Am 13. September 2011 fand in Ludwigsburg die ordentliche Hauptversammlung der Jetter AG für das Geschäftsjahr 2010/11 (bis 30.3.) statt. Rund 150 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Thorsten Renner für GSC Research, hatten sich im Forum am Schlosspark eingefunden, um sich über die weiteren Zukunftsaussichten der Gesellschaft zu informieren.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Michael Oltmanns eröffnete die Hauptversammlung und erläuterte die Umstellung der variablen Vorstandsvergütung auf das Ergebnis vor Steuern als Bezugsgröße. Nach dem Verlesen der üblichen Formalien übergab er dann das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Martin Jetter.
Bericht des VorstandsWie schon vor einem Jahr auf der Hauptversammlung prognostiziert, habe sich die Erholung des Auftragseingangs und des Umsatzes in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2010/11 fortgesetzt, berichtete Herr Jetter. Als Treiber fungierten die starke Erholung der Glasindustrie und neue Mobilkunden. Der erzielte Gewinn war allerdings noch stark durch einige Sondereffekte belastet. Diese Sonderkosten führten laut Herrn Jetter neben dem Aufbau des Materialbestands noch im vergangenen Quartal zu Belastungen.
Anschließend ging der Vorstandsvorsitzende kurz auf die Geschichte des Unternehmens ein. Nach der Gründung im Jahr 1980 ist die Gesellschaft demnach nun bereits mit Vertretungen in 22 Ländern präsent. Tochtergesellschaften befinden sich in Deutschland, Großbritannien, in den USA und der Schweiz. Nach Aussage von Herrn Jetter beschäftigt das Unternehmen rund 250 Mitarbeiter und investiert weiter in die Zukunft. Im letzten Jahr beliefen sich die Entwicklungsaufwendungen auf 5 Mio. Euro entsprechend 15 Prozent des Umsatzes.
Das Geschäft teilt sich den weiteren Angaben zufolge in die Bereiche „Industrieautomation“ und „Mobile Automation“ auf, trotzdem basieren die Produkte im Wesentlichen auf der gleichen Plattform. Die Industrieautomation konzentriert sich auf die Branchen Maschinen- und Anlagenbau sowie den Sondermaschinenbau. In der Mobilen Automation stehen beispielsweise Landmaschinen, Feuerwehrfahrzeuge, Baumaschinen oder Schienenfahrzeuge im Fokus.
Laut Herrn Jetter benötigt ein typisches Projekt eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Jahren. Die Gesellschaft verfügt in Ludwigsburg über sehr moderne Fertigungsanlagen, mit denen die Platinen vollautomatisch bestückt werden können. Um konkurrenzfähig zu sein, muss nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Automatisierungsgrad hochgehalten werden.
Zufrieden zeigte sich Herr Jetter mit der Entwicklung des durchschnittlichen Auftragseingangs, der sich in den letzten 24 Monaten verdoppelt hat. Als Ursachen nannte er die Erholung aus der Krise und die Gewinnung von Marktanteilen durch Jetter, aber auch seitens der Kunden, sowie zahlreiche Neukunden. Entsprechend entwickelte sich auch der Auftragsbestand, der einen neuen Rekordwert erreichte. Zudem wurde beim Auftragseingang mittlerweile wieder das Niveau der Boomjahre 2007/08 erreicht. Trotz der Meldungen über einen bevorstehenden Wirtschaftsabschwung sieht der Vorstandsvorsitzenden noch keine Signale, die auf einen Einbruch hindeuten würden.
Im ersten und zweiten Quartal des vergangenen Geschäftsjahres hatten massive Sparmaßnahmen und Kurzarbeit zur Ergebnisverbesserung beigetragen. Das Ende der Kurzarbeit und ein schwacher Umsatz belasteten jedoch das Ergebnis im dritten Quartal, so Herr Jetter. Auch das vierte Quartal war durch Rückstellungen und Kosten im Zusammenhang mit dem Anlauf von Großserien negativ beeinflusst. Innerhalb von ein bis zwei Jahren wurden über 20 neue Gerätetypen entwickelt. Da jedoch einige Geräte noch keinen Serienstand hatten, wiesen sie entsprechend hohe Kosten auf und mussten später ausgetauscht werden, teilte Herr Jetter mit. Künftig werden sich die Kosten allerdings wieder normalisieren, weshalb der Vorstandsvorsitzende auch wieder positive Ergebnisse erwartet.
Wie Herr Jetter weiter ausführte, erfolgte in den letzten 15 Monaten ein extremer Aufbau des Materialbestands. Dieser war durch den stark steigenden Auftragseingang und den Aufbau eines Sicherheitsbestands bedingt. Seit Jahresbeginn legte der Bestand bis zum 30. Juni um 2 Mio. Euro zu, auf Jahressicht waren es sogar 3 Mio. Euro. Dadurch verringerte sich auch der Cashbestand, Herr Jetter sieht das Unternehmen aber immer noch auf der sicheren Seite, da der Aufbau des Materialbestands mittlerweile abgeschlossen ist.
Der Finanzvorstand Günter Eckert erläuterte dann eingehender die Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres. Innerhalb der Bilanzstruktur sah er dabei kaum Veränderungen. Die aktivierten Entwicklungskosten und Firmenwerte machen jedoch einen Großteil der Bilanzsumme aus. Bei den Sachanlagen zeigte sich durch Investitionen ein leichter Anstieg. Wie Herr Eckert weiter berichtete, erhöhten sich die Vorräte deutlich auf 8,7 Mio. Euro.
Das Eigenkapital blieb bei 23,2 Mio. Euro unverändert, durch den Anstieg der Bilanzsumme sank jedoch die Eigenkapitalquote auf 67 Prozent. Aufgrund des Materialaufbaus stiegen auch die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Nach Aussage von Herrn Eckert erhöhte sich die Gesamtleistung im letzten Jahr um 22 Prozent auf 35,3 Mio. Euro. Während der Materialaufwand überproportional zulegte, blieb der Personalaufwand annähernd unverändert. Unter dem Strich sei das Periodenergebnis mit minus 0,1 Mio. Euro noch leicht negativ ausgefallen, so der Finanzvorstand.
Auch nach dem ersten Quartal des laufenden Jahres zeigten sich laut Herrn Eckert in der Bilanz kaum Veränderungen. Allerdings kam es noch einmal zu einem Aufbau der Bestände. Auf der Passivseite sei nichts Dramatisches zu vermelden, betonte der Finanzvorstand. Mit 10,2 Mio. Euro erzielte die Gesellschaft einen sehr guten Umsatz, allerdings kam es noch zu einem Verlust von 0,4 Mio. Euro, was im Laufe des Jahres jedoch korrigiert werden soll.
Trotz der steigenden Umsätze ergab sich in den letzten Quartalen im Zuge des Bestandsaufbaus ein negatives Ergebnis. Die Mitarbeiterzahl blieb relativ unverändert, trotz der Krise wurden bei Jetter keinerlei Entlassungen vorgenommen, betonte Herr Eckert. Positiv wertete er die Umsatzentwicklung je Mitarbeiter auf über 40.000 Euro je Quartal. Laut Herrn Eckert soll das laufende Quartal bereits wieder profitabel werden.
Die Aufwendungen für die Serienanläufe, die das Ergebnis im ersten Quartal noch belastet haben, werden sich im Jahresverlauf neutralisieren. Im Gesamtjahr rechnet der Finanzvorstand mit einem Umsatz von etwa 40 Mio. Euro. Auch in den Folgejahren erwartet er unter der Voraussetzung eines stabilen Marktumfelds einen zweistelligen Umsatzzuwachs bei einem entsprechenden Ergebnisanstieg. Mittelfristig sollen Umsatz und Ergebnis um rund 10 Prozent wachsen. Abschließend betonte Herr Eckert noch einmal, dass derzeit noch keine Anzeichen für einen Einbruch des Auftragseingangs bestehen.
Allgemeine DiskussionGerhard Roh von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) würdigte zwar den Umsatzzuwachs von 5 Mio. Euro, der jedoch nur für den Break-even gereicht habe. Nach Ansicht des Aktionärssprechers benötigt die Gesellschaft eine große Breite bei Kunden und Märkten, um erfolgreich zu agieren. In diesem Zusammenhang interessierte ihn, ob eine Ausdehnung auf weitere Branchen angedacht ist. Herr Jetter hält dies immer für eine große Gratwanderung, da man sich bei einer zu breiten Streuung auch verzetteln kann. Zudem sei bei einer Ausweitung immer branchenspezifisches Know-how notwendig. Aktuell sieht der Vorstandsvorsitzende eine gute Verteilung, so dass auch keine weitere Verbreiterung angestrebt wird.
Des Weiteren erkundigte sich Herr Roh nach dem Anteil der Top 20-Kunden ohne die zur Schweizerischen Bucher-Gruppe gehörende Emhart Glass SA und nach dem erwarteten Umsatz im Bereich „Mobile Automation“. Nach Aussage des Vorstandsmitglieds Andreas Kraut beläuft sich der Umsatz der wichtigsten Kunden außer Emhart Glass auf rund 8 Mio. Euro entsprechend 24 Prozent des Gesamtumsatzes. Im Bereich „Mobile Automation“ erwartet er im laufenden Jahr einen Umsatz von 4 Mio. Euro.
Anschließend bat Herr Roh um eine nähere Ergebnisprognose für das laufende Jahr. Nach Auskunft von Herrn Jetter ist eine EBIT-Marge von 10 Prozent derzeit bei Weitem nicht zu erreichen. Der Verlust des ersten Quartals soll jedoch wieder aufgeholt werden, auch wenn in den neuen Branchen noch Anlaufkosten zu verkraften sind. Angesichts der hohen Entwicklungsaufwendungen verlangte der SdK-Sprecher eine Einschätzung für die kommenden Jahre. Die Aufwendungen seien sehr hoch, aber auch notwendig, um später daraus Umsätze zu generieren, betonte der Vorstandsvorsitzende. Bei einer weiteren Umsatzsteigerung soll der Entwicklungsanteil jedoch in Richtung 10 Prozent absinken.
Weitere Fragen von Herrn Roh beschäftigten sich mit den Forderungen, bei denen das Zahlungsziel überschritten ist, und mit einer möglichen Dividendenfähigkeit. Laut Herrn Eckert bestanden rund 4 Mio. Euro Forderungen, von denen 3,3 Mio. Euro noch nicht fällig waren. Bei 50.000 Euro war das Zahlungsziel um mehr als 90 Tage überschritten. Hier wurde jedoch bereits eine Wertberichtigung vorgenommen, da sich der Kunde in der Insolvenz befindet.
Derzeit besteht nach Aussage des Finanzvorstands noch ein Bilanzverlust von 10 Mio. Euro, der bewusst noch nicht mit Rücklagen verrechnet wurde, um eine Dividendenfähigkeit herzustellen. Allerdings würde sich dann auch die Frage stellen, wo die notwendigen Mittel für eine Ausschüttung herkommen sollen. Aktuell könnte er guten Gewissens keine Dividende ausschütten, erklärte Herr Eckert.
Im weiteren Verlauf zeigte sich Ulrich Gass von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) nach dem Verlustabbau im letzten Jahr hoffnungsfroh, dass sich der positive Ergebnistrend fortsetzen wird. Gewisse Gefahren sah der Redner jedoch angesichts der hohen durch Jetter zu erbringenden Vorleistungen im möglichen Abspringen der Kunden. Bei Neukunden müsse Jetter immer in Vorleistung treten, bestätigte der Vorstandsvorsitzende. Die Gefahr eines Abspringens oder die Abnahme einer geringeren Stückzahl bestehe immer, hier versuche sich das Unternehmen über Verträge ein wenig abzusichern. Außerdem werden laut Herrn Jetter gemeinsame Entwicklungspartnerschaften mit den Kunden eingegangen, weshalb von beiden Seiten ein großes Interesse besteht, das Projekt erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
Überrascht war Herr Gass, dass die Gesellschaft 31 Mitarbeiter im Bereich Vertrieb und Marketing beschäftigt. Laut Herrn Jetter sind in dieser Angabe auch noch andere Abteilungen wie Dokumentation oder Applikationen enthalten. Im klassischen Vertrieb sind dagegen lediglich sechs bis sieben Mitarbeiter beschäftigt. Mögliches Einsparpotenzial sah Herr Gass auch in der Verringerung der weltweiten Präsenzen. Bei den Vertretungen handle es sich um Handelsvertreter, für die keine Kosten anfallen, so dass hier kein Kostenfaktor für Jetter bestehe, stellte Herr Kraut hierauf klar.
Angesprochen auf die größten Posten im Bereich der übrigen sonstigen betrieblichen Aufwendungen nannte Herr Eckert die Aufwendungen für Gewährleistung bei Neuanläufen über 490.000 Euro, die Fremdleistungen für Entwicklung von 277.000 Euro und 130.000 Euro für Personalschulungen. Des Weiteren interessierte Herrn Gass, warum im AG-Abschluss ein Verlust von mehr als 1 Mio. Euro angefallen ist. Das deutlich schlechtere Ergebnis stand laut Herrn Eckert im Zusammenhang mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG). Hier standen den außerordentlichen Erträgen von 58.000 Euro auch außerordentliche Aufwendungen von 757.000 Euro gegenüber.
Anschließend stellte der Aktionär Müller noch den Antrag auf Nichtentlastung des Vorstands.
AbstimmungenNachdem keine weiteren Wortmeldungen vorlagen, konnte Dr. Oltmanns zu den Abstimmungen überleiten. Zuvor gab er noch die Präsenz auf der Hauptversammlung bekannt. Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 3.241.061 Euro waren demnach 1.982.458 Euro entsprechend 61,17 Prozent vertreten. Die Beschlüsse wurden alle bei wenigen Gegenstimmen im Sinne der Verwaltung gefasst. Lediglich bei TOP 5 wurden knapp 5 Prozent Gegenstimmen gezählt.
Im Einzelnen beschlossen wurden die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der Ebner Stolz Mönning Bachem GmbH & Co. KG zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2011/12 (TOP 4), die Aufhebung der bestehenden genehmigten und bedingten Kapitalien sowie die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (TOP 5) und die Anpassung der Aufsichtsratsvergütung (TOP 6).
Fazit und eigene MeinungDie Jetter AG sollte die schwierigsten Zeiten überstanden haben, nachdem im ersten Quartal des laufenden Jahres noch ein Verlust angefallen war. Bereits im zweiten Quartal soll jedoch die Rückkehr in die Gewinnzone gelingen. Einen ausreichenden Aufbau des Materialbestands für die zu erwartende Umsatzsteigerung hat die Gesellschaft bereits abgeschlossen. Angesichts des hohen Auftragsbestands sollte Jetter die Umsatzplanung von 40 Mio. Euro erreichen. Vor diesem Hintergrund sollte das Unternehmen im Gesamtjahr auch wieder einen Überschuss ausweisen.
Im kommenden Jahr geht es dann aber darum, die Profitabilität wieder in Richtung einer EBIT-Marge von 10 Prozent zu bringen. Bei einer Rückkehr in die Gewinnzone besteht auch wieder Kurspotenzial, zumal die Aktie derzeit schon unter dem ausgewiesenen Eigenkapital notiert.
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Veröffentlichungsdatum:
15.09.2011
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