Kommentar zur Neuemissions-Flut - Das gab’s noch nie: innerhalb kürzester
Das gab’s noch nie: innerhalb kürzester Zeit wurden gleich vier Börsengänge in letzter Minute gestoppt, namentlich die von Oridion, PC-Ware, m+s Elektronik und Main Control. Eine Reihe weiterer Neulinge zog das IPO zwar wie geplant durch, fiel jedoch schon nach kurzer Zeit unter den Emissionspreis, was teilweise nicht einmal durch deutlich abgesenkte Ausgabekurse verhindert werden konnte. Dabei steht der eigentliche Härtetest erst noch bevor: innerhalb der nächsten 10 Börsentage streben sage und schreibe 14 Neulinge an die Börse, die meisten davon mit Ziel Neuer Markt.

Und ein Blick auf die Graumarktkurse bei Schnigge läßt erahnen, daß die Serie der Mißerfolge noch nicht zu Ende ist: nur drei der acht vorbörslich gehandelten Werte notieren oberhalb der Bookbuilding-Spanne, und auch dort sind die zu erwartenden Emissionsgewinne im Vergleich zu früheren Zeiten eher kärglich, bringt es doch Fantastic als derzeit aussichtsreichste Emission gerade einmal auf einen wahrscheinlichen Zeichnungsgewinn von 50 Prozent.

Doch Vorsicht: auch die Graumarktkurse, früher untrügliches Indiz für Erfolg oder Mißerfolg einer Emission, sind nicht mehr so zuverlässig wie sie einst schienen. So konnte Entrium, zu Beginn der Zeichnungsfrist noch mit Graumarktkursen deutlich über der Preisspanne, am letzten Freitag bei Schnigge schon unter dem oberen Ende der Preisspanne gekauft werden. Ein Zeichnungsverlust ist nicht auszuschließen, zumal viele „glückliche“ Zeichner die Aktie in diesem Fall wohl schnellstens wieder loswerden möchten.

Nicht einmal die noch vor kurzem so beliebten Medienwerte sind Garant für saftige, meist dreistellige Gewinne zur Erstnotiz. Titel wie Cash Medien oder MusicMusicMusic, bei denen der Anleger die Phantasie schon durch den Namen eingehämmert bekommt, schafft es gerade einmal zu Graumarktkursen am oberen Ende der Bookbuilding-Spanne. Und auch erfolgreiche Zeichner der Constantin-Aktie dürften schwer geschluckt haben: wer nur einen Tag zögerte, die Gewinne von 175 Prozent zu realisieren, büßte davon schon die Hälfte ein, Käufer der ersten Stunde stehen gar einem satten Minus von mehr als einem Drittel gegenüber.

Unter diesen Umständen würden wir derzeit allen interessierten Zeichnern raten, lieber auf die eine oder andere „schnelle Mark“ zu verzichten, als das Risiko einzugehen, vom Start weg auf enormen Verlusten zu sitzen. Insbesondere das so beliebte Zeichnen über mehrere Depots, auf Pump und in großen Mengen ist überaus riskant, da bei der einen oder anderen ungeliebten Emission plötzlich eine Vollzuteilung erfolgen könnte, die man eigentlich gar nicht wollte und nun schnellstens und womöglich ohne Limit wieder abstoßen muß.

Dafür könnte es sich lohnen, an der Börse die eine oder andere verschmähte Emission genauer anzusehen und eine vergessene Perle zu Spottpreisen aufzulesen; das Risiko ist hier um einiges begrenzter, während man zuletzt meist zum Ausgabekurs oder gar billiger an die einst so begehrten Neulinge herankommt.

Solange die augenblickliche Marktphase jedoch anhält, in der zahlreiche, teils stark überteuerte Emissionen, auf den Markt geworfen werden, sollte man sich besser aus diesem Bereich zunächst zurückziehen und auch die guten „alten“ Werte nicht vergessen, von denen manche heute günstig wie nie zu haben sind.

Aus diesem Grund werden wir in nächster Zeit nicht alle Neuemissionen vorstellen, sondern lediglich die, die nicht nur langfristig interessant erscheinen, sondern auch hoffen lassen, nicht gleich einen Blitzstart in die falsche Richtung hinzulegen.



Veröffentlichungsdatum: 19.09.1999 - 02:58
Redakteur: bf
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