Am 21. September 2001 fand die ordentliche Hauptversammlung der WESTEND Terrain und Beteiligungsholding AG in Frankfurt statt. Knapp 20 Aktionäre hatten sich im Hotel Courtyard Marriott eingefunden, um sich über die neuesten Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft zu informieren.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Claus-D. Gießmann eröffnete die Hauptversammlung und berichtete, dass gegen die Beschlüsse der letzten Hauptversammlung vom 20. Dezember 2000 Anfechtungsklagen eingereicht worden waren. Allerdings sei ein Vergleich geschlossen worden, wonach die damaligen Tagesordnungspunkte auf der aktuellen Hauptversammlung noch einmal zur Abstimmung gebracht werden müssen.
Allgemeine Diskussion
Als Herr Gießmann direkt zur Abstimmung über die Tagesordnungspunkte der vergangenen Hauptversammlung schreiten wollte, regte sich bei den anwesenden Aktionären Widerspruch, da sie erst noch aktuelle Informationen zum Stand der Gesellschaft verlangten.
Herr König kritisierte zunächst, dass der Aktionärsbrief vom August nicht auf der Hauptversammlung zur Einsichtnahme ausliegt. Des Weiteren wollte er wissen, ob schon Rückstellungen für den Rückerwerb der UNIKAT-Aktien von Herrn Püttmann gebildet wurden, nachdem ein Großteil der Aktien an ihn verpfändet wurde.
Das Aufsichtsratsmitglied Herr Kronwald schilderte daraufhin den gesamten Vorgang um die UNIKAT-Aktien. Im Sommer 1999 waren 36.000 UNIKAT-Aktien bei der VR-Bank in Schlüchtern mit 1,8 Mio. DM beliehen. Zum 31. Dezember 1999 erfolgte eine Kündigung von Seiten der Bank, woraufhin Herr Püttmann eine neue Finanzierungsmöglichkeit auftat. Im Dezember 1999 wurden dann auch 1,8 Mio. DM von der Bayrischen Landesbank an die VR-Bank in Schlüchtern überwiesen. Herr Püttmann und Frau Gatzweiler hatten dafür bei der Bayrischen Landesbank ein Darlehen in gleicher Höhe aufgenommen.
Nachdem Frau Fastnacht und Herr Schulte im Sommer 2000 aus dem Vorstand der Gesellschaft ausschieden, wurde Herr Humpert zum neuen Vorstand bestellt und im September wieder entlassen. Danach wurde Herr Zimmermann als Vorstand bestellt und im Juli 2001 abberufen. Bei Durchsicht der Unterlagen wurde ein Angebot für einen Darlehensvertrag von Herrn Zimmermann und Frau Gatzweiler über 1,8 Mio. DM gefunden.
Am 22. Mai 2001 kam es dann zu einem Darlehensvertrag, obwohl sich Herr Zimmermann zu diesem Zeitpunkt in Haftvollzug befand. Der Vertrag besagt, dass das Eigentum (die UNIKAT-Aktien) an den Darlehensgeber übergeht, was jedoch einer vereinbarten Verpfändung widerspricht. Allerdings wurde der Vertrag noch nicht juristisch bewertet, meinte Herr Kronwald. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vereinbarung.
Nach Aussage von Herrn Kronwald besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die für 1,8 Mio. DM erworbenen UNIKAT-Aktien durch diese Konstruktion weg sind, was bedeuten würde, dass die WESTEND AG überschuldet wäre. Derzeit verfüge die Gesellschaft aber auch nicht über ausreichend Mittel, um einen Prozess zu führen, weshalb eine einvernehmliche Regelung mit Herrn Püttmann angestrebt werde.
Herr Gießmann ergänzte, dass Herr Zimmermann im Mai 2001 nicht erreichbar war, da er zu diesem Zeitpunkt schon gut zwei Wochen wegen früherer Geschäfte in Haft war. Vor der Einstellung als Vorstand hatte er eine Erklärung abgegeben, wonach er kein Berufsverbot habe. Allerdings hatte Herr Zimmermann sein anwaltliches Mandat schon zurückgegeben, weshalb er kein Berufsverbot erteilt bekam. Im Juli 2001 gab er dann eine Niederlegungserklärung als Vorstand der WESTEND ab.
Danach wurde Frau Fastnacht als Vorstand berufen, da sie mit den Zusammenhängen innerhalb der Gesellschaft vertraut war. In einem Aktionärsbrief habe man sich dann entschlossen, die Anteilseigner über die Vorgänge zu informieren. Wie Herr Gießmann betonte, sei Herr Püttmann weiterhin bereit, die Darlehensregelung mit der WESTEND weiterzuführen, jedoch nicht mehr bei der bisherigen Bank.
Herr König fragte nach diesen Ausführungen, ob die WESTEND AG nicht schon Insolvenz anmelden müsse. Der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Gießmann entgegnete ihm jedoch, dass lediglich das Darlehen für die UNIKAT-Aktien neu geregelt werden muss. Dagegen stehe die Werthaltigkeit der Aktien nicht in Frage, auch wenn sie verpfändet wurden. Die Beteiligung an der Europahaus Grundstücks AG wurde auf 1 DM abgeschrieben, zumal die Gesellschaft im Juni einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Allerdings waren die Antragsunterlagen nicht vollständig, so dass die Insolvenz der Europahaus schwebend ist.
Auch bei der Zeichnung von Aktien der IMAGE call center AG (kurz „ICC“) versuche WESTEND das gezahlte Geld zurückzuerhalten, da es sich, nach Aussage von Herrn Gießmann, „gar nicht um eine Zeichnung gehandelt hat“. Herr Zimmermann habe dabei – so die Aussage von Herrn Gießmann – „nachträglich Aktien gezeichnet“. Im Juli 2000 hatte die ICC eine Kapitalerhöhung durchgeführt und dann auch geschlossen, woraufhin die Kapitalerhöhung ins Handelsregister eingetragen wurde, obwohl nicht alle Beträge einbezahlt waren.
Anmerkung: für eine HR-Eintragung muss lediglich die Einzahlung eines Viertels des Nominalbetrags nachgewiesen werden – diese Pflicht war zum Zeitpunkt der Eintragung mit 400.000 Euro eingezahltem gegenüber 36.500 Euro nominalem Kapital klar erfüllt. Bei der „nachträglichen Zeichnung“ handelte es sich im Übrigen um einen völlig üblichen Kaufvertrag unter Aktionären.
Nach der Hauptversammlung der WESTEND AG im Dezember 2000 hat Herr Zimmermann nach Aussage von Herrn Kronwald einen Zahlungsauftrag für Aktien dieser Gesellschaft unterzeichnet, wobei die Aktien zu 2.200 Prozent des Nominalwertes gezeichnet wurden. WESTEND legt nun Beschwerde beim Registergericht ein, um das Geld wiederzubekommen. Wie Herr Gießmann weiter ausführte, habe er große Zweifel an der Seriosität der ICC.
Frau Fastnacht erläuterte, dass das Büro in Sinntal geräumt wurde, zumal es unter der Europahaus AG lief. Nach den Worten von Herrn Gießmann wurde jetzt aber ein Zettel im Büro in Sinntal gefunden, der einen Durchsuchungsbefehl der Bonner Staatsanwaltschaft zum Inhalt hatte. Da weder die WESTEND AG noch die Europahaus oder die UNIKAT etwas mit Bonn zu tun hätten, „kann der Durchsuchungsbefehl nur Tochtergesellschaften der ICC gegolten haben“. Herr Gießmann berichtete weiter, dass „Herr Buhlmann Vorstand der ICC ist und den Sitz zweier Gesellschaften nach Sinntal verlegt hat“.
Anmerkung: auf Nachfrage bestätigte die Kripo Bonn, dass die Durchsuchung ausschließlich die Räumlichkeiten und Geschäfte des Herrn Zimmermann betraf; weder der Name „IMAGE call center AG“ noch „Buhlmann“ war dem betreffenden Beamten überhaupt bekannt. Die ICC verfügt im Übrigen nicht über Tochtergesellschaften und konnte solche daher auch nicht ihren Sitz verlegen lassen. Gemeint sein dürfte die Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft, die Herr Zimmermann privat von Herrn Buhlmann erwarb.
Ein Aktionär erkundigte sich, ob die Europahaus AG Strafantrag gegen Herrn Zimmermann gestellt hat. Herr Gießmann verneinte die Anfrage, zumal auch der Rücktritt von Herrn Zimmermann bei dieser Gesellschaft nicht angenommen wurde. Aus diesem Grund müsse Herr Zimmermann nun die „Aufräumarbeiten“ bei der Gesellschaft erledigen. Außerdem müsse er eine geregelte Arbeit nachweisen, um seinen Freigang zu erhalten. Herr Gießmann teilte mit, dass ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Herrn Zimmermann wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet wurde.
Das Grundstück in Kerpen wurde zum Teil verkauft, wobei der Großteil des Erlöses an die Bank ging, erklärte Herr Gießmann. Der zweite Teil des Grundstücks könne auch veräußert werden, um die Grundschulden zu tilgen, so dass auf die WESTEND AG kein Geld entfallen würde. Allerdings profitiere die Gesellschaft dann mittelbar über die UNIKAT, da ein realistischer Verkaufspreis des Grundstücks ausreichen würde, um die Forderungen der UNIKAT zu decken. Zunächst müssen noch 600 TDM Forderungen der Landesbank Rheinland-Pfalz erfüllt werden, ansonsten kommen die 1,8 Mio. DM grundbuchgesicherten Forderungen der UNIKAT zum Tragen, erläuterte Herr Gießmann.
Herr Kronwald berichtete, dass Herr Mayer, Herr Püttmann und Herr Gießmann im Dezember 2000 auf der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat gewählt wurden. Wie er weiter erläuterte, stellte Herr Mayer danach einen Fragenkatalog an den Vorstand Herrn Zimmermann, den dieser jedoch nicht beantwortete. Deshalb trat Herr Mayer von seinem Posten zurück, woraufhin Herr Kronwald gerichtlich als Aufsichtsrat bestellt wurde.
Da Herr Zimmermann gegen die Bestellung von Herrn Kronwald in den Aufsichtsrat war, habe er die nötige Gebühr für die Bestellung beim Amtsgericht nicht bezahlt. Aus diesem Grund bezahlte Herr Kronwald dann selbst die Gebühr in Höhe von 500 DM. Herr Püttmann habe dann vor zwei Wochen sein Amt als Aufsichtsratsmitglied niedergelegt, da er bei einer Tochtergesellschaft in den Vorstand berufen wurde.
Abstimmungen
Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 3.465.000 DM waren 2.024.450 DM oder 58,43 Prozent des Grundkapitals vertreten. Die Entlastung des Vorstands unter Tagesordnungspunkt 2 erfolgte bei lediglich 85 Gegenstimmen. Danach beantragte ein Aktionär Einzelabstimmung bei der Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder. Für das Geschäftsjahr 1999 wurden Herr Dr. Händel, Herr Mayer, Herr Hahn und Herr Helffenstein bei jeweils etwas über 1.000 Gegenstimmen entlastet. Die Beschlussfassung über die Entlastung von Herrn Püttmann wurde durch einstimmigen Beschluss der Hauptversammlung auf die nächste Hauptversammlung verschoben, da er derzeit als Darlehensgeber fungiert.
Während Tagesordnungspunkt 4 lediglich die Anzeige des Verlustes von mehr als der Hälfte des Grundkapitals beinhaltete, wurde unter Tagesordnungspunkt 5 die Herabsetzung des Grundkapitals von 6,930 Mio. DM auf 3,465 Mio. DM beschlossen. Herr Gießmann erklärte, dass die im Dezember 2000 zur Wahl vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder Herr Püttmann und Herr Mayer die Wahl nicht annehmen würden. Deshalb solle neben Herr Kronwald und Herrn Gießmann noch eine Person aus dem Kreis der Aktionäre vorgeschlagen werden. Nach kurzer Diskussion wurde dann Herr Troll aus dem Kreis der Aktionäre vorgeschlagen und alle drei Kandidaten anschließend einstimmig in den Aufsichtsrat gewählt.
Unter Tagesordnungspunkt 8 wurde eine Änderung der Satzung vorgeschlagen, wonach die Gesellschaft zukünftig aus Kostengründen auf einen Abschlussprüfer verzichten will, solange sie als kleine Kapitalgesellschaft nach § 267 Abs.1 HGB gilt. Allerdings solle dann die Hauptversammlung in die Prüfung einbezogen werden, indem ihr der Jahresabschluss zur Feststellung vorgelegt wird, erläuterte Herr Gießmann. Auch hier erfolgte die Zustimmung bei lediglich 2 Gegenstimmen.
Des Weiteren sollte unter Tagesordnungspunkt 9 ein Abschlussprüfer gewählt werden, da dieser Tagesordnungspunkt auch schon auf der Agenda der Hauptversammlung vom 20. Dezember 2000 stand und deshalb noch einmal abgehandelt werden musste. Herr Gießmann machte den Vorschlag, keinen Abschlussprüfer zu wählen, da die Feststellung des Abschlusses in der nächsten Hauptversammlung erfolgen soll. Nach seinen Ausführungen wurde dann auch die Wahl eines Abschlussprüfers einstimmig abgelehnt.
Fazit und eigene Meinung
Das Personalkarussell hat sich bei der WESTEND AG auch im vergangenen Jahr wieder munter gedreht. Nachdem Herr Humpert nach einem kurzen Gastspiel seinen Posten räumen musste, wurde mit Herrn Zimmermann die Lage der Gesellschaft noch verschlimmert. Seit Juli diesen Jahres hat wieder Frau Fastnacht den Posten des Vorstands übernommen, nachdem Herr Zimmermann andere „Verpflichtungen“ im Haftvollzug wahrzunehmen hat.
Die Situation der Gesellschaft ist desolat; sollte in der Frage der UNIKAT-Aktien keine Einigung erzielt werden, steht das Unternehmen vor der Überschuldung. Derzeit wurde auch der Geschäftsbetrieb nahezu eingestellt, da es erst einmal nur um die Aufarbeitung der hinterlassenen Probleme und die Rettung der Gesellschaft geht. Auf alle Fälle stellen die Aktien der WESTEND Terrain und Beteiligungsholding AG ein gutes Beispiel für Papiere dar, die der Anleger strikt meiden sollte.
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