Am 15. Juni 2011 fand wie gewohnt im Congress Centrum Hamburg (CCH), diesmal jedoch in einem anderen Saal, die diesjährige ordentliche Hauptversammlung der Jungheinrich AG statt. Hierzu hatten sich etwa 500 Aktionäre, Aktionärsvertreter sowie Gäste und Pressevertreter eingefunden, unter ihnen Mag. Mario-David Balda von GSC Research. Der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Peddinghaus eröffnete pünktlich um 10 Uhr die Hauptversammlung mit der Vorstellung der Tagesordnung. Nach der Erledigung der Formalitäten übergab der Versammlungsleiter das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Hans-Georg Frey.
Bericht des VorstandsZu Beginn seines Referats präsentierte Herr Frey mit „Machines, Ideas, Solutions“ das neue Markenversprechen der Jungheinrich AG. Dieses soll das Unternehmen als den Anbieter für die gesamte Intralogistik präsentieren. Das Geschäftsjahr 2010 stellte der Vorstandsvorsitzende unter das Motto „Volle Kraft voraus“. Dieses war geprägt von Konsolidierung und Wachstum im Zuge der weltweiten Markterholung. Der Umsatz erreichte dabei 1,82 Milliarden Euro, und beim EBIT waren es knapp 100 Mio. Euro.
2010 war nach Aussage von Herrn Frey ein Jahr der wirtschaftlichen Erholung mit einer dynamischen Nachfrage nach Flurförderzeugen sowie steigenden Kapazitätsauslastungen und stetiger Ergebnisverbesserung. Die starken Wachstumsraten bei den Flurförderzeugen erstreckten sich dabei über alle Regionen. In Europa war Osteuropa mit einem Plus von 95 Prozent überproportional stark, auch China unterstrich mit einem Plus von 70 Prozent seine Rolle als verlässliche Wachstumslokomotive.
Verschiebungen gab es nach Angabe des Vorstandsvorsitzenden bei den Produktsegmenten, denn die Gegengewichtsstapler mit Verbrennungsmotor legten gegenüber lagertechnischen Geräten zu. Bei diesen Gegengewichtsstaplern mit Verbrennungsmotor ist Jungheinrich allerdings noch schwach vertreten. Mit den Hydrostaten, deren neue Baureihen seit 2008 Schritt für Schritt erfolgreich in den Markt eingeführt werden, hat die Gesellschaft jedoch starke Produkte in Position gebracht. In China gibt es aber auch großes Wachstumspotenzial für das Segment „Lagertechnische Geräte“.
Ziel bei Jungheinrich bleibe es, dauerhaft zu den drei größten Anbietern von Intralogistik zu gehören, bekräftigte CEO Frey. Weltweit hält das Unternehmen Platz 3 hinter Toyota und Kion, in Europa Platz 2 hinter Kion. Bei der Profitabilität hingegen liegt die Gesellschaft vor der Konkurrenz, und das über Jahre hinweg.
Der Auftragseingang legte laut Herrn Frey in 2010 getrieben vom starken Neugeschäft um 16 Prozent auf 1,924 Milliarden Euro zu. Der Konzernumsatz stieg von 1,677 auf 1,816 Milliarden Euro, wobei insbesondere der Vertriebsaufbau außerhalb Europas Früchte trug, denn hier belief sich das Umsatzwachstum auf 37 Prozent. Das EBIT erreichte 98 Mio. Euro, was eine EBIT-Rendite von 5,4 Prozent bedeutete. Mit einem ROCE (Return on Capital Employed) von 22,7 Prozent wurde das langfristige Kapitalrenditeziel des Konzerns von über 20 Prozent wieder überschritten.
Die Eigenkapitalquote verbesserte sich von 24,8 auf 26,4 Prozent, bereinigt um das Segment „Finanzdienstleistungen“ lag sie sogar bei 41 Prozent. Ohne die Verbindlichkeiten aus Finanzdienstleistungen weist der Konzern keine Nettoverschuldung auf und konnte den Cashüberhang auf über 200 Mio. Euro vergrößern. Das Nachsteuerergebnis war mit 82 Mio. Euro das beste der Unternehmensgeschichte.
Nachdem im vergangenen Jahr lediglich die Mindestdividende an die Vorzugsaktionäre ausgeschüttet wurde (Anm.d.Red.: die Stammaktionäre gingen leer aus), werden nach Aussage von Herrn Frey für 2010 deutlich erhöhte 0,49 Euro je Stamm- und 0,55 Euro je Vorzugsaktie vorgeschlagen. Die Kursentwicklung der Jungheinrich-Aktie übertraf erneut die Performance der deutschen Aktienindizes. Mit einer Steigerung von 13,40 Euro auf 29,58 Euro schloss die Aktie das Börsenjahr 2010 mit einem Plus von 120,7 Prozent ab. Die Aufwärtsbewegung setzte sich in 2011 fort, und Ende Mai lag der Kurs bei 32,14 Euro.
Auch zukünftig wird die Bedeutung des asiatischen Marktes weiter zunehmen, entsprechend findet sich bei den Schwerpunkten von Jungheinrich in 2011 der Ausbau der Produktion in China. Geplant ist ein Neubau für das Werk in Qingpu zur Versorgung des asiatischen Markts mit regionalspezifischen Produkten. Bei den Fahrzeugsegmenten gilt den verbrennungsmotorischen Gegengewichtsstaplern besonderes Augenmerk, hier wird eine deutlich bessere Marktposition angestrebt.
Wie der Vorstandsvorsitzende weiter ausführte, wird im Herbst 2011, um die Ersatzteillogistik noch schneller und effizienter zu gestalten, mit dem Bau eines neuen Ersatzteilzentrums nördlich von Hamburg begonnen. Mit dem hauseigenen Risikofrüherkennungssystem findet man bei Jungheinrich die passenden Antworten selbst auf so außergewöhnliche Ereignisse wie zuletzt in Japan. Diesem Land kommt zwar für das Unternehmen als Absatzmarkt keine Bedeutung zu, für mögliche Engpässe bei der Belieferung mit japanischen Bauteilen mussten allerdings schnell Alternativlösungen erarbeitet werden.
Die Gesellschaft soll weiter wachsen, um durch höhere Schlagkraft im internationalen Wettbewerb bestehen zu können und noch profitabler zu werden. Dieses Wachstum soll auch weiterhin organisch erfolgen, beispielsweise durch die Erschließung neuer Märkte oder die Steigerung des Marktanteils in etablierten Märkten. Als Ziel nannte CEO Frey einen Umsatz in der Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro bis 2015. Mit dem innovativen und breiten Produktportfolio wird Jungheinrich aber im Gegensatz zu den asiatischen Herstellern ein Premiumanbieter bleiben.
Die ersten vier Monate in 2011 zeigten einen schwungvollen Jahresauftakt für Jungheinrich. So erhöhte sich der Auftragseingang um 20 Prozent auf 706 Mio. Euro, und der Umsatz stieg um 18 Prozent auf 628 Mio. Euro. Für das Gesamtjahr 2011 rechnet der Vorstandsvorsitzende mit einem Auftragseingang von über 2,0 Milliarden Euro und mit einem Umsatz von über 1,95 Milliarden Euro sowie mit einem operativen Ergebnis von über 120 Mio. Euro. Das Investitionsvolumen wird in 2011 voraussichtlich bei über 50 Mio. Euro liegen.
Allgemeine DiskussionDie Generaldebatte eröffnete auch in diesem Jahr Joachim Siemers von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Dieser zeigte sich erfreut darüber, dass die im Rahmen der letztjährigen Hauptversammlung genannte Prognose deutlich übertroffen werden konnte. Das starke Interesse des Kapitalmarktes an der Jungheinrich-Aktie war seiner Meinung nach eine Folge hiervon. Die Kursentwicklung und die Erhöhung der Dividende erfreut nach den Worten des SdK-Sprechers das Aktionärsherz, und die Zukunftsaussichten seien positiv.
Die Fragen des Aktionärsschützers betrafen dann Rechnungslegung und Inkasso in China, die Zusammenarbeit mit dem Partner Mitsubishi Caterpillar in Nordamerika, Pläne für ein Produktionswerk in Südamerika und die Vertriebsorganisation in Brasilien. Die in Tagesordnungspunkt 9 vorgeschlagene variable Vergütung des Aufsichtsrats lehnt die SdK nach Aussage von Herrn Siemers aus grundsätzlichen Erwägungen ab.
Anschließend unterstrich Dr. Dirk Unrau von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die Worte seines Vorredners und fand kein Haar in der Suppe bei den richtigen Entscheidungen des Managements in der Krise. Dann erkundigte er sich nach dem verringerten Cashflow in 2010 und bat um die Erwartungen für 2011 hierzu sowie um die Nennung der Auswirkungen aus der Katastrophe in Japan. Hinsichtlich der Tagesordnung kritisierte der DSW-Vertreter den Verzicht auf den individuellen Ausweis der Vorstandsbezüge. Allgemein regte er an, auch Stammaktien den Publikumsaktionären anzubieten.
AntwortenNach der traditionellen Vorführung des diesjährigen Hauptversammlungsfilms konnte die Antwortenrunde begonnen werden. Bezüglich China teilte CEO Frey mit, dass die Jungheinrich Vertriebsgesellschaft mittlerweile über 200 Mitarbeiter zählt. Das Leasinggeschäftsmodell wie in Deutschland sei dort noch sehr wenig verbreitet. Die Rechnungslegung erfolgt auch in China nach IFRS, Forderungsausfälle sind praktisch keine zu verzeichnen. Die Kooperation mit dem Partner Mitsubishi Caterpillar trägt Früchte, der Marktanteil konnte bereits von 1 auf 2 Prozent erhöht werden.
In Brasilien hat Jungheinrich den weiteren Angaben zufolge eine eigene Vertriebsorganisation und Landesgesellschaft nahe Sao Paulo mit rund 100 Mitarbeitern. Über eine eigene Produktion wird nachgedacht, da die dort produzierenden Wettbewerber deutlich billiger fertigen können. Der Cashflow war in 2009 deshalb besser, weil das Working Capital aufgrund des massiven Geschäftsrückgangs deutlich reduziert wurde, ebenso führte der Verkauf von Mietgeräten zu Casheinnahmen. In 2010 gab es den umgekehrten Effekt, das Working Capital musste wieder erhöht werden. In 2011 dürfte sich der Cashflow nach Einschätzung von Herrn Frey im Rahmen von 2010 bewegen.
Japan ist kein Absatzmarkt für Jungheinrich, aber ein Beschaffungsmarkt. So werden von dort Motoren und Antriebe von Mitsubishi bezogen, und diese Firma wurde auch von der Naturkatastrophe getroffen. Aus jetziger Sicht wird es jedoch nur zu Verzögerungen von Lieferungen kommen, aber nicht zu Umsatzausfällen. Ein weiteres Thema sind Elektronikbauteile, hier wurde frühzeitig eine Task Force eingerichtet, die schnell andere Lieferanten ausfindig machen konnte. Diesbezüglich sind keine Nachteile zu befürchten.
Nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden ist derzeit nicht angedacht, weitere Stammaktien auszugeben. Da es sich beim Vorstand um ein Kollegialorgan handelt, das als ein Team arbeitet, sollte dieses auch bei der Vergütung einheitlich betrachtet und die Vergütungen nicht individualisiert ausgewiesen werden. Der Nutzen der Veröffentlichung stehe auch in keinem Verhältnis zum Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Der variable Bestandteil bei der Vergütung des Aufsichtsrats soll beibehalten werden, da dies beispielsweise in Krisenjahren dazu führt, dass die Vergütung geringer ausfällt. So erhielt der Aufsichtsrat für das Jahr 2009 keine variable Vergütung.
AbstimmungenNach dem Ende der kurzen Aussprache leitete Herr Peddinghaus zu den Abstimmungen über. Zuvor gab er die Präsenz auf der Hauptversammlung mit allen 18.000.000 Stammaktien und mit 1.478.833 der insgesamt 16.000.000 Vorzugsaktien, also 9,24 Prozent, bekannt. Alle Tagesordnungspunkte wurden ohne Gegenstimmen verabschiedet, auch Enthaltungen waren keine zu verzeichnen.
Im Einzelnen beschlossen wurden die Verwendung des Bilanzgewinns zur Ausschüttung einer Dividende von 0,49 Euro je Stamm- und von 0,55 Euro je Vorzugsaktie (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl von Wolff Lange, Franz Günter Wolf, Dipl.-Ing. Antoinette P. Aris, Jürgen Peddinhaus, Dr. rer. pol. Peter Schäfer und Hubertus Freiherr von der Recke in den Aufsichtsrat (TOP 5), die Wahl der Deloitte & Touche GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2011 (TOP 6), der Verzicht auf den Ausweis der individualisierten Vorstandsbezüge (TOP 7), verschiedene Satzungsänderungen (TOP 8) und die Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse (TOP 9).
Die Hauptversammlung wurde um 12:30 Uhr offiziell beendet.
FazitDie Jungheinrich AG konnte nach dem herausfordernden Jahr 2009 in 2010 wieder voll auf den Wachstumskurs zurückkehren. Die beeidruckenden Ergebnisse fielen dabei noch deutlich besser aus, als dies im Rahmen der Vorjahreshauptversammlung angekündigt worden war. Entsprechend schwungvoll fiel auch die Erholung des Aktienkurses aus, und die Dividende erreichte bereits wieder Vorkrisenniveau. Somit gab einzig die Aufsichtsratsvergütung Anlass zu Kritik, und hier gibt es sicherlich gute Gründe, die gegen eine variable Vergütung sprechen. Wenigstens ist diese bei der Jungheinrich AG gedeckelt.
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Veröffentlichungsdatum:
16.06.2011
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mba