Am 28. Februar erhielten die Sanochemia-Vertriebspartner Janssen (Johnson & Johnson) und Shire Pharmaceutical Group von der US-Zulassungsbehörde FDA die Genehmigung für den Vertrieb von Reminyl, ein Medikament zur Bekämpfung von Alzheimer. Vor einem Monat erfolgte auch die Einführung von Reminyl in Deutschland. Sanochemia besitzt die bis 2014 laufenden Patentrechte zur Erzeugung von synthetischem Galantamin.
Nachdem auch die Sanochemia-Aktie von den Kursturbulenzen am Neuen Markt nicht verschont blieb und sich seit dem Hoch bei 70 Euro nahezu gedrittelt hat, sprach Christian Horwath für GSC Research mit der IR-Managerin Margarita Hoch über die Perspektiven und die Zukunft von Sanochemia.
M. Hoch: Weltweite Marktpräsenz von Reminyl steht bevor
GSC Research: Frau Hoch, das Produkt Reminyl mit dem Wirkstoff Galantamin wurde mittlerweile in allen europäischen Märkten und Ländern eingeführt. Wird es demnächst weitere Markteinführungen geben?
Margarita Hoch: Zunächst darf ich feststellen und weil es in den Medien immer wieder falsch dargestellt wird, Sanochemia ist der exklusive Lieferant des Wirkstoffs, nämlich des Galantamins, und Reminyl ist das fertige Präparat (eingetragenes Warenzeichen). Es ist nicht unser Produkt und wir sind auch nicht die Zulassungsbetreiber, sondern es wird von unserem Marketing- und Vertriebspartner Janssen-Cilag und Shire vertrieben. Wir halten das weltweite Patent für die industrielle Synthese bis in das Jahr 2014 und haben so einen wichtigen Part.
Zulassungen bestehen bereits in der gesamten EU, in Norwegen, Island, der Schweiz und den USA. Weitere Zulassungsanträge sind in Japan, Südkorea, Australien, Südafrika, Neuseeland bereits gestellt - der nahezu weltweite Markteintritt steht also bevor.
Zulassungsanträge für Sanochemia-Produkte (Röntgenkontrastmittel) wurden mittlerweile neben Osteuropa auch im Mittleren Osten und in Nordafrika gestellt. Vor wenigen Tagen wurde offiziell die Sanochemia UK gegründet. Damit wurden Vertriebsstrukturen auch in einem weiteren wichtigen Pharmamarkt aufgebaut.
GSC Research: Gibt es schon erste Zahlen über einen Verkaufserfolg von Reminyl?
Margarita Hoch: Konkrete Zahlen kann ich ihnen nicht nennen, aber Reminyl verkauft sich in den Ländern, in denen es bereits gelauncht wurde, sehr gut. In England ist Reminyl seit ungefähr einem halben Jahr auf dem Markt und wir wissen von unseren Partnern, dass dort sehr gute Verkaufszahlen erreicht werden.
Die Produktionsziele für die nächsten Jahre müssen wir daher schon jetzt um einiges höher ansetzen, die Kapazitätsausweitung von ca. 3 Tonnen auf die vierfache Menge hat bereits begonnen und wird im Sommer abgeschlossen. Aber mittelfristig wird auch die Produktionserhöhung auf 12 Tonnen zu wenig sein.
GSC Research: Können Sie dies ein wenig präzisieren? Wird die Produktion für die nächsten 3 Jahre auf 12 Tonnen ausgeweitet, oder auf unbestimmte Zeit?
Margarita Hoch: Die (monatliche???) Produktionskapazität kann ab Herbst, wenn die Erweiterung der Syntheseanlage abgeschlossen ist, auf 12 t angehoben werden. Dies reicht unseren Partnern zufolge aber nur mittelfristig. In 4 bis 5 Jahren wird das bereits wieder zu wenig sein. Wir wurden jetzt schon angehalten, über einen weiteren Ausbau nachzudenken....
GSC Research: Welche Umsätzen erwarten Sie auf Basis der ausgeweiteten Produktion in den nächsten Jahren?
Margarita Hoch: Wir haben eine mittelfristige Erwartung (für das Jahr 2005) von gut 70 Mio. Euro Gesamtumsatz und rechnen damit, dass 40 bis 50 Prozent aus der Synthese kommen. In der Wirkstoff-Synthese generieren wir Umsätze nicht nur aus der Galantamine-Produktion, sondern auch aus Lohnaufträgen der pharmazeutischen Industrie.
GSC Research: Im November 2000 stockten Sie ihre Beteiligung an der bayrischen Goldham Pharma von 50% auf 75% auf. Planen Sie weitere Akquisitionen?
Margarita Hoch: Ja - wir peilen den Markt in Ungarn, Tschechien, Polen und vielleicht sogar Russland an und suchen dort nach geeigneten Firmen. Das Unternehmen, welches wir akquirieren wollen, muss natürlich eine gewisse Größe, Struktur usw. besitzen. In der näheren Auswahl sind 3 bis 5 Unternehmen, mit welchen wir in Gesprächen sind und die für uns letztendlich in Frage kommen.
GSC Research: Mit welchen Mitteln wollen Sie den Kauf tätigen? Haben Sie noch genügend Kapital vom Börsengang, oder könnte es auch einmal zu einer Kapitalerhöhung kommen?
Margarita Hoch: Unsere Cash-Position aus dem Börsengang ist noch beträchtlich, ca. 30 Mio. Euro, die Akquisitionswährung Aktie ist auch nicht auszuschließen....
GSC Research: Wie schätzen Sie das Marktpotential für Ihre Produkte ein und welche Firmen sehen Sie als ihre schärfsten Wettbewerber?
Margarita Hoch: Neue Studien besagen, dass die Lebenserwartung bis im Jahre 2050 auf durchschnittlich 83 bis 85 Jahre ansteigen wird. Die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken beträgt unglaubliche 22% und das ist natürlich unser Markt der Zukunft.
Als Hauptkonkurrenten sehen wir Pfizer mit Aricept und Novartis mit Exelon an. Aricept ist zwar schon länger auf dem Markt, aber da dieser zweistellige Zuwachstumsraten vorweisen kann, sprechen wir von einem Wachstums- und nicht von einem Verdrängungsmarkt. Zudem bescheinigt uns die Fachwelt mit Reminyl die besten Chancen, letztendlich aufgrund der geringen Nebenwirkungen.
Sie müssen aber auch bedenken, dass wir erst am Anfang der therapeutischen Möglichkeiten stehen, sozusagen in den Kinderschuhen, und dass es bis vor wenigen Jahren nicht einmal die Möglichkeit einer effizienten Diagnose von Alzheimer gab.
GSC Research: Welchen Marktanteil besitzt Reminyl im Vergleich zu den Produkten Ihrer Mitbewerber?
Margarita Hoch: Reminyl ist noch kein Jahr am Markt, man kann daher schwerlich von konkreten Marktanteilen sprechen. Aricept ist sicher ein bedeutendes Produkt, das derzeit einen Umsatz von ca. 700 Mio. USD generiert, Exelon weniger, alle anderen unter ferner liefen. Reminyl weist jedoch eine Reihe von Merkmalen auf, die es von der Konkurrenz unterscheiden und ihm seinerseits einige erhebliche Wettbewerbsvorteile bringen werden.
GSC Research: Wenn man den Namen Sanochemia hört, denkt man eigentlich nur an den Kampf gegen Alzheimer, also an Reminyl. Welche Produkte haben Sie noch zu bieten?
Margarita Hoch: Sanochemia hat daneben noch mehrere Standbeine. Ein weiteres ist zum Beispiel der Humanpharmazeutikabereich mit den Röntgenkontrastmitteln und insgesamt 33 Produktgruppen. Als drittes Standbein könnte man das Rückenschmerzmittel SPH 3047 bezeichnen, möglicherweise ein künftiges Blockbuster-Produkt der Sanochemia.
GSC Research: Sie gehen bei SPH 3047 davon aus, dass Sanochemia einen Markanteil von 25% in den USA erreichen könnte. Ist das tatsächlich realistisch?
Margarita Hoch: Ja, dieses Ziel ist durchaus erreichbar. Das Medikament befindet sich in der ersten Testphase; der besondere Vorteil liegt darin, dass es sehr wenige Nebenwirkungen gibt. In der neuen, konzentrierten Darreichungsform sehen wir beste Marktschancen. Wir stehen derzeit in Verhandlungen mit mehreren großen und starken Vertriebspartner in den USA, die weltweite Vertriebsstrukturen besitzen und mit uns SPH 3047 für die Testphasen 2 und 3 vorbereiten soll. Wenn alles gut geht, wird das Mittel in drei Jahren am Markt sein.
GSC Research: Ich gehe davon aus, dass diese 3 Jahre ein sehr optimistisches Ziel sind. Kann sich das nicht um einige Jahre auch verzögern?
Margarita Hoch: Wir sind optimistisch! Wir planen - mit den richtigen Partnern Ö ab 2004 für Amerika und in Folge auch für Europa. Dieses Muskelrelaxans schließt eine entscheidende medizinische Bedarfslücke und wird zu einem Blockbuster avancieren.
GSC Research: Wie schätzen Sie die Risiken ein, dass SPH 3074 doch nicht auf den Markt kommt?
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Margarita Hoch: Das Risiko ist relativ gering: das toxikologische Profil ist bekannt, so dass nicht mit bösen Überraschungen zu rechnen ist. Außerdem ist das Drug Master File bereits fertig, Sanochemia verfügt als einziges Unternehmen über eine komplette Registrierungsdokumentation.
GSC Research: Wann wollen Sie mit SPH 3074 Geld verdienen? Bis jetzt wurde ja nur in Forschung und Entwicklung investiert.
Margarita Hoch: Signifikante Umsätze erwarten ab 2005.
GSC Research: Der Emissionskurs lag bei 21,5 Euro und innerhalb eines Jahres stieg die Aktie bis auf 70 Euro an. Im Moment notiert der Wert bei 26 Euro, was einer Performance in 2 Jahren von ca. 23% entspricht. Wie sind Sie mit dem Kursverlauf zufrieden?
Margarita Hoch: Wir wurden leider, als der Hype letztes Jahr begann, mit sämtlichen Biotech-Firmen in einen Topf geworfen, der Kurs explodierte innerhalb kürzester Zeit und sank auch nach Platzen der Blase wieder. Natürlich haben wir uns nicht gegen die Aufnahme in den Biotechindex gewehrt, aber eigentlich sind wir ein alteingesessenes Pharmaunternehmen mit guten Fundamentaldaten und einer aussichtsreichen Zukunft.
Bei Sanochemia wird eine sichere Zukunft gehandelt, die Analysten bestätigen den Wert der Aktie zwischen 40 und 70 Euro, jetzt befinden wir uns nicht einmal an der unteren Bandbreite!
GSC Research: Frau Hoch, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin noch viel Erfolg mit Sanochemia und deren Produkten.