Größter deutscher Konkurrent von Ricardo ist das Auktionshaus alando.de; dieses wiederum wude durch den international größten Konkurrenten eBay vor kurzem übernommen, um den deutschen Markt ebenfalls aufzurollen. Somit steht Ricardo in unmittelbarer Konkurrenz zu einem der finanzstärksten Unternehmen der Branche, gegen das Ricardo wie ein Zwerg wirkt. Mit dem Börsengang will Ricardo diese Herausforderung jedoch annehmen und den eigenen Namen bekannter machen, um damit innerhalb der nächsten Monate auch die europäische Marktführerschaft erreichen zu können, wobei andere europäische Konkurrenten hier ebenfalls schon ein ganzes Stück voraus sind.
Wie bei den meisten Auktionshäusern sind die Umsätze bei Ricardo noch sehr gering; so erwartet das Unternehmen gerade einmal 2,9 Mio. Euro Umsatz im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr (bis 30.6.), wobei bis Ende März gerade erst gut eine Million Euro erzielt worden war, und plant, diesen Umsatz innerhalb von zwei Jahren auf rund 40 Mio. zu steigern. Angesichts der extremen Konkurrenz ist schwer zu sagen, wie realistisch diese Erwartungen sind, auch wenn der Markt zweifellos derzeit eine explosive Entwicklung erlebt.
Die Bewertung der Aktie stellt sich schon zur Emission als sehr teuer dar; trotz der großen Risiken wird Ricardo auf Basis der Preisspanne von 24 bis 28 Euro bereits mit rund 190 bis 220 Mio. Euro, also etwa dem 5fachen des erwarteten Umsatzes im übernächsten Jahr bewertet. Die aktuellen Graumarktkurse bedeuten sogar eine Bewertung vn 350 Mio. Euro, was jedoch im Vergleich zu den Spitzenkursen bei über 70 Euro und einer Marktkapitalisierung von fast 600 Mio. Euro (!) bereits wieer eine "normalere" Dimension darstellt.
Eingebrochen ist die Notiz wohl vor allem aufgrund des Rückzugs der West-LB, die ihre Teilnahme am Konsortium am ersten Tag des Bookbuilding-Verfahrens absagte; als offiziellen Grund nannte die Bank "technische Probleme", es wurde jedoch einiges über Unstimmigkeiten mit anderen Konsortiamitgliedern beim Risikorating berichtet. Hierzu sei nur erwähnt, daß der Umfang der Risikoinweise - im Gegensatz zu anderen Emissionen - bei den Emissionsunterlagen der Deutschen Bank mit 15 Seiten ein Mehrfaches der Firmenbeschreibung umfaßt.
Seltsam mutete auch die Unkenntnis zum geplanten Termin des Börsenganges von Bank und Unternehmen nur wenige Tage vor Beginn der Zeichnungsfrist an. Unserem Partner Stock-World gegenüber machte dazu die Deutsche Bank mit der Aussage, man sei eigentlich nicht in der Lage, genaue Angaben zum Börsengang zu machen, die Verwirrung noch größer. Angesichts des jungen "Alters" des Unternehmens von gerade einmal 10 Monaten stimmt es außerdem ein wenig bedenklich, daß von der Emission inklusive Greenshoe fast ein Viertel aus dem Bestand der Altaktionäre stammen; man sollte meinen, daß diese sich in einem so frühen Stadium noch nicht so leicht von ihren Anteil trennen würden, auch wenn ihnen dies mit knapp 30 Mio. Mark versüßt wird.
Nach all diesen Vorkommnissen fällt es schwer, sich für ein Investment noch zu begeistern; wir raten darum allen Zeichnern, für eventuelle Zuteilungen Gewinne zu realisieren und sich danach besser von der Aktie fernzuhalten, bevor nicht geschäftliche Erfolge die Pannen bei der Emission überdecken können. Das Risiko ist offensichtlich höher als es auf den ersten Blick erscheint, und angesichts der hohen Bewertung würde sich ein Verfehlen der Planzahlen entsprechend katastrophal auf den Aktienkurs auswirken.