Die im brandenburgischen Birkenwerder ansässige Francotyp-Postalia Holding AG ist ein führender und international tätiger Hersteller von Frankiermaschinen für den Postausgangsmarkt. Die Gesellschaft entwickelt, fertigt und vertreibt Frankier- und Kuvertiermaschinen und bietet dazugehörige Dienstleistungen an. Das traditionelle Mailroom-Produktgeschäft zielt auf Kunden mit geringem bis mittlerem Postaufkommen, während sich die beiden jüngst akquirierten Aktivitäten des neuen Geschäftsbereichs Mailstream, Konsolidierung und Hybrid-Mail, vorwiegend an Kunden mit hohem Postaufkommen richten. Seit dem 30. November 2006 wird die Aktie des Unternehmens im Amtlichen Markt/Prime Standard der Deutschen Börse notiert, der Ausgabepreis lag bei 19 EUR.
Zu ihrer ersten Hauptversammlung seit dem IPO hatte die Gesellschaft ihre Anteilseigner für den 13. Juni 2007 in das Ludwig-Erhard-Haus in Berlin eingeladen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Rolf Stomberg begrüßte die lediglich zehn erschienenen Aktionäre, Gäste und Vertreter der Presse, darunter Alexander Langhorst von GSC Research, und erteilte nach der Erledigung der üblichen einleitenden Hinweise und Formalien sowie der Vorstellung der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat dem Vorstandsmitglied Hartmut Neumann das Wort.
Bericht des VorstandsEinleitend gab Herr Neumann dem Auditorium einen kurzen Rückblick auf den Weg des Unternehmens hin zu einem eigenständigen und heute börsennotierten Unternehmen. Bei der Francotyp-Postalia blickt man auf eine inzwischen über 80-jährige Geschichte zurück, welche bis in das Jahr 1923 zurückreicht, und die Gesellschaft gehörte bis Anfang 2005 zum Röchling-Konzern. Im April 2005 wurde das Unternehmen vom Finanzinvestor Quadriga zusammen mit dem Management aus dem Röchling-Konzern herausgekauft. Auf diese Transaktion geht nach Aussage von Herrn Neumann das Rumpfgeschäftsjahr in 2005 zurück, wie auch transaktionsbedingte Sonderfaktoren, welche er im weiteren Verlauf seines Vortrags noch erläuterte.
Insgesamt betrachtet ist das Geschäftsjahr 2006 aus Sicht der Francotyp-Postalia erfreulich verlaufen, und es konnte bei einem anhaltenden Wachstum eine sehr gute Rentabilität erreicht werden. Bereinigt um die Effekte aus der Erstkonsolidierung der Francotyp-Postalia-Gruppe in ihrer heutigen Form konnten Umsatzerlöse in einer Größenordnung von 143,1 (Vj.: 137,3) Mio. EUR erzielt werden, was einem Anstieg um 4,2 Prozent entspricht, die Gesamtleistung erhöhte sich um 9,3 Prozent auf 155,7 (142,4) Mio. EUR.
Deutlich überproportional konnten laut Herrn Neumann im Berichtsjahr hingegen die Ergebniskennziffern zulegen. So verbesserte sich das EBITDA auf 32,0 (21,9) Mio. EUR, die EBITDA-Marge kletterte auf 22,4 (16,1) Prozent, und bei einem EBIT von 23,4 (20,6) Mio. EUR wurde eine EBIT-Marge von 16,4 nach 15,0 Prozent im Jahr zuvor erzielt. Sehr zufrieden zeigte sich der Vorstand auch mit der im Berichtszeitraum erzielten Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE, Return on Capital Employed) in Höhe von 30,0 Prozent nach dem bereits erfreulichen Vorjahreswert von 26,7 Prozent. Für die gute Verfassung des Unternehmens und die Qualität des verfolgten Geschäftsmodells spricht nach seiner Einschätzung auch der realisierte Cashflow in Höhe von 20,3 Mio. EUR oder 14,2 Prozent des erzielten Gesamtumsatzes.
Der in 2006 entstandene Jahresverlust in Höhe von 0,3 Mio. EUR geht nach Aussage von Herrn Neumann auf den Kauf des Unternehmens im Jahre 2005 aus dem Röchling-Konzern heraus zurück. So wurde im Rahmen dieser Transaktion seinerzeit eine Allokation des Kaufpreises vorgenommen und dem Eigenkapital der übernommenen Gesellschaft gegenübergestellt. Der sich daraus ergebende Unterschiedsbetrag in Höhe von 55 Mio. EUR wurde dem immateriellen und materiellen Anlagevermögen des Unternehmens zugeordnet. Ein wesentlicher Hintergrund der gewählten Transaktionsstruktur waren steuerliche Erwägungen, der Gesamtbetrag wird über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren abgeschrieben. In 2006 sind aus der bestehenden Struktur insgesamt Belastungen in Höhe von 16 Mio. EUR entstanden, welche sich nach Bereinigung noch auf 8 Mio. EUR belaufen. Die ersten Abschreibungen wurden bereits im Jahre 2005 vorgenommen, spätestens in 2013 wird dieser Effekt auslaufen, so der Vorstand weiter.
Vor diesem Hintergrund appellierte Herr Neumann an die Anteilseigner, zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens auf die Kennziffern EBITDA, EBIT sowie den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit zu schauen. Angesichts des Fehlbetrags in 2006 sowie des Umstands, dass das Unternehmen nur einen Monat des Jahres an der Börse notiert war, soll für 2006 noch auf die Ausschüttung einer Dividende an die Anteilseigner verzichtet werden. Der Vorstand bekannte sich allerdings klar dazu, in der Zukunft an die Aktionäre Dividenden ausschütten zu wollen, die Ausschüttungsquote soll dabei 60 Prozent erreichen.
Aus dem Börsengang sind der Francotyp-Postalia Holding AG netto gut 47 Mio. EUR zugeflossen, die vor allem für den Erwerb der beiden Unternehmen freesort GmbH und iab verwendet wurden. Nach diesen Akquisitionen sind noch 18 Mio. EUR vorhanden. Mit einer aktuellen Eigenkapitalquote von 26,1 Prozent ist die Gesellschaft nach Meinung von Herrn Neumann sehr solide finanziert, die Höhe der Nettofinanzverbindlichkeiten betragen rund 33 Mio. EUR und entsprechen etwa der Höhe des letztjährigen EBITDAs. Auch nach einer Investition der noch vorhandenen Eigenmittel aus dem Börsengang verfügt die Gesellschaft noch über erheblichen Finanzspielraum, das Verhältnis von Netto-Finanzverbindlichkeiten zu EBITDA beträgt 1,5.
Mit Blick auf die Zahlen für das erste Quartal 2007 erklärte Herr Neumann, dass sich die Anleger von diesen nicht irritieren lassen sollten, da die Vorjahresvergleichswerte von Sondereffekten wie beispielsweise der Dezertifizierung von Wertkartenmaschinen und Portoanpassungen in Deutschland sowie den USA geprägt waren. Letztere stellen immer ein gutes Geschäft für die Francotyp-Postalia dar, weil die Änderungen in die jeweiligen Maschinen eingespeist werden müssen und der Kunde für diese Dienstleistung bezahlt. Ferner belastete in den ersten drei Monaten der deutlich geringere US-Dollarkurs, so dass allein daraus ein Effekt in der Größenordnung von 1 Mio. EUR zu verkraften war.
Bereinigt um die beschrieben Effekte hat das operative Geschäft um 3 Prozent zugelegt. Eine weitere Portoerhöhung in den USA konnte nach Vorstandsangabe im Mai dieses Jahres bereits zusätzlich 3 Mio. US-Dollar auf der Umsatzseite einspielen, und mit über 3.000 vermieteten Einheiten konnte in den Monaten April und Mai 2007 in den USA überdies ein neuer Rekordwert erreicht werden.
Für den mittel- und langfristigen Erfolg des Unternehmens ist nach Aussage von Herrn Neumann jedoch die strategische Ausrichtung von besonderer Bedeutung. Nachdem man sich in der Vergangenheit bereits einmal verzettelt hat, läuft das Geschäfts seit der Fokussierung auf das Kerngeschäft - Frankiermaschinen für das untere und mittlere Segment - dank der dort erzielbaren guten Margen stabil. Angesichts der dennoch übersichtlichen Wachstumspotenziale des Frankiermaschinenmarkts wurde die strategische Unternehmensentscheidung getroffen, neben diesem Segment (Mailroom) mit dem Segment Mailstream ein neues, wachstumsträchtiges Geschäftsfeld aufzubauen.
Zunächst gab Herr Neumann jedoch einen kurzen Überblick über die Aktivitäten im Geschäftsfeld Mailroom. Hier werden Frankiermaschinen entwickelt, hergestellt und vertrieben, und über ein Joint Venture in Singapur wird die Vormontage von Baugruppen für die Frankiermaschinen vorgenommen. Ferner werden auch Kuvertiermaschinen anderer Hersteller vertrieben. Der Markt für Frankiermaschinen ist nach Angabe des Vorstands sehr stabil und leicht wachsend. Die Francotyp-Postalia verfügt per Ende 2006 über eine installierte Basis von rund 263.000 Maschinen. Mit einem Marktanteil von fast 50 Prozent ist die Gesellschaft in Deutschland und Österreich klarer Marktführer, weltweit liegt sie mit einem Marktanteil von 9 Prozent auf dem dritten Rang. Als wichtigste Wachstumsregion nannte Herr Neumann das Auslandsgeschäft, und schwerpunktmäßig soll dieses in Nordamerika sowie in Großbritannien, in den Niederlanden, in Skandinavien und Italien realisiert werden.
Auf der Zielgruppenseite fokussiert sich die Francotyp-Postalia bewusst auf das wachstumsstärkere Segment der kleinen und mittleren Kunden mit Briefsendungen von unter 200 bzw. 2.000 am Tag, wobei insbesondere der Markt für die Geräte für unter 200 Briefe pro Tag überproportional wächst. Geschäftlich betrachtet ist das Frankiermaschinengeschäft den weiteren Angaben von Herrn Neumann zufolge sehr attraktiv, und neben dem Verkauf werden die Geräte auch zur Miete angeboten und führen auf diese Weise zu regelmäßigen Einnahmen. Auch im Bereich Aftersales wird in diesem Geschäftsfeld gutes Geld verdient. So dürfen die Frankiermaschinen laut Herrn Neumann beispielsweise nur mit den vom Unternehmen vertriebenen und speziell zugelassenen Tintenpatronen vertrieben werden. Auch das Aufladen der Maschinen mit dem Porto kann nur über die Francotyp-Postalia direkt erfolgen.
Um die Unternehmensgruppe fit für die Zukunft zu machen und in ein wachstumsstarkes Geschäft einzusteigen, wurde nach Aussage von Herrn Neumann das neue Geschäftsfeld Mailstream durch den Erwerb der freesort GmbH sowie der iab internet access GmbH gestartet. Im Gegensatz zum Geschäftsfeld Mailroom fokussiert sich dieses Segment auf die größeren Kunden, denen nun neben den Frankiermaschinen auch eine Reihe weiterer Dienstleistungen angeboten werden können. Im Geschäftsbereich Mailstream sind das Konsolidierungsgeschäft, Outsourcing sowie Software Solutions/Hybrid-Mail angesiedelt.
Beim von der Tochtergesellschaft freesort betriebenen Konsolidierungsgeschäft geht es um die Einsammlung von Briefen und deren Einlieferung bei der Post. Da ab einer bestimmten Briefmenge pro Tag einen Portorabatt gewährt wird, ist dieses Geschäftsmodell, welches aus der Bündelung der Briefe vieler Kunden besteht, attraktiv für beide Seiten, die Portoersparnis teilt man sich mit diesen. Bereits heute sind bundesweit sechs Sortierzentren mit einer theoretischen Kapazität von 200.000 Briefen pro Tag im Einsatz, deren Zahl sich in 2007 um zwei weitere auf dann acht und in der Endausbaustufe auf zehn erhöhen soll. Insbesondere in Kombination mit dem Verkauf einer neuen Frankiermaschine bietet dieser Service laut Vorstand erhebliches Potenzial, zumal sich die Investition für den Kunden innerhalb weniger Monate auszahlt und die Francotyp-Postalia damit über ein Alleinstellungsmerkmal am Markt verfügt.
Die beiden Teilbereiche Outsourcing und Software Solutions sind in der Tochter iab angesiedelt, an der die Francotyp-Postalia eine Mehrheitsbeteiligung hält. Besonders positiv wertete Herr Neumann den Umstand, dass der Unternehmensgründer weiterhin eine Beteiligung hält und an Bord geblieben ist. Das Geschäftsmodell besteht hier daraus, dass der Kunde seinen Brief elektronisch zu einem Printcenter schickt, wo dieser ausgedruckt, kuvertiert, frankiert und abtransportiert wird. Die im Rahmen von Outsourcing-Lösungen abgewickelte Korrespondenz ist laut Herrn Neumann die sogenannte Regelkombination, also gleichförmige Briefe wie etwa Rechnungen, jedoch keine Werbesendungen. Besonders attraktiv ist diese Dienstleistung nach seiner Einschätzung für die mittleren Kunden, welche ihre Regelkommunikation meist selbst ausdrucken und kuvertieren. Diesen Kunden wird angeboten, den gesamten Prozess auszulagern und auf diese Weise erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die stärkere Einbindung der Francotyp-Postalia in den Workflow des Kunden und damit einhergehend der Wandel vom Anbieter einer Maschine hin zu einem Anbieter von Prozesslösungen, wobei die Gesellschaft auf die zum Teil jahrzehntelangen Kundenbeziehungen zurückgreifen kann.
Abschließend berichtete Herr Neumann noch über die Chancen im Teilbereich Software Solutions, der eine Internationalisierung des Geschäfts ermöglicht, während Outsourcing und Konsolidierung sich vorwiegend auf den deutschen Markt konzentrieren. Die vom Unternehmen entwickelte Software ist mit allen gängigen Standards kompatibel und ermöglicht es, kontextfrei aus Microsoft-Anwendungen Dokumente zu erzeugen und diese auch zu drucken. Diese reine Inhaltsorientierung ermöglicht den Einsatz der Software entweder mit dem Outsourcing-Paket der Francotyp-Postalia, diese kann jedoch vom Kunden auch intern dazu eingesetzt werden, den gesamten Briefverkehr über einen lokalen Server mit einem zentralen Drucker laufen zu lassen, und führt zu entsprechenden Einsparungen auf der Hardwareseite. Neben dem Verkauf der Software ist auch der Erwerb von Lizenzen durch die Anwender eine Möglichkeit, in deren Folge künftig stetige Ertragsströme generiert werden können.
Weiter in die Zukunft gedacht ist den abschließenden Ausführungen von Herrn Neumann zufolge auch denkbar, dass Briefe in großen Flächenstaaten gar nicht mehr auf herkömmlichem Weg über weite Strecken (z.B. von Toronto nach Vancouver) körperlich transportiert werden, sondern auf elektronischem Weg, während der Ausdruck erst im Zielort erfolgt und der Brief nur noch den kurzen Weg bis zum Empfänger zurücklegen muss. Nach Überzeugung des Vorstands birgt der Bereich Software Solutions auf lange Sicht noch erhebliches Potenzial.
AbstimmungenNachdem sich kein Teilnehmer zu Wort meldete, wurde die Präsenz um 11:40 Uhr mit 10.444.186 Aktien oder 71,05 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals festgestellt. Sämtliche Beschlussvorlagen der Verwaltung wurden mit sehr großer Mehrheit bei nur vereinzelten Gegenstimmen und/oder Enthaltungen verabschiedet. Im Einzelnen beschlossen wurden der Vortrag des Bilanzgewinns auf neue Rechung (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Berlin, zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2007 (TOP 5) sowie eine Satzungsänderung in Anpassung an das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) (TOP 6).
FazitOperativ läuft es bei der Francotyp-Postalia AG weiterhin rund. Bei der Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und hier insbesondere des Jahresüberschusses sowie des Ergebnisses je Aktie sind jedoch die Sondereffekte aus der Herauslösung aus dem Röchling-Konzern im Jahre 2005 zu berücksichtigen, so dass der Blick hier verstärkt auf die Kenngrößen EBIT und Cashflow gerichtet werden sollte. Bei Erreichen der selbst gesteckten Zielmarke bei Umsatz- und Ergebniszuwachs sollte in Bezug auf das Geschäftsjahr 2007 eine weitere Verbesserung dieser Kennzahlen möglich werden.
Gewisse Bewertungsschwierigkeiten der Aktie des Unternehmens durch den Kapitalmarkt können sich nach Einschätzung des Verfassers aus der nicht ganz einfach verständlichen Struktur des Zahlenwerks ergeben, welche eine Bewertung auf Basis üblicher Kenngrößen wie zum Beispiel des KGV nicht sinnvoll erscheinen lässt. Mögliche Phantasie für die Aktie könnte sich auf Sicht auch aus der in Aussicht gestellten Aufnahme der Dividendenzahlung in 2007 ergeben. Von Verwaltungsseite wurde hier eine Ausschüttungsquote von 60 Prozent bezogen auf den Jahresüberschuss in der AG in Aussicht gestellt.
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Veröffentlichungsdatum:
20.06.2007
-
22:25
Redakteur:
ala