Bericht des Aufsichtsrats
Dr. Martin Hummel eröffnete die Hauptversammlung und begrüßte die angereisten Aktionäre. Nach Erledigung der üblichen Formalitäten übernahm Dr. Hummel auch gleich die Berichterstattung über das abgelaufene Geschäftsjahr. Einziges und demzufolge auch wichtigstes Ereignis war die Tatsache, dass es gelang, alle Verpflichtungen gegenüber der eigenen Gefolgschafts-Unterstützungs-Einrichtung e.V. abzulösen. Dazu wurden 141 Unterstützungsempfänger und 104 Anwärter auf Unterstützung abgefunden. Der Gesamtbetrag für laufende Leistungen und Abfindungen belief sich auf 416.000 DM.
Die Ablösung der Verpflichtungen sei sicherlich beachtenswert, da ein Großteil der insgesamt 245 Betroffenen nicht in der Region ansässig ist. Ein Teil der Empfänger lebe im gesamten Bundesgebiet und auch im Ausland. Dennoch konnten alle "unter einen Hut" gebracht werden. Durch diese Maßnahme erhöhte sich der Jahresfehlbetrag beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auf 130.556,37 DM. Unter Einbeziehung des Verlustvortrages aus dem Vorjahr erhöhte sich damit der Bilanzverlust auf 867.733,94 DM.
Aussprache
Die Diskussion beschränkte sich weitgehend auf einen Streit-Dialog zwischen dem AR Dr. Hummel und dem freien Aktionär Herrn Dr. Jur. Günter Ross. Dieser lobte anfangs die erfolgte Verpflichtungsablösung durch die AG. Gleichzeitig forderte er aber die Vertreter der Gesellschaft auf, endlich ein Konzept für die Zukunft der Gesellschaft vorzulegen. Schon in den vergangen Jahren habe er mehrmals die Untätigkeit der Verantwortlichen angeprangert und im letzten Jahr bereits die Einreichung einer Klage vorbereitet, diese aber schlussendlich nicht eingereicht.
Er wolle jetzt konkret wissen, wie es nun weitergehe, ob es eine Kapitalherabsetzung gebe oder eventuell ein Abfindungsangebot für die freien Aktionäre. Ihm persönlich habe man ein Abfindungsangebot zu 45% des Nennwertes unterbreitet, was er allerdings abgelehnt habe. Überrascht zeigte er sich, dass in diesem Schreiben, das immerhin vom 31.01.2000 datiert, kein Wort von der Abfindung stehe und auch die Zahlen nicht denen in der vorgelegten Bilanz entsprächen.
Darauf antwortete Herr Dr. Hummel, dass der Brief bereits im November verfasst worden sei, sich die Versendung aber bis Ende Januar 2000 verzögert habe, was ihm einige ungläubige Blicke einbrachte. Des Weiteren werde man versuchen, zukünftig die Mittel der Gesellschaft so anzulegen, dass ein höherer Zins herausgeholt werden könne. Man lebe in Zeiten steigender Zinsen und sei daher zuversichtlich. Solange allerdings der Verlustvortrag nicht abgebaut sei, sei an eine Ausschüttung nicht zu denken.
Nochmals auf die weitere Entwicklung angesprochen, erwähnte er, dass die Allerthal-Werke bereits ein Angebot zur vollständigen Übernahme der Aktien gemacht hätten. Ohne auf Details dieser Offerte einzugehen, führte er aus, man habe nachgeforscht und hinter dem Angebot "wenig Substanz" gefunden. Außerdem weise er strikt den Vorwurf der Untätigkeit zurück, schließlich habe man einerseits die Abfindung der Anwärter und Unterstützungsempfänger erreicht und zudem sei es doch ein Erfolg, dass die Gesellschaft nicht in den Konkurs gegangen ist.
Schlussendlich ging es noch um ein Darlehen eines Aktionärs. Dieser hatte kurz vor dem Niedergang der Gesellschaft eine private Finanzspritze an die Gesellschaft gegeben. Dafür erhielt er Aktien der AG, gleichzeitig wurde ihm von der Gesellschaft ein zinsloses Darlehen für einen Hausbau in Höhe von DM 50.000 gewährt. Dieses Darlehen wurde bis heute nicht zurückgezahlt.
Auf Nachfrage von Herrn Dr. Ross gab Herr Dr. Hummel an, dass dieses Darlehen derzeit nicht einholbar sei. Da der betroffene Aktionär ebenfalls anwesend war, erläuterte dieser kurz seinen Standpunkt. Er sei keineswegs bereit, seine ihm damals gegebenen Aktien an die Gesellschaft zurückzugeben. Schließlich habe er damals für gutes Geld schlechte Aktien bekommen (Anmerkung: man gewann den Eindruck, dass dieser Aktionär zum Zeitpunkt der Darlehensgabe an die Gesellschaft über deren wahre finanzielle Situation nicht vollständig informiert wurde).
Abstimmungen
Die Präsenz wurde mit einem Betrag von 1.067.800 DM bzw. 21.356 Stimmen festgestellt. Zur Abstimmung standen nur die Entlastung für Vorstand und Aufsichtsrat. Beiden Vorschlägen wurden ohne Gegenstimmen und mit jeweils 52 Enthaltungen zugestimmt.
Fazit
Die Versammlung der Porzellan Zeh, Scherzer & Co. AG war sicherlich eine recht ungewöhnliche HV, die mehr den Charakter einer Stammtischrunde als einer Aktionärsversammlung hatte. Als Außenstehender fällt es schwer, sich über die Motive sowohl der Mehrheitsaktionäre (Vorstand, Aufsichtsrat sowie Angehörige) einerseits und den freien Aktionären andererseits ein klares Bild zu verschaffen.
Sicherlich kann es aber nicht im Interesse aller Aktionäre liegen, jetzt noch jahrelang die Gesellschaft ohne Strategie am Leben zu erhalten. Daher ist das angesprochene, aber leider nicht näher erläuterte Übernahmeangebot der Allerthal-Werke sicher nicht ohne Sinn erfolgt. Vielleicht könnte dies auf das Interesse an einer möglichen Mantelverwertung hinweisen.
Wer auf eine Entwicklung dieser Art spekulieren möchte, steht jedoch vor dem Problem, dass es fast unmöglich sein dürfte, sich daran zu beteiligen, da schon seit Jahren keine Umsätze in der Aktie mehr stattfanden. Eventuell besteht aber eine Chance, über die AHAG einige Stücke zu beschaffen.