E*Trade Australia: Kursverfall trotz fundamentaler - Trotz guter Zahlen per saldo nichts im Kurs getan
Knapp ein Jahr liegt die Veröffentlichung unserer umfangreichen Studie zu E*Trade Australia zurück. Seinerzeit hatten wir den ersten überhaupt erhältlichen Research Report über das Unternehmen veröffentlicht und detaillierte Prognosen für die weitere Entwicklung des Unternehmens aufgestellt. Mit diesem Bericht möchten wir eine Zwischenbilanz über das Erreichen unserer damals gesetzten Zielwerte ziehen.

Per saldo können die E*Trade Australia-Aktionäre mit dem Voranschreiten des Unternehmensaufbaus mehr als zufrieden sein: Unsere Prognose, dass das erst 20 Monate alte Unternehmen bis Ende 1999 bereits 34.500 Kundendepots haben wird, wurde mit einem tatsächlich erreichten Depotbestand von 34.000 fast genau erreicht. Gegenüber dem Zeitpunkt unserer Studie, als die Gesellschaft gerade die Marke von 10.000 Depots überschritten hatte, eine beachtliche Steigerung binnen weniger als einem Jahr.

Im Hinblick auf die Marktposition konnte E*Trade Australia die Erwartungen sogar übertreffen: Mit jetzt 27 Prozent Marktanteil am australischen Markt ist das Unternehmen der am schnellsten gewachsene Online-Broker. Lediglich Commonwealth Securities weist mit 60.000 Kundendepots einen noch größeren Marktanteil auf. Das Wachstum von E*Trade Australia erfolgte jedoch zum Teil auch auf Kosten von Commonwealth Securities. Bis zur Mitte des Jahres 2000 will E*Trade Australia den Konkurrenten übertrumpfen und die Marktführerschaft unter den australischen Brokern erreichen. Die Marktstellung des Unternehmens wird dann nahezu unantastbar sein: Denn schon heute wickelt E*Trade Australia eine größere Zahl von Trades ab, als die Nummern 3, 4 und 5 des australischen Brokermarktes zusammen!

Zur Punktlandung wurde auch unsere Prognose des Margenverfalls. Wegen der absehbaren Zunahme des Preiswettbewerbs unter den australischen Brokergesellschaften waren wir von einem Rückgang der Spesen um 20 Prozent pro Jahr ausgegangen und hatten einen Spesensatz pro Trade von 40,70 A$ für Ende 1999 vorhergesagt. Tatsächlich lag der Spesensatz bei 39,50 A$ und somit nur wenig unter unserer Prognose.

Verfehlt wurde dagegen unsere Prognose hinsichtlich der Zahl der Trades pro Kunde. Wir waren von 4,4 Trades pro Monat und Kunde zum Jahresende 1999 ausgegangen und hatten darauf basierend unsere Umsatz- und Cashflowprognose aufgebaut. Obwohl noch keine Zahlen zu diesem Bereich vorliegen, zeichnet sich doch ab, dass dieses Parameter von uns zu früh zu hoch angesetzt wurde. Wie die genauen Werte ausfallen, müssen erst noch die Veröffentlichungen der Unternehmenszahlen zeigen. Interessant wird dabei sein, einen Trend für diese Kennziffer auszumachen: Denn das rasche Traden gewinnt in Australien zunehmend an Bedeutung, wie Presseberichte über australische Day- und Kurzfristtrader zeigen. Hier zeichnet sich also nach der bisherigen Enttäuschung ein Aufholpotential ab.

Stärker als von allen Beobachtern erwartet ist der Aktienkurs des Unternehmens gefallen. Wir hatten nach der raschen Aufwärtsbewegung im vergangenen Frühjahr zwar mit einer längeren Konsolidierungsphase gerechnet und deshalb zu Gewinnmitnahmen geraten, einen Rückgang des Kurses auf nunmehr unter 2 Euro hatten jedoch selbst zurückhaltende Beobachter kaum für möglich gehalten. Damit steht die Aktie heute dort, wo sie zu Beginn der Entdeckung notierte, ganz so, als sei in der Zwischenzeit nichts mit dem Unternehmen geschehen. Nachdem es im Sommer vor allem in Australien zu Abgaben kam (u.a. in Erwartung größerer Verkäufe des Managements, die durch Optionen günstige Aktien beziehen konnten), drückte zuletzt auch die unbefriedigende Performance der US-amerikanischen E*Trade Group auf den Kurs. Der Bereich der Online-Finanzdienstleister steht derzeit nicht hoch im Kurs, wie z.B. auch der Kursverfall der Netbank zeigt, die mehr als drei Viertel ihres Wertes verloren hat.

Fundamental läuft also alles zum besten, die Börse dagegen straft die Aktie mit einem anhaltenden Kursverfall. Was tun? Wir vertreten weiterhin die Auffassung, dass der Markenname „E*Trade“ noch für erhebliche Furore sorgen wird, nicht nur in Australien, sondern auch in zahlreichen anderen Ländern. Wichtig für den Erfolg der Aktie wird jedoch sein, dass das Unternehmen das Image des Brokers ablegt und sich stattdessen als breit angelegter Finanzdienstleister etabliert. Mit dem Aufbau einer Sparte für Neuemissionen und dem mittlerweile erheblich ausgeweiteten Dienstleistungs- und Informationsangebot hat E*Trade nach unserer Einschätzung die Zeichen der Zeit erkannt und die richtigen Weichen gestellt. Das derzeitige Comeback der Finanzwerte in Deutschland zeigt, dass Titel der Finanzbranche im Falle einer Erholung rasch das Potential für eine Verdopplung und mehr bieten. Die gleiche Situation sehen wir auch bei E*Trade Australia: Wir würden Positionen auf dem jetzigen Niveau halten und bei Anzeichen einer Trendwende durch Zukaufen den Einstand verbilligen.



Veröffentlichungsdatum: 05.02.2000 - 02:33
Redakteur: Apollo-Verlag
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