Einführung
Mit einer Verspätung von 25 Minuten wurde die Hauptversammlung um 10:25 Uhr von Herrn Otto-Gerd Bolte, Aufsichtsratsvorsitzender, eröffnet. Drei Ereignisse seien ihm vom vergangenen Jahr nicht mehr aus seinem Kopfe gegangen. Dies wären das Explodieren von ca. 500.000 Spraydosen, die Worte von Herrn Fonas „Das haben wir nicht verdient“ und das Angebot eines Wettbewerbers, die Produktion in dessen Hallen weiter zuführen.
Sein Dank gelte vor allem der Geschäftsführung für die Leitung nach dem Brand. Man wolle nun, mit der HV in dieser Halle, den Investoren beweisen, dass man das „Geld nicht auf den Cayman Islands bunkert“. Während der nun folgenden Erläuterung des Ablaufes und Erledigung der Formalien gab es einen kleinen Stromausfall, welcher auf eine ausgefallene Sicherung zurückzuführen war. Nach der Behebung des Problems führte Herr Bolte seine Ausführungen zu Ende und gab das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Herrn Andreas Fonas weiter.
Rede des Vorstands
Nichts sei besser als eine gute Idee, deren Zeit gekommen ist, zitierte sich Herr Fonas selbst zu Beginn seiner Rede. Die junge Geschichte der ECON-AIR würde dies beweisen. Neben dem Aufbau der neu eingeführten Marken, der Planung der neuen Anlage in Porta Westfalica sowie der formalen Organisation der AG, wurde das erste volle Geschäftsjahr auch von äußeren Einflüssen geprägt. Dennoch sei der eingeschlagene Weg unbeirrt weiter geführt worden.
Als einen der wichtigsten Schritte sehe man hierbei die Einwerbung des prospektierten Kapitals. Die am 17. Juni 1999 beschlossene Kapitalerhöhung wurde am 25. September 1999 abgeschlossen und am 25. November in das Handelsregister eingetragen. Dementsprechend ist das Grundkapital auf 19.322.700 DM erhöht worden. Im Jahre 1999 konnten 119 weitere atypisch stille Beteiligungen in Höhe von 6.210.750 DM eingeworben werden. Damit betrage das atypisch stille Beteiligungskapital inklusive Agio 28.014.625 DM, aufgeteilt in 448 Beteiligungen.
Die im Oktober durchgeführte steuerliche Außenprüfung durch das Finanzamt sei abgeschlossen. In Absprache mit den Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten der Gesellschaft konnte ein Kompromiss geschlossen werden. Das Problem kam auf, da die Finanzverwaltung einer 100prozentigen Übernahme der Verlustzuweisung für 1998 nicht entsprechen wollte. Die daraufhin geänderte Bilanz hänge dem Geschäftsbericht an.
Zur Steigerung der Motivation und Durchschlagskraft des Vertriebs wurden im Jahre 2000 einzelne Sortimentsteile ausgegliedert. Dadurch konnte der Fixkostenblock verringert werden, was unter anderem auf die verringerte Mitarbeiterzahl zurückzuführen sei. 2 Monate nach dem Brand konnte man bereits wieder an das Umsatzniveau des vorhergehenden Quartals und die Wachstumsdynamik des ersten Halbjahres anschließen.
Man erwartet für das Jahr 2000 einen Umsatz von 6 Mio. DM. Dies entspricht einer Steigerung von 50% gegenüber dem Vorjahr. Ohne den Brand wären diese Zahlen weitaus eindrucksvoller ausgefallen. Im nächsten Jahr sei geplant, das Recycling und die Wiederabfüllung als elementare Standbeine von ECON-AIR in Porta Westfalica wieder in Betrieb zu nehmen. Dadurch sei mit einem kraftvollem Anstieg des Wachstums zu rechnen.
1999 wurde in 148 Veröffentlichungen über die Produkte von ECON-AIR berichtet. Das Unternehmen habe hier durch eine offensive PR-Arbeit die Bekanntheit der hauseigenen Marken fördern wollen. Eine weitere PR-Maßnahme sei der Auftritt auf Messen gewesen.
Am 13. Juni 2000 entstand beim Anstechen einer Spraydose ein Funke, der einen Brand auslöste, in dessen Folge der gesamte Firmenkomplex zerstört werden sollte. Der genaue Hergang hierzu konnte nicht mehr rekonstruiert werden. Bereits am Tag nach dem Brand begannen die nicht benötigten Mitarbeiter mit den Aufräumarbeiten. Es wurde alles in die Wege geleitet, um die Wiederaufnahme der Auftragsbearbeitung zu gewährleisten.
Verwaltung und Vertrieb bezogen bereits am 19. Juni 2000 neue Büroräume im Gründer- und Anwendungszentrum Espelkamp. Die Lieferfähigkeit konnte dadurch schon nach sieben Wochen komplett wieder hergestellt werden. Die Produktion profitierte hingegen von seit Mai laufenden Verhandlungen mit der AS Vertriebsgesellschaft für Chemisch-technische Produkte mbH. Mit Gültigkeit vom 01.07.2000 übernahm die ECON-AIR die gesamte Produktion der AS GmbH.
Zur Ausweitung der Kapazitäten in sämtlichen Bereichen wurden weitere Kooperationsverträge geschlossen. Die Zahlen belegen, dass diese Bemühungen erste Früchte tragen. Mit Easy Powertools wurde im Mai 1999 eine kompetente Marke für den technischen Fachhandel an den Markt gebracht. Mittlerweile konnte hier ein beträchtlicher Bekanntheitsgrad am Markt geschaffen werden; man forciere über Geschäftspartner bereits Österreich, Luxemburg und die Schweiz.
Mit der Marke MONTY professional verfolgt man das Ziel, eine starke Marktposition im Bereich Sanitär-Heizung-Klima aufzubauen. Dies soll über Messepräsenz und Informationstage erreicht werden. Mittlerweile konnten hier Partner für den Vertrieb in der Schweiz und den Niederlanden gewonnen werden.
Die Marke Multican, welche Spezialprodukte für vielfältige Anwendungsfälle liefert, befindet sich weiterhin im Aufbau. Dazu werden Schulungen abgehalten und die Vertriebsmannschaft stetig ausgebaut. Mit Fertigstellung der Anlage in Porta Westfalica erwartet man sich hier deutliche Umsatzeffekte.
Um die Flexibilität in Zukunft zu gewährleisten, wurden für die jeweiligen Handelsmarken Vertriebsgesellschaften gegründet. Dies seien die Interforst in Ebrach, die Monty GmbH in Bergkirchen, die Car XXL GmbH i.G. Oberstenfeld und die AS Chemie GmbH in Bünde.
Das neue Gebäude soll architektonisch ein Zeichen setzen. Dementsprechend stellt die Halle eine liegende und der Turm eine stehende Spraydose dar. Beim Bau der Halle wurde auf Brandsicherheit geachtet. Da der Bau bereits vor dem Brand angefangen wurde, ist diese Maßnahme nicht auf den Brand zurückzuführen, sondern wurde bereits im Vorfeld bedacht.
Momentan befinde man sich auf der Suche nach einem IPO-Partner für den angestrebten Börsengang. Dieser sei insofern wichtig, da man das Geld für die internationale Expansion benötige.
Redebeiträge der Aktionäre
Herr Detlef Hecker stellte zunächst die Frage, warum der Aufsichtsrat laut Satzung dieselbe ändern könne, obwohl das Aktionärsgesetz dies der HV vorbehalte. Herr Notar Domeier entgegnete dem, dass der Aufsichtsrat nur formale Änderungen machen dürfe.
Herr Rolf Kleinwesper wunderte sich über die Änderung in Namensaktien. Er sehe darin keinen Sinn, da es für ihn so schwierig werden würde, die Aktien seiner Tochter zu geben. Herr Fonas sah in der Maßnahme keine Nachteile für die Aktionäre. Er führte dies darauf zurück, dass es neben den atypisch Beteiligten auch Aktionäre gebe, in einigen Fällen gar beides. Die atypisch Beteiligten seien bekannt und er würde auch gerne die Aktionäre kennen.
Ein Aktionär erkundigte sich, ob die Mitarbeiter eine Vergütung für ihre außerordentlichen Leistungen bekommen haben. Herr Fonas erklärte, dass ein Betriebsausflug unternommen worden sei, welcher sich sehr gut auf die Moral der Mitarbeiter ausgewirkt habe.
Herr Pessler lobte zuerst die Leistungen und fragte sogleich nach den Planzahlen für die nächsten Jahre, den Konkurrenten, der Kundenabhängigkeit, wie viele Aktionäre es gebe und wann die Fabrik in Betrieb genommen werden soll. Außerdem bat er um eine Erläuterung der Kapitalmaßnahmen.
Herr Fonas rechnet mit einer In-Betriebnahme im April nächsten Jahres. Auch halte er an den Planungen zur Emission fest, man habe nun quasi nur ein weiteres Jahr 1999. Konkurrenten gebe es auch, doch sehe er diese nicht als unmittelbare Konkurrenten an. Momentan habe man 6.000 Kunden, 448 atypisch Beteiligte und 1.800 Aktionäre. Auch sei das Unternehmen durch die Kapitalmaßnahmen wesentlich flexibler und kann die Kapitalerhöhungen je nach Bedarf in Tranchen ausführen.
Herr Pessler interessierte daraufhin die Liquiditätssituation und das Investitionsvolumen. Herr Fonas führte aus, dass man zwei Mio. DM auf dem Konto habe. Rund 5 Mio. habe man in das Werk investiert. Man sehe das Problem, denke aber, dass das Geld reichen werde. Herr Pessler erkundigte sich an dieser Stelle nach weiteren Kapitalmaßnahmen, worauf Herr Fonas seine vorherige Antwort um die Tatsache ergänzte, dass noch ca. 6 Mio. DM an Versicherungsgeldern kommen würden. Dies müsste dann bis zum Abschluss der Kapitalerhöhung im März ausreichen. Die Investitionsvorhaben seien dadurch gesichert und man liege voll im Zahlungsplan für die Fabrik.
Abstimmung
Es waren 534.680 Aktien vertreten, was 12,12% des Grundkapitals entspricht. Bei Top 2, der Abstimmung zur Entlastung des Vorstands, waren 529.880 Aktien stimmberechtigt. Alle Tagesordnungspunkte wurden einstimmig angenommen. Abgestimmt wurde über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats, die Wahl des Abschlussprüfers, die Umwandlung von Inhaber in Namensaktien, die Reduzierung des bisherigen genehmigten Kapital, die Ausschließung des Bezugsrechtes, die Umstellung von DM auf Euro, die Sitzverlegung nach Porta Westfalica und die Beendigung der Verlustübernahmeverträge.
Fazit und persönliche Meinung
Die Gesellschaft wurde auf der HV sehr gut dargestellt. Antworten waren sehr schnell parat und wurden bereitwillig gegeben. Man konnte leicht den Eindruck gewinnen, dass der Brand der Gesellschaft kaum geschädigt habe. Da man jedoch nach sehr kurzer Zeit wieder voll „einsatzfähig“ war, erscheint es doch fragwürdig, ob die verfehlten Umsatzprognosen dann wirklich auf den Brand zurückzuführen sind, oder ob es nicht noch tiefergehende Probleme gibt.
Darüber hinaus offenbart ein Blick in den Geschäftsbericht, dass im Jahr 1999 Verluste von über 13 Mio. DM entstanden, die größtenteils von atypisch stillen Gesellschaftern getragen wurden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wie sich bei lediglich um 50% höheren Umsatzerlösen in 2000 sowie den zusätzlichen Belastungen des Brandes die Kosten im laufenden Jahr auch nur näherungsweise decken lassen, so dass erneut ein erheblicher Verlust ausgewiesen werden dürfte.
Da die Verlustübernahme durch atypisch stille Gesellschafter nicht mehr bzw. nur noch in geringem Umfang erfolgen kann, muss daraus resultierend von einer erheblichen Reduktion des Eigenkapitals ausgegangen werden. Bei einem Eigenkapital von knapp 17,5 Mio. DM per Ende 1999, über 13 Mio. DM Verlust im Vorjahr sowie einem erneut zu erwartenden hohen Verlust in diesem Jahr steht eine Verlustanzeige der Hälfte des Grundkapital fast jederzeit zu befürchten an.
Das Geschäftskonzept beruht demnach darauf, dass man weitere Geldgeber findet, doch bereits die letzte Kapitalerhöhung konnte nur teilweise platziert werden und bei dem angestrebten Börsengang wird man wohl auch auf den bisher bewährten Telefonvertrieb über die Promotum verzichten müssen. Zu dieser ist anzumerken, dass auch die bisher vorliegenden Informationen über die beiden anderen platzierten Unternehmen (UseCom und AIDOS) nicht gerade positiv auffallen, uns eine nähere Betrachtung jedoch nicht möglich war, da beide Unternehmen den Besuch von GSC als Pressevertreter auf der Hauptversammlung verweigerten, was grundsätzlich nachdenklich stimmt.
Schließlich gilt es bei einem Investment auch, das bereits auf fast 20 Mio. DM angewachsene Grundkapital sowie die 28 Mio. DM an Einlagen atypisch stiller Gesellschafter zu beachten, wodurch die Bewertung bereits ein sehr stattliches Niveau erreicht, gemessen an rund 6 Mio. geplanter Umsätze im laufenden Jahr. Wie bereits gezeigt, dürften weitere Kapitalmaßnahmen unumgänglich sein, was die effektive Bewertung weiter erhöhen würde.
Dementsprechend sind die Risiken bei einem Investment in diese Gesellschaft sehr hoch und stehen in keinster Weise in Relation zu den Chancen, weswegen die Aktie gemieden werden sollte.
Kontakt
ECON-AIR
Aerosol- und Chemierecyclingtechnologie AG
Im Rehwinkel 32
D-32457 Porta Westfalica
Tel.: 05741 / 3423 - 0
Fax: 05741 / 3423 - 50
Email: [email protected]
Internet: http://www.econ-air.de
Freecall: 0800 / 8290090