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HV-Bericht IBS AG - Ein riesiger Markt sichert das weitere Wachstum

Die diesjährige Hauptversammlung der IBS AG fand am 29.5.2002 in den Räumen der IHK Frankfurt statt. Rund 80 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Matthias Wahler von GSC Research, hatten sich eingefunden, als der Aufsichtsratsvorsitzende Christoph Köchling die Veranstaltung um 13 Uhr eröffnete. Nach der Erledigung der notwendigen Formalien übergab dieser das Wort an die drei Vorstände.


Bericht des Vorstands



Es begann der Vorstandsvorsitzende Dr. Klaus-Jürgen Schröder, der mit gut 50 Prozent der Aktien auch Großaktionär der Gesellschaft ist, mit seinen Ausführungen. Vorher wurde den Aktionären aber ein kurzer Film gezeigt, der das Geschäft der IBS AG darlegte. Das Unternehmen zählt zu den führenden europäischen Anbietern von Systemen für das Produktions- und Qualitätsmanagement, ist international aufgestellt und betreut Kunden aus den verschiedensten Branchen, in erster Linie jedoch aus dem Automobil- und Verpackungsbereich. Durch den Einsatz der Systeme von IBS lassen sich speziell im Automobilbereich die Kosten gewaltig senken. Grundsätzlich sei die Reduzierung der Kosten für die Unternehmen die treibende Kraft, erklärte der Vorstand.



Als Rechenbeispiel führte Dr. Schröder an, dass die Verkürzung der Fertigungszeit um eine Minute bei der Autoproduktion Einsparungen von rund 500.000 Euro einbringt. Alleine die Prüfung der Steuergeräte dauert jedoch in Deutschland fast 30 Minuten, während in Japan nur 2 bis 4 Minuten benötigt werden. Eine Verkürzung der Prüfungsdauer auf japanische Verhältnisse würde demnach riesige Einsparungen bringen, und das jeden Tag.



Die fünf Faktoren, bei denen IBS in den Unternehmen ansetzt, sind Menschen, Maschinen, Werkzeuge, Material und Verbrauchsmaterial. Mit den Systemen von IBS lassen sich in jedem dieser Bereiche Einsparungen erzielen. Die Produkte von IBS sind dabei komponentenorientiert, das heißt, der Kunde kann den Einsatz zunächst in einem Teilbereich seines Unternehmens testen und dann problemlos durch die Erweiterung der bereits vorhandenen Komponenten auf die gesamte Firma ausweiten. Diese Durchdringung des gesamten Unternehmens ist auch das erklärte Ziel von IBS.



Das Marktpotenzial für die Produkte von IBS schätzt Dr. Schröder als unverändert riesig ein. Das Volumen des Markts für MES (Manufacturing Execution Systems) dürfte in Deutschland im Jahr 2003 bei rund 3,3 Mrd. Euro liegen, weltweit gut fünfmal so hoch. Das wäre eine Verdoppelung des heutigen Stands. "Der Markt ist groß genug für uns und potenzielle Wettbewerber", erklärte der Vorstand.



Nach einigen Erläuterungen des Vertriebsvorstands Dipl.-Ing. Volker Schwickert zur konkreten Vorgehensweise bei der Markterschließung fuhr dann Finanzvorstand Dr. Erik Massmann mit den Ausführungen fort und nannte zunächst einige wichtige Ereignisse des Geschäftsjahres. Im Juni 2001 wurden 100 Prozent der Anteile an der Quality Systems International Inc. (QSI) übernommen. Schon seit längerem wurde zur Markterschließung in den USA ein dort ansässiges Softwareunternehmen gesucht, da man diesen Schritt nicht ohne Unterstützung dort ansässiger Kollegen gehen wollte.



QSI ist trotz des schlechten Umfelds insbesondere in den USA ein sehr erfolgreich tätiges Unternehmen. Der Auslandsanteil der IBS hat sich auch durch diesen Kauf von 23 auf 37 Prozent erhöht. Im laufenden Jahr wird er laut Vorstand Dr. Massmann weiter ansteigen und mittelfristig gegen 50 Prozent gehen. Der Anteil der USA an den Erlösen legte von 1,6 auf 10,2 Prozent zu. Das künftige Wachstum wird vor allem im Ausland stattfinden.



Ein weiteres Highlight des Berichtsjahres war ein Großauftrag über 1 Mio. Euro, den man von Audi erhalten hat und "den man in dieser Größenordnung leider nicht jede Woche verzeichnen kann". Die aktuelle Struktur des Unternehmens umfasst nun 9 Tochtergesellschaften. Im laufenden Jahr liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der noch besseren Integration dieser Gesellschaften und der Erschließung der optimalen Synergiepotenziale.



Anschließend erläuterte Dr. Massmann dann das Zahlenwerk für das vergangene Geschäftsjahr. Im Konzern ist der Umsatz von 19,4 Mio. Euro um fast 73 Prozent auf 33,5 Mio. Euro gestiegen. Die Kosten erhöhten sich entsprechend, da im Vorjahr jedoch ein einmaliger Aufwand für den IPO von 0,53 Mio. Euro angefallen war, stieg das Betriebsergebnis im Vergleich dazu überproportional von 1,5 Mio. Euro auf 3,4 Mio. Euro an.



Zins- und sonstige Aufwendungen drückten das Ergebnis vor Steuern jedoch auf 2,7 Mio. Euro (Vj.: 2,2 Mio. Euro aufgrund von Zinserträgen). Der Jahresüberschuss kletterte auf 1,2 Mio. Euro nach 0,89 Mio. Euro im Vorjahr. Das Ergebnis je Aktie blieb unverändert bei 0,20 Euro, da die Aktienanzahl sich wegen einer Kapitalerhöhung zur Finanzierung des Kaufpreises der QSI auf 6,22 Millionen erhöht hat. Beim Kostenblock sieht der Vorstand noch einiges Einsparpotenzial.



In der Bilanz haben die liquiden Mittel stark abgenommen von 24,4 Mio. Euro auf 9,1 Mio. Euro, während die Forderungen auf 17,5 Mio. Euro (Vj.: 8,5 Mio. Euro) angestiegen sind. Als Ursache nannte der Vorstand die durch das starke Projektgeschäft veränderten Zahlungsbedingungen, die eine oft monatelange Vorfinanzierung durch die IBS bewirkt haben. "Wir haben aber solvente Kunden, deshalb sind die Forderungen nicht mit Risiko behaftet", betonte Dr. Massmann. Gleichwohl sollen sie durch ein verbessertes Cashmanagement reduziert werden.



Die Verbindlichkeiten erhöhten sich um 4,5 Mio. Euro auf 12,8 Mio. Euro. Das Eigenkapital verbesserte sich jedoch, im Wesentlichen durch die Kapitalerhöhung, auf 39,5 Mio. Euro (Vj.: 34,4 Mio. Euro) und macht damit 71 Prozent der auf 56 Mio. Euro (Vj.: 44,3 Mio. Euro) vergrößerten Bilanzsumme aus.



Die Anzahl der Mitarbeiter wurde auf 337 fast verdoppelt. Die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in der Projektentwicklung, jeweils 20 Prozent im Vertrieb und in der Verwaltung. In diesem Zusammenhang wies Dr. Massmann auch auf das zu beschließende Aktienoptionsprogramm für die Mitarbeiter hin, von dem er sich eine motivierende Wirkung verspricht.



Mit der Entwicklung des Aktienkurses zeigte er sich nicht zufrieden, obwohl diese weit besser als die des Nemax war. Derzeit arbeitet der Vorstand an einem Konzept, um die Aktie attraktiver zu machen und vor allem die Liquidität zu erhöhen, die bisher völlig unzureichend ist. Der Free Float beträgt knapp 50 Prozent.



Abschließend wagte Dr. Massmann noch einen Ausblick auf das laufende Jahr. Er erwartet einen Umsatzanstieg von mehr als 30 Prozent und eine EBIT-Marge von mindestens 10 Prozent. IBS soll sich vom Anbieter komplexer Qualitätsmanagementsysteme zum Marktführer im gesamten MES-Markt entwickeln. Der Auslandsanteil dürfte sich weiter erhöhen. "Wir arbeiten seit Jahren profitabel und werden mit innovativen Entwicklungen weiter wachsen", schloss er seinen Vortrag.


Allgemeine Diskussion



Sprecher der beiden Aktionärsvereinigungen waren auch in diesem Jahr nicht anwesend. Drei Kleinaktionäre meldeten sich jedoch zu Wort und stellten zahlreiche Fragen. Ein guter Teil betraf Positionen in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung. So wies ein Aktionär auf die stark erhöhten Beträge bei Firmenwert und immateriellen Vermögensgegenständen hin und fragte, ob diese in diesem Jahr noch weiter ansteigen werden. Zudem wollte er wissen, was sich hinter den Vorräten verbirgt, die sich mit 5,9 Mio. Euro mehr als verdoppelt haben.



Bezüglich der Forderungen äußerte er angesichts des hohen Volumens die Vermutung, dass man größere Projekte vielleicht schon abrechnet, bevor diese abgeschlossen sind. Ihn interessierte außerdem, warum man die Wertpapiere des Umlaufvermögens von 5 Mio. Euro nicht veräußert und zur Tilgung von Verbindlichkeiten nutzt. Ein weiterer Redner äußerte Unverständnis für die Beschäftigung von 75 Personen in der Verwaltung.



Die Fragen wurden anschließend von Dr. Schröder beantwortet. Die hohe Anzahl der in der Verwaltung Beschäftigten bezeichnete er als echtes Problem, das man noch lösen müsse. Man plane, sämtliche administrativen Aufgaben an einer Stelle zusammenzulegen und grundsätzlich Maßnahmen zur Personalverschlankung einzuleiten. Eine Auflösung der Verbindlichkeiten hält der Vorstand nicht für sinnvoll, da diese mit weniger als 5 Prozent Zinsen sehr günstig finanziert sind.



Die Vermutung bezüglich der Forderungen wies Dr. Schröder zurück. Natürlich rechne man Projekte nicht vor der Fertigstellung ab, sondern buche diese erst, wenn der Kunde die Leistung in Anspruch nimmt. Im Zusammenhang mit den Vorräten erklärte er, diese beträfen in erster Linie halbfertige Erzeugnisse, aber auch RHB-Stoffe und halbfertige Leistungen von Tochtergesellschaften. Intern sei kein wesentlicher Anstieg zu verzeichnen. Den Anstieg des Firmenwerts führte er auf den Erwerb der QSI zurück. Deren Goodwill beläuft sich aktuell auf 3,28 Mio. Euro.



Eine weitere Frage des ersten Redners betraf die Expansion in die USA. Er betrachtete diesen Schritt mit gemischten Gefühlen, da dort viele Unternehmen derzeit große Probleme hätten. Außerdem kritisierte er, dass das Unternehmenswachstum in erster Linie extern durch Zukäufe erreicht wird, während ein organisches Wachstum kaum noch stattfinde.



Dem widersprach Dr. Schröder. Die Intention des Unternehmens sei es, die IBS als Gruppe zu sehen. Eine klare Trennung der einzelnen Unternehmen im Konzern sei überhaupt nicht sinnvoll, da man Aufträge gegebenenfalls auch aufteile und weitergebe, wenn dies sinnvoll erscheine. Letztendlich zähle also nur die Gruppenleistung. Auch bei dem Zukauf in den USA sah er keinerlei Probleme. Man habe den dortigen Markt zuvor gründlich analysiert und erst dann investiert. QSI sei bisher ein erfolgreiches Unternehmen gewesen, und er fragte, warum sich das jetzt ändern sollte.



Auch das Thema Aktie wurde angesprochen. Die Anwesenden interessierte, ob man derzeit über einen Rückzug aus dem Neuen Markt diskutiert. Außerdem fragte ein Aktionär, warum Dr. Schröder zu Beginn des laufenden Jahres 320.000 Aktien aus seinem Bestand an einige Fondsgesellschaften veräußert hat.



Hierauf erklärte Dr. Massmann zunächst, er sei vom Neuen Markt grundsätzlich überzeugt. Allerdings würden die Unternehmen mit der Pflicht zu Quartalsberichten, die unternehmerisch keinen Sinn machten, sehr unter Druck gesetzt, und einige schlechte Unternehmen hätten das ganze Segment in Verruf gebracht. Es werde sicher noch einige Monate dauern, bis die Anleger wieder Vertrauen in diesen Markt aufgebaut haben, trotzdem fühle man sich als Wachstumsunternehmen am Neuen Markt richtig aufgehoben.



Im Hinblick auf den Verkauf von 320.000 seiner Aktien führte Dr. Schröder aus, diese Veräußerung sei nach Gesprächen mit den betreffenden Fondsgesellschaften erfolgt, die diese Aktien außerbörslich mit einem Kursabschlag als Basisinvestment von ihm erwerben wollten, um dann am Markt noch nachzukaufen. Der Verkauf sei bei einem Börsenkurs von 12 Euro zu einem Preis von gut 10 Euro je Aktie abgewickelt worden. Eine Garantie dafür gebe es allerdings nicht.


Abstimmungen



Die Präsenz gab Herr Köchling mit 3.765.123 Aktien entsprechend 60,56 Prozent des Grundkapitals bekannt, die im Wesentlichen vom Management vertreten wurden. Abgestimmt wurde über die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), eine Neuwahl zum Aufsichtsrat (TOP 4), die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien (TOP 5), die Ermächtigung zur Ausgabe von Aktienoptionen (TOP 6) und die Wahl der Heimfarth & Partner GmbH zum Abschlussprüfer (TOP 7). Die Ergebnisse fielen bei nur wenigen Gegenstimmen im Sinne der Verwaltung aus, lediglich bei der Ausgabe der Aktienoptionen drückten einige Aktionäre mit 17.000 Neinstimmen ihre Ablehnung aus.



Herr Köchling schloss die Sitzung um 15:40 Uhr.


Fazit



Die IBS AG hat als eines der wenigen Unternehmen am Neuen Markt ihre Prognosen für 2001 eingehalten und Umsatz und Ergebnis steigern können. An der Kursentwicklung ist dies allerdings nicht zu erkennen, im Gegenteil, die Aktie nähert sich wieder ihren Tiefstkursen von 7 Euro. Ein Grund für die Zurückhaltung der Anleger mag sein, dass das Ergebnis je Aktie durch die Kapitalerhöhung unverändert bei 0,20 Euro verharrte, was die Aktie auf den ersten Blick nicht übermäßig günstig aussehen lässt.



Betrachtet man allerdings die enormen Wachstumsraten der Gesellschaft mit einem prognostizierten Umsatzzuwachs von mehr als 30 Prozent in diesem Jahr, relativiert sich das Bild. Auch die geplante Straffung der gesamten Struktur und die Reduzierung der Kosten vor allem in der Verwaltung werden einen positiven Effekt auf das Ergebnis haben. Eine unbedingt sinnvolle Optimierung der Bilanz durch den Abbau der hohen Forderungen und der Vorräte würde noch zusätzliches Potenzial eröffnen.



Unter Berücksichtigung all dieser Effekte, die in Summe durchaus einen überproportionalen Ergebnisanstieg bewirken könnten, ist die Aktie auf dem relativ niedrigen Niveau schon fast ein Schnäppchen. Das Wachstum der Gesellschaft dürfte schließlich in Anbetracht des Marktpotenzials noch lange gesichert sein. Charttechnisch sollte der interessierte Anleger jedoch noch abwarten, bis sich der Kurs stabilisiert.


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Veröffentlichungsdatum: 01.06.2002 - 14:42
Redakteur: mwa
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