Die GCI Management AG hat nach einem katastrophalen Geschäftsjahr 2008, in dem drei Insolvenzen des Beteiligungsportfolios zu verkraften waren, jetzt eine Änderung des Geschäftsmodells in Richtung einer bestandshaltenden Beteiligungsgesellschaft beschlossen. Auf Sanierungsbeteiligungen soll in diesem Zusammenhang in Zukunft verzichtet werden.
Vor diesem Hintergrund sprachen Alexander Langhorst und Investmentanalyst Klaus Kränzle von GSC Research mit dem Finanzvorstand Dr. Albert Wahl über die Hintergründe des neuen Geschäftsmodells, das „Seuchenjahr 2008“, die aktuelle Rezession und die weiteren Perspektiven des Unternehmens.
Dr. Wahl: „Wir haben aus der Vergangenheit gelernt und werden GCI mit dem neuen Geschäftsmodell in eine gesicherte Zukunft führen.“
GSC Research: Herr Dr. Wahl, vielen Dank, dass Sie sich trotz der unruhigen Zeiten die Zeit für dieses Interview genommen haben. Haben Sie inzwischen das „Seuchenjahr“ 2008 verdaut?
Dr. Albert Wahl: Sie sprechen es an. Es war in der Tat ein äußerst schlechtes Geschäftsjahr für uns, in dem zu den eigenen Schwierigkeiten auch die Bremsspuren der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hinzukamen.
GSC Research: Auf der diesjährigen Hauptversammlung (siehe hierzu auch den HV-Bericht 2009 von GSC Research) stellten Sie ja erstmals der breiten Öffentlichkeit den beschlossenen Strategieschwenk vor. Können Sie uns die Beweggründe dazu bitte näher erläutern?
Dr. Albert Wahl: Gerne. Restrukturierungen sind auch in guten Zeiten schon eine Herausforderung, in Zeiten der Finanzkrise ganz besonders. Im Besonderen ist aber die Refinanzierung einer Akquisition in unruhigen bzw. depressiven Wirtschaftsphasen nur bei profitablen Unternehmen durchführbar. Zudem sind die Möglichkeiten eines Unternehmensverkaufs in schwierigen Zeiten limitiert.
GSC Research: Haben wir Sie richtig verstanden, dass sich GCI künftig komplett aus dem Sanierungsgeschäft zurückziehen wird?
Dr. Albert Wahl: So ist das nicht ganz richtig, ausgewählte Gelegenheiten werden wir natürlich weiter wahrnehmen. Dabei werden wir jedoch in der Zukunft ein ausgewogeneres Chancen/Risikoverhältnis in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen. Ein Restrukturierungsprojekt in der Größenordnung von Pfaff wird es demnach so nicht mehr geben.
GSC Research: Stichwort Sanierung bei Pfaff. Wie konnte es zu der Entwicklung dort kommen, Sie waren doch Mitglied des Aufsichtsrats, Herr Dr. Wahl?
Dr. Albert Wahl: Ja das stimmt. Allerdings müssen Sie zwei Aspekte beachten. Zum einen brach das operative Geschäft bei Pfaff aufgrund der Wirtschaftskrise massiv ein. Das geschah gerade in einer Phase, als Paff wieder leicht profitabel war, aber sagen wir, sich noch in einer „sanierungsbedingten kritischen“ Phase befand. Um den Abschwung in so einem Zeitpunkt bewältigen zu können, bedarf es einer soliden, zumindest zweistelligen Unternehmensperformance, um zu überleben. Die Wirtschaftskrise kam also zum denkbar unglücklichsten Zeitpunkt.
Ein zweiter Aspekt ist, dass die Reporting-Informationen für den Aufsichtsrat suboptimal und auch verzögert bei uns ankamen und man hier durchaus von einer verfehlten Informationspolitik des Managements sprechen kann.
GSC Research: War das Volumen für GCI im Nachhinein unter dem Aspekt eines ausgewogenen Verhältnisses von Chancen und Risiko zu groß?
Dr. Albert Wahl: Das Risiko war uns durchaus bewusst, wir sind jedoch davon ausgegangen, dass es mit der Markterschließung in Asien besser klappt.
GSC Research: Sind die bilanziellen Risiken der drei Insolvenzen inzwischen abgearbeitet oder bestehen hier unter Umständen noch Risiken, wenn z.B. zu leistende Zahlungen die Rückstellungshöhen überschreiten?
Dr. Albert Wahl: Ja, ich denke schon. Im Prinzip haben wir nach derzeitigem Kenntnisstand alle möglichen Verpflichtungen zurückgestellt. Momentan gehe ich eher von stillen Reserven als weiteren Belastungen aus. Ich kann aber nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass es im Zusammenhang mit rechtlichen Auseinandersetzungen noch zu weiteren Zahlungen kommen könnte.
GSC Research: Wenn unser Eindruck nicht täuscht, ist jedoch die „neue“ GCI etwas automobillastig, Herr Dr. Wahl?
Dr. Albert Wahl: Im Moment ja, das hat sich in den letzten Jahren so ergeben.
GSC Research: Wie wollen Sie diesen Zustand verändern?
Dr. Albert Wahl: Wir wollen zukünftig vornehmlich in renditestarke Unternehmen im industriellen Sektor im deutschen Sprachraum investieren.
GSC Research: Interessant. Mit anderen Worten ausgedrückt, Sie wollen in Zukunft verstärkt Unternehmen außerhalb des Automobilsektors übernehmen. Haben Sie da schon bestimmte Branchen im Auge?
Dr. Albert Wahl: Das ist zweifelsohne so, wir haben da hauptsächlich den Maschinen- und Anlagenbau im Auge. Im Bereich des High-tech oder der Konsumgüter wollen wir jedoch nicht tätig werden.
GSC Research: Spielt bei dieser Einschätzung auch eine Rolle, dass die Automobilzulieferbranche als sehr zyklisch gilt?
Dr. Albert Wahl: Durchaus. Uns geht es zukünftig im Kern hauptsächlich um die Beteiligung an Unternehmen, die die deutsche industrielle Kernkompetenz mit innovativer Technologie abbilden.
GSC Research: Kommen wir nun zu den aktuellen Halbjahreszahlen. Der erste Blick ergibt für uns den Eindruck, dass sowohl Umsatz als auch die Ergebniskennziffern drastisch eingebrochen sind. Können Sie uns die Halbjahreszahlen kurz erläutern?
Dr. Albert Wahl: Im Moment schlägt sich natürlich noch die wirtschaftliche Lage in den Zahlen nieder. Zudem müssen wir noch die angesprochenen Altlasten abarbeiten, so dass die Halbjahreszahlen noch nicht die von mir skizzierte neue strategische Stoßrichtung der GCI abbilden können. Insofern bitte ich Sie bei aller Kritik an den Zahlen, diese nicht überzuinterpretieren. Konkret schrumpfte der Umsatz als Folge der im Vorjahreszeitraum noch enthaltenen und inzwischen insolventen Unternehmen um über die Hälfte auf 51,4 (Vj.: 129,9) Mio. Euro.
Der Jahresüberschuss nach Steuern und Anteilen Dritter verbesserte sich zwar auf minus 4,7 (minus 24,9) Mio. Euro, angesichts der besprochenen Entwicklung sind die Zahlen jedoch meines Erachtens nur schwer vergleichbar. Ich bestreite jedoch nicht, dass sie gewissermaßen auch für uns unbefriedigend waren.
GSC Research: In einigen Tagen steht die Bundestagswahl auf dem Terminkalender. Wie könnte sich der Wahlausgang für Sie als Beteiligungsgesellschaft auswirken? Seit der Titulierung als „Heuschrecken“ hat Ihre Branche ja nicht mehr den besten Leumund in der Politik...
Dr. Albert Wahl: Wir wünschen uns von der Politik verbesserte Rahmenbedingungen wie z.B. eine großzügigere Handhabung der Zinsschranke und eine zielgerichtetere Mittelstandspolitik mit guten Refinanzierungsmöglichkeiten. Zudem ist der gesetzte steuerrechtliche Rahmen für Unternehmensverkäufe sehr wichtig für eine Beteiligungsgesellschaft wie uns.
GSC Research: Kommen wir nach den themenorientierten Fragen zur geographischen Ausrichtung der GCI Management AG. Wo sind Sie vertreten und wie sieht hier die Planung aus?
Dr. Albert Wahl: Wir sind bislang vornehmlich in Deutschland vertreten. Eine Ausweitung der Engagements in den gesamten deutschen Sprachraum, das heißt auch nach Österreich und in die Schweiz, werden wir im Zuge des weiteren zukünftigen Wachstums der GCI in Angriff nehmen.
GSC Research: Eine andere Thematik betrifft die zuletzt durchgeführten Kapitalerhöhungen. Können Sie uns bitte die näheren Beweggründe für diese Schritte erläutern?
Dr. Albert Wahl: Die letzte GCI-Kapitalerhöhung im Dezember 2008 erfolgte im Zuge der Aufstockung unserer Anteile an der Maschinenfabrik Spaichingen. Die für den Herbst diesen Jahres geplante nächste Kapitalerhöhung ist vornehmlich der weiteren Wachstumsfinanzierung der Gruppe geschuldet. In Gesprächen mit den Banken hat sich darüber hinaus auch klar gezeigt, dass das Vorhandensein von Eigenkapital - zur Unterlegung von Unternehmenskäufen in der heutigen Zeit - eine unabdingbare Vorraussetzung zur Refinanzierung geworden ist.
GSC Research: Stichwort Kapital. Können Sie uns ein paar Worte zum Strategieschwenk ihres Großaktionärs ACP sagen. Wenn unser Eindruck nicht täuscht, sieht ACP die GCI-Beteiligung jetzt „nur“ noch als Finanzinvestition?
Dr. Albert Wahl: Ja, das ist richtig. ACP sieht sich heute klar als reiner Finanzinvestor und betrachtet uns damit auch als reines Finanzinvestment.
GSC Research: Können Sie in diesem Zusammenhang die Kritik der Aktionäre am Kurs der GCI in den letzten zwei Jahren verstehen, und was wollen Sie tun, um das Vertrauen der Anleger in die GCI-Aktie wieder zurückzugewinnen?
Dr. Albert Wahl: Ja, die Kritik ist verständlich und nachvollziehbar. Wir wollen aber aus den Problemen und Schwierigkeiten der Vergangenheit selbstkritisch lernen. Wir beabsichtigen, die Aktionäre zukünftig durch eine nachhaltige Performance und eine aktive Investor Relations-Politik wieder davon zu überzeugen, dass wir nachhaltige Werte schaffen können.
GSC Research: Das klingt plausibel. Gestatten Sie uns zwei Fragen zum Abschluss.
Dr. Albert Wahl: Gerne.
GSC Research: Wie wird GCI in 2009 und 2010 abschneiden, können Sie uns diesbezüglich einen groben Ausblick geben?
Dr. Albert Wahl: Für 2009 gehe ich im Beteiligungsbereich von einem ausgeglichenen Ergebnis aus, die Finanzdienstleistungen und das Beratungsgeschäft sollten jedoch in jedem Falle einen positiven Ergebnisbeitrag liefern. In 2010 wollen wir nach der Abarbeitung der Altlasten auch in der Beteiligungssparte wieder nachhaltige schwarze Zahlen ausweisen, so dass dann alle drei Segmente beim Ergebnis im positiven Bereich lägen.
GSC Research: Wo soll Ihrer Meinung nach die GCI Management AG in zehn Jahren stehen? Können Sie uns hier bitte an Ihren geschäftspolitischen Visionen teilhaben lassen?
Dr. Albert Wahl: GCI sollte dann ein nachhaltig sehr profitables Beteiligungsunternehmen sein, das sich im deutschen Sprachraum als eine der führenden Adressen für industrielle Engagements darstellt.
GSC Research: Herr Dr. Wahl, vielen Dank für das interessante Gespräch. Wir wünschen Ihnen persönlich und dem Unternehmen Erfolg mit der neuen Strategie.
Veröffentlichungsdatum:
25.09.2009
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11:16
Redakteur:
ala