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Analyse New York Broker Holding - Wird NYBD schrittweise zum “Restmüll-Behälter”?
In einem Anschreiben, das Kunden der New York Broker am Montag erhielten, fand sich unter anderem der folgende Absatz:

...die New York Broker Deutschland AG wird zukünftig primär im Bereich VC, Private Placement-Finanzierungen, Emissionsberatung und IPOs tätig sein. Im Rahmen dieser Umstrukturierungen erfolgt eine Ausgliederung des gesamten Kundenbetreuungsgeschäftes. Ab 15. Juli stellen wir die Kundenbetreuung ein. Wir haben mit der Advanced Asset Management GmbH vereinbart, daß diese unsere Mitarbeiter aus diesem Bereich übernimmt und das Geschäft fortführt....

Damit vollzieht sich für die ohnehin schon genug leidgeprüften Aktionäre ein weiterer trauriger Schritt hin zum Miteigentümer an einer „leeren Hülle“, denn der genannte Bereich stellte zuletzt das Haupt- und mithin einzige echte Asset der NYBD dar. Nicht zuletzt die Möglichkeit, in der eigenen Kundenbasis Abnehmer für die nicht übermäßig begehrten Eigenemissionen zu finden, machte diesen Bereich zur Lebensader des Unternehmens.


Ausblick und künftige Geschäftsbereiche

Was bleibt nach diesem Schritt? Nun, spätestens nach dem Totalausfall der Trion Technology, die gleich nach dem IPO zum einen den einzigen Großkunden verloren hatte und darüber hinaus anscheinend mit falschen Bilanzen an die Börse ging, weshalb die Aktie seit einigen Monaten nicht mehr gehandelt wird und ein Delisting zu befürchten ist, dürften sich die Bereiche Emissionsgeschäft, -beratung und Private Placements erübrigt haben. Schon zuvor hatten Emissionen wie Incam, Realax oder Digitale Telekabel AG mit einem Absacken kurz nach dem IPO nicht gerade für Freude gesorgt, im Fall Trion erscheint es auch denkbar, dass Anleger gegen NYBD Klagen auf Schadensersatz in Millionenhöhe einreichen, da es in Anbetracht von Due Diligence-Pflichten doch ziemlich außergewöhnlich ist, dass ein Emissionskandidat nur etwas mehr als ein halbes Jahr nach dem IPO überlebt.

Die verbleibende Konzentration auf „Venture Capital“ bzw. das eigene Beteiligungsgeschäft macht nicht gerade einen überzeugenden Eindruck: außer der Tochter NYB Börsentermin AG, einer 50prozentigen Beteiligung an dem kaum bekannten Start-Up financialbot.com, einem Finanzportal, der Beteiligung an Online Securities, über die widersprüchliche Angaben zur Beteiligungshöhe bestehen und die sich ebenfalls noch in der Anlaufphase befindet, sowie zuletzt als interessantestes Asset eine 5prozentige Beteiligung an E*Trade Germany bzw. Central Europe (auch hier gibt es widersprüchliche Angaben), wobei nicht bekannt ist, ob diese direkt oder nur mittelbar gehalten werden, bestehen offiziell keine weiteren Beteiligungen.

Auch im Bereich Private Placements dürfte nach spektakulären Totalausfällen wie der Deutsche Phonesat AG sowie die bisher gezeigte Kompetenz wenig Vertrauen der betroffenen Anleger in den Erfolg künftiger Angebote bestehen, zumal die verschobenen Börsengänge anderer PP’s auch nicht gerade Lust auf neue Investitionen wecken. Hinzu kommt im Fall Deutsche Phonesat, dass nach Aussagen des Vorstands gegenüber der Berliner Morgenpost im Frühjahr diesen Jahres ebenfalls eine Klage im deutlich zweistelligen Millionenbereich angestrengt werden soll.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt offen, woher nunmehr nach der Ausgliederung des operativen Geschäfts zukünftig Erträge erzielt werden sollen und mit welchem Kapital man ins VC-Geschäft einsteigen will. Weder sind auf absehbare Zeit börsenfähige Beteiligungen als Geldbringer in Sicht, noch verfügt NYBD über größere Cashbestände, ganz im Gegenteil - der Kassenbestand der Gesellschaft belief sich Ende 1998 auf gerade einmal 32 TDM. Allerdings sei eingestanden, dass hierzu weder aktuellere Daten noch der Abschluss für 1999 vorliegen - gut ein halbes Jahr nach Ende des Geschäftsjahres jedoch ebenfalls nicht gerade ein Vertrauen erweckendes Detail.


Ausgliederung als letzte Rettung vor der Schließung?

Zu den Hintergründen der Mitteilung vom Montag kann somit nur gemutmaßt werden; insbesondere stellt sich die Frage, warum dieser für Außenstehende überraschende Schritt so plötzlich vollzogen wurde, zumal eine Entscheidung dieser Tragweite eigentlich der HV vorbehalten sein sollte, die bereits am 30. August, also in gerade einmal 8 Wochen, stattfindet und auf der durch die gewählte Kapitalstruktur mit nicht-börsennotierten Aktien in Händen des Vorstands Bergmann (die notierten ADR’s gewähren keine Stimme) eine Zustimmung nur Formsache wäre.

Möglich wäre, dass die schon seit Anfang 1999 bestehenden Unsicherheiten über bestimmte Lizenzen es nahe legten, vor einer Schließung des Geschäfts dasselbe noch eben rechtzeitig auszugliedern; dies würde darauf hindeuten, dass ein solcher Schritt unmittelbar bevorstand und die HV nicht mehr abgewartet werden konnte.

Äußerst interessant ist in diesem Zusammenhang im Übrigen die Wahl des Begriffs „Ausgliederung“; nach unseren Informationen soll hier keineswegs ein adäquater Kaufpreis geflossen sein, obwohl New York Broker an der Advanced Asset Management GmbH keine Beteiligung hält und somit ihr Geschäft „verschenkt“, statt damit zumindest eine Kapitalbasis für das künftige „VC-Geschäft“ zu bilden.


Fazit

Aus dem einstmaligen Highflyer NYBD scheint nach und nach ein Auffangbecken für einige Beteiligungs-Reste nebst wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen schwebenden mögliche Schadenersatzklagen, deren Dimensionen allein schon durch Trion und Deutsche Phonesat existenzbedrohende Ausmaße annehmen könnten, von anderen Problemen einmal ganz abgesehen. Ob die hierfür in der 98er-Bilanz aufgeführten Rückstellungen in Höhe von 2,8 Mio. DM für Schadenersatzverpflichtungen diese Risiken auffangen können, erscheint mehr als nur zweifelhaft. Unter diesen Umständen sollten sich Anleger, die trotz des katastrophalen Kursverlaufs noch Positionen halten und auf einen Turnaround hoffen, zumindest die letzten paar Mark retten, solange dies eben noch geht.



Veröffentlichungsdatum: 05.07.2000 - 12:00
Redakteur: mku
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