der Kaufpreis angemessen ist. „Wir können dass nicht ungeprüft durchwinken“, betonte er. Zudem könnten die Altaktionäre und Vorstände das Unternehmen auch noch zeitnah verlassen und sogar in Wettbewerb zur vwd und EDG treten.
Derzeit läuft nun die Aufarbeitung des Sachverhalts. Zunächst gilt es nach den Worten des Vorstands zu prüfen, ob der Vertrag vielleicht aufgrund formaler Mängel gar nicht gültig ist. Die Altgesellschafter haben zwar bereits eine Feststellungsklage angekündigt, eine solche aber noch nicht eingereicht.
Für den 29. August 2012 sind nun Gespräche mit den EDG-Vertretern dieses Thema betreffend geplant. Dr. Dahmen bat deshalb um Verständnis, dass die Hauptversammlung nicht das geeignete Forum bietet, um einseitige Standpunkte auszutauschen. Eine öffentliche Erörterung würde die Verhandlungen belasten.
Allgemeine AusspracheVor dem Eintritt in die Diskussion richtete der Vorsitzende nochmals einige Worte an die Hauptversammlung und teilte mit, dass sein Aufsichtsratskollege Henning von Freese von Issendorf und er selbst entgegen der Ankündigung in der Tagesordnung nicht mehr für die Wahl kandidieren werden. Stattdessen sollen die Herren Prof. Dr. Wilhelm Haarmann und Herr Berthold Wipfler als Vertreter der Großaktionäre die Plätze einnehmen. Herr Nieding hatte dafür vollstes Verständnis.
Wortmeldungen gab es von Detlef Kunath von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. (DSW), Werner Friedmann von der Investmentgesellschaft für langfristige Investoren TGV, Prof. Dr. Haarmann als Vertreter von Oliver Hopp, Florian Röbbeling für Tobias Kramer, Berlin, Berthold Wipfler als Vertreter von Dietmar Hopp, Aktionär Jan Decker und Christian Rimmelspacher von der Deutsche Balaton AG.
Das zentrale Thema der Debatte waren wie nicht anders zu erwarten die Vorgänge um die EDG. Herr Kunath konnte gut nachvollziehen, dass dem Vorstand der Kaufpreis zu hoch erscheint. Ebenso wie Prof. Dr. Haarmann war ihm allerdings unklar, wieso Dr. Dahmen meint, dass die Ausübung der Option nicht rechtswirksam sein könnte. Der Vertrag ist schließlich bereits im Jahr 2009 geschlossen worden.
Ihn interessierte, wer die vwd beim damaligen Vertragsabschluss beraten hat. Er hinterfragte außerdem die Rolle von Vorstand und Aufsichtsrat; einer müsse schließlich die Verantwortung tragen. Im Übrigen fragte er nach Einzelheiten zum Vertragstext. Speziell interessierte ihn, welche Regelung für den Fall getroffen ist, dass die Verantwortlichen bewusst die Investitionen drosseln und so zu Lasten der Zukunft das Ergebnis erhöhen.
Dass der Abschlussprüfer das Testat zunächst verweigert und erst später mit der entsprechenden Einschränkung erteilt hat, konnte Prof. Dr. Haarmann nicht nachvollziehen. Die Unsicherheit allein reicht dafür seiner Meinung nach nicht aus. Im Übrigen war ihm aufgefallen, dass ausweislich der Tagesordnung ein Prüferwechsel vorgesehen ist. Er fragte nach dem Grund für diese Entscheidung.
Herr Friedmann zeigte sich insgesamt irritiert von den Vorgängen. Seiner Meinung nach müssten Vorstand und Aufsichtsrat, nachdem die EDG voll konsolidiert ist, doch Einblick haben, wie das hohe EBIT zustande kommt. Herr Röbbeling erkundigte sich, ob eine Obergrenze beziehungsweise eine maximale Spanne für den Kaufpreis definiert ist und welchen Betrag denn der Abschlussprüfer gern gesehen hätte.
AntwortenIn seiner Antwort legte Dr. Dahmen dar, dass die Thematik insgesamt einer Überprüfung unterzogen werden soll, nachdem die aktuellen Berater Fragezeichen hinter der Wirksamkeit des Vertrages sehen. Aus heutiger Sicht geht der Vorstand davon aus, dass der Vertrag gültig ist. Es ist aber die Pflicht von Vorstand und Aufsichtsrat, die Umstände genau zu prüfen.
Eine Unwirksamkeit des Vertrags könnte nach seiner Aussage möglicherweise wegen der mangelnden notariellen Form gegeben sein. Wenn in den Verhandlungen keine Einigung erzielt werden kann, muss dieser Punkt wohl vor Gericht geklärt werden. Eventuell sind auch Ansprüche aus dem Kauf der ersten Tranche gegeben.
Ein maximaler Kaufpreis ist Dr. Dahmen zufolge nicht definiert. Der Betrag ergibt sich als Multiple aus dem mittleren EBIT des Jahres 2011, der Planung für 2012 und der Prognose für 2013. Diese Reglung wurde für die Put- und auch für die Call-Option vereinbart, bei letzterer nur mit einem höheren Multiple. Selbstverständlich wurde vorher auch eine Due-Diligence-Prüfung durchgeführt.
Der Wechsel des Abschlussprüfers ist, wie im Folgenden Herr Nieding darlegte, nach einer gewissen Zeit nicht ungewöhnlich. Und Stüttgen & Haeb prüft die vwd nun bereits seit zehn Jahren. „Selbstverständlich ist kein Zusammenhang mit der EDG gegeben“, betonte er. Entsprechende Überlegungen hat es schon vorher gegeben. Das Angebot der PKF Deutschland GmbH liegt mit 174 TEUR sogar etwas höher.
Weitere Antworten lieferte Herr Lenzen von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Stüttgen & Haeb. Die Einschränkung des Testats war nach seiner Aussage unumgänglich, weil der Wert der sonstigen Verbindlichkeiten nicht geprüft werden konnte. Auch die Nennung eines Maximalwerts hätte daran nichts geändert, ein Hinweis wäre trotzdem erforderlich gewesen.
Später informierte Dr. Dahmen, dass der Preis für die 49 Prozent nach den von den Altgesellschaftern vorgelegten Zahlen 15 Mio. Euro betragen würde. Diese lassen sich jedoch nicht ausreichend nachvollziehen, weshalb lediglich die Werte aus 2011 zugrunde gelegt wurden. Der Bewertung der Put-Option liegt ein Gutachten der PwC zugrunde.
Selbst wenn tatsächlich 15 Mio. Euro bezahlt werden müssten, würde dies laut Dr. Dahmen kein Problem darstellen. Der Vertrag sieht vor, dass der Kaufpreis zu 80 Prozent in Aktien und nur zu 20 Prozent in bar bezahlt werden muss. Der Baranteil ließe sich damit gut aus dem operativen Cashflow begleichen.
Nach diesen Äußerungen ergriff nochmals Herr Röbbeling das Wort. Er sah angesichts der tiefer gehenden Differenzen die Gefahr, dass der Erwerb der EDG letztlich komplett für unwirksam erklärt wird. Herr Nieding konnte dies nicht völlig ausschließen. In diesem Fall müsste wohl die gesamte Transaktion rückabgewickelt werden, was eine größere Aktion wäre. Er bat aber darum, erst einmal die weiteren Ergebnisse abzuwarten.
Weitere DiskussionHerr Kunath erkundigte sich nach den Umständen des plötzlichen Ausscheidens von Vorstandsmitglied Edmund J. Keferstein. Nach Aussage von Herrn Nieding gab es eine unterschiedliche Auffassung über die interne und externe Strategie. Weitere Details konnte er „aus verständlichen Gründen“ nicht offenlegen.
Herrn Friedmann war aufgefallen, dass das organische Wachstum im ersten Halbjahr 2012 im Wesentlichen auf die Erfolge in Italien zurückzuführen ist, was Dr. Dahmen bestätigte. Italien hat seinen Angaben zufolge in den ersten sechs Monaten 6 Mio. Euro zum Umsatz und ein EBITDA von 132 TEUR beigetragen. Der Umsatzzuwachs ist also fast komplett dem italienischen Markt zuzurechnen.
Den Umsatzanteil der Privatkunden bezifferte Dr. Dahmen auf Nachfrage von Herrn Friedmann mit gleich bleibend etwa 4 Prozent. Der größte Kunde der vwd ist die DZ-Bank. Der Umsatz lag zuletzt bei rund 6 Mio. Euro oder gut 7 Prozent und dieses Geschäft wird mit dem Ausbau der Kooperation noch weiter an Bedeutung gewinnen.
Nachdem die Fragen beantwortet waren, trat noch einmal Herr Rimmelspacher an das Rednerpult. Er stellte einen Gegenantrag zu TOP 7, der die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals vorsah. Konkret beantragte er, einen Passus einzufügen, dass neue Aktien als Gegenleistung für die Sacheinlage der restlichen Anteile der EDG mindestens zu 2,60 Euro ausgegeben werden müssen, um eine weitere Verwässerung der Aktionäre zu vermeiden.
Prof. Dr. Haarmann konnte sich mit diesem Antrag nicht anfreunden. Er stellte alternativ den Gegenantrag, auf die Beschränkungen betreffend den Bezugsrechtsausschluss bei Sacheinlagen komplett zu verzichten.
Inklusive dem Verwaltungsvorschlag gab es damit drei Anträge zu TOP 7 und jeder Antragssteller hatte ausreichend Aktien angemeldet, um bei der Beschlussfassung die erforderliche Dreiviertelmehrheit zu verhindern. Herr Nieding unterbrach daraufhin die Versammlung, um den Aktionärsgruppen die Möglichkeit zu geben, sich auf einen gemeinsamen Beschlussvorschlag zu einigen.
AbstimmungenHerr Nieding verkündete die Präsenz dann mit 23.752.175 Aktien. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 25.754.577 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 92,23 Prozent. Mit Ausnahme von TOP 7 wurden alle Beschlüsse mit Mehrheiten über 99 Prozent gefasst. Lediglich bei der Wahl von Herrn van Halem lag die Zustimmung nur bei 84 Prozent.
Im Einzelnen beschloss die Versammlung über den Vortrag des gesamten Bilanzgewinns auf neue Rechnung (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der Herren Prof. Dr. Haarmann, van Halem und Wipfler in den Aufsichtsrat (TOP 5), die Aufhebung des bedingten Kapitals (TOP 6), die Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien (TOP 8) und die Wahl der Stüttgen & Haeb AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf, zum Abschlussprüfer (TOP 9).
Bei TOP 7 wurden, wie weiter oben beschrieben, über drei unterschiedliche Anträge abgestimmt. Trotz der Unterbrechung konnten sich die drei Aktionärsgruppen auf kein gemeinsames Vorgehen einigen. So erhielt, wie zu befürchten war, kein Antrag die erforderliche Dreiviertelmehrheit.
FazitRein operativ entwickelte sich das Geschäft der vwd group auch im Geschäftsjahr 2011 solide. Dies zeigt sich im Anstieg der Umsätze auf den Rekordwert von mehr als 80 Mio. Euro und der Verbesserung der EBITDA-Marge auf 11,2 (Vj. 9,8) Prozent. Unter dem Strich steht dennoch ein Fehlbetrag von 2,2 Mio. Euro, was allerdings nur einem Sondereffekt anzulasten ist, der auch die Debatte in der Hauptversammlung dominierte.
Basierend auf einem Kaufvertrag aus dem Jahr 2009 haben die Altgesellschafter der EDG Gruppe die vereinbare Put-Option gezogen und der vwd die noch verbliebenen 49 Prozent an ihrem Unternehmen angedient. Der Preis fiel allerdings weit höher aus als erwartet, da sich das Geschäft der EDG offenbar extrem gut entwickelte. So recht nachvollziehbar ist der plötzliche Gewinnsprung dieser Gesellschaft allerdings nicht, weshalb der Vorstand den Sachverhalt überprüfen lassen will. Aus diesem Thema resultiert auch die Einschränkung des Testats durch den Abschlussprüfer.
Zum Ende der Diskussion trat noch ein weiteres Problem zu Tage. Schon länger verfügt die vwd group über mehrere große Aktionärsgruppen, die sich bisher immer einig waren. Diesmal konnten sie sich aber auf keine gemeinsame Linie bei der Schaffung des genehmigten Kapitals einigen, weshalb dieses nun trotz dreier verschiedener Vorschläge abgelehnt wurde. Da die EDG-Anteile zum Teil mit vwd-Aktien bezahlt werden sollen, könnte sich dies nun durchaus als Problem herausstellen.
Abgesehen von diesen Punkten entwickelt sich das Geschäft der vwd aber positiv. Insbesondere in Italien geht es mit großen Schritten voran. Die Unsicherheit im Hinblick auf die EDG-Thematik drückte in den letzten Monaten dennoch erheblich auf die Aktie. Mittlerweile hat sich der Kurs zumindest um die 2 Euro stabilisiert. Können die Probleme zufrieden stellend gelöst werden, müsste sich vor diesem Niveau aus einiges Potenzial eröffnen.
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Veröffentlichungsdatum:
04.09.2012
-
14:00
Redakteur:
mwa