Steuerreform: Vorsicht vor zu großem Optimis - Einschränkende Ergänzungen nicht ausgesc
Vor großes Aufsehen hat, völlig zurecht, die Ankündigung der Regierung gesorgt, wonach Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen, die Kapitalgesellschaften an anderen deutschen Kapitalgesellschaften halten, ab 2001 steuerfrei sein sollen.

Kernidee hinter diesem Plan war, die teilweise verkrusteten Beteiligungsverhältnisse der deutschen Wirtschaft aufzubrechen. So halten bekanntlich vor allem Banken und Versicherungen häufig große Pakete an Unternehmen aus anderen Branchen. Da die verantwortlichen Entscheidungsträger diese Pakete bei der gegenwärtigen Steuersituation sowieso nie verkauft hätten, kommt es durch diese Gesetzesänderung auch zu keinem Steuerausfall.

Lässt sich diese Regelung auch auf Beteiligungsgesellschaften, wie z.B. Gold-Zack, WCM oder SPARTA anwenden? Den bisherigen Presseberichten und den Unterlagen des Bundesfinanzministeriums (www.bundesfinanzministerium.de) zufolge könnte dies tatsächlich der Fall sein. Uns fällt es jedoch schwer zu glauben, dass die SPD-Regierung, allen Reden über die Neue Mitte zum Trotz, mit diesem Reformvorschlag die Gewinne von vergleichsweise kurzfristig agierenden Finanzanlegern und „Spekulanten“ vor der Besteuerung schützen wird. Während die Freistellung des Verkaufs alter Industrie-, Bank- und Versicherungsbeteiligungen mit keinem Steuerausfall verbunden und somit auch der Öffentlichkeit gut zu verkaufen ist, würde die Freistellung der Erträge von Finanzkonzernen bei der SPD-Klientel auf Missfallen stoßen. Hier ginge es zudem um effektive Steuerausfälle, denn diese Beteiligungen wurden bislang sowieso häufiger umgeschichtet und brachten somit Steuereinnahmen. Dass man gerade dieser Klientel zukünftig stärker in die Brieftasche greifen will, zeigt ja die Planung, die Grenze für eine sogenannte „wesentliche Beteiligung“; von 10% auf 1% zu senken. Wer mehr als 1% des Grundkapitals einer Gesellschaft hält, kann dann mit dieser Position keine steuerfreien Spekulationsgewinne mehr erzielen, auch wenn die Position länger als ein Jahr gehalten wird. Zudem könnten vermögende Privatpersonen ihre Aktien- und Beteiligungsgeschäfte zukünftig unter dem Dach von eigens dafür gegründeten Kapitalgesellschaften steuerfrei abwickeln, eine Möglichkeit, die dem weniger kapitalkräftigen kleinen Michel verwehrt bliebe. Hier würde eventuell ein unzulässiger Fall von Ungleichbehandlung drohen.

Anders ausgedrückt: Ob der Referentenentwurf der Regierung in der endgültig in die Gesetze einfließenden Fassung nicht noch einschränkende Bedingungen enthalten wird (z.B. Mindesthaltedauer, Mindesthöhe der Beteiligung), muss sich erst noch zeigen. Vorsichtige Naturen jedenfalls schwelgen nicht zu früh in Euphorie über steuerfreie Beteiligungsveräußerungen.

Bislang unbeachtet geblieben ist übrigens die denkbare Phantasie im Hinblick auf die Ausschüttung hochversteuerter Rücklagen. Zahlreiche Unternehmen verfügen über Gewinnrücklagen die zum Zeitpunkt der Entstehung mit 45% versteuert wurden. Die in diesen Rücklagen enthaltenen Körperschaftssteuerguthaben können bekanntlich bei einer Ausschüttung in Form der Steuergutschrift gehoben werden. Nachdem die Besteuerung von Dividendenerträgen bei natürlichen Personen ab 2001 nur noch zum halben persönlichen Einkommenssteuersatz erfolgen soll, könnte es sich lohnen, solche hochversteuerte Gewinnrücklagen auszuschütten, sofern die Mehrheitsaktionäre natürliche Personen sind. Auf diese Weise könnte die Differenz zwischen den Reserven in den Körperschaftssteuerguthaben und der niedrigeren Besteuerung beim Empfänger realisiert werden. Ähnliche Vorgänge hatte es Anfang der neunziger Jahre bei Ausschüttung der sogenannten EK56-Rücklagen gegeben. Auch hier steht zwar noch nichts endgültig fest, der Text des Referentenentwurfs lässt jedoch hinreichenden Raum für die Erwartung, dass eine derartige Vorgehensweise zulässig sein wird. Wir werden hierzu erneut berichten, sowie nähere Informationen vorliegen. Trifft unsere Vermutung zu, müssen Nebenwerte mit hohen Gewinnrücklagen und einer großen Zahl von natürlichen Personen als (Mehrheits-)Aktionäre genauer betrachtet werden.



Veröffentlichungsdatum: 27.12.1999 - 03:28
Redakteur: Apollo-Verlag
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