Mindestens ein Dutzend schwarz gekleideter Bodyguards empfing die rund 200 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Matthias Wahler von GSC Research, die am 29.3.2007 zur Hauptversammlung der Betonusa AG (sprich: Bet on USA) in den Kuppelsaal des Hannover Congress Centrum strömten. Sicherheitskontrollen wie am Flughafen sollten wohl verhindern, dass die Aktionäre ihren Zorn über die herben Kursverluste an den Mitgliedern der Verwaltung ausließen. Zudem barg die Tagesordnung einiges an Sprengstoff: Vorgeschlagen wurde der Verkauf des kompletten operativen Geschäfts oder alternativ die Liquidation der Gesellschaft. Angedeutet hat sich das Desaster schon bei der außerordentlichen Hauptversammlung im August 2006, die sicherlich nicht von Professionalität zeugte.
Das erste ordentliche Aktionärstreffen wurde nun um 10:15 Uhr vom Aufsichtsratsvorsitzenden Robert G. Loch eröffnet, der zunächst die Mitglieder der Verwaltung vorstellte. Dies sind zum einen seine Aufsichtsratskollegen Gerhard Kühl und Matthias Glockemann sowie im Vorstand der Gründer Mike Hansch und, sicherlich eine etwas ungewöhnliche Konstellation, dessen Mutter Elke Hansch. Nach der Erledigung der üblichen Formalien erteilte der Versammlungsleiter dem Vorstandsvorsitzenden das Wort.
Bericht des VorstandsGleich zu Beginn stellte Herr Hansch klar, dass mit den Herren Oliver Binsner und Craig Levett die beiden Vorstandsmitglieder, die für das Berichtsjahr verantwortlich zeichneten, das Unternehmen verlassen haben. Er selbst wurde erst am 8.12.2006, also nach Geschäftsjahresende am 31.7.2006, berufen und könne keine Informationen aus erster Hand geben. Ohnehin haben die Zahlen des Geschäftsjahres, wie er anmerkte, nach den Ereignissen der letzten Monate nur noch „historische Bedeutung“.
Nur kurz nannte Herr Hansch deshalb die wichtigsten Kennzahlen im Vergleich zu denen des Vorjahres, das lediglich sieben Monate gedauert hat. Demgegenüber konnten die Erlöse um 131 Prozent auf 21,9 Mio. EUR gesteigert und das Konzernergebnis auf 5,2 (Vj.: 2,4) Mio. EUR ebenfalls mehr als verdoppelt werden. Bei 32 Millionen Aktien errechnet sich daraus ein Gewinn von 0,16 (0,08) EUR pro Anteil. Die Liquidität wird zum Bilanzstichtag mit 1,8 Mio. EUR ausgewiesen.
Operativ war das Berichtsjahr laut Herrn Hansch geprägt von verschiedenen Zukäufen zur Ausweitung der Online-Entertainment-Aktivitäten. Der Grundstein wurde gelegt mit der Integration der eingebrachten Beteiligungen an der Internet Empire Entertainment Ltd. (IEE) mit Sitz auf Antigua und Barbuda sowie der Cybertronix Inc. in Kanada. Ein weiterer wichtiger Schritt war der Erwerb der Genpage Holding AG, die mit ihren Beteiligungen bereits seit 1999 im Bereich Internet Payment Service Providing tätig ist. Mit dieser Übernahme wurden das Beteiligungsportfolio diversifiziert und die Zahlungstransaktionen innerhalb der Gruppe dauerhaft sichergestellt. Anfang des laufenden Geschäftsjahres wurden dann der Spielbetrieb und weitere Elemente der Firma Worldgaming PLC übernommen.
Nach den diversen positiven Pressemeldungen kehrte zu Beginn des laufenden Jahres aber schnell Ernüchterung ein. Wie Herr Hansch weiter berichtete, seien dem Aufsichtsrat mehr und mehr Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte des ehemaligen Vorstands gekommen. Am 08.12.2006 habe Vorstandsmitglied Oliver Binsner dann sein Amt niedergelegt und, wie sich nach Aussage von Herrn Hansch schnell herausstellte, ein Chaos hinterlassen. Unterlagen seien zum Teil gar nicht vorhanden oder nach Behauptung von Herrn Hansch vor seinem Weggang mutwillig vernichtet worden.
Hinzu kamen die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen in den USA, die jegliches Glücksspielangebot im Internet unter Strafe stellen. Viele Wettbewerber in Nordamerika gaben daraufhin sofort auf, was nach Aussage von Herrn Hansch schlagartig einen Börsenwert von mehr als 7 Mrd. US-Dollar vernichtete. Bei der Betonusa AG verließen praktisch alle Mitarbeiter aus Angst vor Strafverfolgung fluchtartig das Unternehmen, so dass die Geschäftsfortführung unmöglich wurde.
Als einzigen Ausweg, um das Vermögen der Gesellschaft zumindest noch zum Teil zu retten, sieht Herrn Hansch in der jetzigen Situation den Verkauf des kompletten operativen Geschäfts an die Market Alliance Agency Ltd. Diesem Vertrag muss nun noch die Hauptversammlung zustimmen. Der Kaufpreis wurde mit 34 Mio. EUR ausgehandelt und wird erfolgsabhängig in den nächsten Jahren ausgezahlt, bis der volle Betrag erreicht ist. Eine Alternative gibt es, wie der Vorstandsvorsitzende betonte, nicht, weshalb die Gesellschaft im Falle der Ablehnung des Verkaufs aufgelöst werden soll.
In Zukunft soll die Betonusa nach derzeitiger Planung in Spielhallen und Casinos investieren, obgleich dieser Markt momentan sehr umworben ist. Der Kernpunkt soll die Übernahme des Grand Princess Casino auf Antigua sein, das derzeit wegen der Erkrankung des Eigentümers auf Sparflamme läuft und einen Marktwert von 37 Mio. US-Dollar darstellt. Die Verhandlungen befinden sich nach Angabe von Herrn Hansch bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, und das Casino könnte dann zu attraktiven Konditionen angemietet werden.
Bereits im kommenden Jahr sollte nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden aus dieser Investition ein Gewinn von 2 Mio. US-Dollar realistisch erreichbar sein. Mittelfristig hält er mit Aufnahme von Marketingaktivitäten sogar 5 Mio. US-Dollar für möglich. Der ursprünglich geplante Erwerb von kleineren Spielhallen wurde angesichts dieses Potenzials vorerst zurückgestellt. Gleichzeitig mit der entsprechenden Änderung des Unternehmensgegenstandes soll laut Herrn Hansch auch die Firmierung geändert werden. „Der Name Betonusa ist eine einzige Provokation für die US-Behörden“, so der Vorstandsvorsitzedne. Ab sofort soll die Gesellschaft am Markt unter der Firmierung „MioBet AG“ auftreten.
„Wir waren Opfer der veränderten Gesetzgebung und der Personen, die die neuen Bedingungen für ihre eigenen Interessen ausnutzen wollten“, fasste Herr Hansch abschließend noch einmal zusammen. Für die Besorgnisse der Aktionäre zeigte er durchaus Verständnis, er appellierte aber an die Anwesenden, dem Verkauf des Unternehmensbereichs Online-Entertainment zuzustimmen. Eine Alternative gibt es seiner Meinung nach nicht, alternativ soll die Gesellschaft aufgelöst werden.
Allgemeine AusspracheEröffnet wurde die Diskussion von Aktionär Helmut Prutsch, der die Geduld der Anwesenden mit einen Katalog von mehr als 250 Fragen auf eine harte Probe stellte. Da er sich im größten Teil seiner Anmerkungen mit Themen beschäftigte, die entweder schon im Vorstandsbericht angesprochen waren oder aber Details aus dem Jahresabschluss berührten, die nach den Umwälzungen der letzten Monate nicht mehr von Belang waren, zog er schon nach kurzer Zeit den Unmut der Aktionäre auf sich. Trotzdem bewahrte der Aufsichtsratsvorsitzende die Ruhe und bat die Anwesenden, den Aktionär seine Ausführungen abschließen zu lassen.
Durchaus berechtigt war die Frage von Herrn Prutsch, warum die Gefahr der veränderten Gesetzgebung in den USA, die sich über lange Zeit abgezeichnet hat, vom Vorstand in den Pressemeldungen nie wirklich thematisiert wurde und auch nicht auf der letzten Hauptversammlung im August 2006, als sich das Gesetz bereits konkret im Entstehen befand. Noch im Dezember 2006 sprach der Vorstand lediglich von „Herausforderungen“ und „Chancen, die sich daraus ergeben“. Herr Prutsch unterstellte, dass die Aktionäre absichtlich getäuscht wurden, erhielt darauf, soweit dies dem Verfasser in der Fülle der Antworten nicht entgangen ist, aber keine Antwort.
Eine weitere Frage von Herrn Prutsch zielte auf die Qualifikation von Herrn und Frau Hansch für das Amt des Vorstands. Nach Aussage des Aufsichtsratsvorsitzenden wurde insbesondere Herr Hansch berufen, weil er nach dem überraschenden Rücktritt seines Vorgängers schnell zur Verfügung stand und außerdem mit seiner Familie der Großaktionär der Gesellschaft ist. „Im Übrigen haben wir keine Hinweise darauf, dass der Vorstand die erforderliche Qualifikation nicht aufweist“, gab Herr Loch die Frage an den Aktionär zurück.
Mehrere Aktionäre stellten sich im Anschluss als ehemalige stille Gesellschafter der Vorgängergesellschaften vor, die erst über die Umwandlung ihrer Anteile in Aktien Miteigentümer der Betonusa AG geworden sind. Offenbar war der größte Teil der Anwesenden auf diesem Weg zwar freiwillig, aber nicht wirklich gewollt in den Aktionärskreis aufgenommen wurden und musste daraufhin empfindliche Kursverluste verkraften, nachdem zuvor noch attraktive Zinsen vereinnahmt werden konnten. Viele zeigten sich entsprechend unglücklich, dass die Betonusa AG überhaupt den Weg an die Börse genommen hat.
Die wesentlichen Fragen stellte im Anschluss in angenehm kompakter Form Frau Eva Götting, Sprecherin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Diese konstatierte zunächst noch einmal, dass der vorliegende Jahresabschluss aufgrund der jüngsten Ereignisse komplett überholt ist und dass sich Fragen zu dieser Thematik erübrigen. Für die Aktionäre stelle sich lediglich die Frage, ob sie dem Kaufvertrag zustimmen oder aber der Liquidation der Gesellschaft den Vorzug geben sollen.
In diesem Kontext erkundigte sich Frau Götting, wie hoch der Liquidationserlös aus heutiger Sicht ausfallen und in welchem Zeitraum mit dem Zufluss gerechnet werden könnte. Zu dieser Thematik konnte der Vorstandsvorsitzende noch keine konkreten Angaben machen, nach seiner Einschätzung wird im Falle der Liquidation aber ein enormer Wertverlust zu verzeichnen sein, und es dürfte wohl in einigen Jahren nur eine Ausschüttung von wenigen Cent pro Aktie zu erwarten sein.
Interesse zeigte Frau Götting auch an den Gesellschaftern, die sich hinter der Market Alliance Agency Inc. verbergen. Deren Identität soll, wie Herrn Hansch in seiner Antwort ausführte, nicht aufgedeckt werden, was auch vertraglich so festgehalten wurde. Das Ziel sei es ja eben, das Geschäft anonym fortzuführen, um den Betreiber für die US-Behörden nicht angreifbar zu machen. Bedenken äußerte die Vertreterin der DSW, dass der Kaufpreis von 34 Mio. EUR auch wirklich zufließt. In diesem Zusammenhang erkundigte sie sich, in welchem Zeitraum die komplette Summe vereinnahmt sein soll, und sie bat um eine Aussage zu den vereinbarten Sicherheiten. Interesse hatte sie auch an der Ermittlung des Kaufpreises.
Wie ihr der Vorstandsvorsitzende mitteilte, wurde der Preis auf Basis vergleichbarer Unternehmen der Branche und letztlich in Verhandlungen festgelegt. Bezüglich der Sicherheiten verwies er auf §8 des in der Tagesordnung abgedruckten Kaufvertrags. Im Wesentlichen bestehen diese aus Pfandrechten an den veräußerten Anteilen und den Internet-Domains. Etwa zwei bis drei Jahre nach der erfolgreichen Übertragung des Geschäfts sollten die 34 Mio. EUR nach Schätzung von Herrn Hansch komplett zugeflossen sein.
Unverständlich war der DSW-Sprecherin, wie der ehemalige Vorstand Binsner der Gesellschaft den von Herrn Hansch dargestellten Schaden habe zufügen können. Ihrer Meinung nach kann dies nur auf Mängel im Risikomanagement zurückzuführen sein. Nun wollte sie wissen, ob bereits rechtliche Schritte gegen Herrn Binsner eingeleitet wurden. Wie Herr Loch darlegte, existiert durchaus ein funktionierendes Risikomanagement, es sei aber nicht möglich, vorsätzliche Handlungen komplett auszuschließen. Rechtliche Schritte sind nach seiner Angabe fest geplant.
Gefragt wurde außerdem nach aktuellen Zahlen zum laufenden Jahr, von dem schon acht Monate verstrichen sind. Auch hierzu konnte der Vorstandsvorsitzende noch keinerlei Angaben machen. Eine Planung existiert bislang ebenfalls nicht, schließlich ist die Zukunft der Gesellschaft ganz wesentlich von den zu fassenden Beschlüssen abhängig, weshalb diese Thematik erst nach der Hauptversammlung angegangen werden soll. Die Liquidität beläuft sich nach Aussage von Herrn Hansch aktuell auf 2,5 Mio. EUR.
AbstimmungenDie Präsenz wurde mit 16.903.225 Aktien oder 52,82 Prozent des Grundkapitals festgestellt. Mit knapp 8,9 Millionen Stimmen wurde mehr als die Hälfte von der Familie des Vorstands vertreten, die jedoch bei allen Abstimmungen freiwillig nicht teilnahm, um die Entscheidung über die Zukunft der Gesellschaft allein den freien Aktionären zu überlassen.
Dennoch fielen die Ergebnisse eindeutig aus. Am meisten Gegenstimmen ergaben sich mit jeweils rund 400.000 bei der Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), was aber immer noch einer Zustimmung von rund 95 Prozent entsprach. Die Verwendung des Bilanzgewinns (TOP 2), die Wahl des Abschlussprüfers (TOP 5), die Ergänzungswahlen zum Aufsichtsrat (TOP 6), die Umfirmierung in „MioBet AG“ (TOP 7) und die Zustimmung zur Veräußerung des Unternehmensbereichs Online-Entertainment an die Alliance Agency Ltd. (TOP 8) wurden mit Quoten zwischen 97 und 99 Prozent verabschiedet.
Herr Neugebauer hatte für die von ihm vertretenen Aktionäre schon während der Debatte Widerspruch zu allen Beschlussfassungen zu Protokoll gegeben. Wie am Rande der Versammlung zu erfahren war, will außerdem Herr Zapf dagegen vorgehen, dass er von den Sicherheitskräften an der Teilnahme an der Hauptversammlung gehindert wurde.
FazitDer Jahresabschluss der Betonusa AG sieht blendend aus, zeigt aber leider nicht die momentane Lage der Gesellschaft, deren Geschäft durch die US-Gesetzgebung praktisch zum Erliegen gekommen ist. Warum diese existenzielle Gefahr nicht schon früher thematisiert wurde, ist unklar, selbst auf der letzten Hauptversammlung, als das neue Gesetz bereits konkret im Entstehen war, spielte dieses Thema keine Rolle. Dazu kamen nach Aussage des derzeitigen Managements noch diverse Handlungen des Ex-Vorstands Binsner, womit das Unternehmen nun direkt am Rande des Abgrunds steht.
Die Hauptversammlung hat notgedrungen dem Verkauf des kompletten Online-Entertainment an eine Gesellschaft zugestimmt, deren Eigentümer das Geschäft nun anonym und damit geschützt vor der Strafverfolgung der US-Behörden fortführen will - eine abenteuerliche Konstruktion. Als Kaufpreis wurden 34 Mio. EUR vereinbart, die abhängig vom künftigen Ergebnis ratenweise bezahlt werden sollen. Das Geschäft der Betonusa wird sich laut Planung nun im Wesentlichen auf das Betreiben eines Casinos in Antigua beschränken, das in Kürze angemietet werden und Gewinne von bis zu 5 Mio. US-Dollar einbringen soll.
Ob diese Pläne tatsächlich verwirklicht werden können, steht indes in den Sternen. Es ist durchaus nicht auszuschließen, dass aus dem Verkauf des Online-Entertainment überhaupt nichts zufließt, und auch das Vorhaben mit dem Casino in Antigua klingt, vorsichtig formuliert, ambitioniert. Angesichts der enormen Unsicherheiten erscheint die Aktie auch nach dem Kurssturz auf ein Niveau von 0,35 EUR, auf dem das Unternehmen immer noch mit 11 Mio. EUR bewertet wird, noch zu teuer. Von einem Engagement in die künftig unter MioBet AG firmierende Gesellschaft kann nach wie vor nur dringend abgeraten werden.
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Veröffentlichungsdatum:
06.04.2007
-
18:24
Redakteur:
mwa