WKN:
879526
ISIN:
Straße, Haus-Nr.:
Graf-Adolph-Straße 12,
D-40212 Düsseldorf, Deutschland
Telefon:


Internet: www.newyorkbroker.de

IR Ansprechpartner:
Herr
[email protected]
HV-Bericht New York Broker Deutschland AG - "Flucht nach New York" leider nicht ganz gelungen
Es war zwar nicht die Präsidentensuite, man gönnte sich aber dennoch den Luxus, die diesjährige ordentliche Hauptversammlung im altehrwürdigen Waldorf Astoria Hotel in New York City stattfinden zu lassen. In der dortigen Park Avenue South Suite versammelte sich um 16 Uhr Ortszeit (bzw. 22 Uhr MEZ, also in buchstäblich letzter Minute vor dem Ablauf der gesetzlich vorgegebenen Frist von 8 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres) ein überschaubarer Kreis von fünf Personen, inklusive Marcus Pfeil als Vertreter für GSC Research, der wie gewohnt live vor Ort berichtet.

Anwesende waren neben ihm Vorstandsmitglied Herr Bönke, der Vorsitzende des Aufsichtsrates Herr Kippes, die Geschäftsführerin der New York Broker, Inc. und der Online Securities Frau Ayes-Rigsby und der neu in den Aufsichtsrat zu bestellende Herr Prof. Dr. Hans Bocker. Pikanterweise musste der Vorstandsvorsitzende Herr Bergmann den Termin "ganz kurzfristig" platzen lassen. Außenstehende Aktionäre hatten sich nicht eingefunden.


Hohe Hürden für HV-Teilnahme von GSC vergebens aufgestellt

„(Für unsere Leser) dabei sein ist alles", dachten wir von GSC Research uns und haben keine Kosten und Mühen gescheut, diese Hauptversammlung erleben zu können, was mit dem Kauf von zehn der in Deutschland gehandelten ADR’s begann. Als Inhaber der ADR (American Depositary Receipts) verfügt man über kein Stimmrecht. Um ein Stimmrecht auf der Hauptversammlung jedoch ausüben zu können, hätte man seine ADR rechtzeitig in Stammaktien der New York Broker Deutschland AG tauschen müssen. Theoretisch kein Problem, praktisch insofern ein schwieriges Unterfangen, da die Mitteilung über die Umtauschpflicht seitens der NYBD AG gerade mal vier Wochen vorher am 29.07. veröffentlicht wurde, uns mehrere depotführende Banken in Deutschland allerdings bestätigt haben, ein solcher Umtausch würde 7 bis 8 Wochen in Anspruch nehmen.

Der Depotauszug eines Kleinaktionärs mit dem Nachweis seiner Hausbank über einige wenige ADR half ebenso wenig wie die Bitte, man möge doch einem „Studenten, der eine Diplomarbeit zum Thema schreibt", über eine Gästekarte Einlass gewähren. Vergebens! Erst die Vollmacht eines Grossaktionärs und dessen persönliche Korrespondenz mit Herrn Bergmann öffnete uns die Türen, wahrscheinlich auch nur, weil Herr Bergmann nicht selbst anwesend war. Herr Kippes und Herr Bönke einigten sich dann auch darauf, die Hauptversammlung einschließlich der Beschlussfassung allein durchzuführen, „im Anschluss haben Sie dann die Möglichkeit, Ihre Fragen zu stellen."

Eine knappe Viertelstunde dauerte die eigentliche HV, ehe man die Park Avenue South Suite betreten durfte, wohlwissend, den Bericht des Vorstandsvorsitzenden nicht verpasst zu haben. Die Beschlüsse wurden folgerichtig mit nahezu 100% gefasst, so auch Punkt 8 der Tagesordnung, die Ausgliederung des Kundenbetreuungsgeschäftes an die Advanced Asset Management GmbH.


Kritische Fragen an die Organe

Auf die Frage, warum die Veranstaltung am Big Apple habe stattfinden müssen, meinte Herr Kippes, dass dieses ja schon aus dem Namen des Unternehmens hervorgehe, außerdem wollte man den Aktionären einmal die Möglichkeit geben, „die Wurzeln" des Unternehmens mit einem Besuch in Manhattan zu verbinden. Diese Idee wurde in Anbetracht der - wie berichtet - überaus zahlreich erschienenen Anteilseigner ganz offensichtlich „begeistert" angenommen. Vielleicht hätte man im Vorfeld klären sollen, ob die Reise nach New York als Werbungskosten steuerlich absetzbar ist.

Ob der Versammlungsort sich mit dem Aktienrecht vereinbaren lässt, erscheint uns mehr als fraglich. Nach wohl allgemeiner Rechtsmeinung werden Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften im Ausland grundsätzlich für unzulässig erachtet, vor allem wegen der unzulässigen Erschwerung der Teilnahme und den Schwierigkeiten bei der Protokollierung. Die Erschwerung der Teilnahme ist in Anbetracht fehlender Aktionäre augenscheinlich geglückt; mit der Protokollierung muss sich nun das zuständige Amtsgericht auseinandersetzen.

Im März/April diesen Jahres wurde die KPMG Wirtschaftsprüfungs- und Treuhandgesellschaft durch das BAKred mit einer Sonderprüfung beauftragt. Prüfungsanlass oder bereits vorliegende Ergebnisse waren Herr Kippes nicht bekannt. Ausweichend antwortete er, „dass man im Zuge der 6.KWG-Novelle ständig geprüft werde", wobei man darüber auch froh sei, weil dadurch endlich „Licht ins Dunkel des grauen Kapitalmarktes" gebracht werde. Dennoch ist die Aussage Herr Kippes nur bedingt richtig, Sonderprüfungen nach § 44KWG sollen zwar regelmäßig stattfinden, es wird einer Prüfung aber immer ein bestimmter Anlass zu Grunde liegen.


Widersprüchliche Angaben zu Beteiligungen

Im folgenden wurde Herr Kippes aufgefordert, detaillierte Informationen über die Beteiligungen, die von der New York Broker Deutschland AG, der New York Broker, Inc. und von Herrn Bergmann selbst gehalten werden, preiszugeben. Zu den Beteiligungen von Herrn Bergmann und der NYB, Inc. konnte oder wollte Herr Kippes keine Angaben machen. Die NYBD. AG verfüge neben der 100prozentigen Tochter NYB Börsentermin GmbH über eine 32,5prozentige Beteiligung an der financialbot.com und 42% an der NYB, Inc.. Außerdem halte das Unternehmen Anteile von weniger als 10% an der neugegründeten Wertpapierfirma Online Securities.

Besonders die Angabe zu Online Securities erscheint uns dabei sehr interessant. Vorausgesetzt, dass sich Herr Kippes bei seiner Aussage im Rahmen der Hauptversammlung nicht geirrt hat, bedeutet dies nämlich, dass ein bedeutender Teil der 66prozentigen Beteiligung an Online Securities gar nicht von der NYBD AG gehalten wird, sondern von einem anderen Konzernunternehmen. Dies kann jedoch für die Werthaltigkeit der NYBD-Aktie von großer Bedeutung sein.

Wird beispielsweise ein Großteil der Beteiligung von der NYB Inc. gehalten, ist der Anteil der NYBD-Aktionäre an der Wertpapierfirma stark verwässert. In Anbetracht der Tatsache, dass Online Securities ursprünglich als Joint Venture zwischen der NYBD AG und der damaligen Berliner Freiverkehr (Aktien) AG bezeichnet wurde - nachzulesen beispielsweise in einer OTS-Meldung vom 20.01.1999 - ist eine derartige Verwässerung für die Aktionäre von NYBD sehr unerfreulich.

Die ursprüngliche Mehrheitsbeteiligung an E*Trade Germany ist mittlerweile auf 5% gesunken. Offensichtlich war NYBD nicht in der Lage, ein solches Projekt als Hauptakteur zu realisieren. Aufgrund der Tatsache, dass nun die Berliner Effektengesellschaft und die US-amerikanische E*Trade Group das Zepter in der Hand halten, besteht für die Aktionäre der NYBD AG Hoffnung, dass zumindest der verbliebene Anteil an Wert gewinnen könnte.

Darüber hinaus erwähnte Herr Kippes die Beteiligung am Münchner Unternehmen INeTV an. An weiteren IPO´s oder potentiellen Börsenkandidaten sei man derzeit nicht beteiligt. Über den Wert des Beteiligungsportfolios konnten ebenfalls keine Angaben gemacht werden. Im Geschäftsbericht ist allerdings ein Betrag von 4,3 Mio. DM ausgewiesen. Die in diesem Jahr neu eingegangene Beteiligung an dem polnischen Brokerhaus Dom Maklerski wurde nicht angesprochen. Ob diese einfach vergessen wurde oder ob sie aufgrund fehlender Werthaltigkeit nicht erwähnt wurde, können wir nicht beurteilen.


Kundenbasis verschenkt oder „nur geleast"?

„Knackpunkt“ der diesjährigen Hauptversammlung war der Beschluss über die Ausgliederung des Kundenbetreuungsgeschäftes auf die Advanced Asset Management GmbH (siehe auch unsere Analyse vom 05.07.2000). Dabei wird der Begriff Ausgliederung nicht korrekt verwendet. So ist das wesentliche Charakteristikum einer Ausgliederung, dass im Gegenzug für die Übertragung eines Geschäftsbereiches Anteile am aufnehmenden Unternehmen gewährt werden.

Im vorliegenden Fall sind jedoch keine Beteiligungsverhältnisse zwischen der NYBD AG und der Advanced Asset Management GmbH bekannt. Ob die inkorrekte Verwendung dieses Begriffes nun bewusst geschehen ist, um Außenstehenden einen anderen Sachverhalt zu suggerieren, oder ob dieser Fehler schlicht auf fachlicher Unwissenheit beruhte, vermögen wir nicht zu beurteilen.

Der Frage, ob denn Lizenzprobleme Grund für die Übertragungen seien, widersprach Herr Kippes mit dem Hinweis, dass allein „strategische Gründe“ dafür verantwortlich seien, ohne dieses jedoch zu konkretisieren. Im Folgenden bestätigte er nur, dass man als Wertpapierhandelsbank nur noch über die Erlaubnis zum Emissionsgeschäft verfüge. So gesehen war die (durch NYBD mittels einstweiliger Verfügung widerrufene) Meldung der Telebörse vom 12. Juli diesen Jahres gar nicht so falsch. Unter anderem hieß es in dem entsprechenden Artikel, dass die New York Broker Deutschland AG nicht die Erlaubnis für die Finanzportfolioverwaltung und den Eigenhandel besitze.

Es drängte sich geradezu auf zu fragen, ob man auch einen Kaufpreis für die Kundenbasis erzielen konnte oder Herr Urlaub (Stiefsohn von Herrn Bergmann und zugleich Geschäftsführer der Advanced Asset Management GmbH), der als Ersatzmitglied weiterhin im Aufsichtsrat der NYBD AG verbleibt, das einzige „Asset" sei. Herr Bönke versicherte, dass man seine Kunden nicht an Advanced Asset Management GmbH verschenkt habe, man kassiere hingegen in den nächsten 2 Jahren 10 DM fix für jede über die Advanced Asset Management GmbH abgeschlossene Kundentransaktion.

Den Wunsch nach absoluten Zahlen konnte man allerdings nicht erfüllen. Herr Bönke meinte nur, dass den Angaben eine entsprechende Kalkulation zu Grunde liege und exakte Zahlen aufgrund der jeweiligen Börsensituation nicht möglich seien. Angesichts der Tatsache aber, dass die Mindestgebühr für die Abwicklung von Kundenorders bei 75 US$ und somit bei etwa 150 DM liegt, stellt sich die Frage, ob der "Kaufpreis" wirklich als angemessen bezeichnet werden kann.

Abschließend wurde das Thema Schadensersatzklagen angesprochen: die Frage war hier, ob die bisher ausgewiesenen Rückstellungen in Höhe von 5,6 Mio. DM zur Abdeckung etwaiger Klagen ausreichen werden. Herr Kippes meinte, dass derzeit weder wegen der Trion Technology AG noch wegen der Deutsche Phonesat AG Klagen erhoben worden seien.

Hintergrund hierzu: die Trion wurde im Sommer 1999 durch die NYBD AG und die NYB, Inc. an die NASDAQ gebracht. Die Emission lag mit ihrer Performance unter den 5 schlechtesten von fast 500 NASDAQ-Börsengängen im Jahre 1999. Bereits am 17.03.2000 wurde der Handel wieder ausgesetzt, am 28.03.2000 stellte die Trion Technology AG nach Erkenntnissen eines Sonderprüfungsberichts des Bereiches Forensic Services der Ernst & Young Deutsche Allgemeine Treuhand AG einen Insolvenzantrag, da aufgedeckt werden konnte, dass Verfehlungen, Untreue und Bereicherung des Trion-Hauptaktionärs und früheren Alleinvorstandes Sami Tabbara sowie weiterer Akteure zur drohenden Zahlungsunfähigkeit geführt haben.

Die Deutsche Phonesat AG wurde bereits im Jahre 1998 als Börsenkandidat der NYBD AG genannt. Bei einem Private Placement für die Gesellschaft sammelten die Kundenbetreuer der NYBD AG Millionenbeträge ein. Im Spätsommer 1999 kam es dann zur Trennung der beiden Gesellschaften, sie warfen sich gegenseitig Inkompetenz vor. Ob und wie die NYBD AG-Kunden ihr eingezahltes Geld wieder erhalten werden, ist uns derzeit nicht bekannt.


Erneut enttäuschende Geschäftszahlen

Die Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr interessierten in Anbetracht der Brisanz der Veranstaltung nur am Rande, waren allerdings deswegen nicht weniger katastrophal. Das Jahr 1999 musste erneut mit einem Bilanzverlust von 512 TDM abgeschlossen werden. Der Jahresfehlbetrag beträgt 623 TDM. Die Provisionserlöse fielen um 41% geringer aus als im Vorjahr.

Gründe hierfür sind im Wesentlichen im Bereich des Emissionsgeschäftes, der eigentlichen Cash Cow des Unternehmens, zu suchen. In 1999 brachte man lediglich ein Unternehmen an die Börse. Als weiterer Ergebniseinschnitt erwiesen sich die Umstrukturierungsaufwendungen. Inwiefern die oben gezeigten Unstimmigkeiten bei den gehaltenen Beteiligungen daher rühren, dass diese zur Minderung des Bilanzverlustes innerhalb des Konzerns weiterverkauft wurden, kann mangels Auskünften der Gesellschaft nicht nachvollzogen werden.


Fazit

Anleger sollten weiterhin einen großen Bogen um die New York Broker Gruppe machen. Bewusste Desinformationspolitik, potentielle Schadensersatzklagen und die alles andere als aktionärsfreundliche Politik lassen berechtigte Zweifel an der Qualität des Unternehmens offen. Die angesichts dieses Berichts leider (aus Sicht von NYBD) nur beinahe geglückte „Flucht nach New York„ spricht Bände....



Veröffentlichungsdatum: 04.09.2000 - 00:13
Redakteur: mpf
© 1998-2024 by GSC Research GmbH Impressum Datenschutz