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HV-Bericht Drägerwerk AG - Aufbruchstimmung ist deutlich zu spüren

Am 14. Juni 2002 fand in der Lübecker Musik- und Kongresshalle die diesjährige ordentliche Hauptversammlung der Drägerwerk AG statt. Für GSC Research nahm an der mit rund 2.000 Aktionären, Gästen und Pressevertretern unerwartet gut besuchten Veranstaltung Hans-Hermann Mindermann teil, der auch diesen Bericht verfasste.



Mit einer aufgrund des starken Teilnehmerandrangs erforderlichen kurzen Verspätung eröffnete der Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Feddersen die Veranstaltung. Nach der Erledigung der üblichen Formalien übergab er dann das Wort an den Vorstand.




Bericht des Vorstands



Aus den Vorträgen der Vorstandsmitglieder wurde deutlich, dass die Gesellschaft das Tal der Tränen rasch und zielstrebig verlassen hat. Überwiegend waren die Vorträge zwar eher norddeutsch trocken gehalten, aber die Freude über das Erreichte war trotzdem deutlich zu erkennen. Dabei knüpfte der Vorstandsvorsitzende T. Dräger in seinen Ausführungen zur strategischen Positionierung des Unternehmens auch an die Aussagen der vorjährigen Hauptversammlung an.



Seither wurden nicht nur Fortschritte in Form von Ertragsverbesserungen aufgrund interner Prozessverbesserungen und der Umsetzung von Optimierungsprogrammen erzielt, sondern die Konzernstruktur insgesamt wurde substanziell weiterentwickelt. Im Zentrum stehen dabei die neu geformten Teilkonzerne Dräger Medical AG & Co. KGaA und Dräger Safety AG & Co. KGaA, in die im Laufe dieses Jahres noch weitere ausländische Beteiligungsgesellschaften eingebracht werden sollen.



Diese Neuaufstellung des Konzerns führt zu einer erhöhten Effizienz und Schlagkraft und erlaubt eine Verbesserung der Transparenz der Aktivitäten. Inhaltlich ist sie ein Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines Unternehmensverbunds unter dem Dach der Dräger Holding, erläuterte Herr Dräger in seinem Bericht.



Durch die veränderte Struktur kann Dräger nicht nur attraktive Geschäftsfelder gezielter fördern, sondern auch schneller reagieren, wenn bestimmte Bereiche den Erwartungen nicht entsprechen. Diese Maßnahme eröffnet den Tochtergesellschaften einen eigenständigen Zugang zum Finanzmarkt und sichert deren künftige Koalitionsfähigkeit. Letzteres gilt für Kooperationen, Joint Ventures und strategische Allianzen, aber auch für Akquisitionen und Desinvestments.



Bereits am 30. Mai 2002 konnte Dräger bekannt geben, dass diese neue Struktur in einem Memorandum of Understanding mit der Siemens AG über die Zusammenführung der weltweiten Aktivitäten des Bereichs Medical Solutions von Siemens auf den Feldern OP, Anästhesie sowie Intensiv- und Notfallmedizin inklusive der Produkte für den Sektor Home Care mit der Dräger Medical AG & Co. KGaA zu einer neuen gemeinsamen Gesellschaft erste Früchte trägt.



Der Zusammenschluss steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung der zuständigen Gremien und Behörden sowie einer außerordentlichen Hauptversammlung der Aktionäre der Drägerwerk AG. Ebenso sind noch zahlreiche Details auszuhandeln. Dennoch liegen die strategischen Vorteile und Chancen nach Meinung des Vorstands für alle Beteiligten auf der Hand.



Sowohl mit Blick auf die erwartete Weiterentwicklung des Medizinmarkts als auch hinsichtlich des Geräteportfolios ergab sich eine hervorragende wechselseitige Ergänzung, da Siemens als Monitoring-Hersteller zugleich die Einbindung des Akutbereichs von Dräger in das IT-Netzwerk von Krankenhäusern ermöglicht. Von wesentlicher Bedeutung war dabei aber auch, dass sich Siemens bereit fand, als die Rolle des "Junior-Partners" zu übernehmen. Über die Stärkung der strategischen Position hinaus geht Dräger auch davon aus, dass der Konzern durch diese Transaktion eine erhebliche Verbesserung der Eigenkapitalposition erfahren wird.



Herr Dr. Reim konnte diese Ausführungen noch durch den Hinweis ergänzen, dass die angestrebte Höhe der Beteiligung der Siemens AG am Kommanditkapital der Dräger Medical AG & Co. KGaA bei etwa 35 Prozent liegen soll. Die Kennzahlen der "neuen" Gesellschaft dürften dann wie folgt aussehen: 1,2 Mrd. Euro Umsatz in 2003 (etwa 40 Prozent höher als der erwartete Umsatz der Sparte für das Jahr 2002) bei rund 6.400 Mitarbeitern.



Eingangs seiner Ausführungen stellte Dr. Reim klar, dass im Zuge der Restrukturierung das Kerngeschäft der Medical neu definiert wurde als die Medizintechnik entlang der Patientenprozesskette von der Notfallaufnahme bis hin zur Versorgung zu Hause. Der Weltmarkt hat in dieser Definition ein Volumen von ca. 17 Mrd. Euro mit über 200 relevanten Wettbewerbern. In diesem Markt zählt Dräger Medical mit über 800 Mio. Euro Umsatz zu den fünf größten Teilnehmern.



Bei einem Wachstum des Gesamtmarkts von rund 3 bis 4 Prozent konnte Dräger Medical in 2001 wie bereits in den Vorjahren mit rund 10 Prozent Umsatzsteigerung erneut überdurchschnittlich zulegen. Allerdings fällt dieses Bild je nach Region differenziert aus. Während der Inlandsmarkt stagnierte, konnten außerhalb hohe Zuwachsraten realisiert werden. Inzwischen entfallen auf den inländischen Markt nur noch 31 Prozent des Umsatzvolumens, während die USA mit einem Anteil von 15 Prozent bislang unterrepräsentiert sind. Wachstumspotenziale werden daher insbesondere in den USA und in Asien gesehen.



In 2001 gelang es, den jahrelang anhaltenden Trend rückläufiger Ergebnisse mit einem EBIT der Dräger Medical von 39 Mio. Euro nachhaltig zu durchbrechen. Für die Umsatzrendite bedeutet dies eine Verbesserung auf 4,9 Prozent nach lediglich 1,3 Prozent in 2000. Diese Ergebnisverbesserung wurde neben der Umsatzsteigerung um rund 10 Prozent vor allem durch eine nachhaltige Veränderung der Gesamtkostenstruktur erreicht.



Zu nennen ist dabei insbesondere ein Anstieg des Gross Profit um 1,6 Prozentpunkte, in dem sich sowohl die Fokussierung auf das Kerngeschäft als auch Verbesserungen im Fertigungs- und Logistikbereich niederschlagen. Ferner trugen zur Ertragssteigerung die Straffung der Organisation mit einem daraus folgenden Rückgang der Vertriebsaufwendungen und ein Personalabbau bei. Eher beiläufig wurde erwähnt, dass Teil der Maßnahmen auch der Austausch nahezu des gesamten Managements der Vertriebsregion Deutschland war.



Dr. Reim stellte allerdings fest, dass für die mittelfristig angestrebte Weltklasse-Performance ein Ergebnisniveau von mindestens 100 Mio. Euro erforderlich gewesen wäre. Die auf dem Wege dahin erforderlichen Maßnahmen sind zu einem Gutteil bereits eingeleitet oder umgesetzt. Das angestrebte Ertragsniveau soll in 2003 erreicht werden (Anmerkung des Verfassers: die Zielsetzung ist insofern zu relativieren, als sie sich auf den Teilkonzern Dräger Medical in seiner aktuellen Struktur bezieht. Durch das neue Joint Venture werden voraussichtlich zusätzliche Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich werden, wodurch das Erreichen der Zielwerte erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten dürfte).



Der Ausblick auf das laufende Jahr und die Informationen über das erste Quartal 2002 fielen entsprechend positiv aus. So wurde erstmals in der Geschichte des Teilkonzerns in einem ersten Quartal ein positives Ergebnis erzielt (4 Mio. Euro), was einer Verbesserung um 11 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Auftragseingang und Umsatz sind zweistellig gewachsen, und zwar wie erwartet überwiegend in Asien und den USA.



Bei einem moderaten Umsatzwachstum von mindestens 5 Prozent wird für das Gesamtjahr ein Ergebniswachstum (EBIT) von wenigstens 50 Prozent erwartet, was einer Umsatzrentabilität von 7 Prozent entspricht. Ferner geht Dr. Reim von einem nachhaltig positiven Cashflow für das Jahr 2002 aus. Die Kapitalrendite sollte damit einen Sprung auf 19 Prozent machen.



Erfreuliches konnte auch Prof. Jugel für den Teilkonzern Dräger Safety berichten. Das von ihm herausgestellte Motto "Geld verdienen und Spaß haben" ist sicher nicht das einzige Erfolgsgeheimnis der von ihm geführten Sparte; die Ergebnisse können sich jedenfalls sehen lassen. Bei einem EBIT von 30,3 Mio. Euro konnte im Vergleich zu 1999 (22,5 Mio. Euro) eine Steigerung um 34,7 Prozent erreicht werden. Die Kapitalrendite liegt mit 19,4 Prozent für das vergangene Jahr bereits dicht an der konzerninternen Zielmarke von 20 Prozent.



Der Auftragseingang war erfreulich. So konnte Dräger Safety in den Hauptmärkten Europa und USA jeweils zweistellig zulegen bei einem Wachstum des Gesamtmarkts von lediglich 5 Prozent (Europa) und 3 Prozent (USA). Im ersten Quartal hielt der erfreuliche Trend mit einem Umsatzwachstum um 14,0 Prozent auf 104,0 Mio. Euro und einem Anstieg des EBIT um 54,7 Prozent auf 9,9 Mio. Euro an. Der mittelfristige Ausblick fiel ebenso wie der für das laufende Jahr positiv aus, blieb aber wenig konkret.



Auf dieser Hauptversammlung fiel Herrn Gensch die undankbare Aufgabe der Berichterstattung über die Sorgenkinder zu. So ist die Dräger Aerospace weltweit Systemführer in der Versorgung von Flugpassagieren mit Sauerstoff. Trotz der Ereignisse des 11. September und einer damit verknüpften Reduzierung der Umsatzerwartungen geht Dräger noch von einem positiven Ergebnis im laufenden Jahr aus.



Größere Anstrengungen benötigten die Tochtergesellschaften ProTech und Electronics, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Per Saldo kam es dabei zur Aufgabe verschiedener Tätigkeitsbereiche und zu Personalabbau. Insgesamt wird für das laufende Jahr ein weit gehend ausgeglichenes Ergebnis erwartet. Zu Dräger Electronics hieß es im Übrigen, man stehe in konkreten Verkaufsverhandlungen, ohne dass aber eine Zielvorstellung für diese genannt wurde.



Anschließend fasste Herr Sulzer diese Informationen kurz zusammen, indem er den Abschluss 2001 erläuterte. Mit 10,2 Mio. Euro Jahresüberschuss im Konzern und einem EBIT von 49,5 Mio. Euro gelang zwar wieder der Sprung in die Gewinnzone, die Daten entsprechen aber noch nicht den eigenen Zielvorgaben. Ursächlich für die Verbesserung waren ein Umsatz- und Leistungsanstieg, dem eine deutlich unterproportionale Entwicklung bei den Aufwendungen gegenüber stand.



Das Eigenkapital im Konzern erhöhte sich auf 172 Mio. Euro entsprechend 19,8 Prozent der Bilanzsumme und deckt damit das Anlagevermögen zu 80 Prozent ab. Besonders erfreulich ist, dass die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten nach Aufrechnung mit Guthaben bei Kreditinstituten um 27 Mio. Euro auf 190 Mio. Euro zurückgeführt werden konnten. Trotz finanzieller Lasten aus den Restrukturierungsprogrammen konnten damit die Finanzverbindlichkeiten aus dem laufenden Cashflow zurückgeführt werden.



Im AG-Abschluss fällt der ungewöhnlich hohe Jahresüberschuss von 139,9 Mio. Euro auf, der vor allem aufgrund von konzerninternen Beteiligungstransaktionen im Zuge der Bildung der Dräger Medical AG & Co. KGaA und der Dräger Safety AG & Co. KGaA entstand. Im Konzernabschluss wurden diese Vorgänge natürlich eliminiert.


Allgemeine Diskussion



Die sich an die Zusammenfassung durch Herrn Dräger anschließende Diskussion erbrachte vor allem Lob für die Verwaltung. Hervorgehoben wurden dabei sowohl die ersten konkret messbaren Erfolge der Restrukturierung wie auch die im Vergleich zu früheren Jahren verbesserte Transparenz. Fragen gab es dagegen nur wenige.



Auf die von Dr. Unrau als Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vorgetragenen Fragen bezüglich des Joint Venture mit Siemens konnte die Verwaltung leider nur eingeschränkt zusätzliche Auskünfte geben, da viele Details noch ausgehandelt werden müssen. Betont aber, dass die unternehmerische Führung bei Dräger verbleibt, wenngleich man natürlich dem Partner bestimmte Mitspracherechte einräumen wird.



Erfreulicherweise konnte die Frage nach der Steuerpflicht für Erträge aus den konzerninternen Beteiligungstransaktionen dahin gehend beantwortet werden, dass diese weitgehend steuerfrei vereinnahmt werden konnten. Dagegen musste bezüglich der Höhe der Dividende eingestanden werden, dass der Vorschlag an die Hauptversammlung die Notwendigkeit zur Auffüllung des Eigenkapitals nach dem vorangegangenen Verlustjahr berücksichtigt. Im Übrigen richte die Verwaltung ihre Einschätzung der Ergebnisse und Dividendenvorschläge am Konzern und weniger an der AG aus.



Interessant fiel auch die Antwort auf die Frage des Vertreters der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), Herrn Dr. Hildebrandt, nach dem Spannungsverhältnis Familiengesellschaft einerseits und Finanzierungsmöglichkeiten andererseits aus. Bei der Beantwortung wurde deutlich, dass die Familie Dräger die Geschicke des Unternehmens auch künftig entscheidend beeinflussen möchte, dass für die Finanzierung aber aus heutiger Sicht ausreichend Instrumente zur Verfügung stehen. Neben den Vorzugsaktien und den Genussscheinen wurde dabei auch auf die neuen KgaA‘s verwiesen, denen ja eigenständige Finanzierungsoptionen zur Verfügung stehen.


Abstimmungen



Bei einer Präsenz von 14,34 Prozent der Vorzugsaktien brauchte sich die Verwaltung um die Abstimmungsergebnisse keine Sorgen zu machen, denn nur die nicht im Streubesitz befindlichen Stammaktien waren stimmberechtigt. Entsprechend wurden alle Tagesordnungspunkte ohne Gegenstimmen verabschiedet, darunter die Dividende von 0,26 Euro je Vorzugsaktie (einschließlich der Nachzahlung von 0,13 Euro für das Vorjahr). Als Folge dieses Beschlusses entfällt in Abhängigkeit von den jeweiligen Bedingungen auch eine Ausschüttung auf die von der Gesellschaft begebenen Genussscheine.


Fazit und eigene Meinung



Auf der Dräger-Hauptversammlung entstand der Eindruck einer Aufbruchsstimmung. Es war deutlich zu spüren, dass die erfolgreich bewältigten Schritte auf dem Wege der Sanierung auch den Weg für strategische Fortschritte eröffnet haben, die konsequent angegangen werden. Der starke Kursanstieg der Aktie in den vergangenen zwölf Monaten spiegelt sicherlich bereits einen Teil der Erfolge der Sanierungsmaßnahmen wider. Der Auftakt des laufenden Jahres sowie der Beleg, dass die Maßnahmen greifen, hätten der Aktie aber vermutlich unter anderen Kapitalmarktbedingungen weiteren Spielraum nach oben gelassen.



Noch nicht hinreichend berücksichtigt im Aktienkurs erscheinen dagegen die strategischen Perspektiven des Konzerns, die sich nicht nur auf die Dräger Medical beschränken. Für mittelfristig orientierte Anleger dürfte sich daher auch auf dem aktuellen Kursniveau ein Erwerb der Aktien rentieren. Durch die aufgrund der neuen Konzernstruktur gestiegene Transparenz dürfte die Aktie mit dem Jahresabschluss 2002 zusätzlich an Interesse gewinnen, zumal Dräger zwischenzeitlich bereits als MDAX-Kandidat gelten kann. In jedem Fall sollte es sich daher lohnen, die außerordentliche Hauptversammlung anlässlich der Konkretisierung des Joint Ventures mit der Siemens AG zu beobachten.


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Veröffentlichungsdatum: 21.06.2002 - 11:44
Redakteur: hmi
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