Am 7. Mai 2012 fand in Usingen die 12. ordentliche Hauptversammlung der SCI AG statt. Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr verzeichnete die Gesellschaft beim NAV wieder eine deutliche bessere Entwicklung als der DAX. Rund 20 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Thorsten Renner für GSC Research, hatten sich im Bürgerhaus Wernborn eingefunden, um sich vom Vorstand über die weitere Anlagestrategie informieren zu lassen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Wilhelm Nachtigall eröffnete die Hauptversammlung und erklärte den Anwesenden das Vergütungssystem des Vorstands. Nach dem Verlesen der ansonsten kurz gehaltenen Formalien übergab er das Wort an den Alleinvorstand Oliver Wiederhold.
Bericht des Vorstands
Nach dem erfolgreichen Börsenjahr 2010 waren die Analysten auch für das Jahr 2011 zuversichtlich gewesen und hatten den DAX durchschnittlich bei über 7.700 Punkten gesehen. Allerdings gestaltete sich die Entwicklung dann komplett anders, berichtete Herr Wiederhold. Das erste Halbjahr 2011 zeigte noch einen recht stabilen Verlauf, doch dann sackte der DAX in der zweiten Jahreshälfte bis auf rund 5.000 Punkte ab, um sich bis zum Jahresende wieder leicht zu erholen. Per Saldo kam es im vergangen Jahr beim deutschen Leitindex zu einem Rückgang von 15 Prozent.
Wie der Vorstand weiter ausführte, war er nach dem ersten Halbjahr angesichts der ungelösten Probleme im Euroraum für den weiteren Jahresverlauf durchaus pessimistisch gestimmt. Aus diesem Grund erfolgte die Glattstellung einiger langfristiger Positionen mit Gewinnen, wodurch sich SCI komplett von der Marktentwicklung abkoppeln konnte. Die SCI-Aktie verzeichnete denn auch nur einen leichten Rückgang im zweiten Halbjahr, bis ihr die Entwicklung bei Böhler-Uddeholm wieder Schwung verlieh.
InnoTec als größte Position legte auch in 2011 wieder ein erfolgreiches Jahr hin. Im Jahresverlauf erhöhte sich der Aktienkurs von 5 auf etwa 5,50 Euro, wobei der Kurs aktuell auf über 7 Euro zulegte. Allerdings nahm die Volatilität bei InnoTec deutlich zu und im Rahmen der Korrektur an den Börsen kam auch diese Aktie unter die Räder, so Herr Wiederhold. Zum Zeitpunkt der InnoTec-Hauptversammlung hatte sich SCI deshalb von einigen Aktien getrennt, diese Position zum Jahresende aber wieder aufgestockt.
Das Ergebnis aus dem Wertpapierhandel belief sich laut Vorstandsangaben im vergangenen Jahr auf 171 TEUR und lag damit deutlich über dem Vorjahreswert von 125 TEUR. Dagegen blieben die sonstigen betrieblichen Erträge mit 573 TEUR hinter dem Vorjahresniveau zurück. Die Gewinne resultierten aus den Verkäufen von Garant Schuh + Mode, Essanelle, des Banken-Portfolios aus Anleihen und Genussscheinen sowie des Teilverkaufs InnoTec und den Nachbesserungen aus Spruchverfahren.
Nach Aussage von Herrn Wiederhold fiel der Personalaufwand im abgelaufenen Geschäftsjahr auf 57 TEUR. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen blieben mit 101 TEUR relativ unverändert, wobei die größten Posten auf Rechtsberatung, die Aufsichtsratsvergütung und die Hauptversammlungskosten entfielen. Jedoch waren in den Kosten der Hauptversammlung auch die Aufwendungen im Rahmen der Anfechtung enthalten, erklärte Herr Wiederhold. Die echten Hauptversammlungskosten lägen normalerweise unter 7 TEUR oder sogar unter 5 TEUR, falls kein Notar benötigt werde.
Die Abschreibungen auf Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens lagen mit 688 TEUR deutlich über dem Vorjahreswert von 184 TEUR. Laut dem Vorstand betraf der größte Teil mit 153 TEUR Griechenland-Anleihen. Daneben kam es noch zu Abschreibungen von 96 TEUR bei Telegate und 60 TEUR bei DEGI Europa. Allerdings hatte SCI bei DEGI auch eine Ausschüttung von gut 61 TEUR erhalten, die zu einer Abwertung führte. Deutlich höher fielen die Erträge aus Dividenden und Zinsen aus. Von den 305 TEUR stammten 137 TEUR aus der Escada-Anleihe, 61 TEUR von DEGI Europa sowie 45 TEUR aus der Stöhr-Liquidation. Schließlich vereinnahmte SCI noch eine InnoTec-Dividende in Höhe von 29 TEUR. Bei einem Jahresüberschuss von 197 TEUR stellte sich das Ergebnis je Aktie im vergangenen Jahr auf 0,44 Euro.
In der Bilanz setzte sich der Trend zu mehr Umlaufvermögen fort. Während der Anteil des Anlagevermögens von 60 auf 44 Prozent sank, stieg die Quote des Umlaufvermögens im Gegenzug von 34 auf 52 Prozent. Wie Herr Wiederhold erklärte, überlegt man sich genau, ob Positionen wirklich mehrere Jahre gehalten und ins Anlagevermögen genommen werden sollen. SCI wies zum Jahresende „nur noch“ eine Eigenkapitalquote von 80 Prozent aus. Allerdings umfassten die ausgewiesenen Verbindlichkeiten die im Vorjahr beschlossene Kapitalrückzahlung. Wegen der Sperrfrist kann diese jedoch erst nach 6 Monaten ausgezahlt werden. So musste die Gesellschaft rund 670 TEUR als Verbindlichkeiten gegenüber Aktionären verbuchen. Nach der erfolgten Ausschüttung liegt die Eigenkapitalquote nun aber wieder nahe 100 Prozent, wie der Vorstand klarstellte.
Im vergangenen Jahr erwarb die Gesellschaft 4.087 eigene Aktien zu einem Durchschnittskurs von 16,53 Euro, was einem Anteil des Grundkapitals von 0,9 Prozent entspricht. Trotz des negativen Börsenumfelds legte der NAV der SCI-Aktie in 2011 um 2,6 Prozent auf 17,30 Euro zu. Den aktuellen NAV bezifferte Herr Wiederhold auf 17,23 Euro, jedoch ist hierbei auch die Kapitalrückzahlung von 1,50 Euro je Aktie zu berücksichtigen. Inklusive dieser Zahlung stieg der NAV um 8,3 Prozent, während der DAX bisher um 11,2 Prozent zulegte. Allerdings wird dieser Abstand in den jetzigen Zeiten mit einer schwächeren DAX-Entwicklung deutlich geringer.
Der Alleinvorstand betonte in diesem Zusammenhang, dass in dieser positiven Entwicklung die Effekte aus Böhler-Uddeholm noch immer nicht enthalten sind. Zufrieden zeigte er sich mit den im letzten Jahr erhaltenen Nachbesserungen aus beendeten Spruchverfahren. Diese beliefen sich in Summe auf rund 44 TEUR. Bezogen auf das eingereichte Volumen von 178 TEUR entsprach die Nachbesserung einer Quote von 25 Prozent und lag damit über dem Vorjahreswert. Unzufrieden war Herr Wiederhold im laufenden Jahr mit dem Ausgang des Verfahrens bei der Vereins- und Westbank. Die zunächst auf 37,20 Euro festgesetzte Zahlung wurde vom OLG Hamburg gekippt und so blieb es bei der Zahlung von 26,65 Euro. Er erwartet jedoch aus dem abgeschlossenen Vergleich bei Teutonia Zement eine Nachzahlung von über 20 TEUR. Aus bevorstehenden Vergleichen bei der BHF Bank, der Victoria Versicherung und ContiTech rechnet er mit weiteren Nachzahlungen von rund 30 TEUR.
Anschließend kam der Vorstand auf den Themenkomplex Böhler-Uddeholm zu sprechen. SCI hält dort rund 300.000 Nachbesserungsrechte. Der am 24. November 2011 beschlossene Vergleich sieht eine Erhöhung um 6,50 Euro vor. Mit der Verzinsung von 5,19 Prozent seit Juni 2008 würde sich die Summe auf etwa 7,80 Euro je Nachbesserungsrecht belaufen. Der Vergleich muss jedoch noch vom Handelsgericht Wien bestätigt werden. Dieses hatte einige Vollmachten bemängelt, Herr Wiederhold zeigte sich aber zuversichtlich, dass es sich dabei nur noch um Formalien handelt. Angesichts der Verzinsung von 5,19 Prozent werde die Wartezeit der SCI AG auf die Auszahlung aber angenehm versüßt, so der Vorstand. Die Nachbesserungsrechte waren innerhalb von zwei Angeboten zu durchschnittlich 1,12 Euro erworben worden.
Als die derzeit fünf größten Positionen nannte Herr Wiederhold InnoTec, Bausparkasse Mainz, Leica, LBB Holding und REAL² Immobilien. Nach dem Wechsel des Großaktionärs betrachtet er REAL² als einen interessanten Immobilienwert. Nach seiner Aussage hält die Gesellschaft bereits seit 2004 kleinere Positionen in Lettland. Eine Beteiligung konnte hier mit einem Gewinn von rund 70 TEUR an den Großaktionär veräußert werden. Angesichts der dortigen Erfolge will sich SCI auch weiter in Lettland engagieren, wie der Vorstand zum Ende seiner Ausführungen mitteilte.
Allgemeine Diskussion
Frau Kostinek von der Investor Communications Group (ICG) zeigte sich mit der Entwicklung des NAV und des erwirtschafteten Ergebnisses im vergangenen Jahr zufrieden. Sie interessierte sich dafür, mit welcher Strategie bei der Auswahl von Werten mit Nachbesserungsfantasie vorgegangen wird. Laut Herrn Wiederhold wird jeder Einzelfall betrachtet und SCI zahlt auch nur geringe Aufgelder. Angesichts einiger Entscheidungen seien die Agios im Allgemeinen etwas gesunken, so dass schon mit einem geringen Aufgeld ein interessantes Volumen aufgebaut werden könne. Daneben gehöre auch eine Diversifikation ins benachbarte Ausland dazu. Mit Constantia Packaging sah der Vorstand hier erneut eine interessante Position. Im Hinblick auf die Entwicklung des NAV werde aber Böhler-Uddeholm in 2012 wohl den überragenden Einfluss ausüben.
Da Klagen gegen den zwangsweisen Umtausch der Griechenland-Anleihen angekündigt sind, wollte Frau Kostinek wissen, ob sich auch SCI eine Klage vorstellen könnte. Herr Wiederhold bezeichnete dies als durchaus unschönes Thema. Er wolle aber nicht gutes Geld schlechtem Geld hinterherwerfen. Da in diesem Bereich jedoch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sehr aktiv sei, werde sich auch SCI einer Klage anschließen, sofern sich eine entsprechende Möglichkeit bei einem vernünftigen Aufwand bieten sollte.
Nähere Informationen erbat Frau Kostinek zum Prozess der Anlageentscheidung. Das Konzept habe sich seit 2000 sukzessive fortentwickelt, erklärte Herr Wiederhold. Allerdings bestehe kein systematischer Ansatz, sondern das Portfolio setze sich aus der Summe interessanter Einzelinvestments, vor allem in Sondersituationen, zusammen. Darüber hinaus werde auch darauf geachtet, keine Klumpenrisiken entstehen zu lassen. Die reine Investitionsentscheidung obliege dem Vorstand, ab einer Summe von 250 TEUR sei jedoch die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich. Unabhängig von der reinen Aufsichtsratstätigkeit stehe der Vorstand auch bezüglich der Investmentideen in engem Kontakt mit den Aufsichtsratsmitgliedern, betonte Herr Wiederhold.
Im Hinblick auf die durchgeführte Kapitalherabsetzung bat Frau Kostinek um Informationen, ob hier auch externe Berater eingebunden waren. Wie der Vorstand mitteilte, hatten sich die Anwälte zumindest den reinen Beschluss angeschaut, um hier auf der sicheren Seite zu sein. Ansonsten erfolgte die Kapitalherabsetzung in Zusammenarbeit mit dem Bankhaus Neelmeyer, die Kosten lagen aber nur im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich.
Weitere Fragen von Frau Kostinek beschäftigten sich mit den Klagen gegen die Gesellschaft und mit den weiteren Plänen hinsichtlich der Dividende. Bei der Klage gegen die Hauptversammlung 2009 hatte das OLG Frankfurt die Berufung des Klägers zurückgewiesen und eine Revision nicht zugelassen. Hierauf hatte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt. Diese wurde jedoch ebenfalls abgelehnt und das Verfahren ist nun abgeschlossen. Wie Herr Wiederhold berichtete, hat SCI die eigenen Anwaltskosten erstattet bekommen, allerdings erst nach Pfändungsmaßnahmen. Auch die Klage gegen die Hauptversammlung 2010 wegen des Veranstaltungsorts wurde vom Kläger in erster Instanz verloren. Derzeit befindet sich das Verfahren in der zweiten Instanz am OLG. Vor der Rückzahlung von 1,50 Euro hatte die Gesellschaft zuletzt eine Dividende von 0,30 Euro ausgeschüttet. Herr Wiederhold sah diese Kapitalrückzahlung dabei schon als Dividende für mehrere Jahre.
Informationsbedarf meldete Frau Kostinek im Hinblick auf die nicht verbrieften Geschäftsanteile an, die sich im letzten Jahr verringerten. Die Reduzierung resultierte aus dem Verkauf eines GmbH-Anteils. Hier hatte SCI in der Vergangenheit einen Anteil ersteigert und war an einer Gesellschaft beteiligt, die ansonsten im Besitz von Biotest stand. Darüber entspannten sich Rechtsstreitigkeiten, die SCI vor dem OLG verlor, informierte der Vorstand. Allerdings wollte Biotest diesen Geschäftsbereich veräußern und so kam es dann zu einem Vergleichsangebot, in dem die Gesellschaft ihren Kaufpreis und die entstandenen Anwaltskosten erhielt. Angesprochen auf die eigenen Aktien meinte Herr Wiederhold, diese sollten am besten en bloc an einen Investor verkauft werden. Hierzu gebe es Anfragen, eine Entscheidung konnte der Vorstand jedoch noch nicht vermelden. Dr. Ahlers bat um genaue Angabe, was der Vergleich bei Böhler-Uddeholm für den NAV der SCI-Aktie bedeutet. Den NAV-Einfluss bezifferte Herr Wiederhold auf etwa 4,40 Euro vor Steuern, wobei die Steuersituation erst noch zu klären wäre.
Abstimmungen
Nach dem Ende der allgemeinen Aussprache konnte Herr Nachtigall direkt zu den Abstimmungen überleiten. Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 452.390 Euro waren 270.724 Euro entsprechend 59,84 Prozent vertreten. Die Beschlüsse wurden alle einstimmig im Sinne der Verwaltungsvorschläge gefasst. Dies waren der Gewinnvortrag auf neue Rechnung (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der Fahrni Süring & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2012 (TOP 5) und die Vergütung des Aufsichtsrats (TOP 6).
Fazit und eigene Meinung
Einmal mehr hat sich die SCI AG im vergangenen Jahr besser als der Markt geschlagen. Trotz des schwierigen Umfelds gelang eine weitere Steigerung des NAV. Der Vorstand hatte vor dem schwachen zweiten Halbjahr rechtzeitig einige Gewinne realisiert. Aktuell ist die Gesellschaft wieder sehr gut aufgestellt, um auch bei einem verstärkten Aufflackern der Eurokrise gut durch die stürmischen Zeiten zu kommen.
Zu Verzögerungen kam es beim Themenkomplex Böhler-Uddeholm. Allerdings sollte dieses Thema in den nächsten Wochen oder Monaten erfolgreich abgeschlossen werden. Für SCI bedeutet die Wartezeit kein Problem, denn in diesen schwierigen Zeiten bringt die Verzinsung dem Unternehmen sichere 8 TEUR im Monat ein. Bezogen auf den NAV bedeutet der jetzige Vergleich bei Böhler-Uddeholm einen Zuwachs von 4,40 Euro vor Steuern. Angesichts der guten Aufstellung und der bevorstehenden Zahlung bei Böhler-Uddeholm verfügt die SCI-Aktie über weiteres Kurspotenzial. Zudem können die Aktionäre darauf vertrauen, dass der Vorstand, wie in der Vergangenheit schon häufig bewiesen, die Gesellschaft auch weiterhin gut durch etwaige Krisen bringen wird.
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Veröffentlichungsdatum:
10.05.2012
-
15:30
Redakteur:
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