Am 26. Juni 2002 lud die MWB Wertpapierhandelshaus AG zur Hauptversammlung ins Künstlerhaus am Lenbachplatz in München. Der Einladung folgten über 60 Aktionäre und Gäste, für GSC Research berichtet Karsten Busche. Der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Berwein eröffnete pünktlich um 10:30 Uhr die Hauptversammlung und übergab nach Abhandlung der üblichen Formalitäten das Wort an den Vorstandssprecher Thomas Posovatz, der neben dem Bereich Finanzen auch für Investor Relations verantwortlich zeichnet.
Bericht des Vorstands
Eingangs seiner Rede erläuterte Herr Posovatz die Firmengeschichte. MWB wurde von vier ehemaligen Mitarbeitern der Berwein GmbH gegründet und entwickelte sich zu einem der führenden Wertpapierhandelshäuser in den Bereichen Skontroführung und Market Making. Die SMAX-Notierung werde man auch weiterhin beibehalten, um nicht in die "Liga der Anonymen" abzurutschen. Darüber hinaus besitze die Tochter MWB Wertpapierhandelsbank seit Mai 1999 eine Bankzulassung und betreibe die Geschäftsfelder Emissions- und Kapitalmarktberatung sowie Private Vermögensverwaltung.
Anschließend folgte ein Rückblick in die Historie. Die Phase von 1995/95 bis heute weise verblüffende Ähnlichkeiten mit der Zeit ab 1871/72 auf, da in diesen Jahren allein 675 neue Unternehmen an die Börse gingen und fast alles an die Börse gebracht wurde. Als exotische Beispiele nannte Herr Posovatz Turnvereine und Krankenhäuser. Die Verkaufspanik der verunsicherten Anleger begann im Mai 1873 bzw. im März 2000 und dies zeige erstaunliche Parallelen zwischen beiden Phasen auf.
Gemeinsamkeiten dieser beiden Zeiträume seien ebenfalls die stark ausgeweiteten Kapazitäten, der hohe Investitionsgrad, die sinkenden Umsätze sowie die steigenden Kosten. Nach vier schlechten Jahren begann 1877 eine fundierte Aufwärtsbewegung, die mit kleinen Korrekturen bis zum November 1918 anhielt. Börsen leben nach den Worten des Vorstandssprechers vom Auf und Ab sowie von der Vorwegnahme wirtschaftlicher Ereignisse, und so werde auch die derzeitige Korrekturphase ein Ende finden.
Am gestrigen Tag habe die Worldcom Unregelmäßigkeiten bei der Bilanzierung einräumen müssen und nachbörslich einen Kurseinbruch von 80 Prozent verzeichnet. Der DAX rutschte daraufhin zeitweise um 6,5 Prozent ins Minus, und vielleicht sei dies der notwendige "Sell-Off", der von Fachleuten erwartet werde.
Das Marktumfeld im vergangenen Jahr sah ebenfalls alles andere als rosig aus. Eine deutliche konjunkturelle Abkühlung, sinkende Unternehmensgewinne und eine überinvestierte Telekommunikationsindustrie prägten das Bild. Darüber hinaus zeige die Automobilbranche nach einem Rekordjahr 2001 erhebliche Probleme, und auch Banken bzw. Versicherungen hätten trotz steuerfreier Beteiligungsverkäufe in 2001 ein schwarzes Jahr überstehen müssen. Neben den ökonomischen Rahmendaten lebe man in einer ernsten Phase der politischen Unsicherheit. Aufgrund dessen sei die anhaltende Korrektur an den wichtigsten Börsenmärkten noch nicht abgeschlossen.
Nach einer leichten Besserung im vierten Quartal 2001 musste die Marktbelebung bereits im ersten Halbjahr 2002 einige Rückschläge hinnehmen. Sollte die Nachhaltigkeit zunehmen, sei jedoch im zweiten Halbjahr mit einem wiederkehrenden Vertrauen der Anleger in die Aktie zu rechnen. In Zukunft würden Kriterien wie Liquidität, Substanz, geringer Verschuldungsgrad und Eigenkapital an Bedeutung gewinnen. Man müsse trotz alledem mit anhaltend niedrigen Börsenumsätzen vor allem bei Auslandsaktien rechnen, da der Vertrauensverlust bei den Anlegern schwer wiege.
Die Börsenumsätze in Auslandsaktien, dem wichtigsten Einflussfaktor auf das Kerngeschäft von MWB, sanken in 2001 um mehr als 50 Prozent auf 303 Mrd. Euro, und auch im ersten Quartal 2002 verharrten diese Umsätze mit 66 Mrd. Euro auf einem extrem niedrigen Niveau. Optimistisch stimme eine Statistik des Deutschen Aktieninstituts, die belege, dass die Zahl der Aktionäre und Fondsbesitzer im Jahr 2001 trotz des schlechten Börsenumfelds leicht angestiegen ist.
Mit über 10.000 gelisteten Titeln sei Deutschland der größte Auslandsaktienmarkt der Welt, wobei auch dies aufgrund einer Verdreifachung seit 1998 ein Zeichen der Übertreibung sei. Die Anzahl der betreuten Aktien eines Skontroführers werde in Zukunft kein Wettbewerbsargument mehr sein, da man erwarte, dass ein substanzieller Umsatz in Auslandsaktien nur in maximal 1.000 Werten stattfinden wird. MWB betreue derzeit 1.900 Auslandsaktien, so Herr Posovatz.
Außerdem sei der Aktienmarkt in Deutschland im Umbruch, da die Börsen ihr Marktmodell überdenken und in immer stärkeren Wettbewerb zueinander treten, bei dem die Interessen der Privatanleger auf der Strecke bleiben. Zahlreiche Initiativen der jüngsten Vergangenheit, z.B. Quotrix in Düsseldorf, zeigten ganz deutlich auf, dass der Weg vom "order-driven" (nach Eingang der Order stellt der Makler einen Preis) hin zum "quote-driven"-Handel (der Market Maker stellt permanent eine Preisspanne) geht.
Darüber hinaus zeigten aktuelle Umsatzstatistiken die zunehmende Bedeutung von XETRA zu Lasten der Regionalbörsen. Mit dem deutschen Ableger der NASDAQ trete ein weiterer Wettbewerber auf den Plan, da dieser zusammen mit der Berliner und Bremer Börse die Errichtung einer "market maker" unterstützten Handelsplattform plane. Noch einschneidendere Auswirkungen könnte "XETRA Best" haben, da die Deutsche Börse damit eigenen Internalisierungssystemen der Banken zuvorkommen wolle und ein ausgedünntes Börsenparkett mit erhöhten Volatilitäten sowie steigenden Kosten für Privatanleger drohe. "XETRA Best" sei kein börslicher Handel, da nicht jeder Anleger einen gleichberechtigten Zugang zur Orderlage hat, und deshalb werde die MWB auch nicht als "Best Executor" auftreten.
Wertpapierhandelshäuser seien das Musterbeispiel für prozyklische Unternehmen und würden seit zwei Jahren unter dem schlechten Börsenumfeld leiden. In der Boomphase hätten viele Makler probiert, in das Emissionsgeschäft einzusteigen und würden dies nun mit Abschreibungen auf Beteiligungen teuer bezahlen. Neben einer Konsolidierung innerhalb der Branche erwarte man ebenfalls einen Selektionsprozess. Es könnten nur Unternehmen überleben, die trotz aktueller Probleme über ausreichend Liquidität und Substanz verfügen. Dazu zähle ganz klar die MWB, so der Vorstandssprecher.
Das Kerngeschäft sei extrem von der Börsenlage und den Umsätzen abhängig, deshalb war die Ertragssituation in 2001 und im ersten Quartal 2002 unbefriedigend. Darüber hinaus stagniere die Entwicklung des Privaten Vermögensmanagements und entspreche nicht den Vorstellungen. Das Emissionsgeschäft sei fast zum Erliegen gekommen, sei aber auch nicht unbedingt das Geschäft der Wertpapierhandelsbanken.
Die Liquiditätssituation der MWB sei komfortabel, und die ergriffenen Mfaßnahmen zur Kostensenkung haben nach den Worten von Herrn Posovatz gegriffen. Im zweiten Halbjahr habe das Management von MWB mit einer schrittweisen strategischen Neupositionierung begonnen. Seit Februar 2002 sei die MWB als Designated Sponsor für die 100 liquidesten US-Aktien sowie für einige europäische Blue Chips auf XETRA aktiv. Des Weiteren agiere man im Rahmen des "Global Markets Concept" der Deutschen Börse AG als "Market Expert" für die "Dutch and French Stars".
Angesichts der stetig wachsenden Verlagerung der Umsätze ausländischer Aktien auf XETRA habe sich die Neuausrichtung als richtig erwiesen. Das Know-how im Market Making werde die MWB künftig auch im Bereich der deutschen Small und Mid Caps einsetzen. Durch eine strategische Partnerschaft mit der smartcaps S.A. und deren Portal (www.smartcaps.de) wolle man Market Making und Finanzkommunikation bei diesen Nebenwerten miteinander verbinden.
Dazu biete die MWB die Abwicklung von Aktienrückkauf-Programmen, Umplatzierungen, Block Trades sowie die Beratung in Kapitalmarktfragen und eine Emittentenbetreuung an. Bei der MWB Wertpapierhandelsbank habe man mit dem Aufbau eines Vertriebsnetzes begonnen und werde die Emissionsberatung zu einer Kapitalmarktberatung für den Mittelstand, auch für unnotierte Unternehmen, entwickeln.
Als wichtigste Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres nannte der Vorstandssprecher ein Finanz- und Provisionsergebnis von 1,5 Mio. Euro (Vj.: 29,3 Mio. Euro) und ein Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit von minus 12,9 Mio. Euro (Vj.: plus 12,3 Mio. Euro), das bereits Maßnahmen zur Risikovorsorge von 5 Mio. Euro sowie Abschreibungen auf den Handelsbestand in eigenen Aktien in Höhe von 1,4 Mio. Euro enthält.
Entscheidend sei in solchen Zeiten das Gegensteuern bei den Kosten, und so konnte man die anderen Verwaltungsaufwendungen um 33 Prozent auf 7 Mio. Euro reduzieren. Die Kosten für die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte verringerten sich umsatzbedingt auf 3,6 Mio. Euro (Vj.: 5,6 Mio. Euro), und der Personalaufwand sank auf 3,7 Mio. Euro (Vj.: 5,7 Mio. Euro). Konsequenterweise wurden in 2001 aufgrund deutlich erfolgsabhängiger Gehaltskomponenten weder Boni noch Tantiemen gezahlt.
Der Jahresfehlbetrag belief sich auf 12,5 Mio. Euro, das DVFA-Ergebnis je Aktie sank auf minus 2,10 Euro (Vj.: plus 1,46 Euro). Die Eigenkapitalquote liege mit 90 Prozent auf einem hohen Niveau. Die liquiden Mittel im engeren Sinne, also der Saldo der Bankforderungen und der gesamten Bankverbindlichkeiten, lagen per 31.12.2001 bei rund 14,3 Mio. Euro.
Trotzdem habe sich der Kurs der MWB-Aktie ausschließlich am Ergebnis und am schlechten Marktumfeld orientiert und sich unbefriedigend entwickelt. Altaktionäre, Vorstand und Aufsichtsrat haben keine Aktien verkauft und demonstrierten so ihr Vertrauen in die Gesellschaft, die derzeit unter dem Substanzwert notiere. Einige Institutionelle seien hingegen ausgestiegen und hätten den Kursrückgang mit beeinflusst. Man schlage für das Geschäftsjahr 2001 keine Dividende vor, da diese aus der Substanz gezahlt werden müsste, was extrem schädlich wäre.
Die Umstellung auf International Accounting Standards (IAS ) sei für das erste Quartal 2002 erstmals erfolgt, um die weltweite Vergleichbarkeit zu verbessern und den Anforderungen der Deutschen Börse zu genügen.
Im ersten Quartal des laufenden Jahres sank das Finanz- und Provisionsergebnis von 2,3 Mio. Euro auf 1,4 Mio. Euro, wobei der Provisionsüberschuss auf 256.000 Euro (Vj.: 897.000 Euro) fiel. Das Handelsergebnis lag bei knapp 1,2 Mio. Euro (Vj.: 1,8 Mio. Euro). Bei einem Fehlbetrag von 267.000 Euro (Vj.: plus 161.000 Euro) zeige das erste Quartal 2002 im Vergleich zum Vorjahresquartal zwar einen Rückgang, aber gegenüber dem Verlauf des Gesamtjahres 2001 eine erfreuliche Aufwärtstendenz.
Sehr deutliche Erfolge zeige die strikte Kostenkontrolle, die im letzten Jahr begonnen wurde. Der Personalaufwand ging leicht auf 740.000 Euro zurück, die anderen Verwaltungsaufwendungen sanken um 45 Prozent auf 1,1 Mio. Euro. Hier mache sich der Wechsel der Abwicklungsbanken bemerkbar. Mit einem Eigenkapital zum 31.3.2002 von 26,6 Mio. Euro und einem Bestand an liquiden Mitteln im engeren Sinne von 17,1 Mio. Euro sei man sehr zufrieden.
Bei der MWB Wertpapierhandelsbank setze man weiterhin auf Kontinuität und organisches Wachstum. Das Volumen in der Vermögensverwaltung stieg im ersten Quartal 2002 um 310.000 Euro auf 5,28 Mio. Euro, wohingegen das Volumen in der Vermögensanlageberatung um 957.000 Euro auf 16,84 Mio. Euro fiel. Dies sei hauptsächlich auf die negative Depotentwicklung eines Großaktionärs einer börsennotierten Gesellschaft zurückzuführen. Insgesamt verwaltete die Bank zum 31.3.2002 rund 22 Mio. Euro, womit man aber nicht zufrieden sein könne.
Ziel sei es, die Geschäftsfelder Emissions- und Kapitalmarktberatung sowie Private Vermögensverwaltung konsequent auszubauen. Schwerpunkt in der Privaten Vermögensverwaltung sei der Ausbau eines nationalen Vertriebsnetzwerks, um das betreute Volumen deutlich zu erhöhen. Am 1. Juli 2002 sei die Eröffnung einer Zweigniederlassung in Offenburg (MWB Baden) geplant.
Die Zielgruppe im Beratungsbereich würden kleine und mittlere Unternehmen bilden, wobei sich die MWB auf Kapitalerhöhungen und Platzierungen konzentrieren werde. Dank der Umsetzung der Beschlüsse von Basel II sowie durch den möglichen Wegfall der Gewährsträgerschaft im Sparkassen- und Raiffeisen-Sektor sehe man erhöhten Beratungsbedarf innerhalb des Mittelstands und Nachfrage nach komplementären Dienstleistungen.
Entscheidende Themen innerhalb der MWB seien auch in diesem Jahr die Optimierung der Handelsabläufe, die Kostenkontrolle sowie die genaue Beobachtung der sich verändernden Börsenlandschaft. Ziel sei es, über ein organisches Wachstum vor allem in den neuen Geschäftsfeldern wieder zu einem positiven Cashflow zurückzukehren. Ob die ergriffenen Maßnahmen zu einer nachhaltigen Ergebnisverbesserung führen werden, werde der weitere Verlauf der nächsten Jahre zeigen.
Die MWB betrachte die aktuelle Marktsituation als Chance, um aus einer Position der Stärke in einer schwierigen Börsenphase ihre Marktanteile auszubauen. Dadurch und mit dem schrittweisen Einstieg in neue Geschäftsfelder sehe man die Chance, dem Unternehmen langfristig Stabilität zu verleihen. Die Stärken lägen in der eigenen Substanz, der guten Liquiditätssituation und im Know-how des Personals. Man müsse sich dort positionieren, wo sich zukünftige Wachstums- und Ertragsmöglichkeiten befinden und dürfe sich nicht vom schlechten Börsenumfeld beirren lassen.
Beim neuen Börsenmodell der Bayerischen Börse, Max-One, werde die MWB als Spezialist agieren und das Orderbuch betreuen sowie durch seine Quotierung die sofortige Handelbarkeit eines Wertpapiers sicherstellen. Das im Januar 2003 startende Projekt werde den Marktplatz München stärken, den Kleinanlegern großen Nutzen bieten und verbunden mit der eigenen Erfahrung gegenüber vollelektronischen Systemen einen Alleinstellungsfaktor innerhalb der deutschen Börsenlandschaft darstellen. Man setze zusammen mit der Bayerischen Börse auf eine Synthese von Mensch und Technologie.
Langfristig könne man für den Aktienmarkt mehr Chancen als Risiken sehen, da die Aktie ihre Überlegenheit gegenüber anderen Anlageformen in der Geschichte bewiesen habe. Die Vision der MWB sei die konsequente Entwicklung zu einem dienstleistungsorientierten Wertpapierhandelshaus mit der Fokussierung auf Market Making und Mittelstand.
Allgemeine Aussprache
Frau Claudia Geercken als Sprecherin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bemerkte, das abgelaufene Jahr sei für die MWB "rabenschwarz" gewesen, und man habe tief rote Zahlen erwirtschaftet. Dann fragte sie nach dem Risikocontrolling, den Messekosten und dem Zeitpunkt, an dem man den Wertberichtigungsbedarf bei der XCOM AG entdeckt hat. Außerdem erkundigte sie sich nach den Abschreibungen auf Wertpapiere des Anlagevermögens, dem Verbleib der Beteiligung Infinigate und den monatlichen Kosten.
Die Strategie der MWB sei es wohl, "den Gürtel enger zu schnallen". Darüber hinaus interessierte sie sich für eine Aufschlüsselung des Verwaltungsaufwands und für weitere Einsparungsmöglichkeiten. Der Aktienkurs sei mehr als enttäuschend, und Frau Geercken fragte, ob die MWB bei der geringen Marktkapitalisierung ein Übernahmekandidat ist. Abschließend wollte die DSW-Sprecherin die Kosten für die Umstellung auf IAS sowie die Höhe des Streubesitzes wissen.
Herr Posovatz entgegnete, dass das Risikocontrolling auf Systeme der XCOM verlagert wurde und dass die Kosten bei 1.800 Euro monatlich liegen. Die Messekosten bezifferte er auf 70.000 Euro, und die XCOM AG erwirtschaftete im letzten Jahr bei 29,3 Mio. Euro Umsatz einen Jahresüberschuss von 752.000 Euro, wobei diese Gesellschaft alle steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten genutzt habe. Nach der Präsentation der Planungen für die nächsten Jahre habe man sich zu einer Abschreibung von 40 Prozent auf die Anschaffungskosten der XCOM AG entschlossen.
Neben einer Wertberichtigung von 3,96 Mio. Euro auf diese Gesellschaft wurden 495.000 Euro auf die Beteiligung Infinigate sowie 512.000 Euro auf die Bayerische Dienstleistungsgesellschaft abgeschrieben. Die monatlichen Kosten lägen bei 500.000 Euro, und es existiere ein Beratervertrag mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden bezüglich strategischer Fragen. Man sehe keine großen Einsparmöglichkeiten, da man keine wertvollen Mitarbeiter entlassen wolle, denn man werde diese bei anziehenden Umsätzen wieder benötigen.
Die Verwaltungsaufwendungen seien zu 50 Prozent der Abwicklung zuzurechnen. Auf Wertpapier-Informationssysteme entfielen 600.000 Euro, auf BaKred- und BaWe-Gebühren 350.000 Euro und auf Rechtsanwalts- bzw. Beratungskosten 300.000 Euro. Aufgrund des hohen Anteils der Altaktionäre sei die MWB kein Übernahmekandidat, und die Kosten für die relativ problemlose Umstellung auf IAS bezifferte Herr Posovatz auf 130.000 Euro. Der Streubesitz liege bei 20 Prozent, da die Bankgesellschaft Berlin noch Anteile aus dem Börsengang halte.
Herr Martin Ahrends dankte in seiner Eigenschaft als Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) dem Vorstand und den Mitarbeitern für das Geleistete im zurückliegenden "schlechten Jahr". Die katastrophale Kursentwicklung treibe den Aktionären die Tränen in die Augen. Die Marktkapitalisierung von 7 Mio. Euro befinde sich in der Höhe mancher jährlicher Vorstandsbezüge, und da könnte man nun anstatt einer Villa sogar eine Wertpapierhandelsbank kaufen.
Allein der adjustierte Buchwert der Beteiligung an XCOM liege bei 6 Mio. Euro und die Liquidität bei über 14 Mio. Euro. Beim aktuellen Aktienkurs sei der Gesellschaft ein negativer Ertragswert beigemessen, und Herrn Ahrends interessierte, wie man die Aktie interessanter machen könnte. Der geringe Streubesitz sorge für eine niedrige Liquidität in der Aktie, die Institutionelle abschrecke. Ziel müsse die Steigerung der Marktkapitalisierung sein, da die MWB ansonsten aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwinden werde.
Dann wollte Herr Ahrends wissen, wieso im Dezember so viele eigene Aktien zurückgekauft wurden, da man alleine durch den Handel mit eigenen Aktien einen Verlust von 559.000 Euro eingefahren habe. Ferner fragte der SdK-Sprecher, wieso man verstärkte Investitionen in Randaktivitäten tätigt. Darüber hinaus erkundigte er sich nach der kritischen Masse für die MWB und nach den Aussichten im Market Making.
Außerdem sprach Herr Ahrends das mögliche Potenzial einer Zusammenarbeit mit der NASDAQ Deutschland und das schlechte Rating als Designated Sponsor an. Des Weiteren fragte er nach der Reaktion auf "XETRA Best", den Auswirkungen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes und den bisherigen Beratungsmandaten.
In der Vermögensverwaltung fehle anscheinend die kritische Masse, da man 75 Mio. Euro anvisiert hatte und nun erst bei 22 Mio. Euro liege. Abschließend erkundigte sich Herr Ahrends nach dem Projekt in Baden und bemerkte, er könne bei der Abstimmung zur Wahl des Abschlussprüfers KPMG bestenfalls mit Enthaltung stimmen.
Der Vorstandssprecher erklärte, die Entwicklung im Beratungsgeschäft verlaufe recht "zäh". Die Zielgruppe umfasse die Ausscheider aus dem SMAX, da diese entweder von der Börse verschwinden oder da ein Großaktionär diese verkaufen wolle. "XETRA Best" sei mit sehr hohen Gebühren für den "Best Executor" verbunden, oder man müsse über Designated Sponsor-Mandate Punkte sammeln. Dies führe dazu, dass einige Makler diese Dienstleistung kostenfrei anbieten, nur um Punkte zu sammeln. "XETRA Best" sei nicht das erste Projekt der Deutschen Börse AG, das scheitern könnte.
Da die MWB AG als Designated Sponsor für die eigenen Aktien auftritt, musste man die Ultimobereinigungen von Institutionellen auffangen. Die Entwicklung im Bereich Vermögensverwaltung sei absolut unbefriedigend, aber man sei mit vier Mitarbeitern sehr schlank aufgestellt und erwarte erst mittelfristig Erfolge. Das selbe gelte für den Bereich Kapitalmarktberatung, wo man keine Eile habe und derzeit zwei Kunden bezüglich Wandelschuldverschreibungen berate.
Der Zug gehe in Richtung elektronischer Handel, und die Skontroführung in Berlin werde wohl aufgrund der Kooperation mit der NASDAQ Deutschland auf der Strecke bleiben. Die MWB habe die nötige kritische Masse und fühle sich mit 33 Mitarbeitern recht wohl. Im Hinblick auf Fusionen wolle man lieber alleine bleiben, wenn man sich die Kandidaten genauer anschaue.
Das Potenzial bezüglich der NASDAQ Deutschland sei aktuell schwierig zu beurteilen, wobei die beteiligten Banken den Orderflow nicht ohne Weiteres umlenken könnten. Man werde aber als Market Maker auf dieser Plattform agieren. Die Ursachen für das schlechte Rating als Designated Sponsor waren einerseits Anpassungsbedarf bei der "Quotemachine" und andererseits nur die Messung der Aktivitäten in der eigenen Aktie. Man werde die Performance fortlaufend beobachten und verbessern.
In der Vermögensverwaltung sei es schwierig, neue Kunden zu gewinnen, da die MWB zu unbekannt sei, aber aufgrund dessen wolle man das Vertriebsnetz ausbauen. Das Projekt in Baden gehe über eine Vertriebskooperation hinaus, und man arbeite mit zwei Vermögensverwaltern aus der Region zusammen. Man habe keine Vorbehalte gegenüber der KPMG, und Herr Posovatz zitierte einen Satz aus der Bibel: "Wer nicht schuldig ist, werfe den ersten Stein." Eine Auswirkung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes werde wohl ein "Ausbluten des Skontroführer-Daseins" sein.
Abstimmungen
Herr Berwein stellte die Präsenz mit 3.877.836 der vorhandenen 4.982.700 Stückaktien und damit 77,83 Prozent fest. Zur Abstimmung stand die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, die Genehmigung zum Erwerb eigener Aktien und die Wahl des Abschlussprüfers. Darüber hinaus sollte eine Satzungsänderung bezüglich der Vertretungsberechtigung des Vorstands verabschiedet werden. Sämtliche Vorschläge wurden ohne eine nennenswerte Anzahl an Gegenstimmen angenommen. Lediglich bei der Wahl des Wirtschaftsprüfers KPMG waren 31.274 Stimmenthaltungen zu verzeichnen.
Die Veranstaltung endete um 12:55 Uhr.
Fazit
Die MWB Wertpapierhandelshaus AG präsentierte sich wie alle Wertpapierhandelshäuser aufgrund des Marktumfelds in einem angeschlagenen Zustand. Das Unternehmen hat jedoch genug Substanz und ist finanzstark genug, um die derzeitige Umsatzflaute durchstehen zu können.
Für die Vermögensverwaltung hatte man im Vorjahr auch noch höhere Volumenerwartungen, die sich nun aber erst bei einem positiveren Gesamtmarkt realisieren lassen. MWB hat neben dem Stammgeschäft mittlerweile einige Zusatzbereiche aufgebaut, die nicht ganz so stark vom Börsenumfeld abhängig sind, jedoch auch einen hohen Korrelationsgrad aufweisen. Man darf gespannt sein, wie sich diese zukünftig entwickeln.
Das laufende Geschäftsjahr dürfte noch schwierig werden, und man könnte froh sein, wenn die MWB AG eine "schwarze Null" präsentieren könnte. Es ist der Gesellschaft zu wünschen, dass die Umsätze an den Börsen im Zuge einer Konjunkturerholung zunehmen. Für ein wieder erstarktes Marktumfeld hat sich die MWB zweifelsohne gut positioniert und sollte als einer der Gewinner aus der laufenden Konsolidierung hervorgehen. Der Aktienkurs kam arg unter die Räder, und die Gesellschaft ist aktuell offensichtlich unterbewertet. Darüber hinaus könnte die Gesellschaft mit relativ geringem Aufwand eigene Aktien unter Substanzwert vom Markt nehmen und diese anschließend einziehen.
Risiken liegen im sehr harten Wettbewerb der Börsen, in einer weiterhin schwachen Börsenlage und einer nicht planmäßigen Entwicklung der neuen Geschäftsfelder. Darüber hinaus könnte weiterer Abschreibungsbedarf bei der Beteiligung XCOM auftreten, die immerhin noch mit 6 Mio. Euro in den Bücher steht. In Ermangelung konkreter Planzahlen für die nächsten Jahre fällt hierzu eine Einschätzung schwer, aber die MWB AG bilanziert bekanntlich sehr konservativ.
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