Die seit 20 Jahren im Betrieb von Altenpflegeheimen und Reha-Kliniken tätige Gesellschaft lud am 30. Januar 2004 interessierte Analysten, Pressevertreter und Investoren zu einer Investorenkonferenz in die Räumlichkeiten der GSC Research GmbH nach Düsseldorf ein. Herr Schrade, Geschäftsführer von GSC Research, begrüßte die Anwesenden und übergab nach einigen einleitenden Worten dem Vorstandsvorsitzenden der Marseille-Kliniken AG, Herrn Axel Hölzer, das Wort.
Herr Hölzer begrüßte die Erschienenen ebenfalls sehr herzlich und stellte zunächst das Geschäftsmodell der Marseille-Kliniken AG vor. Das Unternehmen profitiert nach seiner Aussage besonders von der immer weiter zunehmenden Lebenserwartung und der damit einhergehenden steigenden Hilfsbedürftigkeit der Menschen im Alter. Im Geschäftsfeld Pflege ist die Marseille-Kliniken AG seit nunmehr 20 Jahren im Markt aktiv und verfolgt als Mission, pflegebedürftigen Menschen ihren letzten Lebensabschnitt so angenehm wie möglich zu gestalten.
Der selbstgestellte Anspruch besteht laut Vorstandschef darin, als einer der führenden Gesundheitsversorger in Deutschland am rasanten Marktwachstum überproportional zu partizipieren. Dabei legt Marseille besonderen Wert auf modernste Einrichtungen, kompetente und engagierte Mitarbeiter sowie eine klare und gradlinige Strategie, die auf den drei Grundsätzen Kundenorientierung, Wirtschaftlichkeit sowie soziale Verantwortung basiert.
Der Markt: nur wenige private Anbieter im Pflegebereich
Der Gesundheitsmarkt zählt in Deutschland mit einem Gesamtvolumen von rund 80 Mrd. Euro und einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von über 5 Prozent zu den wichtigen Säulen der Volkswirtschaft. Derzeit bestehen etwa 12.000 Einrichtungen mit über 1,5 Millionen stationären Betten. Das Marktumfeld zeichnet sich nach Angabe von Herrn Hölzer als Folge der tiefgreifenden staatlichen Reglementierung durch nach wie vor sehr stark verkrustete Strukturen aus.
Ausgehend von bereits in Umsetzung befindlichen Reformen, wie beispielsweise der Fallpauschalen (sog. DRG's) erwarten Marktteilnehmer eine Intensivierung des Wettbewerbs und eine Änderung der Anbieterstruktur, die zur Zeit mit über 90 Prozent von öffentlichen oder gemeinnützigen Trägern dominiert wird. Profitieren werden davon nach Einschätzung von Herrn Hölzer vor allem effizient arbeitende Unternehmen, die in der Lage sind, den im Markt bestehenden Investitionsstau von rund 60 Mrd. Euro, das immer weitere Auseinanderklaffen bei der Einnahmen-Ausgaben-Schere sowie die auch weiterhin notwendigen hohen Investitionen durch den kontinuierlichen medizinischen Fortschritt aufzufangen.
Mit Abstand das größte Segment im Gesundheitsmarkt bilden die Akutkrankenhäuser mit deutschlandweit 2.200 Einrichtungen, etwa 565.000 Betten und einem Jahresumsatz von rund 50 Milliaden Euro. In diesem Bereich dominieren auf der Anbieterseite öffentliche (59%) und gemeinnützige (35%) Träger das Wettbewerbsumfeld, der Anteil privater Betreiber ist mit lediglich 6 Prozent verschwindend gering.
Das zweitwichtigste Segment bildet die Pflege mit rund 8.400 Einrichtungen und einer Bettenkapazität von 750.000. Der Branchenumsatz beläuft sich auf rund 25 Mrd. Euro im Jahr. Der Anteil gemeinnütziger (55%) und öffentlicher (13%) Träger ist in diesem Bereich deutlich geringer, die privaten Betreiber konnten ihren Marktanteil in den letzten 10 Jahren von rund 20 auf aktuell etwa 32 Prozent steigern.
Im kleinsten Segment, der Rehabilitation, mit einem Jahresumsatz von 5 Milliarden Euro, die sich auf 190.000 Betten in deutschlandweit 1.400 Häuser verteilen, ist der Marktanteil privater Betreiber historisch bedingt mit 61 Prozent sehr hoch und dominierend. Weitere 25 Prozent des Marktanteils entfallen auf gemeinnützige Träger, die übrigen 14 Prozent auf öffentliche Einrichtungen wie beispielsweise die BfA oder die LVA.
Das Kerngeschäft der Marseille-Kliniken AG ist seit Unternehmensgründung der Betrieb von modernen Pflegeeinrichtungen. In diesem Geschäftsfeld bietet die Gesellschaft ein umfassendes Betreuungsangebot für alle Pflegebedürftigen, das aus sorgfältig aufeinander abgestimmten Bausteinen zur Versorgung besteht. Neben der stationären Pflege existieren auch Angebote in der Kurzzeit-/Tagespflege sowie - vor allem als Marketing-Aktivität - in der ambulanten Pflege. Oliver Franz, Analyst bei performaxx, fragte dazu nach der durchschnittlichen Verweildauer von Personen in einem Pflegeheim. Herr Hölzer erklärte, dass diese im Durchschnitt drei Jahre beträgt.
Auf den ersten Blick etwas aus dem Rahmen fallen nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden die Aktivitäten im Bereich der Betreuung Behinderter. Dabei handelt es sich jedoch nach seiner Angabe vor dem Hintergrund der wesentlich längeren Lebenserwartung dieser Klientel und den nach wie vor spürbar vorhandenen Unterkapazitäten auf dem deutschen Markt um ein durchaus rentables und spannendes Geschäft. Als wesentlichen Grund für den im Markt bestehenden Kapazitätsmangel führte Herr Hölzer die geringe Bereitschaft von Trägern an, sich in diesem Segment zu engagieren.
Marktbeobachter und Analysten bescheinigen dem Pflegebereich in den kommenden Jahr-zehnten ein starkes Wachstumspotential. Analog zur steigenden Lebenserwartung und der demographisch bedingten Zunahme der Zahl an Menschen über 80 Jahren, der klassischen Zielgruppe für Pflegeeinrichtungen in Deutschland, wird sich der Bettenbedarf in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Aktuelle Berechnungen besagen, so der Marseille-Chef weiter, dass jährlich etwa 10.000 Betten im Pflegebereich geschaffen werden müssen, um mit dem erwarteten Nachfragewachstum Schritt halten zu können.
Neben einer steigenden Nachfrage bei Pflegekapazitäten war in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt nach Einführung der Pflegeversicherung im Jahre 1996, laut Vorstand auch eine Zunahme der Qualitätsanforderungen an die Pflegeeinrichtung sowie eine Spezialisierung des jeweiligen Leistungsangebotes feststellbar. Die letztgenannten Entwicklungen sind für die Marseille-Kliniken AG, die in erster Linie die Klientel der Selbstzahler adressiert, von besonderer Bedeutung und Interesse. Derzeit werden etwa 80 Prozent der Betten in Einrichtungen der Marseille-Kliniken AG von selbstzahlenden Patienten belegt, die übrigen 20 Prozent werden von der Sozialhilfe bezahlt.
Befragt nach den durchschnittlichen Heimkosten pro Monat für einen Bewohner erklärte Herr Hölzer, dass diese im Schnitt bei rund 2.500 Euro liegen. Davon müssen rund 1.600 Euro als Eigenanteil von Bewohnern selbst getragen werden, die Differenz erstattet die Pflegeversicherung. Die Kosten für ein Einzelzimmer der besten Kategorie mit speziellen Zusatzleistungen belaufen sich nach Vorstandsangabe auf rund 3.000 Euro.
Kostendruck zwingt zu Branchenkonsolidierung und Privatisierung
Mit Blick auf die kommenden Jahrzehnte wird sich nach Einschätzung von Herrn Hölzer angesichts des erwarteten starken Wachstums ein erheblicher zusätzlicher Kapitalbedarf bei den Betreibern ergeben. Der Neu- und Umbau von rund 550.000 Betten wird nach Schätzung von Marktbeobachtern ein Investitionsvolumen von über 50 Mrd. Euro in den nächsten 30 Jahren erfordern. Dieser immense Kapitalbedarf wird auf Dauer wohl nur von privaten Anbietern zu schultern sein, die über den Zugang zum Kapitalmarkt verfügen. Die Zahl der privat betriebenen Betten soll sich vor diesem Hintergrund von etwa 210.000 Betten im Jahr 1999 auf über 800.000 Betten in 2050 erhöhen. Analog wird der Marktanteil der privaten Anbieter voraussichtlich auf über 80 Prozent zulegen.
Aufgrund des sich weiter verstärkenden Kostendrucks auch im Pflegebereich wird in der Zukunft nach Einschätzung des Marseille-Chefs der bereits bestehende Trend hin zu einer verstärkten Privatisierung beschleunigen. Untersuchungen des Wettbewerbsumfeldes in der Pflege lassen laut Auskunft von Herrn Hölzer eine deutliche Konsolidierung des Marktes erwarten, der in den kommenden Jahren vor allem die bereits derzeit nicht oder nur knapp kostendeckend betriebenen Häuser und Träger zum Opfer fallen dürften.
Herr Hölzer warnte, dass von dieser Entwicklung nicht nur kleine und mittlere Anbieter aus dem öffentlichen und gemeinnützigen Bereich, sondern auch möglicherweise Branchenschwergewichte zum Opfer fallen werden. Als prominentes Beispiel für Schieflagen bei den Big Playern führte er die ProSeniore-Gruppe an, die im vergangenen Jahr - wenn man Berichten von Brancheninsidern glauben schenken kann - zeitweise nicht in der Lage war, den Mietverpflichtungen für angemietete Objekte nachzukommen.
Wachstumspotenziale im Segment Reha von Konjunkturabhängigkeit überlagert
Das zweite Standbein der Marseille-Kliniken AG bildet der Geschäftsbereich Reha, in dem das Unternehmen seit 1996 verstärkt aktiv ist. In der Rehabilitation hat man sich zum Ziel gesetzt, ein hochwertiges Behandlungsangebot für die wichtigen Indikationsgebiete vorzuhalten. Derzeit entfallen rund 41 Prozent der insgesamt 1.800 Betten in diesem Segment auf Psychiatrie und Psychosomatik, 31 Prozent auf die Orthopädie, 17 Prozent auf die Kardiologie und die übrigen 11 Prozent auf die Onkologie. Daneben gibt es Spezialangebote in den als besonders aussichtsreich eingeschätzten Segmenten Dermatologie und Dialyse.
Die Wachstumsaussichten im Bereich Reha sind im Vergleich zu denen der Pflege als wesentlich durchwachsener zu beurteilen, so Herr Hölzer weiter. Zum einen liegt dies an den starken Einschnitten im Reha-Bereich, die auf die Gesundheitsreform des Jahres 1996 zurückgehen, zum anderen an der im Vergleich zur Pflege höheren Konjunktursensitivität. Während die Bereiche Orthopädie, Kardiologie und Onkologie vom konjunkturellen Umfeld kaum betroffen sind, wirkt sich die Angst vor einem möglichen Arbeitsplatzverlust bei psychosomatischen Maßnahmen spürbar negativ aus und führt zu rückläufigen Belegungszahlen.
Der aktuell wichtigste Trend in der Reha ist laut Aussage von Herrn Hölzer der Einfluss der Einführung der Fallpauschalen (DRG`s), die zu deutlich kürzeren Verweildauern in den Akutkrankenhäusern und einer Zunahme der Fallzahlen in den Reha-Einrichtungen führen werden. Dennoch ist vor dem Jahr 2006 kaum mit einem nennenswerten Zuwachs des Marktvolumens in diesem Geschäftsfeld zu rechnen. Der anhaltend starke Kostendruck und die aktuell vergleichsweise niedrige Auslastung der Bettenkapazitäten wird auch in der Reha zu einer weiteren Konsolidierung des Marktes sowie einer Privatisierung von Einrichtungen führen.
Nur wenige börsennotierte Gesundheitsunternehmen in Deutschland
Charakteristisch für den deutschen Gesundheitsmarkt ist die sehr geringe Zahl an börsennotierten Unternehmen. So ist beispielsweise aus dem 50-Milliarden-Euro-Markt der Akutkrankenhäuser lediglich die Rhön-Klinikum AG als nennenswerter Player an der Börse gelistet, der im Jahr 2002 ein Umsatzvolumen von 880 Mio. Euro generiert hat.
Schwerpunktmäßig in der Pflege tätige börsennotierte deutsche Wettbewerber sind neben der Marseille-Kliniken AG noch die Münchener Curanum AG (6.455 Betten) mit einem 2002er-Umsatz von 177 Mio. Euro sowie die ebenfalls in Pflege und Reha aktiven Maternus-Kliniken mit einer Pflegebettenkapazität von 2.947 und einem Umsatz von 106 Mio. Euro.
Wie Herr Hölzer erläuterte, unterscheidet sich die Marseille-Kliniken AG von ihren nationalen börsennotierten Wettbewerbern durch das effiziente Kostenmanagement, eine konzernweite Softwarelösung auf SAP/R3-Basis in Verbindung mit integrierter Pflege- und Personal-Managementsoftware in allen Häusern sowie einer klar fokussierten Markenpolitik (Senioren-Wohnpark, AMARITA).
Der Blick auf internationale Wettbewerber wie die US-amerikanische Beverly Enterprise (50.000 Betten) oder die britische Sunrise Assisted Living (16.600) mit deutlich 5-stelligen Bettenzahlen im Segment Pflege zeigen die Marschrichtung, welche man einschlagen will, so Herr Hölzer weiter.
Hohe Investitionen in IT und Software eröffnen Potenzial für große Skaleneffekte
Als strategische Erfolge konnten nach Vorstandsangabe in den vergangenen Jahren die Entwicklung eines sehr effizienten Kostenmanagements auf der Basis integrierter und konzernweiter IT-Systeme, die Steuerung der einzelnen Unternehmensbereiche auf der Basis von Benchmarks sowie die konsequente Realisierung von Skaleneffekten durch Profit-Center-Strukturen verbucht werden.
Ausgehend von diesen Grundlagen strebt die Marseille-Kliniken nach Aussage ihres Vorstandsvorsitzenden die Marktführerschaft im Bereich der privatwirtschaftlich organisierten stationären Altenpflege an. Um dies zu erreichen, ist ein Ausbau der Gesamtbettenzahl von aktuell 7.500 auf rund 12.000 im Jahr 2008 vorgesehen. Diese Vorgabe entspricht einem jährlichen Wachstum von etwa 1.000 Betten - ein Wert, der laut Vorstand auch in den vergangenen Jahren im Regelfall erreicht wurde.
Begleitet werden soll der Wachstumskurs von einer fokussierten Markenpolitik sowie eine optimale Qualität der angebotenen Leistungen, die durch wissenschaftliche Forschungsprojekte und das bestehende Qualitätsmanagement sichergestellt wird. Auf der Finanzseite soll die Ertragskraft des Konzerns auf ein ROCE von über 15 Prozent gesteigert und die Eigenkapitalquote auf über 30 Prozent erhöht werden.
Kombinierte Wachstumsstrategie durch Neueröffnungen und Übernahmen
Die eingeleitete Wachstumsstrategie basiert laut Vorstand in der Pflege auf der Anpachtung von neuen Objekten, der Übernahme bestehender Einrichtungen, sowie den Neubau von Einrichtungen nach dem AMARITA-Konzept (= ganzheitliche, aktivierende Pflege in angenehmer Hotelatmosphäre). Besonderer Wert wird dabei auf die richtige Standortwahl gelegt, die in bevölkerungsreichen und mit hohem Lebensstandard und Kaufkraft versehenen Gebieten, vorzugsweise in den Regionen Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg erfolgen soll.
Im Bereich Reha soll in den kommenden Jahren die Rentabilität durch eine zunehmende Spezialisierung der Einrichtungen sowie eine verstärkte Kooperation mit Akutkliniken zur Verbesserung der Auslastungsgrade erfolgen. Mit der Wachstumsstrategie wird die Gesellschaft nach Einschätzung ihres Vorstandsvorsitzenden mittelfristig eine international wettbewerbsfähige Größenordnung erreichen. Im internationalen Durchschnitt liegt die Bettenzahl bei etwa 15.000; betrachtet man nur dem amerikanischen Markt, so liegt der Wert dort mit durchschnittlich 23.500 Betten nochmals deutlich darüber.
Durch die Umsetzung des Wachstumskonzeptes können nach Einschätzung der Verwaltung erhebliche Skaleneffekte realisiert werden, die sich entsprechend positiv auf der Ergebnisseite auswirken. Bei der angestrebten Größenordnung von 12.000 Betten verringert sich der Overhead pro Tag und Bett laut Einschätzung von Herrn Hölzer deutlich von derzeit 4,50 Euro auf dann nur noch 2,25 Euro. Bereits im laufenden Jahr erwartet die Verwaltung ein Absinken der Personalkosten gegenüber dem Vorjahr um rund 1 Mio. Euro.
2002/2003: Weitgehend stabiles Konzern-Ergebnis trotz Einbruch im Reha-Bereich
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2002/2003 stiegen die Umsatzerlöse im Gesamtkonzern um knapp 10 Mio. Euro auf 190 Mio. Euro. Getrieben wurde das Umsatzwachstum vor allem durch Zuwächse im Segment Pflege, das trotz einer deutlichen Kapazitätsausweitung (+15,3%) die Auslastungsquote mit 95,1 Prozent auf einem sehr hohen Niveau stabilisieren konnte. Der Umsatz pro Bett konnte gegenüber dem Vorjahr sogar um 1,6 Prozent auf 25.440 Euro erhöht werden.
Einbußen musste hingegen der Bereich Reha verkraften, in dem sich der Umsatz vor allem wegen des konjunkturabhängigen Psychosomatik-Geschäftes um 4,3 Mio. Euro auf 61,7 Mio. Euro verringerte. Das negative Spartenergebnis aus der Reha ist nach Vorstandsangabe auch wesentlich mit verantwortlich für den Rückgang des Konzern-Ergebnisses nach DVFA von 10,1 auf nun 8,5 Mio. Euro. Dies entsprach einem Ergebnis von 0,70 (0,82) Euro je Aktie.
Der Start ins laufende Geschäftsjahr ist nach Vorstandsangabe durchaus positiv verlaufen. Während sich der Bereich Pflege mit einem Anstieg des operativen Umsatzes im ersten Quartal 2003/2004 von 16,3 Prozent auf 35,7 Mio. Euro weiter sehr positiv entwickelte und einen Ergebnisbeitrag von 3,3 Mio. Euro beisteuerte, entwickelt sich das Reha-Geschäft erneut nur schwach. Umsatzerlösen von 15,6 Mio. Euro stand ein Fehlbetrag von 0,1 Mio. Euro gegenüber.
Beim Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum ist jedoch zu beachten, dass der Auslastungsgrad der Reha im ersten Quartal des Vorjahres mit 90 Prozent deutlich über dem aktuellen Wert von etwa 82 Prozent lag. Der Einbruch erfolgte erst ab dem zweiten Quartal 2002/2003. Hier zeigen sich die Erfolge der verbesserten Kostenstruktur, die auch in einem sehr schwierigen Umfeld eine "rote Null" ermöglichten.
Im Gesamtkonzern legten die Umsätze um 7,3 Prozent auf 51,3 Mio. Euro zu. Das DVFA-Ergebnis verbesserte sich gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um rund 3,1 Prozent auf 3,2 Mio. Euro. Die aktuelle Kapazität von insgesamt 7.500 Betten soll sich bis zum Bilanzstichtag am 30. Juni 2004 auf 8.086 Betten erhöhen.
50 Prozent Umsatzplus und Verdreifachung des Gewinns binnen zwei Jahren geplant
Für das Gesamtjahr 2003/2004 erwartet die Verwaltung einen Umsatz von 221,9 Mio. Euro bei einem Ergebnis von 14,4 Mio. Euro. Auf Nachfrage von Daniel Schuster, Redakteur beim WERTPAPIER, erklärte Herr Hölzer, dass ein derartiger Ergebniswert zumindest das Erreichen einer schwarzen Null im Segment Reha erfordert, insoweit stelle die Planung eher den Best-Case-Wert dar. Wenngleich diese Zielsetzung als durchaus sportlich betrachtet werden kann, sieht die Verwaltung derzeit keinen Anlass, von dieser Planung abzurücken. Ein noch stärkeres Wachstum ist für das Geschäftsjahr 2004/2005 geplant: Die Umsatzerlöse sollen sich auf 289,3 Mio. Euro und das Ergebnis auf 28,5 Mio. Euro erhöhen.
Vor diesem Hintergrund erkundigte sich Herr Schrade nach der Plausibilität dieses Planansatzes, der ihm auf den ersten Blick doch sehr ambitioniert erschien. Herr Hölzer wies darauf hin, dass sich im Geschäftsjahr 2004/2005 mehrere Effekte positiv auf der Ergebnisseite auswirken werden. Zum einen resultiert der kräftige Anstieg aus der im laufenden Jahr erfolgenden Ausweitung der Bettenzahl, die sich - zumindest was die neuen Einrichtungen betrifft - erst im kommenden Jahr voll auf der Umsatz- und Ertragsseite auswirken wird.
Ähnliches gilt für die vor rund einem Jahr übernommenen Häuser der Refugium-Gruppe, die zum jetzigen Zeitpunkt das Ertrags- und Umsatzniveau des Gesamtkonzerns erreicht haben. Allein aus diesem Effekt erwartet die Verwaltung eine Ergebnisverbesserung um rund 2,4 Mio. Euro. Ein maßgeblicher Treiber des Ergebniswachstums werden Skaleneffekte und die erwarteten Einsparungen beim Personal sein, die ebenfalls mit 2 Mio. Euro zu Buche schlagen. Last but not least spiegelt die Ergebnisplanung auch die Erwartung wider, dass auch das Segment Reha im kommenden Geschäftsjahr wieder einen positiven Ergebnisbeitrag von 2,5 Mio. Euro liefert.
Das Wachstum der Bettenzahl schlägt stark aufs Ergebnis durch
Im Bereich Pflege plant das Unternehmen nach Vorstandsangabe in den kommenden Jahren ein durchschnittliches jährliches Wachstum von über 20 Prozent. Erreicht werden soll dieser Zuwachs durch eine kombinierte Strategie aus organischem und externem Wachstum. Dabei wird angestrebt, die Zunahme der Bettenzahl je zur Hälfte durch die Übernahme und Sanierung bestehender Häuser sowie den Neubau bzw. die Anmietung von Häusern in aussichtsreichen Lagen zu realisieren.
Nach Einschätzung von Herrn Hölzer stellt diese Vorgehensweise eine Minimierung der Expansionsrisiken sicher, da man nicht bei allen Einrichtungen das Auslastungsrisiko tragen muss. Entscheidend bei der Übernahme bereits bestehender Einrichtungen ist nach Vorstandsangabe natürlich ein möglichst günstiger Einstiegspreis, der bezogen auf das einzelne Bett den Wert von 50.000 Euro nicht übersteigen sollte.
Um die Ergebnisauswirkungen des Wachstums zu verdeutlichen, bezifferte Herr Hölzer auf Nachfrage von Oliver Franz den Vorsteuergewinn auf gut 5 Mio. Euro pro zusätzlichen 1.000 Betten und Jahr. Er wies hierbei darauf hin, dass die aktuellen Overhead-Aufwendungen von 4,5 Euro je Tag und Bett sich bei einer Gesamtbettenzahl von etwa 12.000 auf rund die Hälfte reduzieren. Die abnehmende Tendenz dieses Wertes wirkt sich neben der Erhöhung der Gesamtbettenzahl und deren Auslastung zusätzlich positiv auf die Ergebnissituation der Marseille-Kliniken AG aus.
Reduzierung der Verschuldung durch erhöhte Quote angemieteter Objekte angestrebt
Eine weitere wichtige Zielsetzung für die Zukunft, bei der bereits im laufenden Jahr deutliche Fortschritte erzielt werden sollen, ist der Abbau der Verschuldung der Marseille-Kliniken. Die Finanzschuldenquote, die neben der Finanzierung von Bestandsobjekten auch aus der Akquisition der KASANAG-Gruppe (Reha-Kliniken) in der Mitte der 90er Jahre resultiert, soll bereits im laufenden Geschäftsjahr von 53,6 auf 47,7 Prozent sinken. Bis zum Jahr 2005/2006 wird ein weiterer Rückgang über 46,8 auf dann 42,8 Prozent angestrebt.
Für das angestrebte Wachstum sollen laut Vorstand vor allem bilanzschonende Finanzierungsquellen genutzt werden, wie etwa Fördermittel, der verfügbare Free-Cash-Flows, das Sale-and-Lease-Back von Bestandsimmobilien sowie die Anmietung zukünftig fertiggestellter Häuser. Langfristig wird angestrebt, den derzeitigen Anteil von etwa 70 Prozent des Bestandes im Eigenbesitz auf unter 50 Prozent zu reduzieren.
Befragt nach einer Einschätzung, wann mit einer nennenswerten Sale-and-Lease-Back-Transaktion zu rechnen ist, erklärte Herr Hölzer, dass er diesem Jahr hier mit einem Teilerfolg rechnet. Klar sei aber auch, dass eine solche Transaktion nicht zu einer merklichen Verschlechterung des Status Quo führen darf.
Derzeit belaufen sich die Finanzierungskosten der eigenen Bestandsimmobilien auf etwa 7,5 Prozent pro Jahr. Bis zu einem Wert von 9 Prozent wäre ein Sale-and-Lease-Back aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden noch interessant. Die von verschiedenen Gesprächspartnern geforderten Konditionen zwischen 9,5 und 10 Prozent sind für den Marseille-Chef hingegen keine vernünftige Alternative, da so keine ertragsneutrale "Bilanzverkürzung" erreicht werden kann.
Fazit und eigene Meinung
Die Marseille-Kliniken AG dürfte dank der erheblichen Vorarbeiten in den vergangenen Jahren - insbesondere die Investition in einheitliche Softwarelösungen und resultierende Synergien aus der dadurch ermöglichten effizienten Unternehmenssteuerung - in den kommenden Jahren deutliche Zuwächse auf der Umsatz- und Ergebnisseite erzielen.
Der angepeilte Ergebnissprung in 2004/05 auf einen Gewinn von mehr als 2 Euro je Aktie würde ein KGV im niedrigen einstelligen Bereich bedeuten. Doch selbst auf Basis des Ergebnisses von 0,70 Euro im schwierigen abgelaufenen Geschäftsjahr ist die Aktie lediglich mit einem Multiple von etwas mehr als 10 bewertet. Angesichts der Rendite von 5,4 Prozent (Dividende zuletzt konstant 0,40 Euro) ist die Aktie nach unten sehr gut abgesichert.
Positiv zu werten sind die geplanten Maßnahmen zur Verringerung der langfristigen Verschuldung des Konzerns gegenüber Kreditinstituten. Wenngleich derzeit noch nicht absehbar ist, zu welchem Zeitpunkt eine größere Sale-and-Lease-Back-Transaktion hier deutliche Fortschritte erwirken kann, ist die Fokussierung auf eine Wachstumsstrategie ohne das dauerhafte Festhalten an Neubauten sowie die Anmietung von erforderlichen Objekten sicherlich der richtige Weg.
Nähere Einzelheiten sowie die Beurteilung der Wachstumsperspektiven entnehmen Sie bitte der in umfassenden Unternehmensstudie zur Marseille-Kliniken AG, die GSC Research voraussichtlich in der kommenden Woche publizieren wird.
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