Am 24. Mai 2009 fand in Berlin die diesjährige ordentliche Hauptversammlung der aktiengesellschaft TOKUGAWA statt. Rund 20 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Thorsten Renner für GSC Research, hatten sich sogar am Sonntag im Meistersaal am Potsdamer Platz eingefunden, um sich über die weiteren Zukunftsaussichten der Gesellschaft zu informieren. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Pascal Decker eröffnete die Hauptversammlung mit leichter Verspätung und übergab nach dem Verlesen der kurz gehaltenen Formalien das Wort an den Alleinvorstand Philipp Steinhauer.
Bericht des VorstandsZu Beginn gab Herr Steinhauer einen kurzen Überblick über das Geschäft der Gesellschaft. Demnach verwaltet das Unternehmen ausschließlich eigenes Vermögen durch den Handel in Wertpapieren auf eigene Rechnung. Dadurch sei TOKUGAWA gegenüber einem Fonds deutlich flexibler, meinte der Vorstand. Die Gesellschaft tritt als opportunistisch geprägter Investor mit mittelfristigem Anlagehorizont auf. Dies bedeutet, dass TOKUGAWA nicht auf bestimmte Anlageklassen festgelegt ist. Normalerweise wird das Depot pro Jahr drei- bis fünfmal durchgehandelt. Als Ziel nannte Herr Steinhauer eine möglichst hohe Verzinsung des Eigenkapitals unabhängig vom Gesamtmarkt.
2008 bezeichnete der Vorstand als äußerst turbulentes Jahr. Die ersten Krisenanzeichen schienen zum Zeitpunkt der letztjährigen Hauptversammlung schon beseitigt, zumal die Tragweite nur schwer einschätzbar war. Problematisch war dabei auch, dass die Komplexität der von der Finanzkrise betroffenen Produkte kaum zu durchschauen war. Je komplexer das Produkt war, desto größer war in der Krise der Kursverfall, stellte Herr Steinhauer fest. Dafür sah er bei komplexen Papieren auch jetzt noch gute Chancen. TOKUGAWA hatte sich schon recht früh vom Aktienbestand getrennt und hält auch aktuell kaum Aktien. Dafür gab es von Seiten der Aktionäre auch Kritik, jedoch habe sich die Maßnahme bewährt, betonte Herr Steinhauer.
Aktuell hat die Politik die Krise in Zeiten des Wahlkampfs massiv auf die Agenda gesetzt, jedoch stellt sich die Frage, ob die richtigen Maßnahmen getroffen wurden. Der Vorstand bemängelte, dass eine „Demut der Eliten“ nicht erkennbar ist und dass es trotz der Krise und Verfehlungen kaum zu Wechseln bei den handelnden Personen kam. In diesem Zusammenhang sei es schon fraglich, ob gerade die Personen, die für die Krise verantwortlich sind, nun die Wende bringen werden, so Herr Steinhauer. Nach seiner Meinung sind viele Exzesse aber immer noch nicht bereinigt. Angesichts der Erfahrungen wäre es auch überraschend, wenn die Krise nur zwei Jahre dauern würde. Eine Vielzahl von Indikatoren gebe jedoch Anlass zur Hoffnung. „Nie war Opportunismus so wertvoll wie heute“, betonte der Vorstand.
Im Geschäftsjahr 2008 führte die Gesellschaft erfolgreich eine Kapitalerhöhung durch, die einen Mittelzufluss von fast 400 TEUR brachte. Laut Herrn Steinhauer wurde der Anteil an der visionmaker Beteiligungen GmbH (VMB) weiter aufgestockt, da diese Gesellschaft über deutliche Verlustvorträge verfügt. Nachdem TOKUGAWA der VMB in 2007 Eigenkapital zur Verfügung gestellt hatte, wurden im letzten Jahr weitere Mittel über ein Darlehen bereitgestellt.
Im ersten Halbjahr 2008 erfolgte ein deutlicher Abbau der Aktienposition. Statt dessen hat sich die Gesellschaft vor allem in Fremdkapitalpapieren von deutschen Banken wie IKB Deutsche Industriebank, Commerzbank und Hypo Real Estate Holding engagiert. Im Sommer wurde zudem das Iran-Engagement mit einem guten Ertrag beendet. Mit dieser Strategie konnte laut Herrn Steinhauer das Gesellschaftsvermögen inklusive VMB im letzten Jahr um 20 Prozent gesteigert werden, auch wenn dies angesichts des Verlusts nicht direkt zu erkennen ist.
Zum Jahresende beliefen sich die Forderungen gegenüber der VMB auf 421 TEUR. Das Eigenkapital legte weiter auf 983 TEUR zu, obwohl im vergangenen Jahr mit rund 180 TEUR eine hohe Dividende ausgeschüttet wurde, betonte der Vorstand. Die Rückstellungen beliefen sich auf 109 TEUR und entfielen zum Großteil auf 36 TEUR Steuerrückstellungen und etwa 70 TEUR auf Rückstellungen für Rechts- und Beratungskosten im weitesten Sinne. In dieser Summe sind auch die Aufwendungen für die Testate der Jahre 2006 bis 2008 enthalten, die ohne Einschränkung erteilt wurden. Nach Aussage von Herrn Steinhauer wies TOKUGAWA zum Jahresende Verbindlichkeiten von 202 TEUR aus, diese Summe schwanke allerdings stark im Jahresverlauf. Auch bedingt durch die hohen Verbindlichkeiten erhöhte sich die Bilanzsumme um 30 Prozent auf knapp 1,3 Mio. Euro.
Im abgelaufenen Jahr sanken die Wertpapiererlöse deutlich, was auf den stark gesunkenen Handel zurückzuführen war, informierte Herr Steinhauer. Die Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens lagen in 2008 bei lediglich 10 TEUR. Insgesamt wies TOKUGAWA einen Jahresfehlbetrag von 153 TEUR aus, wodurch sich der Bilanzgewinn auf nur noch 12 TEUR verringerte. Da so nur eine äußerst geringe Dividendenausschüttung möglich gewesen wäre, soll der Gewinn auf neue Rechnung vorgetragen werden. In Zukunft soll aber vor dem Hintergrund der Abgeltungssteuer jeweils flexibel über eine Dividende entschieden werden. Laut Herrn Steinhauer fiel zwar ein Verlust an, auf der anderen Seite stehen aber auch noch stille Reserven in der Bilanz.
Im laufenden Jahr hat man bei TOKUGAWA weiter auf Fremdkapitalpapiere von Banken gesetzt, wenn auch jetzt mit etwas längeren Laufzeiten. Damit konnte bisher eine sehr gute Entwicklung erzielt werden. Die jetzige Positionierung ermögliche Chancen, über mehrere Jahre hinweg an einer hohen Rendite zu partizipieren, betonte der Vorstand. Inklusive VMB nannte Herr Steinhauer als Zielgröße einen Rohertrag von 1 Mio. Euro. Dieses Ziel sei zwar erreichbar, bedürfe aber einiger Anstrengungen.
Der Vorstand wollte jedoch nicht verheimlichen, dass durchaus ein riskanter Kurs gefahren wird. Immerhin hält TOKUGAWA größere Kerninvestments in illiquiden Märkten bei einer starken Fokussierung auf Deutschland. Oftmals erfolgt das Engagement auch mit hohen Fremdkapitaleinsätzen, und das durchaus offensive Vorgehen könnte schon Streit provozieren, so der Vorstand. Die bisherige Entwicklung in 2009 war aber sehr erfolgreich, auch wenn dies keine Rückschlüsse auf die Zukunft zulasse.
Nach eigenem Bekunden ist Herr Steinhauer durchaus für Veränderungen offen, allerdings müssten diese Änderungen auch für die Aktionäre Sinn machen. Aktuell kann die Ernte der vorherigen Saat eingefahren werden. TOKUGAWA sei zu klein, um ein professioneller Markteilnehmer zu werden, räumte Herr Steinhauer ein. Anstatt hierauf zu viel Energie zu verschwenden, wolle er sich lieber auf den operativen Erfolg konzentrieren. Im Rahmen der Tagesordnung soll der Sitz der Gesellschaft nach Aachen verlegt werden, da die VMB dort ebenfalls ihren Sitz hat. Dies bringe Vorteile, da irgendwann sicherlich einmal die Verschmelzung beider Unternehmen auf der Tagesordnung stehen werde, berichtete Herr Steinhauer zum Ende seiner Ausführungen.
Allgemeine DiskussionHerr Müller bat um Ausführungen zur Tochtergesellschaft VMB. Laut Herrn Steinhauer wurde dieser Gesellschaft im Jahr 2007 Eigenkapital zur Verfügung gestellt, um eigene Geschäfte tätigen zu können. Dabei verfolgt die VMB die gleiche Geschäftsstrategie wie TOKUGAWA, zur Ausweitung des Geschäfts hat TOKUGAWA der VMB in 2008 noch weitere Mittel in Form von Darlehen bereitgestellt. Mit den dann erzielten Gewinnen bei der VMB sollen die bestehenden Verlustvorträge abgebaut werden.
Eine weitere Frage betraf den voraussichtlichen Ort der Hauptversammlung im kommenden Jahr. Grundsätzlich sei die Hauptversammlung in jeder Stadt mit mindestens 100.000 Einwohnern möglich, informierte der Vorstand. Voraussichtlich wird die Hauptversammlung im nächsten Jahr in Aachen stattfinden, in zwei Jahren könnte es dann aber durchaus auch wieder Berlin sein.
AbstimmungenEhe der Aufsichtsratsvorsitzende zu den Abstimmungen überleitete, gab er die Präsenz auf der Hauptversammlung bekannt. Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 480.000 Euro waren demnach 316.078 Euro entsprechend 65,85 Prozent vertreten. Die Beschlüsse wurden entweder einstimmig oder bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen im Sinne der Verwaltung gefasst. Der Aktionär Müller hatte einen Antrag auf Einzelwahl der Aufsichtsratsmitglieder gestellt, dieser Antrag fand aber nicht die erforderliche Mehrheit.
Im Einzelnen beschlossen wurden der Vortrag des Bilanzgewinns auf neue Rechnung (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Vergütung des Aufsichtsrats (TOP 5), die Wahl der Herren Dr. Decker und Hoyzer in den Aufsichtsrat (TOP 6), die Sitzverlegung nach Aachen (TOP 7), die Schaffung eines genehmigten Kapitals I (TOP 8) und die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien (TOP 9).
Fazit und eigene MeinungAuch die aktiengesellschaft TOKUGAWA konnte sich dem negativen Trend des letzten Jahres nicht ganz entziehen und musste ebenfalls einen Verlust ausweisen. Mit der jetzigen Aufstellung fühlt sich der Vorstand jedoch gut aufgehoben, um im laufenden Jahr wieder ein ansprechendes Ergebnis zu erwirtschaften. Durch die Verlagerung eines Teils des Geschäfts in die Tochter visionmaker Beteiligungen GmbH (VMB) sollen die bestehenden Verlustvorträge genutzt werden, um Steuerzahlungen zu minimieren.
Wer in die Gesellschaft investieren möchte, verlässt sich voll auf die Geschicklickeit des Vorstands Philipp Steinhauer und engagiert sich zudem in einem Unternehmen, das bei seiner Anlage etwas gegen den Strom der „klassischen“ Beteiligungsgesellschaften schwimmt.
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Veröffentlichungsdatum:
27.05.2009
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Redakteur:
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