Am 29. März 2012 hielt die First Sensor AG ihre Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2011 ab. Bestimmt war das Jahr von der Übernahme der Sensortechnics-Gruppe zum 1. Oktober 2011. Entsprechend wollten sich die Teilnehmer, unter ihnen auch Thorsten Renner für GSC Research, vom Vorstand die weiteren Zukunftsaussichten der nun deutlich größeren Gesellschaft erläutern lassen.
Bericht des Vorstands
Der Vorstandsvorsitzende Dr. Hans-Georg Giering sah First Sensor durch die im letzten Jahr getätigte Übernahme auf dem Sprung an die Weltspitze. Nach der Gründung 1991 feierte das Unternehmen im vergangenen Jahr zudem das 20-jährige Firmenjubiläum. Auf operativer Ebene gelang auch in 2011 eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr. Als wichtigsten Punkt des abgelaufenen Jahres sieht Dr. Giering die Übernahme der Sensortechnics-Gruppe von der AUGUSTA Technologie AG mit Wirkung zum 1. Oktober 2011 an.
Diese Übernahme habe neben viel Kraft auch Geld gekostet, konstatierte der Vorstandsvorsitzende. Dieser zeigte sich jedoch überzeugt, dass die übernommene Gesellschaft synergetisch sehr gut zu First Sensor passt. Mit der Übernahme wird ein deutlich besserer Branchenmix erreicht. Zudem konnte auch die Vertriebsstärke kräftig ausgebaut werden. Dr. Giering geht davon aus, in Zukunft Marktschwankungen so besser ausgleichen zu können. Bei First Sensor hatte man sich mit der Schaffung eines Standorts an der US-amerikanischen Ostküste beschäftigt. Da Sensortechnics bereits über einen dortigen Standort verfügt, habe dieser Punkt ebenfalls durch die Übernahme erledigt werden können, zeigte sich Dr. Giering zufrieden.
Die Gesellschaft ist nun aufgrund der Größe auch besser in der Lage, neue Kunden zu gewinnen. Darüber hinaus sind im Rahmen der Übernahme 4.000 langjährige Kundenbeziehungen an First Sensor übergegangen. Laut Dr. Giering lief die Integration sehr gut an, und er sieht in den kommenden Jahren ein sehr hohes Synergiepotenzial in vielen Bereichen wie Einkauf, Vertrieb oder Finanzen. Vor der Ernte müsse man aber zunächst säen, so der Vorstandsvorsitzende. Vom Synergiepotenzial kann in 2012 noch längst nicht alles realisiert werden, First Sensor steht aber auch für eine langfristige Entwicklung. Mit dem Erwerb sei First Sensor der globale Durchbruch gelungen, und die Gesellschaft sei nun so aufgestellt, dass sämtliche Kundenanforderungen erfüllt werden können, betonte Dr. Giering.
Der erst zum 1. März 2012 ins Unternehmen gekommene neue Finanzvorstand Joachim Wimmers stellte sich dann kurz den Teilnehmern vor, bevor er auf die Zahlen des vergangenen Jahres einging. 2011 bezeichnete er als Jahr der Weichenstellung mit dem Schwerpunkt der Akquisition der Sensortechnics-Gruppe. Dadurch erreicht die Gesellschaft nahezu eine Verdoppelung des Geschäftsvolumens. Entsprechend soll im laufenden Jahr ein Umsatz zwischen 118 und 122 Mio. Euro erwirtschaftet werden.
Die Übernahme war ein großes Unterfangen für First Sensor und führte auch zu Transaktionskosten von 2,6 Mio. Euro. Daneben wurde noch der Umzug der MEMS (Micro-Electro-Mechanical-Systems)-basierten Sensorproduktion von Berlin Adlershof in das moderne Werk Berlin Oberschöneweide vollzogen. Die Aufgabe des Standorts und ein partieller Produktionsstillstand führten ebenfalls zu einmaligen Aufwendungen. Herr Wimmers zeigte sich jedoch überzeugt, dass sich diese Investitionen schnell amortisieren lassen. Im letzten Jahr kam es auch zur Anpassung der Führungsstruktur und zur Neukonzipierung der Marke First Sensor. Wie der Vorstand weiter ausführte, wurden am Standort Dresden weitere Modernisierungen umgesetzt. Trotzdem konnte First Sensor im vergangenen Jahr nebenbei noch ein zweistelliges organisches Wachstum erzielen.
Der Umsatz kletterte nach Angabe von Herrn Wimmers in der Summe von 45 auf 65 Mio. Euro, wovon 12,6 Mio. Euro auf die Übernahme entfielen. Das EBIT belief sich vor Transaktionskosten und PPA (Purchase Price Allocation, Zuweisung des Kaufpreises auf die Vermögenswerte und (Eventual-) Schulden) auf 5,7 Mio. Euro. Hierzu trug Sensortechnics mit 1,4 Mio. Euro bei. Die einmaligen Aufwendungen für Umzug, Marke, Jubiläum und Ähnliches lagen bei gut 2 Mio. Euro, so dass sich das EBIT vor Transaktionskosten auf 3,6 Mio. Euro stellte. In 2011 wurden Transaktionskosten von 1 Mio. Euro und ein PPA in Höhe von 1,06 Mio. Euro verbucht, was schließlich zu einem EBIT von 1,59 Mio. Euro führte.
Nach den weiteren Worten von Herrn Wimmers erzielte Frist Sensor einen Umsatz von 65,2 Mio. Euro und eine Gesamtleistung von 70,8 Mio. Euro. Der Materialeinsatz erhöhte sich um 3 Prozentpunkte, was auf den Produktmix bei Sensortechnics zurückzuführen war. So stellte sich der Rohertrag auf 40,9 Mio. Euro entsprechend einer Marge von 58 Prozent. Auch die Personalaufwandsquote stieg leicht auf 33 Prozent. Das Finanzergebnis sank, bedingt durch den neu aufgenommenen Konsortialkredit, auf minus 778.000 Euro, so dass die Gesellschaft ein Ergebnis vor Steuern von 812.000 Euro auswies.
Die Bilanzsumme explodierte im Zuge der Übernahme von 68 auf 160 Mio. Euro. Bei einem Eigenkapital von 69,1 Mio. Euro belief sich die Eigenkapitalquote auf 43 Prozent, was Herr Wimmers weiterhin als sehr solide empfindet. Durch die Akquisition sprangen auch die ausgewiesenen Geschäfts- und Firmenwerte von 3,0 auf 30,3 Mio. Euro, und die immateriellen Vermögensgegenstände legten von 2,2 auf 30,2 Mio. Euro zu. Der Abschluss des Konsortialkredits habe zu einem Anstieg der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von 13,2 auf 46,1 Mio. Eurogeführt, teilte Herr Wimmers mit.
Nach Ansicht von Dr. Giering muss die Gesellschaft dem Kunden in erster Linie Vertrauen verkaufen und dann erst die Sensorlösung. Den Schwerpunkt der Tätigkeit sieht er weiterhin in Europa, wo auch die meisten Umsätze erwirtschaftet werden. Nach dem Jahr der Einmaleffekte solle nun 2012 das Jahr der Konsolidierung werden, erklärte der Vorstandsvorsitzende. So erwartet er beim EBITA einen deutlichen Anstieg auf 13 bis 15 Mio. Euro vor Transaktionskosten und PPA, nachdem das Vorjahr die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in keiner Weise widergespiegelt habe.
Die Konzentration im laufenden Jahr solle auf die Integration von Sensortechnics und die Erhöhung der Profitabilität gelegt werden, stellte Dr. Giering klar. Als weiteren Punkt nannte er die Straffung der Geschäftssegmente. Noch zu entscheiden sei dagegen, mit welcher Vertriebsoffensive in welchen Regionen die Gesellschaft aktiv wird. Als notwendig erachtet Dr. Giering auch die Harmonisierung der verschiedenen Systeme.
Eine gute Resonanz habe das Unternehmen auf der kürzlich besuchten Messe in Shanghai erfahren. Dr. Giering betonte, dass nun die Chancen gegeben sind, deutlich größere Einzelkunden anzusprechen, da die Kunden First Sensor nun angesichts der Größe zutrauen, auch die kommenden zehn Jahre als Partner zur Verfügung zu stehen.
Allgemeine Aussprache
Der Verfasser dieses Berichts erkundigte sich nach den Konditionen des Konsortialkredits und nach dem erwarteten Finanzergebnis im laufenden Geschäftsjahr. Laut Dr. Giering unterliegen die Konditionen dem Bankgeheimnis, aus seiner Sicht sind diese aber gut. Seitens der Gesellschaft wurde auch lange und intensiv mit der Commerzbank und der Deutschen Bank verhandelt. Allerdings sei es immer wieder verwunderlich, wie kreativ die Banken bei der Schaffung von Gebührensätzen sein können, fügte der Vorstandsvorsitzende hinzu. Das erwartete Finanzergebnis in 2012 bezifferte Herr Wimmers auf minus 2,6 Mio. Euro.
Weitere Fragen beschäftigten sich mit dem aktuellen Auftragsbestand und der für 2012 geschätzten PPA. Nach Aussage von Herrn Wimmers dürfte sich die PPA im laufenden Jahr auf 3,3 Mio. Euro belaufen. Der Auftragsbestand bewege sich in etwa auf dem Niveau des Jahresendes, wobei die Book-to-Bill-Ratio über 1 liege, berichtete Dr. Giering. Im vierten Quartal hatte die Gesellschaft durchaus eine Abschwächung des wirtschaftlichen Umfelds erlebt, während sich im Januar und Februar 2012 wieder ein deutlicher Aufwärtstrend zeigte. Entsprechend lag der Umsatz auch über dem Niveau von November und Dezember. Für das Gesamtjahr rechnet Dr. Giering mit von Quartal zu Quartal steigenden Umsätzen.
Auf die Frage von Herrn Wolf nach den Synergien erklärte Dr. Giering, diese seien eigentlich in der Ergebniserwartung für 2012 versteckt. In dem erwarteten EBITA von 13 bis 15 Mio. Euro sind nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden auch erste Synergien enthalten. Speziell im Bereich Einkauf können Synergien recht schnell realisiert werden. Befragt nach der schwächeren Entwicklung im vierten Quartal sah Dr. Giering dies über alle Kunden verteilt. Im Jahresverlauf 2011 war es zu einer gewissen Vorrats- und Lagerhaltung bei den Kunden gekommen, die nun aber abgebaut wurde.
Im weiteren Verlauf bat Herr Kaiser um Erläuterungen zum Wachstum bei Sensortechnics. Hier erbat sich Dr. Giering noch etwas mehr Zeit, um das Unternehmen entsprechend planungstechnisch abbilden zu können. Allerdings zählte er zu den Zielen auch die Erhöhung der Wachstumsgeschwindigkeit bei Sensortechnics. Bisher hatte das Unternehmen keinen Einfluss auf die Gestaltung von Sensorbauteilen, so dass sich in Zukunft ein höheres Wachstum einstellen sollte.
Weitere Fragen drehten sich um die zukünftige EBIT-Marge und den bereits thematisierten Auftrag über rund 3 Mio. Euro. Beim EBITDA soll nach Auskunft des Vorstandsvorsitzenden die Marge sukzessive auf über 20 Prozent ausgeweitet werden, und die EBIT-Marge soll bis 2015 auf 15 Prozent steigen. Der Auftrag über 3 Mio. Euro dürfte wohl nicht mehr im ersten Quartal eingehen, Dr. Giering erwartet diesen jedoch im zweiten Quartal. Auch bezüglich eines weiteren Großauftrags zeigte er sich zuversichtlich gestimmt.
Auf die Frage nach Vorteilen der Übernahme nannte Dr. Giering die Verhandlungen mit potenziellen Großkunden. First Sensor besitze nun aufgrund der reinen Größe die Chance, in Geschäftsbeziehungen einzutreten, die zuvor nicht möglich waren, da First Sensor anders wahrgenommen wurde. Außerdem sei die Gesellschaft nun auch in der Lage, deutlich höhere Volumina bei Einzelaufträgen abzuarbeiten.
Im Hinblick auf die Handelsware bei Sensortechnics und eine etwaige Dividendenausschüttung bat Herr Kaiser noch um nähere Informationen. Da First Sensor neben der Integration und der höheren Verschuldung auch noch die Umstellung auf die 6-Zoll-Fertigung stemmen muss, sah Dr. Giering erst einmal keinen Dividendenvorschlag auf der Tagesordnung. Bei einem erwarteten Umsatz von rund 120 Mio. Euro dürfte sich der Anteil der Handelsware noch auf rund 10 Prozent belaufen, erklärte der Vorstandsvorsitzende.
Fazit und eigene Meinung
Der First Sensor AG ist im vergangenen Jahr mit der Übernahme der Sensortechnics-Gruppe von der AUGUGSTA Technologie AG ein großer Wurf gelungen. Mit dieser Akquisition stößt die Gesellschaft in völlig neue Umsatzdimensionen vor. Darüber hinaus ermöglicht der größere Verbund nun auch die Ansprache von Kunden, die First Sensor zuvor aufgrund der mangelnden Größe links liegen ließen. In den kommenden Jahren will der Vorstand nach der erfolgreichen Integration hohe Synergieeffekte generieren.
Kurzfristig hat sich die Übernahme allerdings negativ in den Zahlen des vergangenen Jahres niedergeschlagen. Im letzten Jahr musste die Gesellschaft Zusatzkosten aus der Produktionsverlagerung im MEMS (Micro-Electro-Mechanical-Systems)-Bereich und aus der Akquisition verkraften. Auch wenn 2012 noch im Zeichen der Integration stehen wird, soll das operative Ergebnis wieder deutlich zulegen. Angesichts der positiven Zukunftsaussichten und der deutlichen Margenverbesserung in den kommenden Jahren bleibt die Aktie auf dem jetzigen Kursniveau ein Kaufkandidat.
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