Der führende europäische Fotofinisher CeWe Color erlebt in seinem Geschäft derzeit einen vollständigen Wandel durch die „digitale Revolution“ im Fotomarkt. Dazu führte Investmentanalyst Klaus Kränzle von GSC Research anlässlich des „Capital Market Day“ am 12. September in Oldenburg das folgende Interview.
Dr. Hollander: „Der Zuwachs an Digitalfotos wird den Rückgang im Analogbereich im kommenden Jahr erstmals überkompensieren“
GSC Research: Sehr geehrter Herr Dr. Hollander, nachdem sich die Wogen nach der turbulenten Hauptversammlung geglättet haben, nehme ich an, dass das operative Geschäft wieder im Fokus Ihres Wirkens steht. Welche Herausforderungen sehen Sie da?
Dr. Hollander: Eindeutiger Schwerpunkt unserer strategischen CeWe-Planung ist die Entwicklung neuer Produkte und deren Vermarktung. Hier sehen wir uns mit dem CeWe-Fotobuch momentan gut aufgestellt, langfristig werden wir jedoch unsere Anstrengungen in diesem Bereich noch intensivieren.
GSC Research: Wie sieht das konkret aus?
Dr. Hollander: Dazu haben wir beispielsweise ein neues Gebäude angemietet, um im Bereich Forschung & Entwicklung sowie Marketing weitere Akzente zu setzen. Im Gegensatz zu früher ist der Kunde ja nicht mehr auf uns angewiesen, wir müssen ihn im Gegenteil durch Mehrwertprodukte wie unser „Paradeprodukt“ CeWe-Fotobuch erst davon überzeugen, mehr zu machen, als seine Digitalfotos „nur“ auf dem Computer anzuschauen.
GSC Research: Nach dem dramatischen Wandel Ihres relevanten Marktes von der Analog- zur Digitaltechnik, wo ordnen Sie CeWe Color derzeit im Zeitstrahl dieser Entwicklung ein?
Dr. Hollander: Wir denken, dass wir aktuell die Talsohle in der Gesamtzahl der entwickelten Fotos erreicht haben, der Zuwachs an Digitalfotos also nächstes Jahr erstmals den Rückgang im Analogbereich überkompensieren wird:
GSC Research: Haben Sie es durch den Wandel des Marktes nunmehr auch mit neuen Wettbewerbern zu tun?
Dr. Hollander: Ja, natürlich, die ärgsten Konkurrenten sind sog. „Pure Player“, die IPO-getrieben mit einer hohen Liquiditätsausstattung versuchen; mit „Kampfpreisen“ einen Fuß in den Markt zu bekommen.
GSC Research: Fallen darunter auch Unternehmen wie Microsoft?
Dr. Hollander: Nein, im Gegenteil, durch die Integration einer Bestellfunktion unserer Produkte in die neue Vista-Software kooperieren wir mit Microsoft. Ein anderes Beispiel ist eine mit Nokia geschlossene Vereinbarung, die es dem Kunden erlaubt; mit einem Fotohandy geschossene Bilder sehr kundenfreundlich an uns zu senden, um daraus Abzüge zu bestellen.
GSC Research: In einigen Märkten besitzen Sie nach eigenen Angaben teilweise über 90 Prozent Marktanteil: Könnte es dort Probleme mit den Kartellämtern geben?
Dr. Hollander: Nein, kartellrechtlich ist alles abgesichert. Im Übrigen bezieht sich dieser Marktanteil auf Fotos aus dem Fotofinishing. Daneben gibt es für den Konsumenten ja auch die Möglichkeit, Fotos auf den Homeprintern, auf Kioskdruckern oder durch Minilabs in den Läden fertigen zu lassen.
GSC Research: Während Sie vor allem in Zentral- und Osteuropa Geld verdienen, gab es in Frankreich und Großbritannien Probleme. Sind diese mittlerweile behoben?
Dr. Hollander: In Frankreich haben wir die Situation deutlich verbessert durch Zugewinn neuer Kundenumsätze sowie durch Restrukturierungsmaßnahmen zur Kostensenkung. In Großbritannien sind wir jetzt erst im zweiten Jahr tätig und verzeichnen hier lediglich Anfangsverluste.
GSC Research: Welches ist demnach der geografische Fokus von CeWe Color? Könnten Sie sich langfristig vorstellen, im Zuge der Kooperation mit Microsoft auch in den USA tätig zu werden?
Dr. Hollander: Zurzeit ist auf keinen Fall eine Ausdehnung über Europa hinaus geplant. Wir sind im Moment dabei, in Europa den Technologiewandel zu bewältigen und durch neue digitale Produkte wieder Wachstum zu generieren.
GSC Research: Auf dem Capital Market Day sprachen Sie davon, dass Sie das im Zuge der Firmenaufkäufe erworbene Endkundengeschäft in Norwegen und Polen als „Versuchslabor“ für neue Produktideen nicht missen möchten. Warum steigen Sie nicht auf breiter Front in den Endkundenmarkt ein, wo Sie doch auch gegenüber dem Endkunden zunehmend auch als CeWe im Rahmen der Annahmeterminals im Handel auftreten?
Dr. Hollander: CeWe Color verfügt mit der Belieferung von 60.000 Point of Sales bei nahezu allen namhaften europäischen Handelsunternehmen über eine ausgezeichnete Distributionsbasis, so dass wir in Zentral- und Westeuropa nicht in den Endkundenmarkt einsteigen.
GSC Research: Glauben Sie nicht, dass dieser Spagat zwischen der Wahrnehmung von CeWe beim Endverbraucher und den Interessen des Handels nicht irgendwann zu heikel wird?
Dr. Hollander: Die Wahrnehmung der Endverbraucher beschränkt sich im Wesentlichen auf das CeWe-Fotobuch, das mit einer sehr kundenfreundlichen Software und einem breiten Produktprogramm als Markenartikel konzipiert wurde. Hier unterstützen wir den Handel im Abverkauf durch Marketingaufwendungen zur Konsumenteninformation.
GSC Research: Sie sprachen von Preisanhebungen im Analogbereich, um die dortigen Deckungsbeiträge zu verbessern. Warum halten Sie eine derartige Vorgehensweise für durchsetzbar?
Dr. Hollander: Der Analogbereich hat in Zukunft eine geringere Bedeutung, so dass der Handel Preisanhebungen an die Konsumenten weitergeben kann.
GSC Research: Nachdem ein großer Teil des Wandels Ihres Unternehmens zurückgelegt wurde, ist unsere Frage, wann Sie mit einer Rückkehr zur alten Ertragsstärke rechnen?
Dr. Hollander: In den Jahren 2005 und 2006 konnten wir die Erträge im Vergleich zu den Vorjahren dank der Vermarktung von Digitalfotos erhöhen. In diesem Jahr haben wir Restrukturierungsaufwendungen zum Abbau von analogen Kapazitäten in Höhe von 10 Mio. Euro aufzubringen. Dies belastet das Ergebnis 2007, wird aber zu Kostenreduzierungen in 2008 führen.
GSC Research: Bedeutet dies, dass Sie langfristig den Marketingaufwand, den Sie jetzt noch zur Entwicklung der Märkte veranschlagen, zurückfahren können?
Dr. Hollander: Den Marketingaufwand werden wir mittelfristig eher erhöhen, dies aber, um Umsätze mit neuen digitalen Produkten, CeWe-Fotobüchern, Fotogeschenken, Fotoleinwänden u.a. zu steigern.
GSC Research: Unsere abschließende Frage zielt auf die in den USA sogenannte „Business Mission“. Herr Dr. Hollander, wo soll CeWe in zehn Jahren stehen?
Dr. Hollander: In zehn Jahren hat CeWe seine Position als führender Fotodienstleister weiter ausgebaut und Wachstum geschaffen durch neue fotonahe, personalisierte Digitalprodukte, die zu einem Großteil über die Internetseiten unserer Handelspartner vermarktet werden.
GSC Research: Wir bedanken uns sehr herzlich, dass Sie uns für dieses Interview zur Verfügung gestanden haben, Herr Dr. Hollander.
Veröffentlichungsdatum:
17.09.2007
-
11:52
Redakteur:
ala