Am 12. Dezember 2008 fand in Berlin bereits die 109. ordentliche Hauptversammlung der Marseille-Kliniken AG statt. Rund 150 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Thorsten Renner für GSC Research, hatten sich im Ludwig-Erhard-Haus eingefunden, um sich über die weiteren Zukunftsaussichten der Gesellschaft zu informieren, da sich diese vom Bereich Reha trennen möchte. Statt dessen will sich das Unternehmen nun auch im Bereich der Akut-Kliniken engagieren.
Vor dem Beginn der Veranstaltung vermittelte eine Filmeinspielung den Anwesenden einen Überblick über das Unternehmen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Marseille eröffnete dann die Hauptversammlung und übergab nach dem Verlesen der üblichen Formalien das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Axel Hölzer.
Bericht des Vorstands
Laut Herrn Hölzer wurde bei der Gesellschaft in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Initiativen auf den Weg gebracht, die ein großes Potenzial für die Zukunft darstellen. Insgesamt arbeite die Marseille-Kliniken AG aber in einem relativ konjunkturunabhängigen Bereich, erklärte der Vorstandsvorsitzende im Hinblick auf die derzeitige Wirtschaftsschwäche. Allerdings hat sich das Geschäft etwas gewandelt, und so müssen ältere Menschen als Kunden wahrgenommen werden, die auch umworben werden müssen.
Bei der Marseille-Kliniken AG besteht ein Zusammenspiel von Kundennähe, Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung. Die Gesellschaft strebt dabei die Markt- und Kostenführerschaft bei den privaten Anbietern an. Im letzten Geschäftsjahr gestaltete sich die Entwicklung nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden recht positiv. So wurde der Umsatz deutlich ausgeweitet, und auch der Jahresüberschuss verbesserte sich. Zudem war der Bereich Reha wieder profitabel. Trotzdem erreichte man bei der Marseille-Kliniken AG die Wachstumsziele nicht ganz und hatte deshalb die Wachstumsprognose zurückgenommen, wie Herr Hölzer einräumte.
Der Umsatz stieg um rund 6 Prozent auf 228 Mio. Euro, Anlaufprobleme gab es jedoch bei den neuen Projekten in Hamburg und Berlin. Allerdings hat sich auch hier mittlerweile die Nachfrage verstetigt. Sowohl das EBIT mit 22,3 Mio. Euro als auch der Jahresüberschuss mit 13,8 Mio. Euro lagen unter den Erwartungen. Da Letzterer dennoch deutlich zulegte, stieg auch das Ergebnis je Aktie von 0,75 Euro auf 1,14 Euro. Wie Herr Hölzer weiter ausführte, erhöhte sich das DVFA-Ergebnis um 7 Prozent auf 11,2 Mio. Euro nach Steuern. Auch der Bereich Reha lieferte wieder einen positiven Ergebnisbeitrag, während sich das bereinigte Ergebnis im Bereich Pflege leicht abschwächte.
Das abgelaufene Geschäftsjahr bescherte der Gesellschaft stark gestiegene Kosten bei Energie und Lebensmitteln. Allein die Energiekosten schlugen zusätzlich mit 1,8 Mio. Euro zu Buche, so Herr Hölzer. Im Bereich e-Learning wurden zur Verbesserung des Qualitätsstandards Vorleistungen von 1,5 Mio. Euro erbracht. Im Bereich Pflege wurde die Expansion weiter vorangetrieben, und so konnten in Düsseldorf in der neuen Einrichtung bereits sechs Monate nach der Eröffnung alle 79 Plätze belegt werden. Erfreulich entwickelten sich auch der Standort Schömberg und das betreute Wohnen in Potsdam, bei dem bis Ende des Jahres alle 131 Wohneinheiten belegt sein sollen.
Auch im laufenden Geschäftsjahr wurde der Kapazitätsausbau im Pflegebereich fortgesetzt. Für 2009 ist bereits die Eröffnung von Einrichtungen in Waldkirch und Bremerhaven geplant. Nach Aussage von Herrn Hölzer erhöhte sich die Belegungsquote auf 93,3 Prozent, als Richtgröße werden jedoch 95 Prozent angestrebt. Mit 93,3 Prozent liegt die Marseille-Kliniken AG allerdings deutlich über dem Branchendurchschnitt von 88 Prozent. Eine klare Verbesserung zeigte der Bereich Reha, hier kletterte die Belegung von 75,9 auf 90,4 Prozent. Beim früheren Problemkind Schömberg mussten sogar Betten zurück angemietet werden, betonte der Vorstandsvorsitzende.
Die durchgeführten Sale-and-lease-back-Transaktionen bescheren der Gesellschaft einen größeren finanziellen Spielraum. Dies führte zu einer Verbesserung der Bilanzstruktur und einer Optimierung des Immobilienportfolios. So erhöhte sich die Eigenkapitalquote im abgelaufenen Geschäftsjahr auf 35,1 Prozent. Im vergangenen Jahr lag das Volumen bei 33,3 Mio. Euro und umfasste sechs Immobilien mit 567 Betten. Bei der Transaktion werden die Immobilien immer für 20 Jahre zurückgemietet. Aktuell befinden sich noch 20 Prozent der Immobilien im Eigentum, die restlichen 80 Prozent sind angemietet, berichtete Herr Hölzer.
Der Aktienkurs steht jedoch im krassen Gegensatz zur erfolgreichen Geschäftsentwicklung. Bis Jahresmitte 2007 war der Kursverlauf noch positiv, und die Aktie erreichte einen Höchststand von über 18 Euro. Auch Ende 2007 lag das Kursniveau noch bei 16 Euro, so der Vorstandsvorsitzende. Das Papier kam dann aber ebenfalls in den Sog der Baisse an den Börsen und notierte zum Geschäftsjahresende am 30. Juni 2008 nur noch bei 8,50 Euro. Aktuell ist der Aktienkurs sogar auf lediglich 6 Euro abgestürzt.
Nach Meinung von Herrn Hölzer wird dieser Kurs dem Potenzial des Unternehmens in keiner Weise gerecht. Sollte sich der „Rauch an den Märkten" wieder verziehen, werde sich auch der Kurs deutlich nach oben bewegen, zeigte sich der Vorstandsvorsitzende überzeugt. Den Aktionären wird die Ausschüttung einer unveränderten Dividende von 0,25 Euro je Aktie vorgeschlagen, womit diese in der Maßgabe liege, maximal 30 Prozent des Jahresüberschusses auszuschütten.
Der Altenpflegemarkt verzeichnet ein kontinuierliches Wachstum, und bis zum Jahr 2020 werden wohl rund 450.000 zusätzliche Betten benötigt, meinte Herr Hölzer. Auch bei der Pflegekasse werden die Anspruchsberechtigten von derzeit 2,1 Millionen bis zum Jahr 2050 auf 4,7 Millionen zunehmen. Die Marseille-Kliniken AG hat dabei schon entsprechende Immobilien erworben, die in eine Pflegeeinrichtung umgewandelt werden können.
Nach einer Studie von tns emnid braucht Deutschland einen TÜV für den Pflegebereich. In der Bevölkerung bestehen laut Herrn Hölzer nur vage Informationen hinsichtlich der Pflege und der dabei anfallenden Kosten. In den letzten Jahren hat die Marseille-Kliniken AG immerhin 3,5 Mio. Euro in das Qualitätsmanagement investiert. Ziel ist dabei die Verbesserung aller Leistungen und Prozesse im Konzern. Das auf IT-Strukturen basierte Qualitätsmanagement der Gesellschaft ist auf jeden Fall einmalig. Immerhin erhielten bei der Prüfung 30 der 54 Häuser das Qualitätssiegel.
Neben der internen Kontrolle wird aber auch eine externe Zertifizierung nach KTQ-Standard vorgenommen. Im Konzern hat die Gesellschaft nun einen Qualitätsbericht erstellt, berichtete Herr Hölzer. Dies sah der Vorstandsvorsitzende als Initiative zum Thema „gläsernes Pflegeheim". Bei der Marseille-Kliniken AG wurde auch eine breit angelegte Personaloffensive gestartet, da die Mitarbeiter den entscheidenden Faktor für den Erfolg darstellen. Die in der Fort- und Weiterbildung erreichte Ergebnisqualität wird geprüft und ausgezeichnet. Laut Herrn Hölzer steht dies unter dem Motto „Besser wir sind da". In diesem Zusammenhang bedankte er sich auch bei allen Mitarbeitern für ihr Engagement.
Da der Bedarf an ausgebildetem Personal zunimmt, hat das Unternehmen verschiedene Programme zur Mitarbeiterbindung aufgelegt. So konnte die Fluktuation unter 10 Prozent gehalten werden, ein Wert, der deutlich unter dem Marktdurchschnitt liegt. Zu den Maßnahmen zählt auch der Aufbau einer Pensionskasse, an der sich 45 Prozent der teilnahmeberechtigten Mitarbeiter engagieren.
Im Geschäftsjahr 2008/09 werde die Gesellschaft 270 junge Menschen ausbilden, informierte der Vorstandsvorsitzende. Zudem arbeitet das Unternehmen auch noch mit Hochschulen und Pflegefachschulen zusammen. Laut Herrn Hölzer ist Qualität nämlich das wichtigste Entscheidungskriterium bei Pflegeheimen. Marseille-Kliniken strebt ein nachhaltiges Wachstum an und will in den kommenden drei Jahren eine Bettenzahl von 12.000 erreichen. Beim Ausbau wird vor allem Wert auf betreutes Wohnen gelegt.
Für die Zukunft sah Herr Hölzer die größten Wachstumschancen im 2-Sterne-Segment bei einer Unterbringung in vergleichsweise günstigen Wohnungen. Bisher hatte dieses Konzept jedenfalls einen sehr großen Erfolg. In Berlin wurde einr Einrichtung nur für türkische Mitbewohner eröffnet. Allerdings stellen sich hier noch Akzeptanzprobleme ein, Herr Hölzer war aber zuversichtlich, diese Probleme durch verschiedene Maßnahmen lösen zu können. Insgesamt solle Marseille-Kliniken als unverwechselbare Marke positioniert werden, meinte der Vorstandsvorsitzende.
Im weiteren Verlauf räumte Herr Hölzer ein, dass die Erwartungen für das vergangene Jahr zu optimistisch waren. Trotzdem stieg der Umsatz um 6,2 Prozent auf 228,1 Mio. Euro. Dabei legte der Pflegebereich um 3,6 Prozent auf 175,0 Mio. Euro zu, während der Bereich Reha einen Zuwachs von gut 7 Prozent auf 51,7 Mio. Euro verzeichnete. Das bereinigte EBIT verringerte sich aufgrund höherer Mietaufwendungen von 20,2 auf 17,5 Mio. Euro. Dagegen legte das EBITDAR leicht von 61,8 auf 62,6 Mio. Euro zu. Auch das Ergebnis vor Steuern kletterte von 13,2 auf 16,8 Mio. Euro, und schließlich verblieb ein Jahresüberschuss von 13,8 Mio. Euro.
Nach Aussage von Herrn Hölzer sind die langfristigen Verbindlichkeiten und Finanzschulden deutlich gesunken. Bei einem Eigenkapital von 84 Mio. Euro wies die Gesellschaft zum Geschäftsjahresende eine Eigenkapitalquote von 35,1 Prozent aus. Die Nettoverschuldung konnte um fast 50 auf 64,4 Mio. Euro abgebaut werden. Auch wenn die Mitarbeiterzahl um 3,3 Prozent auf 5.309 zulegte, verbesserte sich im letzten Jahr die Produktivität.
Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres steigerte das Unternehmen den Umsatz um 5,8 Prozent auf 58 Mio. Euro und erreichte dabei ein Ergebnis je Aktie von 0,39 Euro. Während der Vorstandsvorsitzende im Bereich Reha bei der Belegung eine Stabilisierung auf hohem Niveau erwartete, soll die Belegung im Pflegebereich weiter verbessert werden. Bei der unbereinigten EBIT-Marge erwartete er ein Niveau von 7 Prozent.
Wie Herr Hölzer weiter ausführte, will sich die Gesellschaft zwar vom Bereich Reha trennen, jedoch erst, wenn sich die Börse wieder in ruhigerem Fahrwasser befindet. Im Pflegebereich wird die Markt- und Kostenführerschaft angestrebt, wobei auch ein weiterer Ausbau der Qualität auf dem Programm steht. Bei acht Einrichtungen, die eine Belegung von deutlich unter 95 Prozent aufweisen, wurden diverse Maßnahmen eingeleitet, um die Belegung zu steigern.
Zukünftig steht vor allem eine Expansion im Bereich betreutes Wohnen auf der Agenda. Von aktuell 750.000 Pflegebetten wird der Bedarf bis zum Jahr 2020 um 60 Prozent auf 1,2 Millionen Betten zunehmen. Auch die anspruchsberechtigten Personen, die Gelder von der Pflegekasse erhalten, dürften sich nach den Erwartungen von jetzt 2,1 Millionen Menschen bis zum Jahr 2050 auf 4,7 Millionen Personen mehr als verdoppeln. Allerdings will die Marseille-Kliniken AG im laufenden Geschäftsjahr auch noch ein Krankenhaus übernehmen. Zudem soll eine erneute Verbesserung der Finanzkraft erzielt werden, betonte Herr Hölzer. Insgesamt sah er die Gesellschaft sehr gut im Markt positioniert.
Anschließend stellte sich das neue Vorstandsmitglied Peter Paul Gardosch den Anwesenden kurz vor. Seine Aufgabe liege vor allem im Aufbau des Felds Akut-Krankenhäuser. In diesem Bereich vollziehe sich angesichts von höherem Qualitätsanspruch und Kostendruck ein Konzentrationsprozess. Dies alles führe für viele Krankenhäuser zu einem steigenden Finanzbedarf, der aber nur schwer zu decken sei, so der Vorstand.
Das Marktvolumen im Akutbereich bezifferte Herr Gardosch auf rund 65 Milliarden Euro, allerdings sah er rund ein Drittel der Krankenhäuser von der Insolvenz bedroht. Allein der Investitionsstau beläuft sich schon auf etwa 50 Milliarden Euro und nimmt pro Jahr um 3 bis 4 Milliarden Euro zu. Größtes Problem der Häuser sei die duale Finanzierung, ein monistisches System scheitere aber an politischen Widerständen. Eine Vollprivatisierung der Krankenhäuser wäre der erfolgreichste Weg, und hier will sich die Marseille-Kliniken AG aktiv an der Marktkonsolidierung beteiligen.
Für die Kliniken seien die Fallzahlen entscheidend, meinte Herr Gardosch. So ist in den letzten 20 Jahren die durchschnittliche Verweildauer in den Kliniken von 18 auf 8 Tage gesunken. Dadurch wird der Anspruch an den Bereich Reha weiter steigen. Nach Ansicht von Herrn Gardosch werden private Anbieter in 2020 rund 80 Prozent des Markts bedienen. Die Marseille-Kliniken AG will sich vom Bereich Reha trennen und die dabei erzielten Mittel in den Ausbau des Akutbereichs investieren. Dadurch sichere sich die Gesellschaft auch den Zugriff auf den Primärmarkt, berichtete Herr Gardosch.
Als weiteren Vorteil sah der Vorstand die Synergien zwischen Pflegeeinrichtungen und dem Akutbereich. In den kommenden zwölf Monaten soll zumindest ein Krankenhaus erworben werden. Darüber hinaus bestehen Pläne für weitere Krankenhäuser, jedoch sind auch Beteiligungen mit mindestens 25,1 Prozent denkbar. Die Krankenhäuser sollen eine geographische Nähe zu Pflegeeinrichtungen besitzen und über mindestens 350 Betten verfügen. Um profitabel zu arbeiten, müssen die Krankenhäuser zumindest einen Umsatz von 50 Mio. Euro aufweisen. Nach dem Erwerb liege die Zielgröße bei der EBITDA-Marge bei etwa 7 bis 8 Prozent, betonte Herr Gardosch zum Ende seiner Ausführungen.
Allgemeine Diskussion
Als erster Redner zeigte sich Dr. Bobke mit der Gesellschaft recht zufrieden, da diese in den vergangenen Jahren nachhaltig Geld verdient hat. Doch leider sei der Aktienkurs in der Finanzkrise stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Ihn interessierten dann die erwartete Belegung im Bereich Reha und die vorhandenen Stillstandsobjekte. Für das laufende Jahr ist laut Herrn Hölzer eine durchschnittliche Belegung von 93 bis 94 Prozent geplant, was nach dem jetzigen Stand auch mehr als realistisch sei.
Von den vier Stillstandsobjekten geht in diesem Jahr Waldkirch in Betrieb. Auch bei den anderen Objekten wurden Konzepte entwickelt, und man wolle auch dort zu einer endgültigen Aussage kommen, so der Vorstandsvorsitzende. Auf jeden Fall werden sich die Stillstandskosten im laufenden Jahr auf maximal 1,5 Mio. Euro reduzieren. Angesprochen auf die Erhöhungen der Pflegesätze erklärte Herr Hölzer, in den vergangenen Jahren habe der Zuwachs bei lediglich 1,5 Prozent per anno gelegen.
Person Wilm Müller stellte dann einen Gegenantrag zur Gewinnverwendung.
Anschließend bedankte sich Herr Pomplun zunächst bei allen Mitarbeitern für die erbrachte Leistung. In der Marktkapitalisierung der Marseille-Kliniken AG sah er im Vergleich zur CURANUM AG ein Missverhältnis. Wie der Vorstandsvorsitzende in seiner Antwort darlegte, sind die Kurse bei Marseille-Kliniken angesichts der Aktionärsstruktur nicht so volatil, während bei CURANUM viele kurzfristig engagierte Player an Bord waren, die den Kurs deutlich nach oben getrieben hatten. Jetzt ist der Kurs zwar schon wieder deutlich zurückgekommen, liegt aber immer noch über der Bewertung von Marseille-Kliniken, meinte der Vorstandsvorsitzende.
Informationsbedarf meldete Herr Pomplun auch hinsichtlich des Aktienbesitzes der Mitarbeiter an, hier hielt er ein Beteiligungsprogramm für Mitarbeiter durchaus für wünschenswert. Wie Herr Marseille informierte, hatte die Gesellschaft schon mehrfach ein Aktienprogramm für Mitarbeiter aufgelegt, jedoch ohne großen Erfolg. Meist scheitert es schon daran, dass sich die Mitarbeiter aus finanziellen Gründen keine Anlage in Aktien leisten können. Auch das Verschenken von Aktien an Mitarbeiter mache keinen Sinn, da dies lohnsteuerpflichtig sei. Allerdings hat das Unternehmen vor zwei Jahren eine Pensionskasse gegründet, in die steuerfrei Mittel eingelegt werden können. Aber selbst dies war für einige Mitarbeiter schon sehr problematisch, und die Gesellschaft musste einige Zuschüsse leisten.
Des Weiteren erkundigte sich Herr Pomplun, ob im DVFA-Ergebnis auch das Ergebnis aus dem Immobilienverkauf enthalten ist, was Herr Hölzer verneinte. Weitere Fragen des Aktionärs drehten sich um das betriebsnotwendige Kapital, die jährlichen Leasingverpflichtungen und den ROCE (Return on Capital Employed). Das betriebsnotwendige Kapital bezifferte Herr Hölzer auf 235 Mio. Euro und die jährlichen Leasingverpflichtungen auf 43 Mio. Euro. Der ROCE lag im vergangenen Geschäftsjahr bei 14,6 Prozent.
Dr. Malte Diesselhorst von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bescheinigte dem Unternehmen, im vergangenen Geschäftsjahr gut gewirtschaftet zu haben. Etwas kritischer sah er dagegen die Entwicklung in den Pflegehäusern in Hamburg und Berlin. Herr Hölzer ging jedoch davon aus, das Haus in Hamburg sukzessive belegen zu können. Immerhin konnte die Belegung innerhalb eines Jahres um 120 Betten verbessert werden. Bis zum Ende des Geschäftsjahres sollte man nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden in Hamburg aber den Break-even erreichen. In Berlin wird man den Break-even bei 106 Bewohnern erreichen, derzeit liegt die Zahl noch bei 52. Aktuell befindet man sich aber in allerlei Gesprächen, und durch verschiedene Kooperationen soll die Belegung deutlich verbessert werden.
Hinsichtlich des geplanten Verkaufs des Reha-Bereichs verlangte Dr. Diesselhorst nähere Informationen. Herr Hölzer wollte sich hierbei jedoch nicht zu einer Aussage hinreißen lassen, die Verkaufsabsicht sei aber klar kommuniziert. Ergänzend fügte Herr Marseille hinzu, im vergangenen Jahr habe schon ein unterschriebener Vertrag über 33 Mio. Euro vorgelegen. Allerdings stand dieser unter Vorbehalt der Finanzierung durch eine französische Gruppe. Die Bestätigung der Finanzierung ist jedoch bis heute noch nicht eingegangen, so dass kein Verkauf erfolgte.
Da die Gesellschaft auch über Commodity Swaps verfügt, erkundigte sich Dr. Diesselhorst nach den Auswirkungen des Ölpreisverfalls. Hierbei erwartete Herr Hölzer keine Auswirkungen, sondern er sah das Unternehmen sehr gut abgesichert. Angesprochen auf eine Konkretisierung der Prognose verkündete der Vorstandsvorsitzende einen Umsatz von 243 Mio. Euro bei einer Marge von 6,5 Prozent, so dass sich ein EBIT von 17,5 Mio. Euro ergibt.
Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hielt die Planverfehlung im abgelaufenen Geschäftsjahr für unangenehm. Laut Herrn Hölzer war die Betriebsprüfung erst im Oktober abgeschlossen, und dies führte zu Modifikationen bei den latenten Steuern. Auf der operativen Seite waren dagegen kaum Veränderungen aufgetreten. Auf die Frage nach der Bettenzahl erklärte der Vorstandsvorsitzende, bis zum Jahresende 2008 seien rund 12.000 Betten gesichert.
Eine weitere Frage von Herrn Labryga beschäftigte sich mit den Akut-Kliniken und der möglichen Konkurrenzsituation. Herr Gardosch sah das Unternehmen hier nicht im Wettbewerb zu den großen Gesellschaften. Man müsse sich aber in diesem Bereich positionieren, auch um Verbundeffekte zu nutzen. Allerdings werde die Unternehmensführung beim Erwerb von Objekten sehr vorsichtig agieren.
Einige Aktionäre zeigten sich über die vorgeschlagene Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien angesichts des geringen Free Floats und der vorhandenen Verschuldung überrascht. Wie Herr Hölzer in seiner Antwort darlegte, ist dies auch immer eine Frage der Höhe des Rückkaufs, und man wolle auch nicht den Free Float verringern. Die Ermächtigung sei auch weiterhin als reine Vorsorgemaßnahme anzusehen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.
Auch der vorgeschlagene Aktiensplit wurde angesichts des gesunkenen Kursniveaus hinterfragt. Nach Aussage von Herrn Hölzer liegt ein Aktiensplit aber häufig im Interesse der Kleinanleger. Vor zehn Monaten stand der Kurs der Aktie auch noch bei 16 Euro, und die Unternehmensleitung war zum Schluss gekommen, dass ein Split eine Option darstellen kann. Insgesamt erhoffe man sich durch diesen Schritt eine Ausweitung des Volumens und damit dann auch eine Steigerung des Kurses.
Der Aktionär Dr. Bobke beantragte dann noch, die Dr. Ebner, Dr. Stolz und Partner GmbH anstatt der BDO Deutsche Warentreuhand AG zum Abschlussprüfer zu bestellen. Anschließend berichtete noch ein Aktionär von negativen Erfahrungen in einer Pflegeeinrichtung, worauf der Vorstand versprach, diesen Schilderungen nachzugehen.
Abstimmungen
Vor Beginn der Abstimmungen gab der Aufsichtsratsvorsitzende die Präsenz auf der Hauptversammlung bekannt. Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 31,1 Mio. Euro, eingeteilt in 12.150.000 Aktien, waren demnach 8.552.749 Aktien entsprechend 70,39 Prozent vertreten. Die Beschlüsse zu TOP 2 bis 7 wurden alle bei wenigen Gegenstimmen im Sinne der Verwaltung gefasst. Lediglich bei der Wahl des Abschlussprüfers (TOP 8) wurde zunächst über den Gegenantrag abgestimmt, der dann auch bei 1,3 Millionen Gegenstimmen die Mehrheit fand.
Im Einzelnen beschlossen wurden die Verwendung des Bilanzgewinns zur Ausschüttung einer Dividende von 0,25 Euro je Aktie (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien und zur Veräußerung mit der Möglichkeit zum Bezugsrechtsausschluss (TOP 5), die Schaffung eines genehmigten Kapitals (TOP 6), die Neueinteilung des Grundkapitals (TOP 7) und die Wahl der Dr. Ebner, Dr. Stolz und Partner GmbH zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2008/09 (TOP 8).
Vor dem Ende der Hauptversammlung gaben noch mehrere Aktionäre Widerspruch zu Protokoll.
Fazit und eigene Meinung
Auch wenn die Marseille-Kliniken AG im vergangenen Geschäftsjahr ihre Ziele nicht ganz erreicht hat, so hat die Gesellschaft doch noch ordentlich verdient. Immerhin lag das Ergebnis je Aktie bei 0,93 Euro, woraus den Aktionären eine Dividende von 0,25 Euro zufließt. Während der Pflegebereich etwas schwächer abschloss, konnte das bisherige Sorgenkind Reha eine klare Steigerung bei der Auslastung generieren, was sich auch wieder in einem positiven Ergebnis niederschlug.
Auch wenn der Reha-Bereich nun wieder positive Ergebnisse liefert, ist dessen Verkauf beschlossene Sache. Angesichts der jetzigen Finanzmarktsituation ist es jedoch nicht leichter geworden, einen Käufer zu finden, der auch einen angemessenen Kaufpreis entrichtet. Aufgrund der jetzigen Ergebnissituation im Bereich Reha steht die Gesellschaft allerdings nicht unter Verkaufsdruck. Statt dessen soll der Bereich Akut-Kliniken aufgebaut werden, auch um Synergien mit Pflegeeinrichtungen zu nutzen.
Wenig erfreulich gestaltet sich bei der Marseille-Kliniken AG jedoch die Aktienkursentwicklung in den vergangenen Monaten. Auf dem jetzigen Kursniveau spiegelt die Aktie keineswegs die Aussichten des Unternehmens wider. Die Erfolge der jetzt eingeschlagenen Strategie sollten sich aber spätestens auf Sicht von 24 Monaten zeigen. Dann darf man sicherlich auch wieder über ganz andere Kursniveaus der Aktie diskutieren.
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