Viele Anleger sind derzeit bei Immobilienwerten skeptisch. Auf der anderen Seite ist die GWB Immobilien AG mit dem Thema Einkaufszentren in einem Bereich tätig, der laut Expertenmeinung in den letzten Jahren vom Niedergang des klassischen Kaufhauses profitiert hat und demzufolge weiterhin gute Perspektiven bietet.
Vor diesem Hintergrund sprachen Alexander Langhorst und Investmentanalyst Klaus Kränzle von GSC Research mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Norbert Herrmann über die Hintergründe des Geschäftsmodells, das Tagesgeschäft und die weiteren Perspektiven des Unternehmens.
Dr. Norbert Herrmann: „GWB hat das richtige Geschäftsmodell für das sich ändernde Einkaufsverhalten der Konsumenten.“
GSC Research: Herr Dr. Hermann, wenn der Anleger an Einkaufszentren denkt, dann kommt ihm sofort die Deutsche Euroshop AG in den Sinn. Können Sie in Abgrenzung dazu kurz das Geschäftsmodell der GWB Immobilien AG erläutern?
Dr. Norbert Herrmann: Ja gerne. Die Deutsche Euroshop kauft fertige Objekte und agiert dabei als Bestandshalter, zudem bewegt man sich dort in anderen Dimensionen als bei GWB. Wir bilden hingegen die gesamte Wertschöpfungskette von der Entwicklung des Objekts, dem Bau, der Verwaltung bis zu einem Verkauf ab.
GSC Research: Durch den Konkurs von Arcandor bzw. Karstadt erreichte die Diskussion über die Zukunftsfähigkeit der Vertriebslinie Kaufhaus sogar die breite Öffentlichkeit. Was halten Sie von der plakativen These, im Prinzip seien Shopping-Center das bessere „Kaufhaus“?
Dr. Norbert Herrmann: Ja, wenn Sie es so plakativ formulieren wollen. Ich denke, dass sich das Modell klassisches Kaufhaus in den letzten zehn Jahren überlebt hat. Der Gemischtwarenhandel kommt beim Verbraucher nicht mehr an. Diese präferieren zwar einen Einkauf der kurzen Wege, wollen dabei aber auf die Ansammlung von Spezialisten mit breiter Auswahl nicht verzichten. Da kann das Kaufhaus alten Typs nicht mehr mithalten. Eine Ausnahme bilden hier lediglich die Großstadtkaufhäuser mit ihren klar auf das dortige Publikum zugeschnittenen Sortimenten.
GSC Research: Was bedeutet diese Einschätzung für ihre konkrete Unternehmenspolitik, Dr. Herrmann?
Dr. Norbert Herrmann: Dieser Trend ist im Prinzip die Blaupause für unser Geschäftsmodell. Wir konzentrieren uns auf Mittelstädte, die sehr stark vom Niedergang der Kaufhäuser betroffen sind. Wir schaffen in diesen Mittelstädten Einkaufsmöglichkeiten in einer Größenordnung von circa 10 bis 15 Tausend Quadratmeter und bringen damit eine neue Handelsstruktur in diese Städte und füllen das Vakuum auf, das im Hinblick auf eine gesunde Einzelhandelsstruktur dort oft jahrelang geherrscht hat.
GSC Research: Interessant. Verstehen wir Sie richtig, dass Sie somit die Umwandlung von Karstadt-Häusern in Einkaufszentren durch GWB für nicht praktikabel halten, obwohl mittlere Städte bis circa 250.000 Einwohner, in denen Karstadt ja oft vertreten ist, eine bevorzugte strategische Stoßrichtung von GWB darstellen?
Dr. Norbert Herrmann: Sicherlich haben Sie mit dem letzten Satz recht, aber das klassische Warenhaus hat einfach nicht den Grundriss, den wir für ein optimales Shopping-Center benötigen. Dieses darf maximal drei Etagen haben, und diese sollten vergleichsweise groß sein. Diesen Anforderungen dürften die meisten Karstadt-Standorte nicht genügen.
GSC Research: In den letzten Quartalsberichten betonte GWB, dass die Mieteinnahmen das Geschäft stabilisiert haben. Haben Sie die Immobilien länger als ursprünglich geplant gehalten?
Dr. Norbert Herrmann: Ja, das sehen Sie richtig. Wir haben wegen der Marktlage keine adäquaten Verkaufspreise erzielen können und haben dann beschlossen, die entsprechenden Objekte bis zu einer Normalisierung in unserem Bestand zu halten, um keine Werte zu vernichten.
GSC Research: Zuletzt berichteten Sie im Halbjahresbericht vom beurkundeten Verkauf des Objekts in Buxtehude. Ist das die lang ersehnte Auflösung des Verkaufsstaus?
Dr. Norbert Herrmann: Ja das werte ich auch so. Lang ersehnt wäre zwar etwas übertrieben, Herr Langhorst und Herr Kränzle, da wir jetzt nicht unter Verkaufszwang standen, aber erfreut waren wir schon über diesen erfolgreichen Verkaufsabschluss.
GSC Research: Interessant. Kann man bei den vielfach kolportierten geplanten Investments institutioneller Investoren in Immobilien somit bislang nur von einer „gefühlten“ Belebung sprechen, wie es ein namhafter Immobilienmakler zuletzt ausdrückte?
Dr. Norbert Herrmann: Bis zur Jahresmitte war es tatsächlich so. Seit den Sommerferien beobachten wir jedoch eine erhöhte Aktivität institutioneller Investoren bei der Begutachtung von Objekten, so dass sich das Interesse auch zunehmend in tatsächlichen Kaufentscheidungen und somit Umsätzen niederschlägt. Der Ausbau der Immobilienportfolios scheint nach unserem Eindruck bei diesen Investoren somit jetzt in die Tat umgesetzt zu werden.
GSC Research: Neben dem Verkauf des Objekts in Buxtehude berichteten Sie auch von einem neuen Investitionsvorhaben in Völklingen (Saarland). Können Sie uns dazu nähere Informationen geben, Dr. Herrmann?
Dr. Norbert Herrmann: Ja, gerne. Es handelt sich hier um ein typisches neues Innenstadtobjekt in einer Mittelstadt. Das Objekt umfasst circa 13.000 Quadratmeter bzw. ein Investitionsvolumen von circa 28 Mio. Euro. Im Einzugsbereich leben knapp 100.000 Menschen. Der Baubeginn ist im ersten Quartal 2010 geplant.
GSC Research: Wie umfangreich ist insgesamt ihr Vorhabenkatalog?
Dr. Norbert Herrmann: Momentan hat er einen Umfang von drei Objekten mit einem Investitionsumfang von ungefähr 60 Mio. Euro.
GSC Research: Viele Experten halten einige Gegenden Deutschlands wie z.B. das Ruhrgebiet oder Ostdeutschland mit Shopping-Centern bereits jetzt für überversorgt. Wird damit die Revitalisierung bestehender und in die Jahre gekommener Einkaufszentren für GWB weiter an Bedeutung gewinnen?
Dr. Norbert Herrmann: So pauschal würde ich das nicht sagen. Deutschland ist mit einer Verkaufsfläche von 140 qm pro 1.000 Einwohner immer noch unterversorgt mit innenstadtnahen Shopping-Centern. Im Ruhrgebiet ist es auch teilweise eine Definitionsfrage gegenüber Fachmarktzentren in den Randbereichen, weil die Städte ja ineinander übergehen und es somit kein Umland wie bei einem Monozentrum wie z.B. Hamburg gibt. Insofern würde ich immer für eine differenzierte Betrachtung plädieren, die immer eine Einzelfallprüfung verlangt. Auch Ostdeutschland ist meiner Meinung nach nicht so überversorgt, wie es viele Beobachter meinen.
GSC Research: Kommen wir nun zu den aktuellen Zahlen, Herr Dr. Herrmann. Der erste Blick ergibt für uns den Eindruck, dass Sie bis jetzt vergleichsweise gut durch die Finanzkrise gekommen sind?
Dr. Norbert Herrmann: Ja, wie Sie schon ansprachen, profitierten wir von den Mieteinnahmen, die den überwiegenden Teil des Halbjahresumsatzes in Höhe von 5,0 (Vj.: 4,9) Mio. Euro ausgemacht haben. Wegen der hohen Schwankungen bei Verkäufen ist jedoch der Gehalt der Interimsberichterstattung bei uns naturgemäß beschränkt. Insofern kann auch der Halbjahresüberschuss nach Steuern und Anteilen Dritter in Höhe von minus 1,1 (minus 1,3) Mio. Euro nicht auf das gesamte Geschäftsjahr hochgerechnet werden. Wichtige Bestandteile auf der Ergebnisseite kommen aus Verkäufen, von denen wir einige im zweiten Halbjahr planen.
GSC Research: In einigen Tagen steht die Bundestagswahl auf dem Terminkalender. Was bedeutet dieses politische Großereignis für ein Unternehmen wie GWB, welches an der Schnittstelle zwischen Immobilien und Konsum operiert?
Dr. Norbert Herrmann: Wir hoffen, dass es zu einer tragfähigen Regierungsmehrheit und somit stabilen politischen Verhältnissen nach der Wahl kommt. Bei einer wackeligen Mehrheit dürften Verbraucher und Unternehmen verunsichert sein, was für uns die Verzögerung oder Einstellung von manchem Projekt bedeuten könnte.
GSC Research: Kommen wir nach den thematischen Geschäftsgebieten zur geographischen Ausrichtung der GWB Immobilien AG. Bislang sind Sie ja nur in Deutschland und hier schwerpunktmäßig in Nord- bzw. Nordostdeutschland vertreten. Wollen Sie in Zukunft verstärkt West- und Süddeutschland bearbeiten oder sogar ins Ausland gehen?
Dr. Norbert Herrmann: Sie haben es schon in Ihrer Frage ausgedrückt, dem kann ich nur zustimmen. Eine Auslandsexpansion ist aber nicht geplant.
GSC Research: Das operative Geschäft läuft demnach trotz der Finanzkrise sehr stabil, der Aktienkurs bewegt sich seit Oktober 2008 in einer Bandbreie von 1,22 Euro bis 2,30 Euro. Viele Anleger sind derzeit gegenüber Immobilienwerten skeptisch eingestellt. Wie wollen Sie die Anleger dennoch motivieren, weiter in die GWB-Aktie zu investieren?
Dr. Norbert Herrmann: Mit der beschriebenen soliden und berechenbaren Unternehmenspolitik.
GSC Research: Manche Investoren hatten bei GWB auch nach dem in letzter Minute durch die dortigen Gremien gestoppten Einstieg des Immobilieninvestors Hanseatic Group ein schlechtes Gefühl. Wie ist die jetzt anstehende Kapitalerhöhung gelaufen, Herr Dr. Hermann?
Dr. Norbert Herrmann: Sehr gut, wir haben zahlreiche neue Investoren gewonnen und alle circa 1,6 Millionen Aktien platziert. Wir waren sogar leicht überzeichnet. Damit haben wir jetzt auf der Kapitalseite ein gutes Fundament für die Zukunft gelegt.
GSC Research: Kommen wir zu den mittelfristigen Perspektiven Ihres Unternehmen. Wie wird GWB in 2009 und 2010 abschneiden, können Sie uns diesbezüglich einen groben Ausblick geben?
Dr. Norbert Herrmann: Wegen der Ad-hoc-Pflichtigkeit derartiger Aussagen und des sehr zyklischen Charakters unseres Geschäfts bitte ich um Verständnis, dass ich mich zu einer Prognose derzeit nicht äußern will, Herr Langhorst und Herr Kränzle.
GSC Research: Gestatten Sie uns zum Abschluss eine eher visionäre Frage, Herr Dr. Herrmann. Wo soll Ihrer Meinung nach GWB in zehn Jahren stehen? Können Sie uns hier bitte an Ihren strategischen Überlegungen teilhaben lassen?
Dr. Norbert Herrmann: Neben organischem Wachstum wollen wir auch durch Kooperationen wachsen. Wir sind dabei offen für alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen mittelständischen Unternehmen. Insgesamt wollen wir so ein bedeutender Player im Bereich Mittelstand werden.
GSC Research: Herr Dr. Herrmann, vielen Dank für das interessante Gespräch. Wir wünschen Ihnen persönlich und dem Unternehmen weiterhin viel Erfolg.
Veröffentlichungsdatum:
25.09.2009
-
09:53
Redakteur:
ala