Für den 24. Oktober 2007 hatte die Marseille-Kliniken AG zu einer Bilanzpressekonferenz in das Berliner The Regent Hotel eingeladen. Neben Mathias Türk von GSC Research waren noch weitere drei Interessierte dieser Einladung gefolgt und wurden pünktlich um 9:30 Uhr von Herrn Hillermann begrüßt, der mit Hillermann Consulting die Durchführung dieser Veranstaltung übernommen hatte. Nach der Begrüßung und einigen einleitenden Worten übergab Herr Hillermann das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Axel Hölzer.
Bericht des VorstandsAuch Herr Hölzer begrüßte alle Anwesenden und berichtete zunächst über die Entwicklung der Gesellschaft im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006/2007, indem er einige Highlights wie die Eröffnung der deutschlandweit ersten Pflegeeinrichtung für türkische Senioren in Berlin Kreuzberg und den Abschluss einer weiteren Sale-and-lease-back-Transaktion über 95 Mio. EUR nannte. Diese war bereits am Ende des Geschäftsjahres bekannt gegeben worden.
Weiterhin erfreulich entwickelte sich nach Darstellung von Herrn Hölzer auch die Bettenauslastung der Häuser, die sogar gegen den allgemeinen Markttrend zulegen konnte.
Im Segment Rehabilitation wurde die Kapazität so verringert, dass nunmehr ein Kern dieses Bereichs fortbestehend kann, ohne fortwährend restrukturiert werden zu müssen. Der Verkauf dieser Sparte wird nun noch mehr als bisher forciert.
Nach einer kurzen Darstellung der Vorteile der angesprochenen Sale-and-lease-back-Transaktion ging Herr Hölzer dann auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung des laufenden Geschäftsjahres ein. Demnach konnten die Konzernerlöse auf 214,8 Mio. EUR leicht gesteigert werden. Ursächlich hierfür war im Wesentlichen der Bereich Pflege mit einem Anteil von 165,5 Mio. EUR, während dem Segment Rehabilitation 48,3 Mio. EUR entstammen. Auch das DVFA-Ergebnis konnte erneut von 9,3 auf 10,5 Mio. EUR verbessert werden, wobei der bereich Rehabilitation immer noch ein negatives Ergebnis in Höhe von 2,2 Mio. EUR beisteuerte. Das Ergebnis pro Aktie wiederum stieg um 0,10 EUR auf 0,86 EUR.
Getragen wurde diese Verbesserung von Umsatz und Gewinn laut Herrn Hölzer von einer weiter gestiegenen Auslastung in beiden Segmenten der Gesellschaft. So stieg diese im Bereich Pflege auf 92,8 Prozent und im Bereich Reha auf 75,9 Prozent, was einem Durchschnitt von 89,7 Prozent bzw. einer Steigerung von 1,5 Prozent entspricht. Die Anzahl der Betten belief sich am Bilanzstichtag auf 8.765. Davon entfielen rund 7.287 Betten auf den Bereich Pflege, welche in den nunmehr 53 Bestandseinrichtungen genutzt werden. Die in diesem Segment forcierte Entwicklung teilt sich nach den Worten von Herrn Hölzer in zwei klare Entwicklungslinien auf. So wird zum einem verstärkt eine kostengünstige 2-Sterne-Kategorie entwickelt, die sich an die einkommensschwächeren Senioren richtet und bei einer qualitativ hochwertigen Betreuung einen um 150 EUR oder 12 Prozent niedrigeren Eigenanteil beinhaltet. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden ist dieses Pflegekonzept an den Standorten Halle, Berlin, Herne und Potsdam umgesetzt.
In Hamburg und Düsseldorf dagegen bietet die Gesellschaft Häuser im 4-Sterne-Bereich an, die sich eher an die betuchteren Senioren richten. Einzelzimmer gehören hier zum Standard, die Preise sind entsprechend höher.
Im Segment Reha wurden die Kapazitäten planmäßig reduziert, so dass die Anzahl der Betten nur noch circa 17 Prozent der Gesamtanzahl ausmacht. Die hier noch anfallenden Verluste sind ausschließlich auf den Teilbereich der Psychosomatik zurückzuführen, wobei hier wiederum die Klinik in Schömberg den größten Verlustbringer ausmacht. Durch einen Umbau konnte jedoch eine Pflegeeinheit installiert werden, so dass dieser Standort insgesamt wieder profitabel ist.
Erfreut zeigte sich Herr Hölzer in diesem Zusammenhang, dass im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres eine Steigerung der Auslastung in diesem Teilbereich von über 9 Prozent erreicht wurde, was den Vorstand in der Absicht bestärkt, die Reha-Aktivitäten insgesamt in diesem günstigen Jahr zu veräußern.
Bevor Herr Hölzer sich nun den neuesten Trends im Altenpflegemarkt zuwandte, erläuterte er noch einige Zahlen des deutschen Gesundheitsmarkts. Demnach beträgt das einschlägige Marktvolumen für Klinikleistungen rund 85 Mrd. EUR. In Deutschland werden circa 1,5 Millionen Betten in 12.000 Einrichtungen vorgehalten, was Kosten in Höhe von etwa 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verursacht. Das deutsche Gesundheitssystem ist damit eines der teuersten der Welt, wobei die Wettbewerbsintensität in den letzten Jahren vor allem im mittleren Preissegment, der 3-Sterne-Kategorie, stark zugenommen hat. Angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland ist ein Wachstum dieses Markts, insbesondere im Bereich der Pflege, vorgezeichnet. Bis zum Jahr 2020 rechnet der Vorstandsvorsitzende mit einem Zuwachs der Pflegeempfänger um 30 Prozent, was einem Mehrbedarf von 450.000 Betten entspricht.
Aufgrund der immer höheren Anforderungen auch seitens des Staats wird sich der Konzentrations- und Konsolidierungsprozess nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden in der Zukunft noch verschärfen. Schon jetzt sind kleinere Häuser diesem Druck oft nicht mehr gewachsen. Den Effizienzvorsprung privat geführter Häuser bezifferte Herr Hölzer auf bis zu 30 Prozent. Als Folge wird erwartet, dass der Anteil privater Betreiber zunehmen wird. Problematisch dabei ist jedoch, dass die meisten bestehenden Einrichtungen auf dem Markt im mittleren Niveau angesiedelt sind und dass hier ein enormer Wettbewerb herrscht. Den Trend zu der entweder kostengünstigen 2-Sterne-Betreuung oder zur luxuriösen Unterbringung im Einzelzimmer haben viele Anbieter verschlafen oder konnten diesen nicht umsetzen.
Langfristig traut Herr Hölzer dem Markt für Pflege im Vergleich zur Reha viel bessere Chancen zu. Allein schon die Erwartung, dass im Jahr 2030 voraussichtlich in Deutschland mehr als 5,6 Millionen Menschen über 80 Jahre alt sein werden, was einem Zuwachs von 62 Prozent gegenüber dem Jahr 1995 bedeutet, lässt erahnen, was für ein Potenzial in diesem Markt steckt. Dieser Trend wird im Bereich Reha nicht so stark ausfallen. Dafür verantwortlich machte der Vorstandsvorsitzende insbesondere die zunehmend restriktive Erstattungspraxis der Kassen. Wie er weiter ausführte, ist der durchschnittliche Patient, wenn er eine Reha-Maßname zugesprochen bekommt, heute viel ernsthafter erkrankt als noch vor wenigen Jahren.
Im weiteren Verlauf seines Vortrags ging Herr Hölzer dann auf die Wettbewerber ein. Hier stellte er zunächst fest, dass die Marseille-Kliniken AG, gemessen an der Zahl der Betten und am Umsatz, in Deutschland der drittgrößte private Anbieter ist. In Bezug auf die EBITDA-Marge von knapp über 13 Prozent befindet sich die Gesellschaft unter den Besten im internationalen Bereich.
Zunehmend entdecken jedoch auch ausländische Investoren den deutschen Markt. So wurde die Phönix-Gruppe von der börsennotierten Korian-Gruppe aus Frankreich gekauft, und in einigen nicht börsennotierten Gesellschaften sind Finanzinvestoren aktiv. All dies hat nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden dazu geführt, dass für die Übernahme von Häusern und ganzen Gesellschaften in diesem Bereich inzwischen zu hohe Preise bezahlt werden. An dieser Stelle unterstrich Herr Hölzer die Strategie seiner Gesellschaft, lieber profitabel organisch zu wachsen, als Größe um jeden Preis zu erlangen, was zwangsläufig zu Lasten der Marge gehen würde.
Ziel ist es weiterhin, ein stetiges Wachstum zu generieren und so in Deutschland im Segment Pflege Kosten- und Marktführer zu werden. Dabei soll die Bettenanzahl per Ende 2008 auf 12.000 vertraglich gesicherte Betten ansteigen. Bei der Übernahme von Bestandsobjekten geht man seitens der Gesellschaft sehr behutsam vor und zahlt nur den Buchwert der übernommenen Häuser. Durch einen Managementwechsel ist in der Regel ein Turnaround nachhaltig zu erreichen, so dass die Margen wieder attraktiv werden. Dabei ist auch der Ausbau des „Betreuten Wohnens“ erklärtes Ziel des Vorstandsvorsitzenden, da in diesem Teilbereich die Marge aufgrund einer sehr flexiblen Gestaltung der Arbeitsabläufe überdurchschnittlich hoch ist, wobei allerdings nicht so hohe Umsätze generiert werden.
Als weitere Ziele der Gesellschaft nannte Herr Hölzer die Steigerung der Eigenkapitalquote von 23 Prozent im vergangenen Jahr auf über 30 Prozent. Schon nach der vollständigen Abwicklung der Kaufpreiszahlung der dritten Sale-and-lease-back-Transaktion steigt diese auf 26 Prozent.
Vom Bereich Reha will sich der Vorstand nach Aussage von Herrn Hölzer so schnell trennen, wie dies sinnvoll umgesetzt werden kann. An dieser Stelle entwickelte sich eine kurze Diskussion unter den Anwesenden, ob der Vorstand schon in Gespräche und Verhandlungen mit potenziellen Investoren getreten ist und welche Preisvorstellungen denn angemessen wären. Wichtig war es Herrn Hölzer, hier zu betonen, dass Gespräche stattfinden, dass jedoch noch keine Ad-hoc-Mitteilung nötig ist. Zudem sei es keinesfalls sicher, dass der Verkauf nun tatsächlich mit den avisierten Partnern abgewickelt werden wird. Als Preisvorstellung wurde ein Neunfaches des EBITDA genannt. Als opportunistisch bezeichnete sich Herr Hölzer in Bezug auf die nun auftauchende Frage, ob es sinnvoller sei, den Reha-Bereich als Ganzes oder in Teilen zu veräußern. Gefragt wurde im weiteren Verlauf dann auch, ob denn schon Mittel aus der Veräußerung für die Expansion eingeplant sind, was Herr Hölzer verneinte.
Neben den eingangs bereits erwähnten Kennzahlen für das abgelaufene Jahr ergänzte Herr Hölzer diese Angaben nun noch um das EBITDAR nach DVFA/SG (bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, Mieten und Leasingaufwendungen) sowie die Finanzschuldenquote und den Cashflow. Hierbei betonte der Vorstandsvorsitzende, dass das EBITDAR für die Gesellschaft aus operativer Sicht am aussagekräftigsten ist. Dieser Wert kletterte im Vergleich zum Vorjahr um 3,8 auf 61,8 Mio. EUR. Die Marge lag hier bei 28,8 Prozent. Das EBITDA wiederum ist leicht auf 28,9 Mio. EUR gesunken. Als Gründe hierfür sieht Herr Hölzer ausschließlich den Abverkauf und die damit verbundenen Neuanmietungen von Immobilien. Mit der EBITDA-Marge von 13,5 Prozent zeigte er sich sehr zufrieden.
Durch die Sale-and-lease-back-Transaktion konnte die Verschuldung den weiteren Ausführungen zufolge deutlich zurückgefahren werden. So konnten rund 8,4 Mio. EUR getilgt werden, wodurch die Verschuldung auf 121,1 Mio. EUR reduziert werden konnte. Die Finanzschuldenquote beträgt dadurch nunmehr 28,2 Prozent, die Fremdkapitalquote wiederum 77,0 Prozent. Bedingt durch die erst im Geschäftsjahr 2007/2008 erfolgte Buchung des Abverkaufs von Immobilien sinken die Finanzschulden im laufenden Jahr weiter auf 74,5 Mio. EUR.
Die späte Buchung dieser Zahlung beeinträchtigte auch den Cashflow, der im Berichtszeitraum dadurch mit minus 22,5 Mio. EUR negativ ausfiel. Der im laufenden Geschäftsjahr erwartete Cashflow soll sich auf 35,3 Mio. EUR belaufen.
Zum Ende seines Vortrag gab Herr Hölzer noch einen Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2007/2008. Demnach erwartet er nach dem Übergangsjahr 2006/2007 deutlich bessere operative Ergebnisse. So soll der Umsatz auf 240 Mio. EUR steigen. Bei einer von 9,4 auf 10 Prozent verbesserten EBIT-Marge wird ein Nachsteuerergebnis von 18 Mio. EUR erwartet, was 7,5 Prozent vom Umsatz entspricht.
Allgemeine AusspracheIn der nun folgenden sehr kurzen Aussprache wollte ein Teilnehmer wissen, wie denn die starke Erweiterung auf die angestrebten 12.000 Betten zu bewerkstelligen ist. Hierauf antwortete Herr Hölzer, dass dies hauptsächlich im Bereich des „Betreuten Wohnens“ erfolgen soll. Hier ist nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Aufwand pro Patient viel geringer, und die Abläufe können um ein Vielfaches flexibler gestaltet werden, da keine Hausbesuche durchgeführt werden, sondern eine bestehende Immobilie dafür zur Verfügung steht. Anders als früher wird diese Immobile aber nicht von der Gesellschaft angeschafft oder gemietet, sondern von einem anderen Investor. Dies geht jedoch zu Lasten des Umsatzes pro betreutem Bett, die Marge ist aber insgesamt höher. Der Focus liegt, so Herr Hölzer weiter, hier im 2-Sterne-Bereich.
Auf die Frage, wie der Konzern dann mit 12.000 Betten aussieht, insbesondere im Hinblick auf die Verteilung der Marge im Bereich Pflege, antwortete Herr Hölzer lediglich, dass eine EBIT-Marge von 10 Prozent erreicht werden soll.
Fazit und eigene MeinungWie dem Vortrag des Vorstandsvorsitzenden der Marseille-Kliniken AG zu entnehmen war, plant man bei der Gesellschaft für das laufende Geschäftsjahr ein deutlich verbessertes Ergebnis. Dies scheint aus heutiger Sicht durchaus realistisch zu sein, jedoch wird sich das Wachstum der Gesellschaft mittelfristig wohl etwas verlangsamen, was nicht nur der verstärkten Ausrichtung des Unternehmens auf den margenstarken Bereich des „Betreuten Wohnens“ geschuldet ist, sondern auch dem zunehmenden Konkurrenzdruck in diesem Markt. Wie sich diese Konkurrenz gerade im Hinblick auf ausländische Investoren in der näheren Zukunft konkret auswirken wird, ist noch nicht absehbar.
Erfreulich in Bezug auf die Dividende ist, dass auch in diesem Jahr eine Ausschüttungsquote von 30 Prozent des Bilanzgewinns geplant ist.
KontaktadresseMarseille Kliniken AG
Alte Jakobstraße 79/80
D-10179 Hamburg
E-Mail:
[email protected]Internet: http://www.marseille-kliniken.com
Ansprechpartner Investor RelationsAxel Hölzer
Tel.: +49 (0) 30 / 24632 - 400
Fax: +49 (0) 30 / 24632 - 401
E-Mail:
[email protected]
Veröffentlichungsdatum:
26.10.2007
-
08:37
Redakteur:
mtr