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HV-Bericht 1st RED AG - Wertberichtigung auf Ausleihung an Großaktionär verzehrt zwei Drittel des Eigenkapitals
Die 1st RED AG hatte für den 8.9.2011 zu ihrer diesjährigen ordentlichen Hauptversammlung in das Hotel Holiday Inn nach Hamburg eingeladen. Etwa 30 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, darunter Matthias Wahler für GSC Research, um sich über die Ursache für den hohen Fehlbetrag des Geschäftsjahres 2010 zu informieren.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Bernhard Garbe eröffnete die Sitzung um 11 Uhr, erläuterte die Formalien und übergab das Wort dann an den Alleinvorstand, bei dem es sich um seinen Sohn Alexander Garbe handelt, der am 1.10.2011 wieder auf diese Position berufen worden ist. Dessen Vorgänger Thomas Kubicki ist am 29.9.2010 ausgeschieden.


Bericht des Vorstands

Nach Aussage von Herrn Garbe war die 1st RED AG im Geschäftsjahr 2010 wie in den Jahren zuvor im Bereich Asset Management und im Handel mit Immobilien tätig. Das Marktumfeld hat sich hier in den letzten Jahren dramatisch verändert. Und noch immer kämpft die Branche mit den Folgen der Finanzkrise.

Der von der 1st RED abgedeckte Nischenbereich der Büro-, Einzelhandels- und Industrieimmobilien hielt sich in diesem Umfeld allerdings recht stabil. Insbesondere die Vermietung von Lagerhallen und vergleichbaren Objekten ist nach wie vor hochprofitabel. Diesen erfreulichen Tatbestand sieht Herr Garbe darin begründet, dass in diesem Geschäft nicht so viele Investoren aktiv sind.

Derzeit umfasst das Portfolio der Gesellschaft acht Immobilien in Berlin, Bremen, Elchingen, Norderstedt, Stuttgart und Witten. Die Grundstücksfläche beträgt in der Summe rund 204.000 qm, die vermietbare Fläche 141.000 qm, und der Leerstand beläuft sich nur auf 3.150 qm bzw. 2,19 Prozent, womit sich der Vorstand sehr zufrieden zeigte. Genutzt werden die Flächen vorrangig für Produktion, Lager und Büroräume.

Insgesamt befinden sich 31 Mieter in den Objekten, und bei Nettomieterlösen von 5,4 Mio. Euro und einem Verkehrswert von 59,9 Mio. Euro für das gesamte Portfolio errechnet sich eine durchschnittliche Kapitalrendite von 8,3 Prozent. Auch dies wertet der Vorstand positiv. Einen Schwachpunkt sieht er allenfalls bei der durchschnittlichen Restlaufzeit der Mietverträge von 6,1 Jahren, die sich mittlerweile allerdings wieder erhöht hat.

Verkauft werden soll nun laut Herrn Garbe zum einen die Immobilie in der Schlossstraße in Stuttgart, die einen Leerstand von 27 Prozent aufweist und die nicht so recht ins Portfolio passt. Außerdem steht das Objekt in Elchingen zur Disposition, da sich dort eine Projektentwicklung anbahnt, was nicht das Geschäft der 1st RED AG ist.

Obwohl sich das Portfolio sehr stabil entwickelt, ist der Umsatz im Geschäftsjahr 2010 auf 6,8 (Vj.: 20,5) Mio. Euro erheblich eingebrochen. Dies resultiert Herrn Garbe zufolge allerdings aus dem Umstand, dass im Vorjahreszeitraum durch den Verkauf des Objekts in der Heilbronner Straße noch ein hoher Handelsumsatz enthalten war, während in 2010 ausschließlich Mieterlöse angefallen sind. Insofern zeigte sich der Vorstand mit dem Erreichten durchaus zufrieden.

Die Kosten sind hingegen erheblich von 4 auf 23 Mio. Euro angestiegen. Als Ursache hierfür nannte der Vorstand eine Wertberichtigung in Höhe von 85 Prozent auf eine Ausleihung an die Garbe Holding GmbH & Co. KG, da die 1st RED AG dem Sanierungskonzept des Großaktionärs beigetreten ist. Die Garbe-Gruppe hält rund 97 Prozent der Anteile der 1st RED AG.

Den weiteren Angaben zufolge verschlechterte sich deshalb das EBIT dramatisch auf minus 21,7 (plus 2,7) Mio. Euro, und das Konzernergebnis wird mit minus 21,8 (plus 2,6) Mio. Euro ebenfalls tiefrot ausgewiesen. In der Folge reduzierte sich das Eigenkapital auf 13,1 (35,0) Mio. Euro, und die Eigenkapitalquote rutschte von 38,6 auf 19,4 Prozent ab.

Wichtig war dem Vorstand indes der Hinweis, dass sich die liquiden Mittel auf 1,28 (1,16) Mio. Euro verbessert haben. Darin sieht er die Stabilität des operativen Geschäfts gut aufgezeigt. Im Übrigen ist das Geschäft im ersten Halbjahr 2011 mit Umsätzen von 3,4 (3,7) Mio. Euro und einem Konzernergebnis von 0,7 (1,4) Mio. Euro planmäßig verlaufen. Die Eigenmittel betrugen zum 30.6.3011 bereits wieder 13,8 Mio. Euro.


Allgemeine Aussprache

In der Diskussion sprachen der Kleinaktionär Gerrit Bakker und Markus Neumann als Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Beide hatten im Vorstandsbericht weitere Ausführungen zu der erheblichen Wertberichtigung auf die Forderung gegen den notleidenden Mehrheitsgesellschafter erwartet, durch die zwei Drittel des Eigenkapitals verloren gegangen sind.

„Unbestreitbar ist bei der 1st RED eine hohe Immobilienkompetenz vorhanden“, konstatierte Herr Neumann in Anbetracht der erfolgreichen Geschäftsentwicklung der vergangenen Jahre. Dabei erinnerte er an die Sacheinlage der Immobilien im Jahr 2006 in die früher noch unter stilwerk AG firmierende Gesellschaft. Das Problem war aber dann die enorme Ausleihung an die Garbe-Gruppe. „Mit keiner Immobilie hätten Sie so viel Verlust machen können wie mit diesem Darlehen“, kritisierte er.

In diesem Zusammenhang verlangte Herr Neumann nach einer genauen Aufgliederung der einzelnen Forderungen gegen den Großaktionär. Nach Auskunft von Herrn Garbe handelt es sich insgesamt um vier Darlehen über 10 Mio., 2 Mio., 1,5. Euro und 1,2 Mio. Euro, abgeschlossen zwischen März und November 2007 mit einem einheitlichen Zinssatz von 6 Prozent und einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende des Quartals.

Eine Bonitätsprüfung über die Prüfung der monatlichen Reportings hinaus schien Vorstand und Aufsichtsrat nicht nötig. Schließlich stand die Garbe Group, wie Herr Garbe senior betonte, überaus solide da und hatte Investmentgrade, und zudem gab es bis Anfang 2010 keinerlei Anzeichen für eine Schwächung. Mit der Finanzkrise war dann über Nacht keine vernünftige Refinanzierung mehr möglich, was die gesamte Gruppe in die Krise stürzte.

Wesentlich schien beiden Rednern die Frage, ob die Forderung besichert war, was Herr Garbe bejahte. Als Pfand wurden nach seiner Aussage insgesamt 1,1 Millionen Aktien der Garbe Logistik AG (GLAG) gegeben. Bei insgesamt 7,142 Millionen ausgegebenen Aktien und einem Unternehmenswert von rund 100 Mio. Euro, zu dem ein externer Investor Ende 2006 mit 30 Prozent eingestiegen ist, schien dies absolut ausreichend.

Eine Verwertung der Sicherheiten wurde, wie der Vorstand auf Nachfrage ergänzte, nach dem Ausfall der Forderung geprüft. Letztlich war dies jedoch nicht möglich, da die Anteile nicht frei handelbar sind und sich kein sinnvoller Käufer gefunden hat. Im Übrigen sollte kein schlechtes Zeichen an den Markt gesendet werden, weshalb diese Bemühungen wieder eingestellt wurden.

Auch eine Fälligstellung der Darlehen wurde Herrn Garbe zufolge erwogen. Dies hätte jedoch die sofortige Insolvenz der Garbe-Gruppe bedeutet und damit unweigerlich zum Totalausfall der Forderung geführt. So besteht, wie Herr Garbe senior ergänzte, durchaus noch die Chance, dass zumindest ein Teil der Forderung gerettet werden kann. Wie dieser nochmals klarstellte, hat die 1st RED nicht auf die Rückzahlung verzichtet, sondern die Forderung lediglich um 85 Prozent wertberichtigt.

Weiter informierte der Aufsichtsratsvorsitzende, dass die 1st RED im Rahmen des von allen Gläubigern beschlossenen Gesamtsanierungskonzepts auf die Sicherheiten verzichtet hat. Im Zuge der Gläubigergleichbehandlung erschien es sinnvoll, diesem Vertrag beizutreten, auch um einen Totalausfall der Forderung zu vermeiden. Im Gegenzug wurde die 1st RED aus der Haftung für das Genussscheindarlehen entlassen.yy

Verantwortlich für die Ausleihung war, wie der Aufsichtsratsvorsitzende auf Nachfrage beider Redner darlegte, der damalige Vorstand mit den Herren Thomas Kubicki und Jan Alexander Gehrmann. Mögliche Pflichtverletzungen hat der Aufsichtsrat pflichtgemäß geprüft und die Handlungen des Vorstands einer genauen Prüfung unterzogen. Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten konnten jedoch keine festgestellt werden.

Befragt nach einer Auflistung aller Rechtsgeschäfte zwischen der 1st RED und dem Großaktionär verwies der Vorstand auf die Erläuterungen auf den Seiten 68 bis 70 des Konzernabschlusses. Dort findet sich nach seiner Aussage eine abschließende Aufstellung aller Geschäfte inklusive der erbrachten Gegenleistungen. Alle wurden zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen, ein Nachteilsausgleich war deshalb nicht erforderlich.

Weiterhin wollte Herr Neumann wissen, ob bei der Bewertung der Immobilien die Parameter geändert wurden, um diese günstiger in der Bilanz stehen zu lassen. Dies war laut Herrn Garbe nicht der Fall. Keinesfalls wurden die Objekte, wie vom SdK-Sprecher vermutet, auf den Verkaufswert abgeschrieben. Die Bewertungen wurden lediglich an das nach wie vor sehr schwierige Marktumfeld angepasst.

Befragt nach dem Grund für die Änderung der Rechtsform der früheren Garbe Holding AG in die Garbe Holding GmbH & Co. KG informierte der Aufsichtsratsvorsitzende, dass hierfür ausschließlich die Vereinfachung der Verwaltungsstruktur ausschlaggebend war. Die Gesellschafterstruktur hat sich damit nicht verändert. Unverändert halten die Herren Alexander, Christopher und Bernhard Garbe mehr als 90 Prozent der Anteile.

Der Verdacht von Herrn Neumann, dass die Garbe-Gruppe außerbörslich weitere Aktien der 1st RED AG erworben hat, erhärtete sich nicht. Nach Aussage des Vorstands hat der Großaktionär zwar weitere 2.750 Anteile erworben, dies geschah jedoch über die Börse zum damals gültigen Kurswert.

Die Frage nach der bilanziellen Wirkung der Liquidation der beiden Grundstücksgesellschaften in der Steinstraße und der Römerstraße beantwortete Herr Garbe dahingehend, dass es sich lediglich um Objektgesellschaften handelte, aus denen die Immobilien bereits im Jahr 2008 heraus verkauft worden sind. Die Liquidation verursacht nun nur noch sehr geringe Kosten, deren Auswirkung auf den Jahresabschluss zu vernachlässigen ist.

Ein weiteres Thema der Aussprache war die Vorstandsvergütung. So war Herrn Bakker aufgefallen, dass sogar eine variable Vergütung bezahlt wurde, was er überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Herrn Neumann erschien die Bezahlung mit 564 TEUR grundsätzlich viel zu üppig, nachdem sich die Arbeit mit der Betreuung von acht Immobilien in Grenzen halten dürfte.

Wie Herr Garbe hierauf darlegte, ist in dem Vorstandsgehalt auch eine Abfindung an seinen Vorgänger Thomas Kubicki enthalten. Dessen Vertrag wäre noch einige Zeit gelaufen, und eine Pflichtverletzung ließ sich ihm nicht nachweisen. Das Vorstandsgehalt an sich hat sich nicht verändert, und die variable Vergütung wurde lediglich für das Jahr 2009 gezahlt.

Das Ausscheiden von zwei der drei Aufsichtsratsmitglieder hatte nach den Worten von Herrn Garbe senior lediglich persönliche bzw. Altersgründe. Beide Herren sind über 70 Jahre alt. Beim ehemaligen Vorstand Thomas Kubicki konnte bei den Verhandlungen über die Weiterführung seines Vertrags keine Einigung erzielt werden.

Bei dem Beratungsvertrag mit seiner Person ging es nach Aussage von Bernhard Garbe um die Idee der Implementierung eines Industriefonds in Luxemburg unter dem damaligen Vorstand. Er sei damals damit beauftragt gewesen, Geld einzuwerben, und habe dies entsprechend gestartet. Mit der Krise wurde das Vorhaben jedoch abgebrochen und der Beratungsvertrag aufgelöst.

Zum Abschluss zog Herr Neumann ein bitteres Resümee. Aus dem Sanierungsgutachten hatte er entnommen, dass der Großaktionär seine Beteiligung an der 1st RED veräußern soll. Die Übernahme eines Pakets von 97 Prozent durch einen neuen Investor würde nach Einschätzung des SdK-Sprechers aber schnell den Squeeze-out bedeuten, womit den verbliebenen freien Aktionären die Chance auf eine zumindest teilweise Wertaufholung genommen wäre.

Hiezu betonte Herr Garbe senior, dass der Hauptaktionär großes Interesse an einer Fortführung der Gesellschaft hat. Zu einem Verkauf der Beteiligung könnte es zwar kommen, diese Entscheidung liege jedoch bei allen Gesellschaftern der Garbe-Gruppe. An eine Zerschlagung ist nach seiner Aussage nicht gedacht.


Abstimmungen

Nach dem Ende der Debatte gab der Aufsichtsratsvorsitzende die Präsenz auf der Hauptversammlung bekannt. Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 20 Mio. Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, waren demnach 19.885.747 Aktien entsprechend sehr hohen 99,43 Prozent vertreten. Etwa 97 Prozent des Grundkapitals hält die Garbe Holding GmbH & Co. KG. Entsprechend wurden alle Beschlüsse mit Mehrheiten über 99 Prozent gefasst.

Im Einzelnen abgestimmt wurde über den Vortrag des Bilanzverlusts auf neue Rechnung (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der MDS Möhrle GmbH zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2011 (TOP 5), die Wahl der Herren Christopher Garbe und Jörn Steiff in den Aufsichtsrat für die ausgeschiedenen Herren Dr. Peter-Jörg Klein und Reinhard Palaschinski (TOP 6) sowie über die Wiederwahl von Bernhard Grabe in das Kontrollgremium (TOP 7).

Gegen 16:30 Uhr war die Versammlung beendet.


Fazit

Operativ weist die 1st RED AG für das Jahr 2010 erneut eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung auf. Dies wird allerdings völlig überdeckt von der weitgehenden Wertberichtigung auf eine Ausleihung an die Garbe Holding GmbH & Co. KG, die als Mehrheitsgesellschafter rund 97 Prozent der Anteile hält und die infolge der Finanzkrise in schwere Bedrängnis geraten ist. Die 1st RED hatte deshalb einen erschreckend hohen Fehlbetrag von 21,8 Mio. Euro zu verarbeiten, der zwei Drittel des Konzerneigenkapitals aufgezehrt hat.

Zwar erhielt das Unternehmen als Sicherheit 1,1 Millionen Aktien der Garbe Logistik AG, nachdem sich jedoch die gesamte Gruppe in einer finanziellen Schieflage befindet, konnte daraus kein Nutzen gezogen werden - insofern war diese Vereinbarung nicht wirklich sinnvoll. Inzwischen hat die 1st RED im Rahmen des Gesamtsanierungskonzepts auf die Sicherheiten verzichtet. Als Gegenleistung dafür konnte immerhin eine Haftungsfreistellung erreicht werden.

Bis der enorme Verlust durch die Erfolge im operativen Geschäft wieder aufgeholt ist, dürften viele Jahre vergehen. Wie es aussieht, werden die verbliebenen freien Aktionäre aber so lange gar nicht mehr dabei sein. Im Rahmen des Sanierungskonzepts dürfte die Garbe-Gruppe gezwungen sein, die Beteiligung an der 1st Red AG zu verkaufen, was angesichts der Beteiligungshöhe vermutlich schnell den Squeeze-out zu einem höchst unbefriedigenden Kurs nach sich ziehen dürfte. Eine sehr unschöne Situation.


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Veröffentlichungsdatum: 20.09.2011 - 16:47
Redakteur: mwa
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