Für die Idee, den unübersichtlichen und oftmals illiquiden Kunstmarkt transparent zu machen ist das Internet geradezu ideal. Unter anderem ist auf der Seite das einzige täglich aktualisiertes und überdies kostenloses Kunstmagazin zu finden, das schon jetzt überaus beliebt ist.
Bereits jetzt haben mehr als 700 beteiligte Galerien am artnet-Angebot Gefallen gefunden, was dem dreifachen der weltgrößten Kunstmesse entspricht. Artnet.com stellt dabei kostengünstig Unterseiten zur Verfügung, auf denen diese ihre Angebote plazieren können; die Erstellung und Aktualisierung wird dabei von artnet.com übernommen, die Geschäfte wickeln Interessenten und Galerien direkt untereinander per Email ab.
Neben umfassenden Informationen zu den Kunstwerken der einzelnen Galerien bietet artnet.com eine einzigartige Datenbank an, in der alle 2,2 Mio. seit 1989 versteigerte Kunstwerke inklusive farbiger Abbildung aufgeführt sind; die Nutzung ist für einen Pauschalbetrag von 29,95$ möglich, was bereits rund 1.700 Interessenten (Personen und Institutionen) nutzen, darunter etwa 60% professionelle und kaum preissensitive Nutzer wie Banken, Versicherungen, Kunsthändler oder Galerien.
Geld verdient artnet.com daneben zum einen durch e-commerce-Aktivitäten wie die Marktnische der zahlreichen kunstbezogener Bücher (Auswahl: über 10.000 Stück), die von amazon.com nicht abgedeckt wird, und natürlich durch Werbeeinnahmen, wofür die Zahl der Pageviews entscheidend ist; diese liegt bereits jetzt bei rund 5 Mio. im Monat.
Die größte Phantasie aber steckt in den Online-Auktionen, bei denen für vermittelte Geschäfte für die Übernahme der Zahlungsabwicklung eine Provision von 5% erhoben wird; im Vergleich zu normalen Auktionen wie bei Sothebys oer Christies, bei denen Provisionen von bis zu 25% üblich sind, stellt dies somit eine wahre Revolution dar.
Größter Vorteil einer Online-Auktion sind die deutlich geringeren Kosten, beispielsweise entfallen der Transport (und vor allem die dafür nötige Versicherung) zum Auktionshaus, Anreisekosten der Bieter, Druckkosten der Kataloge und die Kosten für die Ausstellung der Werke. Künftig wird erwartet, daß auch und gerade hochpreisige Kunstwerke (>10.000 US-$) überwiegend im Internet gehandelt werden.
Hier liegt damit die mit Abstand größte Ertragsphantasie; nach Aussagen des Vorstandes gegenüber dem Aktionär ist das Marktvolumen mit 10 Milliarden US-$ anzusetzen, so daß sich langfristig hier erhebliches Potential ergibt.
Zwar wird diese Entwicklung offensichtlich auch von den marktführenden Adressen im traditionellen Auktionshandel gesehen, die derzeit ebenfalls Internetseiten einrichten, doch schon jetzt hat sich artnet.com hervorragend positioniert und genießt zudem im Gegensatz zu den Auktionshäusern ein wesentlich besseres Image; auch ist die nunmehr schon 10 Jahre alte und damit sehr umfassende Datenbank über alle Auktionsergebnisse seit 1989 ein wertvolles Asset, über das die Konkurrenz nicht verfügt und dessen Aufbau überaus teuer wäre.
Bei diesen Aussichten ergibt sich für die Zukunft jede Menge Phantasie; als harte Fakten steht aber bislang nur ein Umsatz von rund 1 Mio. US-$ im letzten Jahr zu Buche, der allerdings schon in diesem Jahr auf 4 Mio. steigen soll. Darum ist die Bewertung kurzfristig extrem hoch, zumal erst 2001 mit Gewinnen zu rechnen ist.
Fazit: trotz dieser etwas ernüchternden Fakten raten wir uneingeschränkt zur Zeichnung, die noch bis 14. Mai möglich ist; es ist deshalb davon auszugehen, daß die Erstkurse weit über der Preisspanne von 40 bis 46 Euro zustande kommen, ich rechne mit mindestens 80 bis 100 Euro; Graumarktkurse sind uns nicht bekannt.
Käufe an der Börse sind schwer einzuschätzen; bei gut 4 Mio. Aktien ergibt sich bei 100 Euro eine Unternehmensbewertung von etwa einer dreiviertel Milliarde Mark, was auf den ersten Blick völlig überzogen erscheint. Angesichts der Größe des Marktes und der guten Positionierung ist eine solche Bewertung aber durchaus annehmbar, zumal andere Internet-Unternehmen teilweise noch höher bewertet werden, obwohl ihnen die bei artnet.com vorhandene Phantasie fehlt.
Falls deshalb Kurse von unter 100 Euro zustande kommen, so sollten spekulative Anleger zugreifen; allerdings muß wie bei Internet-Unternehmen üblich mit starken Schwankungen gerechnet werden, zudem sollte man die langfristigen Perspektiven unbedingt im Auge behalten und bei einer Verschlechterung entsprechend reagieren.