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Interview mit dem Vorstand der Essanelle Hair Group AG - „Nach der aktuellen Wachstumspause werden wir wieder durchstarten!“

Nach wie vor schlägt sich die Essanelle Hair Group AG vergleichsweise gut im schwierigen deutschen Konsumumfeld. Allerdings blieb trotz der strategisch ausgewogenen Aufstellung die Ungewissheit über das weitere Schicksal der Karstadt-Warenhäuser ein Belastungsfaktor für das Unternehmen.

Vor diesem Hintergrund sprachen Alexander Langhorst und Klaus Kränzle von GSC Research mit den drei Vorstandsmitgliedern, den Herren Achim Mansen (Vorsitzender), Dieter Bonk (Vertrieb) und Dirk Wiethölter (Personal) über die Hintergründe des Geschäftsmodells, aktuelle Herausforderungen für die Geschäftspolitik und die weiteren Perspektiven des Unternehmens.

Achim Mansen: „Nach der aktuellen Wachstumspause werden wir wieder durchstarten!“

GSC Research: Meine Herren, vielen Dank, dass Sie trotz des Umzugs der Essanelle-Verwaltung sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Haben Sie denn mittlerweile alle Kartons ausgepackt?

Essanelle-Vorstand (schmunzelt): Ja, das haben wir, wir haben genug Herausforderungen im operativen Geschäft zu bestehen.

GSC Research: Um im Bild zu bleiben, welche Kartons müssen Sie denn momentan im operativen Geschäft auspacken?

Essanelle-Vorstand: Neben den selbstverständlich immer vorhandenen Herausforderungen und Verbesserungspotenzialen im Tagesgeschäft beschäftigen wir uns natürlich mit Optionen, wie das Unternehmen weiter wachsen könnte und natürlich leider – mehr als uns lieb ist – mit dem Thema Karstadt.

GSC Research: Das Karstadt-Thema wird Sie also auch auf mittlere Sicht noch beschäftigen?

Essanelle-Vorstand: Ja, davon gehen wir aus, so wie Sie lesen wir ja auch fast jeden Tag neue „Wasserstandsmeldungen“ in der Presse, deren Nachrichtengehalt von außen natürlich schwer zu beurteilen ist.

GSC Research: Sie betrachten also trotz der vermeintlichen Rettung des Essener Traditionsunternehmens die weitere Entwicklung hier mit Vorsicht. Hatten Sie als indirekt Betroffene denn keinen direkten Kontakt mit dem Insolvenzverwalter?

Essanelle-Vorstand: Doch, den gab es zu einem Mitarbeiter des Insolvenzverwalters, aber der hat uns ehrlich gesagt keine über den öffentlich bekannten Meinungsstand hinausgehenden Erkenntnisse gebracht.

GSC Research: Nachvollziehbar. Dürfen wir dennoch zu diesem Themenkomplex noch einmal kurz nachfragen, was würde denn die Gründung eines gemäß Arbeitstitel als „Deutsche Warenhaus AG“ bezeichneten Konglomerats (zusammen mit den Kaufhof-Warenhäusern) für die Essanelle Hair Group AG bedeuten?

Essanelle-Vorstand: Das ist eine gute Frage, mit der wir uns auch in „Planspielen“ beschäftigt haben. Nach derzeitigem Erkenntnisstand würde das für uns zwar einerseits eine Bereinigung des Outlet-Portfolios bedeuten, auf der anderen Seite aber auch eine einigermaßen verlässliche Planungsgrundlage für das Geschäft.

GSC Research: Kommen wir zu „angenehmeren“ Themen. Der nicht enden wollende Siegeszug von Shopping-Centern und Fachmarktzentren müsste ja Ihrer Strategie, den Markt mit verschiedenen Vertriebslinien zu bearbeiten, entgegenkommen?

Essanelle-Vorstand: Ja, durch unsere verschiedenen Vertriebsformate sind wir ein Ansprechpartner für den Shopping-Center-Betreiber, der verschiedene Konzepte für die diversen Kundenströme anbieten kann, z.B. „Top Ten“ für junge Leute, „Essanelle Ihr Friseur“ für die ganze Familie oder die „Beauty Hair Shops“ zum Produkteinkauf. Allerdings ist die Standortfindung innerhalb der Shopping-Center auch nicht zu unterschätzen, um die für ein gutes Ergebnis unabdingbare Laufkundschaft in unsere Salons zu ziehen. Zudem beobachten wir auch ein anderes Phänomen.

GSC Research: Welches ist das?

Essanelle-Vorstand: Durch die Städteplanung oder andere Einflüsse kann es zu Auf- oder Abwertungen von Einkaufsmeilen kommen, so dass wir z.B. einen originären Essanelle-Salon durch ein preisaggressiveres Konzept wie z.B. „HairExpress“ ersetzen wollen, weil sich als Folge der städtebaulichen Veränderungen auch der Kundenmix geändert hat.

GSC Research: Wir hatten im letzten Interview auch über die Option einer Ausweitung des Geschäftes um eine geographische Komponente ins deutschsprachige Ausland und eine thematische Komponente, die des Nail-Designs für die Damen gesprochen. Sie hatten – für uns nachvollziehbar –gesagt, dass solche Projekte wegen der anderen Herausforderungen momentan zurückgestellt sind. Können Sie vielleicht dem Anleger kurz erörtern, wann eventuell wieder Platz für derartige Überlegungen gegeben ist?

Essanelle-Vorstand (schmunzelt): Sie haben uns in Ihrer Frage ja die Antwort fast schon in den Mund gelegt. Ja, momentan sind natürlich die Herausforderungen, über die wir eingangs gesprochen haben (Anmerkung des Autors: d.h. Karstadt) die wichtigste Managementaufgabe. In der aktuellen konjunkturellen Situation steht zudem die Kostenkontrolle weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste. Nichtsdestotrotz machen wir uns natürlich weiterhin Gedanken, wie wir in einem vom Umsatzvolumen her stagnierenden und atomisierten Markt wachsen können. Das erwähnte Nail-Design für die Damen stößt nach einem Aufstieg nach unseren Recherchen momentan aber auch an Wachstumsgrenzen. Insofern müssen wir hier aufpassen, dass wir das Geld unserer Aktionäre auch sinnvoll investieren. Hier muss man auch vorsichtig sein, dass man nicht blind den Forderungen des Kapitalmarktes hinterherläuft.

GSC Research: Können Sie den letzten Satz mit Leben füllen?

Essanelle-Vorstand: Ja gerne. Nach dem Börsengang 2001 forderten viele Analysten die Neueröffnung von 600 und nicht 60 Salons pro Jahr, um eine „Story“ für die Börse zu haben. Wir sind froh, dass wir das nicht gemacht haben, das hätte das Unternehmen unseres Erachtens jetzt in der Rezession an den Abgrund gebracht.

GSC Research: Vielen Dank für diese Antwort. Wie steht es dann um eine mögliche geographische Expansion?

Essanelle-Vorstand: Hier käme für uns weiterhin nur eine Expansion in das deutschsprachige Ausland in Frage, d.h. Österreich und Teile der Schweiz. Momentan ist das aber kein Thema, da ja der Inlandsmarkt so atomisiert, d.h. zersplittert ist, dass es in Deutschland unseres Erachtens noch genug Wachstumspotenzial gibt.

GSC Research: Wir wollen jetzt von Ihnen nicht einen Kommentar zu den immer wiederkehrenden Squeeze-Out-Gerüchten einfordern, aber viele Anleger erwarten von einem börsennotierten Unternehmen eine Wachstumsstrategie. Dies ist ja nun einmal in Ihrem Stammgeschäft aus den von Ihnen geschilderten Gründen schwierig, wie gehen Sie mit derartigen Forderungen bzw. Wünschen der Aktionäre um?

Essanelle-Vorstand: Indem wir die Aktionäre mit den dargelegten Argumenten davon überzeugen, dass unsere solide Arbeit für sie mehr Wert erbringt als irgendwelche waghalsigen und zu risikoreichen Expansionsstrategien. Abgesehen davon erwarten Aktionäre zu Recht auch eine gute Rendite. Diese liefern wir mit einer seit drei Jahren konstant hohen Dividende von 0,50 Euro je Aktie. Das ist durchaus ein sehr gutes Argument, unsere Aktie zu kaufen – ganz unabhängig von zusätzlichen Wachstumsaussichten.

GSC Research: Lassen Sie uns nach der Beleuchtung der Hintergründe des Geschäftsmodells den Sprung zu den aktuellen Zahlen vollziehen. Das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2010/11 lief nach unserem Eindruck ja ganz gut an.

Essanelle-Vorstand: Das muss man differenziert sehen. Auf der einen Seite bildete sich der Konzernumsatz leicht um 1 Prozent auf 30,7 (Vj. 31,0) Mio. Euro zurück. Das operative Ergebnis (EBIT) stieg aber dank unseres effizienten Kostenmanagements deutlich um die Hälfte auf 0,42 (0,27) Mio. Euro. Der Periodenüberschuss verdoppelte sich auf 0,34 (0,17) Mio. Euro. Allerdings brauchen wir auf Jahressicht gute Umsätze, um diesen Ertragstrend fortzusetzen. Hier können wir im zweiten Quartal erst einmal nicht zufrieden sein. Für das Abschneiden des Konzerns ist jedoch nach wie vor das vierte Quartal entscheidend, so dass wir die gute Entwicklung im ersten Quartal lediglich als positive Tendenzaussage für das laufende Geschäftsjahr werten können.

GSC Research: Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr ist ja sehr zurückhaltend formuliert. Warum sind Sie so vorsichtig, obwohl sich der private Konsum vergleichsweise stabil präsentiert?

Essanelle-Vorstand: Wir sind deshalb so zurückhaltend, weil die Kundschaft nach wie vor sehr preissensibel im Hinblick auf unsere Produkte agiert. Außerdem ist die Tendenz zu beobachten, dass die Intervalle zwischen den Friseurbesuchen eher länger als kürzer ausfallen. Zudem glauben wir, dass gerade die Maßnahmen des Sparpaketes der Bundesregierung unsere Kunden belasten. Das ist natürlich sehr schwer zu quantifizieren, aber unser Eindruck ist so. Deshalb haben wir auch bewusst auf konkrete Zahlenangaben in unserer Prognose verzichtet und diese eher in Form von qualitativen Aussagen veröffentlicht.

GSC Research: Und wie war die allgemeine Aufnahme der neuen Prognose durch den Kapitalmarkt, gab es hier Unterschiede in der Reaktion zwischen privaten und institutionellen Anlegern?

Essanelle-Vorstand: Aufgrund des mit 10 Prozent überschaubaren Streubesitzes befinden sich die frei handelbaren Aktien unseres Wissens momentan in privater Hand. Hier sind uns keine negativen Reaktionen bekannt. Der Verlauf der Hauptversammlung (Anmerkung des Autors: Siehe auch HV-Bericht vom 22.06.2010 auf

www.gsc-research.de) war ja aus unserer Sicht recht harmonisch, so dass wir davon ausgehen, dass die Aktionäre mit unserem Wirken und der Dividende im Großen und Ganzen einverstanden sind.

GSC Research: Wichtig für ein Dienstleistungsunternehmen ist ja das Personal, wie rekrutieren Sie geeignete Leute? Die Essanelle-Gruppe ist ja in der Verwaltung nach unserem Eindruck schlank aufgestellt. Was ist z.B. bei leitenden Positionen im operativen Geschäft wichtiger, ein fachlicher oder ein kaufmännischer Hintergrund? Leute mit handwerklichem und kaufmännischem Hintergrund sind nach unseren Recherchen schwer zu finden, oder wie sehen Sie das?

Essanelle-Vorstand: Wichtiger für uns ist eher ein fachlicher Hintergrund aus dem Friseurhandwerk. Die für die Leitung eines Salons notwendigen kaufmännischen Kenntnisse können von den Mitarbeitern erfahrungsgemäß recht schnell erlernt werden. Dabei unterstützen wir sie natürlich auch mit Schulungen. Vielfach werden uns Mitarbeiter(innen) durch persönliche Kontakte empfohlen, da können wir uns nicht beklagen, in der Friseurszene kennt man sich und davon profitieren auch wir. Zudem können wir uns auch vorstellen, dass die Krisenfestigkeit eines großen Unternehmens mit einer vergleichsweise sicheren Gehaltszahlung uns in Zukunft auch als Arbeitgeber attraktiver erscheinen lässt.

GSC Research: Nach den speziellen Fragen zur Essanelle-Gruppe würde uns abschließend interessieren, welche Tendenzen Sie allgemein auf dem Friseurmarkt beobachten.

Essanelle-Vorstand: Unverändert hohes Preisbewusstsein der Kundschaft und weiterhin ein Bedeutungszuwachs der ohnehin schon wichtigen Standortwahl. Zudem wird auch Werbung wichtiger, um auch die im Marketingdeutsch „Impulskäufer“ genannten Kunden, also die sich spontan entscheidenden Kunden, für uns zu gewinnen. Wie bei dem sog. „Last-Minute-Phänomen“ in der Reisebranche geht auch in unserer Branche der Trend zu sehr kurzfristigen Kaufentscheidungen.

GSC Research: Wenn wir Sie richtig verstehen, wird also eine adäquate finanzielle Ausstattung wichtiger, um größere Marketingkampagnen durchzuziehen, um die Laufkundschaft für einen Besuch in Ihren Salons zu gewinnen?

Essanelle-Vorstand: Ja, ein inhabergeführter Friseur hat seine Stammkundschaft und kann sich derartige Kampagnen gar nicht leisten. Wir geben zwar unser Geld mit Bedacht aus, aber auf Werbung können wir aus den geschilderten Gründen nicht verzichten und als großes und geographisch breit aufgestelltes Unternehmen sind wir natürlich gewappnet, um hier tätig zu werden.

GSC Research: Warum tut sich die Branche denn vor diesem Hintergrund so schwer mit gemeinsamen Imagekampagnen, wie es z.B. die Augenoptiker und die Apotheken vormachen?

Essanelle-Vorstand: Das ist ein leidiges Thema. Es wäre finanziell durchaus machbar, wenn z.B. die gesamte Branche eine Imagekampagne mit einer attraktiven Hollywood-Schönheit aufziehen würde, aber irgendwie scheint das im eher von konservativen Funktionären geprägten Friseur-Handwerk nicht machbar zu sein. Witzig fanden wir z.B. das „Go-Blonde-Festival“ im lettischen Riga, was durchaus in die richtige Richtung geht, humorvoll ist und zumindest Aufmerksamkeit schafft, ohne peinlich zu wirken. Da müssen wir als börsennotiertes Unternehmen natürlich aufpassen.

GSC Research: Wichtig für den Markterfolg ist auch das Image eines Unternehmens bei den Kunden und Aktionären. Haben Sie hier für gewisse Fälle einen Notfallplan, dass im Falle des Falles kein PR-Desaster entsteht? Ein Bereich, in dem Sie ja tätig sind, sind Hair Extensions, also künstliche Haarverlängerungen. Nach diversen Berichten in den Medien ist die Herkunft der Haare moralisch nicht immer einwandfrei, können Sie hierzu etwas sagen?

Essanelle-Vorstand: Ja, damit haben wir kein Problem, diese Hair Extensions bieten wir sowieso nur in ausgewählten Salons an. Wir haben verlässliche Lieferanten, so dass wir hier kein Problem sehen, das ist aber für uns jetzt auch eher ein Randthema. Verheerender wären z.B. Berichte über vermeintlich schlechte Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter(innen). In diesen Fällen stehen Sie in der Öffentlichkeit als Unternehmen immer zunächst in der Ecke und habe es dann schwer, sich aus einer bedrängten Position heraus zu verteidigen. Deswegen achten wir schon darauf, dass in dieser Hinsicht keine „Brandherde“ entstehen und legen im Gegenteil einen besonderen Fokus auf die Ausbildung, das Arbeitsumfeld und natürlich die angemessene Bezahlung unserer Mitarbeiter(innen).

GSC Research: Gestatten Sie uns noch eine generelle Frage zum Abschluss. Nachdem der Regierungswechsel im letzten September hin zu einer schwarz-gelben Koalition gerade von der Unternehmerseite sehr begrüßt wurde, ist die aktuelle Regierung im Zuge einer suboptimalen Außendarstellung in der Öffentlichkeit in die Defensive geraten. Sehen Sie hier konkrete Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der Essanelle Hair Group AG oder spielt die deutsche Politik angesichts der Tatsache, dass viele wichtige Gesetze heutzutage eher aus Brüssel als aus Berlin kommen, sowieso nicht mehr die frühere Rolle?

Essanelle-Vorstand: Ja, die Außendarstellung ist in der Tat suboptimal, das sehen wir auch so. Für uns schlecht ist die durch die daraus folgende negative Berichterstattung ausgelöste Verunsicherung der Verbraucher. Das schlägt sich natürlich dann auch unmittelbar in unserem Geschäft nieder, oder etwas vereinfacht ausgedrückt: Wer schlecht drauf ist, geht auch weniger zum Friseur, um sich dort verschönern zu lassen. Konkrete Gesetzesvorgaben haben uns jetzt nicht weiter belastet, da ist vielleicht die Außendarstellung der Regierung schlechter als die tatsächliche Arbeit.

GSC Research: Sehr geehrte Herren, wir bedanken uns sehr herzlich dafür, dass Sie sich unseren kritischen Fragen gestellt haben und wünschen Ihnen, dass es gelingt, die Essanelle Hair Group AG sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Ertragsseite weiter voran zu bringen!
 



Veröffentlichungsdatum: 03.08.2010 - 15:59
Redakteur: msc
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