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HV-Bericht BID Börseninformationsdienst AG - Undurchsichtiger Beteiligungs-Verschiebebahnhof
Am Freitag, den 28. Juli 2000, fand im Hotel Rio in Karlsruhe die 16. ordentliche HV der BID Börseninformationsdienst AG statt, zu der sich gut 20 Aktionäre einfanden. Teile der Organe der Gesellschaft waren bereits etwas früher da und machten beim Frühstück einen glücklichen Eindruck, möglicherweise aufgrund der Kursentwicklung der letzten Wochen, in welcher die Aktie von rund 4 auf in der Spitze 14 Euro explodierte. Um zu erfahren, ob dieser Anstieg gerechtfertigt war und wie es um die Chancen der BID-Aktie tatsächlich bestellt ist, war Marco Herack für GSC Research vor Ort und berichtet detailliert von der Veranstaltung.


Hintergrundinformationen

Verursacht wurde der genannte Kurssprung vor allem durch Spekulationen in einschlägigen Brokerboards vor dem Hintergrund des Börsenganges der DÜBAG (Düsseldorfer Beteiligungs-AG), woraus enorme Gewinnpotentiale für BID abgeleitet wurden, da diese ausschließlich sämtliche eigenen Aktien (1,5 Mio. Stück) platzieren wollte. Da die DÜBAG lediglich drei Beteiligungen hält, darunter an derjenigen Gesellschaft, die die eigene Emissions-Studie erstellte und einen Wert von 74 Mio. DM zum Platzierungskurs festlegte sowie Potential bis auf rund 200 Mio. DM sah, war die Werthaltigkeit der DÜBAG von nicht wenigen Marktteilnehmern ebenso wie der Erfolg der Emission als fraglich angesehen worden.

Trotzdem meldete die BID, man habe die „DÜBAG-Aktien erfolgreich platziert“, wobei die Meldung so abgefasst war, dass nicht eindeutig daraus hervorging, ob tatsächlich alle 1,5 Mio. angebotenen Aktien verkauft werden konnten. Für diesen Fall hätte der erzielte Vorsteuergewinn den Börsenwert der BID übertroffen (Anmerkung: wie sich auf der HV herausstellen sollte, war dies offensichtlich nicht der Fall). Ein ironischer Teilnehmer in einem Brokerboard äußerte in diesem Zusammenhang die Frage, „wie viele Anleger muss BID mit der DÜBAG abzocken, um selbst unterbewertet zu sein?“

Meldungen und Informationen der BID scheinen aber nicht nur aus diesem Grund mit äußerster Vorsicht zu genießen: meldete das Unternehmen noch am 28. Oktober letzten Jahres, man habe „in den ersten 9 Monaten des laufenden Geschäftsjahres ein kräftig verbessertes Ergebnis erzielen“ können, bereits 208 TDM als Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt und gehe davon aus, dass „das Unternehmen im Gesamtjahr ein Rekordergebnis erzielen wird“, da die „entscheidenden positiven Effekte für das Gesamtjahr“ im vierten Quartal zu erwarten seien, so blieb davon letztlich mit einem tatsächlichen Jahresüberschuss von gerade einmal 7 TDM (!) am Ende kaum etwas übrig, genauer gesagt, sogar noch weitaus weniger als im Vorjahr (53 TDM) und nur ein kleiner Bruchteil des Jahres 1997 (932 TDM), wobei in jenem Jahr der Verkauf einer gewissen M.B. Grundbesitz, von der noch zu hören sein wird, maßgeblich zum guten Ergebnis beitrug.

Erstmals in breiter Öffentlichkeit aufgefallen war die BID übrigens schon im Sommer eben dieses Jahres 1997, als die im n-tv-Laufband veröffentlichten Kurse von Tag zu Tag enorm anstiegen und (vor mittlerweile durchgeführten Kapitalmaßnahmen) von anfangs 50 auf in der Spitze 700 DM empor schnellten - um anschließend innerhalb eines einzigen Tages wieder in sich zusammen zu fallen. Hintergrund des Anstiegs war eine Empfehlung in einem Börsenbrief der Lebensgefährtin des Vorstands Karl-Heinz Schönert, wodurch täglich steigende Taxkurse zustande kamen, bis schließlich die hierdurch angelockten unlimitierten Käufe auf höchstem Niveau befriedigt wurden und der Kurs wieder zusammen brach. Investierte Anleger verloren dabei innerhalb kürzester Zeit mehr als 80 Prozent ihres Einsatzes.

Auf Langfristcharts ist diese extreme Kursspitze derzeit gerade eben noch erkennbar, etwa unter www.comdirect im 3-Jahres-Chart. Auch in der Folgezeit sorgten verschiedene Spekulationen und Gerüchte sowie Ankündigungen des Unternehmens immer wieder für Kurssprünge, wobei erst die massiven Empfehlungen im Vorfeld der DÜBAG-Emission wieder einen größeren Kursanstieg verursachen konnten, darunter die Kür zur „Aktie der Woche“ durch Future Securities, die in der Finanzwelt ebenfalls nicht unbedingt den allerbesten Ruf genießt.

Vor diesem Hintergrund war ein Besuch der Hauptversammlung für GSC Research natürlich Pflicht. In Anbetracht der zahlreichen offenen Fragen rund um die DÜBAG sowie des mehr als dürftigen Geschäftsberichtes, in dem kaum relevante Informationen über das vergangene Jahr und die Erwartungen für die Zukunft zu finden waren, sowie der nicht minder mangelhaften und kaum informativen Internetseite des Unternehmens, bestand zumindest theoretisch die Hoffnung, in einer ausführlichen Präsentation des Vorstands den Kursanstieg der BID-Aktie im Nachhinein zu untermauern.


Bericht des Vorstands und Allgemeine Diskussion

Herr Werner Konietzko aus Issum, Aufsichtsratsvorsitzender, eröffnete um 11:06 Uhr die 16. Ordentliche HV der BID AG. Nach Erledigung der Formalien übergab er das Wort an Herrn Schönert. Herr Schönert erklärte in 2 bis 3 Sätzen, dass der Lagebericht im Geschäftsbericht stehe (Anmerkung: der Umfang des Lageberichts beträgt stolze 8 Zeilen) und man sich zukünftig stärker auf neue Technologien konzentrieren werde.

Erst auf Nachfrage aus Aktionärskreisen ließ sich der Vorstand dazu drängen, einige weitere Informationen preis zu geben. Das Unternehmen verfüge über 4 Mitarbeiter. Man sei für die Zukunft sehr gut vorbereitet und habe sich vor allem sich im letzten Jahr für die Zukunft positioniert.

BID habe sich mit 30% an der Mentor Technology beteiligt (ehemalige M.B. Grundbesitz). Diese sei eine VC-Gesellschaft mit 1 Mio. DM Grundkapital. Weiterhin halte man 40% an der Key Research (Anmerkung: die DÜBAG hält die übrigen 60% an der Key Research, diese erstellte auch die Emissions-Studie der DÜBAG). Diese Gesellschaft nimmt Research-Aufträge entgegen und erstellt diese für Geld. Hier erziele man erste Erfolge.

Auch halte man 17% an der Financialbot.com, einem - wie es die BID in ihrer Mitteilung bezeichnete - "aufstrebenden IT-Unternehmen" (Anmerkung: der Mehrheitsaktionär der Financialbot.com ist New Yorker Broker Deutschland, für die Key Research kürzlich eine Kaufempfehlung veröffentlichte). BID hält mittlerweile nur noch 37,5% an der DÜBAG, welche über ein Grundkapital von 4 Mio. DM verfügt und einen Verlust von 80.000 DM generierte.

Bei den Forderungen betrage der größte Posten 600.000 DM. Dies seien alles kurzfristige Posten. In den Verbindlichkeiten seien vor allem Wertpapiergeschäfte und Beteiligungen enthalten. Die Mentor Technology gehörte früher zu BID und wurde verkauft, nun hat man sich wieder daran beteiligt.


Abstimmungen

Alle Tagesordnungspunkte wurden mit 100% der Stimmen angenommen. Abgestimmt wurde unter anderem über die Entlastung des Vorstandes und Aufsichtsrates, sowie über den Split, die Euroumstellung und die Wahl des Wirtschaftsprüfers. Nicht abgestimmt wurde über die Verwendung des Bilanzgewinns in Höhe von 7.852 DM, dieser wurde ohne Abstimmung auf neue Rechnung vorgetragen. Um 11.37 war die HV bereits wieder zu Ende.


Fazit und Schlussworte

Für den aufmerksamen und des Rechnens kundigen Leser ist zumindest eine Frage nach der HV eindeutig geklärt: die Zahl der tatsächlich platzierten Aktien der DÜBAG kann nur bei wenigen tausend Stück liegen, da die aktuelle Beteiligungshöhe mit noch immer 37,5% angegeben wurde, was vorbehaltlich einer natürlich nicht ausgeschlossenen Aufrundung exakt den eigentlich zur Platzierung vorgesehenen 1,5 Mio. Aktien entspricht.

Selbst im bestmöglichen Rundungs-Fall können demnach keinesfalls mehr als 20.000 Aktien platziert worden sein, was auch die minimalen Umsätze in der DÜBAG-Aktie erklären würde. Diese Zahl würde jedoch bedeuten, dass statt des erhofften und in den Brokerboards vielfach angepriesenen Gewinnes von über 27 Mio. DM oder mehr als 14 Euro je BID-Aktie nur ein kläglicher Emissionserlös von 190.000 Euro, entsprechend 0,19 Cents je BID-Aktie vor Steuern und Anschaffungskosten, in die Kassen der BID gespült wurde. Selbst wenn das Unternehmen dies als Netto-Gewinn verbuchen könnte (Verlustvorträge bestehen übrigens keine mehr), ist eine Bewertung mit einem KGV von rund 50 fürs laufende Jahr als äußerst großzügig anzusehen.

Die als weiteres Argument bemühten „stillen Reserven“ in Beteiligungen wie der DÜBAG sind vor dem Hintergrund eines offenbar fremdgesteuerten Kurses bei minimalem Freefloat - bei maximal 20.000 freien Aktien kann getrost von Knappheitspreisen gesprochen werden - sowie der bereits eingangs aufgezeigten sehr fraglichen Werthaltigkeit auf Basis der Bewertung mit 74 Mio. DM bei nur drei Beteiligungen, deren übrige Anteile zu großen Teilen wiederum durch die Mutter BID gehalten werden, kaum als reelle Grundlage für eine Berechnung des inneren Unternehmenswertes geeignet.

Misstrauisch werden lassen auch Transaktionen wie diejenige um die „Mentor Technology GmbH“, die sich als „M.B. Grundbesitz“ vor einiger Zeit schon einmal vollständig im Besitz der BID befand und damals als Inhaberin einer Immobilie zumindest ein werthaltiges Asset darstellte. Nach dem zwischenzeitlichen Verkauf „innerhalb der Familie“ sowie der Umtaufung in den genannten, einigermaßen die Phantasie anregenden Namen „Mentor Technology“ fand nun eine erneute 30prozentige Beteiligung durch BID statt - wie zu befürchten ist, inzwischen auch noch ohne die Immobilie als Inhalt. Ob diese Gesellschaft in ihrem neuen Geschäftsfeld mit der Gründung und dem Betrieb von „IT-Gründerzentren“ bei dieser Historie die notwendige Kompetenz mitbringt, sei einmal dahingestellt.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der extrem intransparenten Präsentation des Unternehmens auf der HV, die allem Anschein nach bewusst und gewollt in dieser Form gehalten wurde, sowie nach den bisherigen Erfahrungen mit Pressemitteilungen, früheren Hauptversammlungen sowie dem nur Minimal-Ansprüchen genügenden Geschäftsbericht, dessen Inhalt nicht einmal auf der HV detailliert erläutert wurde, ebenso wie die nicht gerade von Professionalität zeugende Internetseite mit teilweise mehrere Jahre alten Daten, ist die Werthaltigkeit der BID als Ganzes in Frage zu stellen.

Wer an dieser Gesellschaft interessiert ist, dem ist zu empfehlen, sich detailliert zu informieren und die Unterlagen dieser Gesellschaft bei den zuständigen Behörden einzusehen, um das Risiko abschätzen zu können. Aufgrund der gezeigten Mängel, der fraglichen Werthaltigkeit des Unternehmens und dem einem Verschiebebahnhof ähnelnden Beteiligungskarussell raten wir von einem Kauf der Aktien dringend ab und raten investierten Anlegern, auf dem derzeitigen Niveau von um 10 Euro eventuelle Gewinne sicher zu stellen, bevor es wie schon in der Vergangenheit zum von uns erwarteten heftigen Rückschlag kommt.


Kontaktadresse

BID Börseninformationsdienst AG
Postfach 15 08
76004 Karlsruhe

Email: [email protected]
Internet: www.big-ag.com



Veröffentlichungsdatum: 30.07.2000 - 19:29
Redakteur: mhr
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