Am 12. November 2002 kamen etwa 25 Aktionäre, Aktionärsvertreter und Gäste nach Frankfurt in den Frankfurter Hof zur außerordentlichen Hauptversammlung der Pirelli Deutschland AG. Einziger Tagesordnungspunkt war die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Deutsche Pirelli Reifen Holding GmbH. Ein Vertreter von GSC Research fasst die Ereignisse kurz zusammen.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Ing. Wilfried Wentz eröffnete die Versammlung um 11:00 Uhr mit der Abarbeitung der üblichen Formalien und Hinweise zum Verlauf der Versammlung. Sodann übergab er das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Dr. Ing. Klaus Betka und den Vertreter des Mehrheitsaktionärs, Herrn Fiocchi.
Bericht des Vorstands und des Mehrheitsaktionärs
Herr Dr. Betka zitierte kurz die gesetzlichen Voraussetzungen und die Gründe für den Squeeze-Out aus dem Gutachten. Dann skizzierte Herr Fiocchi die Ermittlung des Abfindungspreises anhand des Gutachtens der PVW GmbH, Frankfurt, und des Berichts des auf Vorschlag des Mehrheitsaktionärs gerichtlich bestellten Prüfers Susat & Partner OHG, Hamburg. Demnach wurde ein Ertragswert von 191,80 EUR je Aktie ermittelt, und die Abfindung wurde auf 205 EUR festgesetzt. Seit Erstellung des Gutachtens haben sich keine wesentlichen Änderungen ergeben.
Allgemeine Aussprache
An der zeitweise turbulenten Aussprache beteiligten sich eine Reihe von Aktionären, wobei erwartungsgemäß den Schwerpunkt Bewertungsfragen bildeten. Zudem wurde von verschiedenen Seiten eine schlechte Vorbereitung der Hauptversammlung kritisiert. So wurden die Eintrittskarten eingesammelt, Stimmkarten aber nicht ausgegeben, so dass der einzelne Aktionär keinen Beleg über die von ihm vertretenen Aktien hatte. Der Übertragungsbericht lag nur in Form eines Exemplars aus, und die Tagesordnung wurde erst auf mehrfache Nachfrage ausgelegt.
Der Aktionär Norbert Bernhard erläuterte seinen im Vorfeld der Hauptversammlung gestellten Gegenantrag. Er forderte eine Erhöhung der Abfindung auf 355 EUR, da dieser Wert alleine durch die Immobilienreserven abgedeckt sei. Nähere bewertungsrelevante Informationen, die dies bestätigen könnten, wurden auf der Hauptversammlung nicht bekannt.
Eine teilweise etwas unglücklich erscheinende Versammlungsleitung von Herrn Dr. Wentz veranlasste den Aktionär Matthias Gaebler, einen Antrag auf dessen Absetzung zu stellen. Da es Probleme bei der Präsenzfeststellung gab, wurde die Versammlung für 20 Minuten unterbrochen. Danach wurden alle anwesenden Aktionäre namentlich aufgerufen, und die Präsenz wurde mit 1.015.181 Stimmen entsprechend 99,53 Prozent ermittelt. Bei der folgenden Abstimmung wurde Herr Dr. Wentz dann bei etwa 4.000 Gegenstimmen als Versammlungsleiter bestätigt.
Insgesamt erbrachte die immerhin sieben Stunden dauernde Diskussion kaum Erkenntnisgewinne.
Abstimmungen
Gegen 19:20 Uhr wurde die Präsenz nach nochmaligem namentlichem Aufruf der Aktionäre mit 1.011.257 der 1.020.000 Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von je 26 EUR ermittelt und entsprach damit einer Quote von 99,14 Prozent. Der Squeeze-Out wurde danach bei 607 Gegenstimmen und damit ausschließlich mit den Stimmen des Mehrheitsaktionärs beschlossen. Bereits während der Hauptversammlung hatten einige Aktionäre Widerspruch zu Protokoll gegeben.
Die Versammlung endete nach 8 1/2 Stunden um 19:30 Uhr.
Fazit und eigene Meinung
Auch die Pirelli Deutschland AG hat es geschafft. Die nächste Hauptversammlung werden Vorstand und Aufsichtsrat ohne lästige Fragen zügig abhandeln können. Für die ausgeschiedenen Aktionäre bleibt das Spruchstellenverfahren, welches nach Ansicht des Autors gute Chancen auf eine Nachbesserung bietet. Eine Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss ist trotz des zeitweise kontroversen Verlaufs allerdings nicht zu erwarten.
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