WKN:
692010
ISIN:
Straße, Haus-Nr.:
Itterpark ,
40724 Hilden, Deutschland
Telefon:
02103/205-0

Internet: http://www.phonet.de

IR Ansprechpartner:


HV-Bericht PHONET Telecom AG - Nur durch Kapitalschnitt ist das Überleben m&
Die in Hilden bei Düsseldorf ansässige Gesellschaft ist im Bereich der Distribution von Internet- und Telekommunikations-Dienstleistungen sowie damit im Zusammenhang stehender Dienstleistungen tätig. Die Gesellschaft hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr mit erheblichen, vor allem liquiditätsbedingten Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Hauptversammlung, die am 16.05.2000 stattfand, musste darum über eine Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Erhöhung des herabgesetzten Grundkapitals beschließen.

Über die Hauptversammlung, zu der sich etwa 50 Aktionäre sowie Gäste und Pressevertreter im Düsseldorfer DOM Business-Hotel eingefunden hatten, berichtet GSC Research wie immer ausführlich.


Einleitung

Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof.Dr. Dolff begrüßte die Aktionäre und erledigte die Formalien. Aufgrund der besonderen Situation (Herabsetzung des Grundkapitals) wies der Aufsichtsratsvorsitzende darauf hin, dass der vorgelegte Jahresabschluss von der PwC den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erhalten habe. Dieser uneingeschränkte Bestätigungsvermerk sei aber nur unter Berücksichtigung der unter TOP 2 zu beschließenden Kapitalherabsetzung und gleichzeitigen Kapitalerhöhung erteilt worden. Die Rückwirkung der Kapitalherabsetzung machte es nach § 234 AktG Abs. 2 erforderlich, dass die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt.


Bericht des Vorstands

Alleinvorstand Dr. Herhaus begrüßte seinerseits die anwesenden Aktionäre und stellte fest, dass diese Versammlung unter besonderen Vorzeichen stattfinde und für das Fortbestehen der PHONET Telecom AG von existenzieller Bedeutung sei.

Im ersten Teil seines Vortrags ging Dr. Herhaus auf das abgelaufene Geschäftsjahr sowie die weitere Zukunft der Gesellschaft ein. Zu Beginn sprach er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seinen besonderen Dank für die geleistete Arbeit aus. Sie hätten einen wesentlichen Beitrag zu den Sanierungsanstrengungen der vergangenen Monate geleistet und so manche Überstunde in Kauf genommen.

Aufgrund des Zusammenwachsens von Sprach- und Datenkommunikation befinde sich die gesamte Branche im Umbruch. Daher werde man sich in Zukunft verstärkt in den Bereichen Computer-Telefonie, Internet und Mobile Computing engagieren. Weiterhin sei eine Ausweitung der angebotenen Leistungen weg von der reinen Warenverteilung hin zu einem Dienstleister mit Warenverfügbarkeit vorgesehen, so der Vorstand weiter.

Im Bereich der Nachrichtentechnik habe man weiteres hochqualifiziertes Fachpersonal und Ingenieure gewinnen können. Ebenso wolle man sich mit dem konzerneigenen Systemhaus verstärkt auch der Netzwerkarchitektur und den damit zusammenhängenden Dienstleistungen widmen.

Problematisch wirke sich leider der starke Wettbewerb und der daraus resultierende deutliche Margenverfall aus. Man gehe aber davon aus, dass in den nächsten Monaten eine deutliche Marktbereinigung eintreten werde.

Im Distributionsbereich habe man Vertragsverlängerungen mit wichtigen Lieferanten abschließen können. So sei die Gesellschaft beispielsweise Deutschlands größter Siemens Hicom Distributor. Die österreichische Tochter PHONET Austria ist in Österreich sogar alleiniger Siemens Hicom Distributor. Darüber hinaus habe diese Tochtergesellschaft exklusive Verträge mit Austria Telekom und der Telefongesellschaft ONE.

Im vergangenen Jahr seien wesentliche Vereinheitlichungen innerhalb der Unternehmensgruppe durchgeführt worden. So verfügt man nun über ein einheitliches und aussagekräftiges Buchhaltungssystem. Dies sei ein wesentlicher Vorteil gegenüber der Vergangenheit, in der im Buchführungsbereich besonders starke Defizite bestanden hätten. Daneben wurden einheitliche DV-Strukturen und ein Warenwirtschaftssystem eingeführt. Ab Mitte 2000 werde überdies ein Internetkatalog online gehen.

Der Umsatz betrug im abgelaufenen Geschäftsjahr 74 Millionen DM. Leider sei es trotz größter Anstrengungen nicht gelungen, zumindest die prognostizierte „schwarze Null„ zu erzielen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lag bei minus 2,8 Millionen DM. Dieser Fehlbetrag erkläre sich vor allem aus zwei Faktoren.

Zum einen sei aufgrund einer Vertragsumstellung mit einem wesentlichen Lieferanten die dortige Kreditlinie von DM 7 Millionen auf 500 TDM gesenkt worden und das Zahlungsziel von 60 Tagen auf 12 Tage verkürzt worden. Die Vertragsänderung stand nicht im Zusammenhang mit der schwierigen Lage bei PHONET, sondern diente der Vereinheitlichung der Verträge dieses Lieferanten. Diese Veränderung führte in der Spitze zu einem Liquiditätsloch von 2,5 Millionen DM. Daher war es der Gesellschaft kaum möglich, Skontoerträge zu erzielen, die ansonsten immer einen wesentlichen Ergebnisbeitrag geliefert hätten. Daraus sei ein Verlust von etwa 1,5 Millionen DM entstanden.

Weiterhin sei das Weihnachtsgeschäft unterdurchschnittlich verlaufen, weil man aufgrund der angespannten Liquiditätslage die Lieferantenrechnungen nicht pünktlich bezahlen konnte. Der daraus resultierende Lieferstopp habe zu Ergebniseinbußen von etwa 1,3 Millionen DM geführt. Negativ hätten sich überdies auch die hohen Zinsbelastungen von ca. 1,5 Millionen DM ausgewirkt. Bei einem Gruppenumsatz von 163 Millionen DM und einer durchschnittlichen Umsatzmarge von 1 Prozent würde schon die Zinsbelastung alleine fast den ganzen Gewinn aufzehren.

Das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres sei erfreulich angelaufen und konnte mit einem positiven Ergebnis in Höhe von 500 TDM abgeschlossen werden. Dr. Herhaus führte weiter aus, dass die Rekapitalisierung der Gesellschaft nicht nur die Liquiditätslage deutlich verbessern würde und damit Skontoerträge (ca. 1,5 bis 1,8 Millionen DM) ermögliche, sondern dass sich zudem die Zinsbelastung aus Fremdkapital deutlich verringere.

Unter dem Vorbehalt der Zustimmung der HV zu der Rekapitalisierung halte er ein leicht positives Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr für möglich. Ihm sei bewusst, dass dies ein schwerer Schritt für den Streubesitz sei, er sehe aber keinen anderen gangbaren Weg, um die Gesellschaft zu sanieren.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Dolff ergänzte im Zusammenhang mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr, dass der Aufsichtsrat sehr häufig getagt habe, um die Sanierung zu überwachen. Dabei habe man besonderes Augenmerk auf die Liquiditätslage der Gesellschaft gelegt, um das Vorliegen von eventuellen Insolvenztatbeständen auszuschließen. Es habe aber zu keinem Zeitpunkt Zahlungsunfähigkeit bestanden, und es seien auch keinerlei Zwangsmassnahmen gegen die Gesellschaft anhängig gewesen.

Der Verlust des Eigenkapitals sei teilweise auch durch die bilanzielle Beseitigung von Altlasten zustande gekommen. Man sei bei der Sanierung einen guten Schritt vorangekommen, diese sei aber noch nicht abgeschlossen. Prof. Dr. Dollff äußerte die Meinung, dass aus Sicht des Aufsichtsrats ein ausgeglichenes 2000er Ergebnis schon als Erfolg zu werten sei.


Fragen der Aktionäre

In einer ersten Fragerunde wurde nach dem Zinsverlust aus der Vertragsänderung des Lieferanten gefragt. Dr. Herhaus bezifferte den direkten Zinsverlust mit 20 bis 30 TDM. Viel schlimmer sei jedoch gewesen, dass die Warenverfügbarkeit während des Weihnachtsgeschäfts nicht gegeben war und daher ein Verlust von ca. 1,3 Mio. diesem Problemkomplex zugeordnet werden müsse.

Ein weiterer Aktionär fragte nach Steuernachzahlungen in Höhe von insgesamt 6 Millionen DM, die die Gesellschaft leisten musste, und den Aussichten auf eventuelle Rückerstattung. Dr. Herhaus sagte, dass man zweimal die Aussetzung der Vollziehung beantragt hätte, diese Anträge aber abgelehnt wurden. Im Übrigen sei die Aussicht auf Rückerstattung sehr ungewiss. Man überprüfe aber derzeit die Erfolgsaussichten einer Klage vor dem Bundesfinanzhof.


Erläuterungen zur Kapitalherabsetzung

Im zweiten Teil seiner Rede erläuterte Dr. Herhaus die Hintergründe zur Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft auf 0 DM und die gleichzeitige Kapitalerhöhung. In den Jahren 1997 bis 1999 war ein Verlust von 20,1 Millionen DM angefallen, davon ca. 6 Millionen DM wegen Steuernachzahlungen, durch Abschreibungen auf Vorräte wegen falscher Sortimentspolitik ca. 5 Millionen DM, durch Abschreibungen auf Forderungen und gegenüber Tochtergesellschaften jeweils 4 Millionen DM.

Diese 20,1 Millionen werden durch die Auflösung der Kapital- und Gewinnrücklage sowie der Herabsetzung des Grundkapitals bilanziell bereinigt. Die anschließende Kapitalerhöhung hat ein Volumen von 11,5 Mio. DM. Das Grundkapital in Höhe von 3,9 Mio. DM wird vollständig wiederhergestellt, das Agio von 7,6 Mio. DM fließt in die Rücklagen.

Die Höhe dieses Mittelzuflusses sei erforderlich, um die Gesellschaft wieder liquide und operativ beweglich zu machen. Der Ausgabepreis von 15 DM je 5 DM-Nennwertaktie sei nach Meinung von Dr. Herhaus angemessen. Das Pricing sei im Hinblick auf das 99er und das erwartete 2000er EBIT erfolgt und lege einen Bewertungsfaktor von 10 zugrunde.

Die Durchführung erfolge im Wege des mittelbaren Bezugsrechts. Um Provisionen zu sparen, übernimmt der Großaktionär NTplus AG, Osnabrück, sämtliche neuen Aktien mit der Verpflichtung, diese den Aktionären zum Bezug anzubieten. Hierfür sei ein formeller Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre zu beschließen. Der Aktionär behalte aber bei dieser Konstruktion das wirtschaftliche Bezugsrecht.


Allgemeine Diskussion

Im Zusammenhang mit dem Großaktionär wurde nach dessen Beteiligungsquote gefragt und ob im laufenden Jahr von diesem noch weitere Aktien aufgekauft wurden. Der Vertreter der NTplus im Aufsichtsrat erklärte, dass seine Gesellschaft etwa 78 Prozent der Anteile an PHONET Telecom besitzt. In 2000 wurden nur drei Ankäufe durchgeführt, die infolge eines Angebots der NTplus AG aus dem Jahre 1999 an diese drei Aktionäre zustande kamen. Dabei handelte es sich um Fachhändler, die Aktien zu einem Preis von unter 10 DM/Stück verkauft hätten. In diesem Zeitraum wurden keine weiteren (Streubesitz-)Aktien angekauft.

Auf die Frage nach Regressansprüchen (Steuerhinterziehung, Verdacht auf Bilanzfälschung) gegen ehemalige Vorstandsmitglieder antwortete Dr. Herhaus, dass man dieses derzeit genau prüfe. Wegen des Dienstvertrags mit dem ehemaligen Vorstand sei ohnehin ein Verfahren anhängig.


Abstimmungen

Nach der allgemeinen Aussprache, die gegen 11:15 Uhr endete, wurde die Präsenz mit 776.820 Aktien oder 87,87 Prozent des Grundkapitals der Gesellschaft festgestellt. Die Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung und Feststellung des Jahresabschlusses sowie die Entlastung des Vorstands erfolgten mit 613.151 (78,93%) und 653.659 (84,86 %) Zustimmung. Die PwC Deutsche Revision Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde einstimmig zum Abschlussprüfer gewählt.

Bei der Entlastung des Aufsichtsrats wurde Einzelabstimmung beantragt. Entlastet wurden dabei Frau Hofer sowie die Herren Sichler, Fassbender, Schwabe, Ebner, Scheeren, Stratz und Prof. Dr. Dollf. Die Herren Schmidt und Meyer wurden nicht entlastet. Ein Vertreter des ehemaligen Grossaktionärs Hirschmamm gab zu allen Tagesordnungspunkten Widerspruch zu Protokoll.

Der Vertreter der PwC wies darauf hin, dass dieser Widerspruch die Eintragung der hier gefassten Beschlüsse verzögere und damit der Gesellschaft eventuell weiterer, erheblicher Schaden zugefügt wird. Im Extremfall könne eine längere Verzögerung der Kapitalerhöhung bis hin zur Illiquidität und der Insolvenz des Unternehmens führen.


Fazit und Schlusswort

Die Hauptversammlung der PHONET Telecom AG verlief trotz der erheblichen Probleme, mit denen die Gesellschaft zu kämpfen hat, sehr friedlich und zügig. Die Aktien der PHONET Telecom AG wurden 1997/1998 im Rahmen eines Private Placements angeboten. Die Papiere sind von vielen Anlegern unter dem Eindruck des avisierten Börsengangs erworben worden. Dass derartige Pläne wohl Makulatur sind, dürfte nun jedem klar sein.

Ob ein Börsengang des Grossaktionärs NTplus AG, wie auf der HV angedeutet wurde, stattfinden wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Wenn die Beschlüsse der HV zügig im Handelsregister eingetragen werden, besteht zumindest die Chance zur erfolgreichen Sanierung der PHONET Gruppe. Ob daraus mehr werden kann als eine geglückte Sanierung, ist zur Zeit reine Spekulation.

Neuengagements sollten daher nicht eingegangen werden, da die Zukunft von PHONET ungewiss ist und wohl nicht mehr mit einem Börsengang gerechnet werden kann. Ob die Gesellschaft in ihrer margenschwachen und wettbewerbsintensiven Branche überhaupt dauerhaft Gewinne erwirtschaften kann, muss ebenfalls abgewartet werden.



Veröffentlichungsdatum: 18.05.2000 - 16:55
Redakteur: ala
© 1998-2024 by GSC Research GmbH Impressum Datenschutz