Zu ihrer diesjährigen ordentlichen Hauptversammlung hatte die Frankfurter vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste AG für den 8. Mai 2008 in das Kongresszentrum der Deutschen Nationalbibliothek eingeladen. Zu dieser ersten Hauptversammlung der Gesellschaft in ihrer heutigen Struktur hatten sich rund 20 Teilnehmer eingefunden, darunter auch Hans-Hermann Mindermann für GSC Research, um aus erster Hand Informationen zum abgelaufenen Geschäftsjahr und dem Ausblick der Gesellschaft zu erhalten.
Die Aktivitäten der vwd sind vielen Privatanlegern über die Seite www.finanztreff.de bekannt. Aber auch darüber hinaus gibt es vielfältige Berührungspunkte mit Kapitalanlegern, denn Kommunikationsdienstleistungen mit Schwerpunkt auf Finanzthemen bilden die Grundlage des Geschäfts des vwd-Konzerns. Hingegen führt die Aktie an der Börse derzeit eher ein Schattendasein, was auf den geringen Streubesitz zurückzuführen ist.
Der Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Nieding eröffnete die Hauptversammlung pünktlich um 11 Uhr. Neben der Erläuterung der üblichen Formalien erstattete dieser auch den Bericht des Aufsichtsrats und erläuterte das Vergütungssystem, ehe er das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Edmund J. Keferstein übergab.
Bericht des VorstandsAn den Beginn seiner Ausführungen stellte Herr Keferstein einen Überblick über den Konzern. Die vwd group bietet demnach Informations-, Kommunikations- und Technologielösungen für das Wertpapiergeschäft mit Spezialisierung auf Asset Management, Retail Banking, Private Banking und Wealth Management. Als Kunden nannte der Vorstandsvorsitzende Großbanken, Sparkassen, Volksbanken, Vermögensverwalter, Finanzdienstleister, Unternehmen, Medien und Privatinvestoren. Diesen Kunden steht ein breit gefächertes Angebot an standardisierten Marktdatensystemen, browser-basierten Applikationen sowie Transaktions- und Portfoliomanagement-Lösungen zur Verfügung.
Zum anderen entwickelt und betreibt vwd Informations-, Technologie- und Transaktionslösungen für individuelle Kundenanforderungen und bietet unterstützende Serviceleistungen wie IT-Consulting, Outsourcing und Hosting. Darüber hinaus offeriert die vwd group Emittenten und der werbetreibenden Industrie Veröffentlichungs- und Kommunikationskonzepte sowie die Verbreitung wichtiger Finanz- und Preisinformationen von Finanzdienstleistern in Tageszeitungen und Wirtschaftsmedien.
Dieses Leistungsspektrum wird mit rund 400 Mitarbeitern an über 15 Standorten angeboten, und zwar außer in Deutschland auch in der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Belgien.
Als wesentliche Ereignisse des vergangenen Geschäftsjahres nannte Herr Keferstein die Neustrukturierung des Konzerns, die auch die Verschmelzung mehrerer Tochtergesellschaften auf die Obergesellschaft umfasste, und den Abschluss des Verschmelzungsprozesses mit der bisherigen Tochter b.i.s. börsen-informations-systeme AG mit Wirkung zum 23. Juli 2007.
Ebenso gelangen im Verlauf des vergangenen Geschäftsjahres eine signifikante Erweiterung des Kundenportfolios und die fortgesetzte Expansion ins europäische Ausland, die zum bisher höchsten Umsatz in der Geschichte des Unternehmens mit 65 Mio. Euro beitrugen. Zudem konnten wichtige Schritte für ein weiteres Wachstum getan werden. So wurde mit der Infobolsa Deutschland die Übernahme von deren Kunden ab 2008 vereinbart, und die zwischenzeitlich abgeschlossene Übernahme der Tijd Nederland B.V. einschließlich der Tijd Beursmedia NV (Belgien) erweiterte das Produktspektrum und das Vertriebsgebiet um den niederländisch-belgischen Raum.
Im vergangenen Geschäftsjahr war, wie der Vorstandsvorsitzende weiter berichtete, auch eine Kapitalerhöhung geplant, die unmittelbar vor der Durchführung aufgrund der im Zuge der Subprime-Krise aufgekommenen Unsicherheiten abgebrochen werden musste. Konfrontiert wurde die Gesellschaft dabei auch mit der Vermutung, dass das Geschäft von vwd durch die Subprime-Krise in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Diese Vermutung ist, wie Herr Keferstein betonte, zwar falsch, denn vwd ist zwar für Finanzdienstleister tätig, aber nicht im Investment-Banking. Gleichwohl musste die Maßnahme abgebrochen werden.
Geplant war, durch die Kapitalerhöhung sowohl das künftige Wachstum zu finanzieren als auch die Liquidität in der Aktie zu erhöhen. Sofern sich die Marktlage wieder beruhigt hat, wird man bei der Gesellschaft daher einen erneuten Gang an den Kapitalmarkt prüfen, während die Finanzierung des laufenden Geschäfts, aber auch von Akquisitionen wie die der Tijd Beursmedia aus eigener Kraft dargestellt werden können.
Nach diesen Ausführungen kam Herr Keferstein auf die Zahlen des Berichtsjahrs zu sprechen. Demnach war 2007 für die Gesellschaft operativ ein Rekordjahr. So stieg der Umsatz um 21 Prozent auf 65,1 (Vj.: 54) Mio. Euro. Dieses Wachstum geht sowohl auf organische als auch anorganische Faktoren zurück. So konnten die drei Geschäftsfelder im Konzern um rund 10 Prozent beim Umsatz zulegen, während die Erstkonsolidierung der FIDES Information Services AG, Schweiz, mit 5,1 Mio. Euro zum Umsatz beitrug. Rückläufig war hingegen das EBIT mit 5,3 nach 7,5 Mio. Euro im Jahr zuvor. Ursächlich für diese Entwicklung waren nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden die Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Vergleich aufgrund von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen mit 1,1 Mio. Euro und die Kosten der nicht durchgeführten Kapitalerhöhung mit 1,4 Mio. Euro.
Infolge der getätigten Akquisitionen und des starken Umsatzwachstums ist die Materialaufwandsquote den weiteren Angaben zufolge leicht angestiegen. Bei einem Materialaufwand von 22,2 Mio. Euro betrug die Materialaufwandsquote 34,1 Prozent. Im Vorjahr lagen die Werte bei 17,9 Mio. Euro bzw. bei einer Quote von 33,1 Prozent. Der Anstieg resultiert unter anderem aus Doppelkosten wie mehrfache Leitungsanbindung von Börsen, Börsengrundgebühren, aus einem länger laufenden Doppeleinkauf von Daten und anderem. Die darin liegenden Einsparpotenziale sollen nun realisiert werden, so dass künftig die Kostenquote wieder rückläufig sein wird. Das Konzernergebnis 2007 belief sich auf 2,4 Mio. Euro, nachdem es in 2006 noch 4,4 Mio. Euro betragen hat.
Im Folgenden gab der Vorstandsvorsitzende einen Überblick über die Bereiche der Gesellschaft und Änderungen in der Bilanzstruktur, ehe er auf die strategische Ausrichtung des Konzerns einging. Zur Stärkung der Position als führende Adresse für Finanzmarktlösungen in Europa zielt vwd dabei auf den Ausbau des Geschäfts mit Großkunden, die technologische Weiterentwicklung und den Ausbau des Produktportfolios sowie die verstärkte Nutzung von Cross Selling-Potenzialen, der operativen Effizienz und Profitabilität. Beitragen dazu sollen auch die aktive Teilnahme am Konsolidierungsprozess des Markts und die Expansion in Europa.
Der Auftakt des laufenden Geschäftsjahres war laut Herrn Keferstein ebenfalls erfreulich. So wurden Fortschritte bei der laufenden Übernahme der Kunden der Infobolsa erzielt. Im Verlauf des Geschäftsjahres werden sich nach und nach die Umsatz- und Ergebniswirkungen dieses Schritts zeigen. Die in den Niederlanden und in Belgien übernommenen Gesellschaften werden im laufenden Geschäftsjahr bereits mit rund 10 Prozent zum Umsatz- und Ergebniswachstum beitragen. Die Integration dieser Unternehmen, für deren Akquisition 7 Mio. Euro aufgewandt wurden, befindet sich auf gutem Wege. Von besonderer Bedeutung für den Konzern ist nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden auch ein Projekt mit der DZ BANK AG, zu dem man sich in der Endverhandlung befindet. Allerdings wird dieses erst in 2009 die volle Umsatz- und Ergebniswirkung zeigen, während die starke Kapazitätsauslastung in 2008 eher dämpfend auf die Erträge wirken wird.
Hingegen verläuft die Integration der Ende 2006 übernommenen FIDES Information Services AG in der Schweiz langsamer als geplant und führt auch zu höheren Kosten. Insgesamt erwartet die Verwaltung daher ein Umsatzwachstum über 10 Prozent und ein über 2007 liegendes Ergebnis.
Allgemeine DiskussionIn der Generaldebatte meldete sich als Dr. Schlüchter von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) zu Wort. Einleitend stellte dieser fest, dass er in dieser Veranstaltung entgegen seinen sonst eher kritischen Kommentaren nur wenige Anmerkungen hat, da es sich um eine sehr interessante Gesellschaft handelt und zudem die Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden von großem Nutzen für die Anwesenden sind.
Von besonderem Interesse war für den Redner der Ausblick für die Streubesitzaktionäre. Sorgen hatte er, dass hier eventuell ein Squeeze-out drohen könnte, zumal mit der Börsennotierung auch Kosten verbunden sind. Weitere Fragen von Dr. Schlüchter betrafen den Ausblick und die Werbeeinnahmen über www.finanztreff.de. Neben mehreren Detailfragen zu Positionen aus dem Anhang zum Jahresabschluss ging er schließlich auch auf die im vergangenen Jahr geplante Kapitalmaßnahme ein und wollte wissen, ob da eventuell die Großaktionäre nicht zur Zeichnung der neuen Aktien bereit gewesen wären.
Einen weiteren Redebeitrag brachte ein Privatanleger, der unter anderem Fragen zur Bewertung der Seite www.finanztreff.de stellte.
AntwortenDie Beantwortung der Fragen erfolgte im Wesentlichen durch Herrn Keferstein. Angesichts der hohen handelsrechtlichen Verlustvorträge wird es nach dessen Aussage auf absehbare Zeit keine Dividenden für die Aktionäre geben. Aus heutiger Sicht sei dies frühestens in 2010 für das Geschäftsjahr 2009 vorstellbar.
Ziel der Kapitalerhöhung war den Angaben des Vorstandsvorsitzenden zufolge die Ausweitung des Anteils des Streubesitzes. Aus diesem Grund hatten sich auch die Großaktionäre zu einem Verzicht auf ihre Bezugsrechte entschlossen. Leider geriet vwd mit der Maßnahme in das nicht vorhersehbare Umfeld der Subprime-Krise, so dass die Maßnahme nicht durchgeführt werden konnte. Konsortialführer war die DZ BANK, weiteres Konsortialmitglied die Equinet AG. Ob und wann ein neuer Anlauf gestartet wird, lässt sich aktuell laut Herrn Keferstein nicht abschätzen. In Betracht gezogen werden nunmehr allerdings kleinere Kapitalmaßnahmen im Zuge von konzerninternen Bereinigungen von Beteiligungsverhältnissen und bei Gelegenheit kleinerer Akquisitionen.
Die Werbeumsätze über die Seite www.finanztreff.de konnten in den vergangenen Jahren jeweils zweistellig zulegen, was aber im laufenden Jahr voraussichtlich nicht wiederholt werden kann. vwd hat Anfragen von Kaufinteressenten zu der Seite erhalten. Weitere Einzelheiten dazu wollte Herr Keferstein aber nicht bekannt geben, zumal keine Absicht besteht, sich von der Seite zu trennen.
Der Großauftrag im genossenschaftlichen Sektor wird erst ab 2009 spürbare positive Beiträge zum Ergebnis leisten. Zu der Ergebnisverbesserung im laufenden Geschäftsjahr hingegen wird auch die Realisierung von Synergieeffekten mit den akquirierten Gesellschaften beitragen. Insgesamt zeigte sich Herr Keferstein zuversichtlich, die Zahlen von 2006 zu übertreffen. Zum jetzigen Zeitpunkt mochte er aber noch keine konkretere Prognose abgeben.
AbstimmungenBei einer Präsenz von 24.204.265 Stimmen entsprechend 98,29 Prozent des Grundkapitals erfolgten die Abstimmungen im Subtraktionsverfahren. Sämtliche Tagesordnungspunkte wurden bei nur zehn Gegenstimmen beziehungsweise Enthaltungen im Sinne der Verwaltungsvorschläge verabschiedet. Im Einzelnen abgestimmt wurde über die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3) sowie die Wahl der Stüttgen & Haeb AG zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2008 (TOP 4).
Fazit und eigene MeinungDie vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste AG hat sich in ihrem Markt erfolgreich positioniert und befindet sich nunmehr auf Wachstumskurs, und zwar sowohl organisch als auch durch Akquisitionen, deren Ertragswirkung über die Realisierung von Synergien allerdings erst nach und nach zu Tage tritt. Das vergangene Jahr war zwar noch durch Einmaleffekte belastet, aber der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr stimmt zuversichtlich.
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Veröffentlichungsdatum:
13.05.2008
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13:12
Redakteur:
hmi