Am Samstag, dem 7. September 2002, fand im Haus der Wirtschaft in Stuttgart die ordentliche Hauptversammlung der Trade & Value AG zum Geschäftsjahr 2001 statt. Neben dem Alleinvorstand Oliver Dornisch war der Aufsichtsrat mit den Herren Manfred Schmid (Vorsitzender), Jörg-Christian Rehling (stellv. Vorsitzender) und Steve Schwarzfischer vollständig anwesend.
Herr Jörg-Christian Rehling, der die Leitung der Hauptversammlung übernahm, begrüßte um 14:15 Uhr die rund 40 Aktionäre und Gäste, unter ihnen auch Raimo Werning von GSC Research, und handelte die üblichen Formalien ab. Danach übergab er das Wort an den Vorstand für dessen Bericht.
Bericht des Vorstands
Auch Herr Dornisch begrüßte die Anwesenden noch einmal ganz herzlich zur ersten Hauptversammlung der Trade & Value AG an diesem Tag, der als „Öffnung der Gesellschaft“ angedacht sei. Seine Rede gliederte Herr Dornisch in die vier Teilgebiete Chronologie der Gesellschaft, Erläuterung des Jahresabschlusses 2001, bisheriger Verlauf des Geschäftsjahres 2002 sowie Aussichten für die Zukunft.
Beginnend mit der Chronologie erläuterte der Vorstand die Gründung des Investmentclubs Dornisch & Partner GbR am 1. Januar 1996, welche in ihrem Verlauf auf 45 Gesellschafter anwuchs und im Aktienhandel sehr erfolgreich gewesen sei. Aufgrund der zunehmenden Größe sei diese am 28. Oktober 2000 in Vorbereitung eines Fonds in die Loys Investmentclub GbR übergegangen. Das Ziel sei es damals gewesen, unter anderem aus steuerlichen Gründen einen Investmentfonds aufzulegen.
Die Wertentwicklung des Portfolios sei über die Jahre überdurchschnittlich positiv verlaufen. Einlagen und Kündigungen waren jeweils zum Quartalsende möglich. Diese Flexibilität sei auch gerne genutzt worden und habe „den Lebensstandart einiger Anleger erhöht“, so Herr Dornisch schmunzelnd. Im September 2001 sei jedoch dieser Vorteil der offenen Gesellschaftsform in einen klaren Nachteil umgeschlagen, denn nach den Terroranschlägen in den USA seien zum Ende des Monats rund 35 Prozent des investierten Vermögens von den Gesellschaftern gekündigt worden.
Um die Gelder auszubezahlen, sei man gezwungen gewesen, Großteile der gehaltenen Beteiligungen an deutschen Nebenwerten in einem fast umsatzlosen Verkäufermarkt auf tiefstem Niveau zu veräußern. Da man daher die "geschlossene" Rechtsform der AG als sinnvoller erkannt hatte, habe die Mitgliederversammlung bereits am 1. Dezember 2001 mit 99,9 Prozent Zustimmung die Einbringung sämtlicher Gesellschaftsanteile in die künftige Trade & Value AG bei gleichzeitiger Auflösung der Loys Investmentclub GbR beschlossen.
Diese Einbringung wurde in Form einer Sacheinlage zum 28. Dezember 2001 vollzogen. Mit der Nennung dieses im Grunde einzigen und wichtigsten Geschäftsvorfalls des abgelaufenen Geschäftsjahres 2001 war der Vorstand bereits bei der Erläuterung des Jahresabschlusses der Trade & Value AG angelangt.
Es habe Spaß gemacht, so Herr Dornisch weiter, mit der Erstellung eines Jahresabschlusses sowie eines Geschäftsberichts einmal „auf der anderen Seite“ zu stehen. Schließlich lese man sonst nur die Berichte anderer Unternehmen. Den Bilanzverlust des Geschäftsjahres 2001 bezifferte der Vorstand mit minus 138 TEUR. Davon seien rund 30 TEUR an sonstigem betrieblichen Aufwand und rund 108 TEUR Abschreibungen angefallen.
Die Abschreibungen auf Wertpapiere seien entstanden, da man nach dem strengen Niederstwertprinzip bilanziere, Wertminderungen also vollständig berücksichtige und Positionen mit positiver Wertentwicklung zum Anschaffungspreis bilanziere. Stichtag für die Bewertung sei der 30. Juni 2002 gewesen. So habe man die Beteiligung an dem Onlinebroker sino zum anteiligen Eigenkapital bilanziert, dies bedeute auf Basis des Gewinns von 2001 ein KGV von 2 (Näheres zum Unternehmen siehe auch HV-Bericht vom 11. April 2002).
An dieser Stelle erläuterte der Vorstand auch die einzelnen Positionen der Rückstellungen, welche den größten Anteil der sonstigen betrieblichen Aufwendungen ausmachten. In den Rückstellungen in Höhe von 25.750 EUR seien die voraussichtlichen Kosten der Hauptversammlung mit 10 TEUR, die Erstellung des Geschäftsberichts mit 5 TEUR, die Erstellung des Jahresabschlusses mit 5 TEUR, der Wirtschaftsprüfer mit 3 TEUR, die Prüfung der Sacheinlagen mit 2 TEUR und deren Eintrag ins Handelsregister mit 750 EUR enthalten. Die übrigen betrieblichen Aufwendungen betrafen unter anderem die HV am 4. Dezember 2001 sowie Einträge ins Handelsregister.
Damit kam Herr Dornisch als Nächstes zum aktuellen Geschäftsjahr 2002, wobei er den Anwesenden einen Eindruck von der Geschäftstätigkeit vermitteln wollte. Zu Beginn des Jahres habe man innerhalb Oldenburgs ein neues Büro gesucht und sei seit dem 1. April unter der bekannten Adresse in der Amalienstraße erreichbar.
Im Folgenden nannte er weitere Zahlen und Fakten zur Gesellschaft. Die volle Geschäftstätigkeit der Trade & Value AG wurde mit dem 2. Januar 2002 aufgenommen. Das Grundkapital in Höhe von 200 TEUR ist eingeteilt in 200.000 Stückaktien und verteilt sich derzeit auf rund 60 Aktionäre. Aufgrund der Girosammelverwahrung könne man künftig nicht mehr genau sagen, bei wem die Aktien liegen.
Herr Dornisch erklärte, die Trade & Value AG habe sich in den vergangenen Monaten neu aufgestellt und wolle daher nun auch öffentlich über die Gesellschaft informieren. Alle Informationen sollen künftig über die Internetseite www.tav.ag abrufbar sein.
Die Geschäftstätigkeit der Trade & Value AG teile sich, wie der Name bereits sagt, in den Trading- und den Value-Bereich. Dieses Geschäftsmodell in einer öffentlichen AG, so Herr Dornisch, sei seiner Kenntnis nach in Deutschland einzigartig, obwohl es seiner Meinung nach eigentlich die sinnvollste Methode der Vermögensverwaltung ist. Da man sich als Aktiengesellschaft auf den Märkten als institutioneller Anleger bewege, könne man nun auch Shortselling betreiben sowie Wertpapierleihen eingehen und daher sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Kursen Gewinne erzielen.
Als Novum bezeichnete Herr Dornisch das schnelle Handelsystem, welches neben verschiedenen Handelsmöglichkeiten allein schon aufgrund seiner Geschwindigkeit einen Vorteil bringe. Im Bereich Trading mache man auch Geschäfte, die andere als „den reinen Wahnsinn“ bezeichnen würden. So gehe man in günstigen Momenten im Zuge von Meldungen, beispielsweise wenn eine insolvente Firma einen neuen Investor gefunden hat, mit einer kleinen Tradingposition in diesen Wert. Sehr oft würden sich nach solchen Meldungen für eine kurze Zeit starke Wertzuwächse in den entsprechenden Aktien ergeben, selbst wenn diese häufig nur von kurzer Dauer sind.
Im Value-Bereich könne man intern auf eine Datenbank mit rund 18.000 Dateien zurückgreifen und führe zahlreiche Vorstandsgespräche, um Unternehmen zu analysieren und einzuschätzen. Ein besonderes Augenmerk werfe man dabei auf sogenannte „Cashwerte“, d.h. Unternehmen, deren Eigenkapital weit unter der Börsenkapitalisierung liegt. Komme man nach einer detaillierten Prüfung zu dem Ergebnis einer zukünftig hohen Rendite, investiere man in die Gesellschaft.
Als Beispiele für Investitionen im Bereich Value nannte Herr Dornisch die Hilgers AG, auf deren letzter Hauptversammlung ein Squeeze-Out mit einer Abfindung der freien Aktionäre zu 192 Euro beschlossen wurde, hinzu komme die bereits ausgeschüttete Dividende von 52 Euro. Im Rahmen der Sacheinlage seien diese Aktien noch mit jeweils 109 Euro bewertet worden. Weiter führte er die zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossene Beteiligung an der ungarischen Hungagent an, welche man zum 31.12.2001 zu 90 Cents in den Büchern stehen hatte und nun im Rahmen eines Abfindungsangebots zum fast dreifachen Kurs dem Großaktionär andienen konnte.
An dieser Stelle war der Vorstand nun schon bei seinem letzten Punkt angelangt, dem Ausblick auf das laufende Jahr und die Zukunft. Er meinte, die Trade & Value AG sei „eine kleine Gesellschaft, die vor hat zu wachsen“. Man veröffentliche monatlich den Net Asset Value (Nettoinventarwert, kurz NAV), um den Aktionären so zeitnah eine Orientierung für die Wertentwicklung der Gesellschaft zu geben. Dieser NAV, welchen man auch als „inneren Wert der Aktie“ beschreiben könne, lag laut Vorstand zum 30. Juni 2002 bei 7,12 Euro, nachdem er zum 31. Dezember 2001 6,95 Euro betragen hatte.
Obwohl im Zuge der allgemeinen Negativentwicklung an den Börsen auch Value-Werte mit hinuntergezogen würden, habe man sich bisher aufgrund eines defensiven Depots gut halten können. Für die Geschäftstätigkeit sei dies somit die richtige Entscheidung gewesen. Ziel sei es, so Herr Dornisch weiter, die erheblichen Schwankungen an den Aktienmärken auszunutzen und damit über die kommenden zehn Jahre eine überdurchschnittliche Performance zu erzielen.
In Bezug auf einen baldigen Börsenhandel der TAV-Aktie meinte Herr Dornisch: „Man kann nicht einfach an die Börse gehen, ohne einen gewissen Bekanntheitsgrad zu haben.“ Daher werde man anhand des Geschäftsberichts und des Berichts über die Hauptversammlung erst die Öffentlichkeit über die Gesellschaft informieren und zu gegebenen Zeitpunkt, möglicherweise in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung aus dem genehmigten Kapital, einen Börsenhandel starten – „dieses Jahr jedoch definitiv nicht mehr“, wie Herr Dornisch betonte.
Interessenten für die Kapitalerhöhung gebe es bereits. Man werde daher vor einer möglichen Einführung in den Freiverkehr noch eine umfangreiche Präsentationsveranstaltung abhalten. Damit war Herr Dornisch am Ende seiner Ausführungen angelangt. An dieser Stelle wies er die Anwesenden noch auf die baldige „Füllung“ der Unternehmenshomepage mit Inhalten hin. Anfragen an die Gesellschaft per Email seien stets willkommen, die Beantwortung soll zur Information aller Aktionäre dann zusätzlich auch über die Homepage erfolgen.
Ganz zum Schluss wollte Herr Dornisch dann noch einen wichtigen Punkt nachtragen, der ihm im „Eifer des Gefechts“ entfallen sei: die Verwaltungskosten in 2002 werden sich voraussichtlich auf 50 TEUR belaufen und entsprechen dem mit der Dornisch Research AG vereinbarten Geschäftsbesorgungsvertrag.
Allgemeine Aussprache
Nach den detaillierten Ausführungen des Vorstands stellten lediglich zwei Aktionäre jeweils eine Frage. Einer der Aktionäre wollte wissen, ob in dem sogenannten NAV auch die stillen Reserven enthalten seien, welche infolge der Abschreibungen im letzten Geschäftsjahr und durch nun eingetretene Kursgewinne entstanden.
Herr Dornisch antwortete auf dieser seiner Ansicht nach „gute Frage“ mit „Ja“ und führte dazu weiter aus, der NAV spiegele den aktuellen Wert der Beteiligungen wieder. Man habe aber die nicht notierten Beteiligungen entweder ganz oder auf das jeweilige Eigenkapital abgeschrieben. Als Beispiel hierfür nannte er nochmals die Beteiligung an der Düsseldorfer sino AG, dem einzigen profitablen Discount-Broker in Deutschland.
Übrigens werde man vielleicht einmal selbst sino-Kunde, da nur sino und ConSors entsprechende professionelle Handelssysteme anbieten, und könnte - so Herr Dornisch schmunzelnd - aufgrund der nicht unerheblichen Tragdingaktivitäten so zum weiteren Wachstum der Gesellschaft beitragen.
Der zweite Aktionär fragte in Bezug auf den großen Anteil der Trade & Value AG an der abakus VC AG (Details zum Unternehmen siehe HV-Bericht abakus VC AG), ob bei einer Insolvenz der abakus aus diesem Engagement große Verluste für die Gesellschaft entstehen könnten. Herr Dornisch antwortete daraufhin, man führe diesbezüglich momentan Gespräche, werde aber Details veröffentlichen, sobald dies möglich sei. Es sei schwer, über den wahren Wert der abakus-Aktie eine Aussage zu machen, inzwischen habe sich der Kurs jedoch auf einem niedrigen Niveau eingependelt, welcher im zuletzt veröffentlichten NAV auch so enthalten sei.
Abstimmungen
Vom Grundkapital in Höhe von 200.000 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, waren 82.038 Stück vertreten, was einer Präsenz von 41,02 Prozent entspricht. Auf der Tagesordnung standen die Entlastung des Vorstands (TOP 2) und des Aufsichtsrats (TOP 3), die Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien (TOP 4), eine Vergütung von 250 Euro je Aufsichtsratsmitglied (TOP 5) sowie die Wahl der Ernst & Young, Bremen, zum Abschlussprüfer (TOP 6). Bis auf TOP 4, bei dem es 3.073 Enthaltungen gab, wurden alle Tagesordnungspunkte einstimmig im Sinne der Verwaltung angenommen. Bei TOP 2 waren 21.528 Stimmen aus Vorstandsbesitz gesperrt.
Bevor die Hauptversammlung um 15:40 Uhr vom stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Jörg-Christian Rehling geschlossen wurde, bedankte sich Herr Dornisch bei den Aktionären für ihr Vertrauen und bei seinen Mitarbeitern für das Geleistete. Auch beim Aufsichtsrat bedankte er sich für die stets tatkräftige und kompetente Unterstützung während der schwierigen letzten Monate. Die Hauptversammlung im nächsten Jahr, so Herr Dornisch dann noch abschließend, werde zu einem früheren Zeitpunkt stattfinden.
Nun konnten die Anwesenden sich bei der für das Haus der Wirtschaft gut bekannten Mischung aus Maultauschen, Kartoffel- und anderen Salaten noch persönlich austauschen. Ein Teil der Gruppe machte sich im Anschluss auch noch zusammen auf den Weg, um den sonnigen Nachmittag auf dem ebenfalls an diesem Tag stattfindenden Stuttgarter Weindorf zu genießen, bevor sich am Abend ein großer Teil der Aktionäre und Gäste bei einem geselligen Essen noch weiter austauschen konnte.
Das im Namen ausgedrückte Geschäftsmodell der Trade & Value AG ist simpel, aber schlüssig. Das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens ist aber weniger das Konzept als in erster Linie die Person des Vorstands, der seine Fähigkeiten als Trader nicht mehr beweisen muss, zählte doch das von ihm betreute Portfolio zu den erfolgreichsten und renditeträchtigsten der letzten Jahre. Herrn Dornisch ist es gelungen – bis auf die Ausnahme aufgrund der erläuterten Extremsituation im September 2001 – auch in fallenden Märkten Geld zu verdienen.
Gerade dies unterscheidet die Gesellschaft von ihren unzähligen ungleichen Brüdern, welche teilweise wie ein Optionsschein auf den Neuen Markt funktionierten und nun am Ende ihrer Laufzeit weit „aus dem Geld“ notieren. Die Trade & Value AG ist vielmehr eine Art Kombination aus Hedge- und Value-Fonds in der Rechtsform einer AG, wobei die bei vielen Beteiligungsgesellschaften anzutreffende Intransparenz durch den monatlichen Ausweis des NAV vermieden werden soll. Risiken liegen wie bei vielen jungen und kleinen Gesellschaften vor allem in der Abhängigkeit von der Person des Alleinvorstands, denen Chancen auf Tradinggewinne und Wertzuwächse der Value-Beteiligungen auch in einem schwierigen Marktumfeld gegenüberstehen.
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