Anlässlich der Vorlage der Neunmonats-Zahlen lud die Rinol AG am 28. November 2002 nach Frankfurt in den Messeturm zur Analystenkonferenz. Neben etwa 15 Teilnehmern war ein Vertreter von GSC Research anwesend und erstellte diesen Bericht. Herr Uwe Distel, im Vorstand verantwortlich für den Bereich Finanzen, begrüßte die Anwesenden und übergab dann das Wort an den Investor Relations-Beauftragten und Direktor Corporate Finance, Herrn Uwe Hänle.
Historische Entwicklung und Überblick
Herr Hänle begann seine Ausführungen mit einem Rückblick auf die Ursprünge der Rinol AG. Ausgehend von einem 1956 in Stuttgart gegründeten Handwerksunternehmen erfolgte 1990 die Umwandlung in eine AG. Von 1991 bis 1995 wurde die Geschäftstätigkeit durch Akquisitionen in Deutschland ausgedehnt. 1996 erfolgte der Börsengang, gefolgt von weiteren Akquisitionen in Europa. 1998 wurden an der Börse eine Kapitalerhöhung und eine Anleihe platziert.
Im Jahre 2001 wurden weltweit 24 Mio. Quadratmeter Industrieböden aus Polymer-Kunststoff verlegt, und für 2002 werden etwa 27 Mio. Quadratmeter erwartet. Die Anwendungsbereiche reichen von Spezialböden für Reinräume bei Carl Zeiss über Spezialböden im Automotive-Bereich bis hin zu Böden mit besonderen Ansprüchen an die Statik, zum Beispiel in Hochregallagern. Ein besonderes Prestigeprojekt war im letzten Jahr die Ausstattung der "Gläsernen Manufaktur" der Volkswagen AG in Dresden.
Aktuell ist Rinol in neun regionale Divisionen aufgeteilt: Amerika, Iberia, Frankreich, Mitteleuropa, Europa Süd/Ost, Europa Nord/West, Asien und Sonstige. Umsatzmäßig am bedeutendsten ist Frankreich mit den 1998 übernommenen Gesellschaften der Rocland-Gruppe. Hier wurde in 2001 ein Umsatz von 164 Mio. EUR erzielt, gefolgt von 114 Mio. EUR in Mitteleuropa mit dem Schwerpunkt in Deutschland. Die Umsätze der übrigen Regionen bewegen sich zwischen 15 und 30 Mio. EUR und ergeben zusammen einen Umsatz von 372 Mio. EUR.
Der weltweite Marktanteil bei Industrieböden beträgt etwa 6 bis 8 Prozent. Mit 35 Prozent ist dieser in Frankreich, Spanien und Portugal besonders hoch, gefolgt von ungefähr 15 bis 30 Prozent in Mitteleuropa. Das zukünftige Wachstum wird dagegen eher in Europa Nord/West gesehen, wo in 2001 eine Verstärkungen durch die Übernahme der Silidur erfolgte, sowie in Europa Süd/Ost und in Asien.
Im Hinblick auf das Umsatzwachstum von 20 Prozent in 2001 führte Herr Hänle aus, dass davon 4,4 Prozent organisch und der Rest akquisitionsbedingt waren. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erholte sich dabei kräftig von 700 TEUR auf 12,7 Mio. EUR. Das Ergebnis vor Steuern wurde, wie bereits in den Vorjahren, durch Abschreibungen auf eigene Aktien und Kursverluste aus einem Zinswährungsswap außerordentlich belastet. Das Ergebnis vor Ertragssteuern verbesserte sich von minus 13,8 Mio. EUR auf 9,1 Mio. EUR.
Insgesamt belaufen sich die Abwertungsverluste für die 10 Prozent eigenen, für Akquisitionszwecke gehaltenen Aktien von 1999 bis 30. Juni 2002 auf 6,6 Mio. EUR. Die Kursverluste aus dem Zinswährungsswap, der im Zusammenhang mit der 1998 begebenen Anleihe abgeschlossen wurde, summieren sich seit 2000 aufgrund des Anstiegs des Schweizer Franken auf nunmehr 4,5 Mio. EUR.
In der Bilanz zum 31. Dezember 2001 fällt die mit 10,5 Prozent vergleichbar geringe Eigenkapitalquote auf. Hierzu erläuterte Herr Hänle, dass bis einschließlich 2000 der Firmenwert bei Akquisitionen jeweils komplett mit den Rücklagen verrechnet wurde. Hätte man die Firmenwerte jeweils nach "HGB-Standard" aktiviert und über 15 Jahre abgeschrieben, würde die Eigenkapitalquote nun 20,6 Prozent betragen. Bei einer Bilanzierung nach IAS, wie sie voraussichtlich ab 2003 erfolgen wird, beträgt die Eigenkapitalquote 26,3 Prozent. Dieser Effekt resultiert zusätzlich aus der Aktivierung von latenten Steueransprüchen.
Zahlen zum dritten Quartal 2002
Im Folgenden erläuterte Herr Distel die am Vortag vorgelegten Zahlen für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres. Der Umsatz stieg um 6 Prozent auf 277 Mio. EUR. Ohne die erstmalige Vollkonsolidierung der Silidur-Gruppe wäre der Umsatz hingegen um rund 4 Prozent gesunken. Die Materialaufwandsquote sank um 2,3 Prozentpunkte auf 61,6 Prozent, was Ausdruck der durchgreifenden Synergieeffekte ist. Der Personalaufwand blieb mit 22,1 Prozent vom Umsatz stabil. Bezogen auf das dritte Quartal reduzierte er sich auf 20,4 Prozent. Die Anzahl der Mitarbeiter wurde als Reaktion auf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um 11,7 Prozent (243 Personen) reduziert. Sollte sich keine Konjunkturwende abzeichnen, wird innerhalb Jahresfrist eine weitere Reduzierung in dieser Größenordnung realisiert werden.
Das EBIT hat sich in den ersten drei Quartalen 2002 gegenüber 2001 um 18 Prozent auf 7,8 Mio. EUR reduziert. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Division Europa Nord/West aufgrund von Integrations- und Akquisitionskosten planmäßig keinen Beitrag zum EBIT leistete. Die eigenen Aktien und der Zinswährungsswap stellen auch im laufenden Jahr eine Belastung dar. Bis zum 30. September 2002 waren hier 1,9 Mio. EUR zu verkraften. Das Ergebnis vor Steuern sank von 3,8 Mio. EUR auf 2,8 Mio. EUR. Dennoch konnte das Ergebnis pro Aktie zum 30. September 2002 von 0,29 EUR auf 0,41 EUR gesteigert werden. Ursächlich hierfür war eine wesentlich geringere Steuerquote durch optimierte Gesellschaftsstrukturen.
Die Geschäftstätigkeit entwickelte sich regional sehr unterschiedlich. Während in Deutschland, Portugal und Asien Umsatzeinbußen zu verzeichnen waren, entwickelten sich Spanien und Europa Süd/Ost erfreulich. Immerhin kann man hieran sehen, dass die Internationalisierungsstrategie zu einer robusteren Entwicklung des Konzerns führt. Für das Gesamtjahr erwartet Herr Distel einen Umsatz von 400 Mio. EUR, nachdem bisher noch 415 Mio. EUR erwartet worden waren. Das Ergebnis vor Steuern soll unter Berücksichtigung von außerordentlichen Einflüssen bei 7 bis 8 Mio. EUR liegen.
Impulse für 2003 werden von der im Januar startenden Marketingoffensive "Rinol Systemhaus" erwartet. Nachdem die Akquisitionen der letzten Jahre behutsam unter der Marke Rinol zusammengeführt worden sind, wurden nun neue Verkaufsordner erstellt, die Architekten und Planern Informationen zu allen Industrieböden aus einer Hand bieten.
Abschließend stellte Herr Distel fest, dass die Rinol AG die Anforderungen an den Prime Standard, die im Rahmen der Neusegmentierung der Deutsche Börse AG aufgestellt wurden, erfüllen wird.
Allgemeine Diskussion
Die erste Frage bezog sich auf die erwartete Steuerquote. Herr Distel bezifferte diese mit nicht weit über 20 Prozent, allerdings wird ab 2003 auch wieder Gewerbesteuer fällig. Des Weiteren wurde nach den Planungen für 2003 gefragt. Exakte Planungen für das nächste Jahr liegen Herrn Distel noch nicht vor, er geht aber von einem Umsatzwachstum in Iberia, Mitteleuropa und Europa Süd/Ost aus. Das Ergebnis soll sich um mindestens 20 Prozent verbessern.
Bezüglich der im Oktober 2003 fälligen Anleihe sollen im März klare, vertraglich gesicherte Aussagen gemacht werden. Von dem ursprünglichen Anleihevolumen von 67 Mio. EUR wurden bisher 23 Mio. EUR zurückgekauft, davon über 6 Mio. EUR in 2002. Bei attraktiven Preisen wird weiter gekauft. Grundsätzlich reichen die liquiden Mittel und die freien Banklinien zu einer kompletten Rückzahlung der Anleihe aus.
Ein Teilnehmer schätzte die Lage am Bau als weiterhin schwierig ein und vermutete weiteren Preisdruck. Dies wurde von Herrn Distel bestätigt, man sei aber in der Lage, den Preisdruck durch Synergien im Konzern und auch weiteren Personalabbau mehr als auszugleichen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass Rinol als einziger Komplettanbieter über eine sehr starke Marktstellung verfügt. Eine Reihe von Wettbewerbern sind bereits vom Markt verschwunden, weitere werden ihnen folgen.
Auf die Frage nach dem im Geschäftsbericht 2001 angekündigten Rating antwortete Herr Hänle, als Reaktion auf Basel II habe sich Rinol für ein Rating entschieden. Statt eines teuren externen Ratings durch Moodys oder S&P wurde ein internes Ratingsystem analog dem Bankenrating aufgebaut. Dabei konnte man von den Erfahrungen von Herrn Hänle aus seiner langjährigen Banktätigkeit profitieren. Bisher wurde dies von den Banken sehr positiv aufgenommen und wird gleichzeitig auch als Instrument zur Erkennung und Beseitigung von Schwachstellen eingesetzt.
Eine weitere Frage bezog sich auf geplante strukturelle Maßnahmen. Laut Herrn Distel ist in Frankreich die Zusammenlegung von Firmeneinheiten geplant, um sowohl externe Kosten wie den Wirtschaftsprüfer einzusparen als auch innerbetriebliche Aufwendungen zu reduzieren. In Deutschland werden zum 1. Januar 2003 im Rahmen der Marketingoffensive die Vertriebsorganisationen weiter zusammengefasst. Insgesamt werden diese Maßnahmen auch von Personalanpassungen begleitet.
Ihren Abschluss fand die Analystenkonferenz bei einem Büfett mit Blick über die Frankfurter Skyline.
Fazit
Die Aktie der Rinol AG hat bisher unter drei Risikofaktoren gelitten: der Einordnung als Bauwert, der niedrigen Eigenkapitalquote und der Unsicherheit über die Rückzahlung der Anleihe. Die Wahrnehmung der Aktie als Bauwert wird man schwerlich ändern können, schließlich handelt es sich um einen Zulieferer dieses Bereichs. Was sich aber ändern kann, ist die Erkenntnis, dass man als europäischer Marktführer die Schwächen in Deutschland durchaus kompensieren kann.
Die niedrige Eigenkapitalquote würde sich relativieren, wenn man sie um die Verrechnung der Firmenwerte aus Akquisitionen bereinigen würde. Man sollte anerkennen, dass die bis 2000 erfolgte sofortige Verrechnung von Firmenwerten zu sehr konservativen Bilanzansätzen führt. Drittens erscheint die Rückzahlung der Anleihe vor dem Hintergrund von liquiden Mittel in Höhe von 37,5 Mio. EUR zum 30. September 2002, einem positiven Cashflow und einer freien Kreditlinie auch nicht weiter problematisch.
Angesichts der globalen Marktchancen und der guten Positionierung ist die Aktie der Rinol AG mit einem 2002er-KGV von voraussichtlich unter 5 günstig bewertet.
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