Mit der Phenomedia AG kommt die erste Entertainment-Software Aktie an den Neuen Markt. Keine Hau-Ruck AG, wie so oft in diesem Segment, sondern eine gewachsene und etablierte Firma, die keineswegs mit den vielen Start-Up Unternehmen zu vergleichen ist, die derzeit an den Neuen Markt drängen. Bereits 1992 wurde die Firma mit dem ursprünglichen Geschäftsfeld der Werbecomputerspiele gegründet. Im darauffolgenden Jahr machte man erstmals von sich reden, mit dem für BiFi produzierten Werbespiel "Snack-Zone", das seinerzeit eine bisher ungekannte Qualität bei den Gratiswerbespielen aufzeigte.
Diesen Weg setzte man konsequent fort, mit "Der Planer" konnte man 1994 erneut die hohen programmiererischen Fähigkeiten beweisen. So wagte man sich dann Mitte der neunziger Jahre auch an die Produktion von Vollpreisspielen nach US-Vorbild heran. Zur Minimierung des Risikos setzte man aber weiterhin konsequent auf Kooperationspartner, mit Sat 1 beispielsweise wurde das Spiel "ran Trainer" vermarktet. Zu dieser Zeit wurde auch eine effektive Diversifizierung der Gesellschaft betrieben, aus der dann die heutige Phenomedia als Dach für hochspezialisierte Einzelfirmen entstanden ist.
Die Einzelfirmen hier kurz vorgestellt:
Die Markt der internationalen Vollpreiscomputerspiele wird über die "Piranha Bytes" abgedeckt, bekannt für das 3-D Echtzeit-Rollenspiel "Gothic". Auch hier wird das betriebswirtschaftliche Risiko, das bei extrem aufwendigen Computerspielen sehr hoch ist, durch kluge Kooperationen und Lizenzpartner wie z.B. mit dem "Ehapa Verlag" abgesichert.
Mit der "Effective Media" hat man eine hochinteressante Nische erschlossen. "Effective Media" ist auf die Lokalisierung von Software spezialisiert, das heißt sowohl die Übersetzung von Softwareprogrammen in diverse Sprachen als auch die Anpassung von Software und deren Bedienung an einen entsprechenden Kulturraum. Dies resultiert meistens im Erstellen einer "deutschen Version" bei angloamerikanischen Produkten, ebenso können natürlich auch die Produkte aus dem eigenen Haus von der "Effective Media" für die Auslandsmärkte fit gemacht werden.
Über die Tochter "Codecult Software" hat Phenomedia eine 3-D Engine entwickelt, die die Technologieführerschaft in diesem Segment beansprucht. Leistungsfähige 3-D Engines sind für viele Computerspiele nötig und nehmen in der heutigen multimedialen Welt an Bedeutung zu, wie zum Beispiel auch beim Spiel "Gothic". Auch hier sieht man große Chancen, auf dem internationalen Spielemarkt im größeren Stil auftrumpfen zu können.
Eines der interessantesten Projekte und der Hauptgrund, wieso eine Softwareschmiede wie "Phenomedia" im Dynamit im Depot überhaupt vorgestellt wird, stellt die "Better Day Communications" dar. Diese Sparte produziert die Online-Spiele von Phenomedia. Dieser Markt ist zur Zeit im Computerspielesektor der interessanteste und lukrativste überhaupt. Die US-Firma Origin hat mit "Ultima Online" vorgezeigt, was hier möglich ist; über die Spielgebühren eröffnet sich ein langfristiges und attraktives Einnahmenpotential. Wie die netIPO-Zeichner bereits vom Ausfüllen des Zeichnungsfragebogens wissen, gibt es daneben noch weitere Möglichkeiten Erlöse zu erzielen, beispielsweise über Merchandising oder Werbebanner. Aktuell kann man die Fähigkeiten des Unternehmens am etwas kuriosen Spiel "Gnarf" kostenlos testen. Die Zukunft liegt aber auch hier sicher eher im 3-D Rollenspielgenre.
Des weiteren besitzt man auch noch einen Musikverlag, die "Ty-Phon Music and Publishing GmbH". Diese produziert in den Sparten House, Techno, Dancefloor, Trance und Mainstream und hat auch in den US-amerikanischen Dance-Charts einige Erfolge vorzuweisen. Dank einer Kooperation mit Sony Music hat man hier beste Vorraussetzungen für internationale Erfolgsproduktionen. Daneben produziert Ty-Phon natürlich auch die Soundtracks für die Spiele aus dem Hause Phenomedia. Auch den Markt der Werbespiele wird man weiterhin beackern, hierfür stehen die Werbeagentur "art development" und das Label "Greenwood".
Eine hervorragende Diversifizierung zweifellos und ein überzeugendes Konzept. Und noch eine Besonderheit: das Umsatzwachstum im größeren Stil ist wenig verwunderlich, aber erstaunlicherweise ist das Unternehmen auch schon seit zwei Jahren profitabel. Im Geschäftsjahr 1998 wurde bei einem Umsatz von 4,7 Mio. DM ein Gewinn von 1,2 Mio. DM erzielt; hier hat Finanzvorstand Dr. Achim Illner scheinbar ganze Arbeit geleistet. Die Bewertung zum Börsengang ist mit knapp 95 Mio. Euro ambitioniert, aber durchaus angemessen, wenn das Unternehmen die geplanten Wachstumsraten erreichen kann und auch die Profitabilität in gleichem Maße steigert.
Fazit:
Es ist dem Unternehmen zuzutrauen, ein Schwergewicht im Entertainment-Software-Bereich zu werden und die geplanten Ziele zu erreichen. Aufgrund der Einzigartigkeit des Unternehmens am Neuen Markt sollte dem Wert die entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Auch wenn Phenomedia kein reinrassiger Internetwert ist, durch den Sektor Online-Spiele, die bei Phenomedia sicher eine herausragende Stellung im Unternehmen erlangen werden, dürften eine entsprechende Einordnung auch hohe Bewertungen zulassen, wie schon die Graumarktkurse andeuten. Die Zeichner dürften satte Gewinne zur Erstnotiz einfahren.